An meinen kranken Freund Leon Wien im May 1778. Ich bin gesund: wie steht's mit dir, mein Lieber? Ist's wirklich Ernst, dass dich ein böses Fieber Drey Tage schon nicht aus dem Bette lässt? Ey, Freund! das ist ein arger Hausarrest. Und wär's nur noch in trüben Wintertagen, Da liesse sich's viel leichter übertragen: Allein im Lenz, im anmuthvollen Lenz Ist allerdings ein solches Akcidenz Ein Streich, bey dem selbst Epiktet, die Zierde Der Stoiker, ein Bisschen fluchen würde. Du dauerst mich, o armer Pazient! Indessen wir, das blaue Firmament Ob unserm Haupt, im grünen Prater sitzen, Musst du daheim im warmen Pfühle schwitzen. Statt deines Kleists und Bürgers liegt ein Wisch Von Recipe auf einem Nebentisch: Statt Lottens sitzt, mit einer Staatsperücke Belastet, dir der Arzt auf dem Genicke: Statt eines Tranks von frischem Haberbier Bedient man dich mit einem Elixir. Ihr Götter, helft! Zevs, Juno, Athenäa, Apoll, Merkur, Mars, Bachus, Cytherea, Und wie ihr bass nach Rang und Dignität In Griechenlands und Roms Legenden steht, Helft meinem Freund; sonst traun! bey meiner Ehre! Sonst schimpf' ich laut auf eurer Priester Lehre, Und falle stracks dem Bardenglauben bey. Doch Scherz und Ernst! nimm fleissig Arzeney, Und halt Diät; denn sieh da! zum geringsten Erwart' ich dich, mein Trauter, diese Pfingsten. O komm gewiss! Erdbeeren harren dein, Dick angeschwellt mit Bisambergerwein.