An meinen lieben Freund S**r Nach dem Englischen des Swift. Wien im Sommermond 1786. So wie, erpicht auf Braten und Tockayer, Der feiste Mönch, der jede Kirchenfeyer Der Kirche halb, und halb der Küche weiht, Sich auf das Fest des Ordensstifters freut, Weil, während man am Hochaltare singet, Und feyerlich das blanke Rauchfass schwinget, Melodisch auch der Bratenwender schnarrt, Und blinkend schon die volle Flasche harrt, So sehnt' ich, Freund! mich nach dem Freudenmahle, Das gestern du in deinem Gartensaale Mir zugedacht: doch, Lieber! das Geschick Hielt schadenfroh mich in der Stadt zurück. Ich war bereit, mein Wort als Mann zu halten: Doch Klärchen zog die Stirn' in dunkle Falten, Und sprach voll Ernst: »Landstreicher, bleib zu Haus, Und gieb dein Geld nicht stäts für Kutschen aus! Ich wittre Sturm; denn mürrisch sitzt die Katze Im Winkel dort, und haschet mit der Tatze Nicht so, wie sonst, possierlich nach dem Schwanz. Mein hohler Zahn fieng gestern abends ganz Entsetzlich an zu wüthen, und die Düfte Des nahen Schlauchs durchwürzten rings die Lüfte.« Unschlüssig stand ich an der Pforte, so Wie Cäsar einst am Flusse Rubiko. Doch plötzlich ward's am Kahlenberge düster: Ein Wirbelwind erhob sich: längst dem Ister Versammelten die Wassernymphen sich, Ihr Leinenzeug zu retten: fürchterlich Balgt' in der Luft der Wind sich mit dem Staube, Und mancher Hut ward dem Orkan zum Raube. Dem Säufer gleich, der bey dem Trinkgelag Mehr Wein verschlingt, als er ertragen mag, Spie häufig nun die überfüllte Wolke Den Regen aus, und drohete dem Volke, Das im Bezirk der weiten Kaiserstadt Sich gütlich thut, ein zweytes Sündenbad. Manch schönes Kind floh itzt zur Krämerbude, Feilscht' allerhand, bot wie ein karger Jude Nur halben Preis, und kauft' am Ende nichts. Der Wiederkunft des holden Sonnenlichts Gewärtig, stand, wie ein verlornes Schäfchen, Mit leerem Sack manch armes wälsches Pfäffchen Am Kirchenthor, und that beschämt zum Schein, Als wollt' es gern nach einer Sänfte schreyn. Umsonst bestritt mit ihrem Regenschirme Frau Susens Hand des Wirbelwindes Stürme: Ihr Obdach fliegt zersplittert in den Koth, Und spottend lacht der Pöbel ihrer Noth, Welch einen Schwarm von mancherley Gelichter Paart' itzt der Sturm! ein auf den Putz erpichter Exjesuit, dem seines Kleids Ruin Viel näher lag, als Kirchendisciplin, Sprach friedlich hier mit einem Jansenisten, Und dort stand dicht bey Maurern, Atheisten Et cetera der fromme Vater Fast, So wie ein Schaaf sanft zwischen Böcken grast Wie schmiegte sich, als trommelnd Schloss' auf Schlosse Nun über ihm die Wölbung der Karosse Erschütterte, so mancher Seladon! So schmiegte sich, als einst Laokoon Mit frecher Hand dem hölzernen Wallachen Auf offnem Markt zu Troja in den Rachen Die Lanze stiess, in stäter Todsgefahr Im Bauch des Gauls der Griechen feige Schaar, Ein Lumpenvolk, das letztlich, gleich brutalen Kadetten, statt den Fuhrlohn zu bezahlen, Vom Leder zog, die Kutscher Schurken hiess, Und sie zum Dank wie Hunde niederstiess. Nun stand die Stadt, so weit mein Blick zu sehen Vermochte, rings im Wasser, und Trophäen Von mancher Art riss die ergrimmte Flut Wild mit sich fort. Hier kreutzt' ein alter Hut Im Golf herum: dort an der Rhede schifften Zwo Hauben hin: hier legten Merzens Schriften, Die, leider Gott! das Ketzervolk nicht liest, Aus Sympathie an einem Haufen Mist Vor Anker sich: dort segelten die Fetzen Von einem Hemd mit andern seltnen Schätzen Des Trödelmarkts: hier schwamm auf offnem Meer Ein armer Schuh, und kläglich hinterher Der ganze Kram von einem Hökerweibe. Beherzt sah ich durch meine Fensterscheibe, Und dachte froh: wie selig ist der Mann, Der trocken nun im Zimmer sitzen kann!