Gebet zu dem Herrn Jesu Umb den himlischen Seelen-Gast, den werthen heiligen Geist. 1. Ich trage groß Verlangen, Herr Jesu, deinen Geist, Der Rath und Tröster heist, Mit Freuden zu empfangen. Es sehnet sich mein Muth Allein nach diesem Gut, Und wenn ich das kan haben, Ist all mein Leid vergraben. 2. Nichts wil ich mehr begehren, Als wenn du diesen Gast, Den du versprochen hast, Mein Gott, mir wirst gewehren; Der lehrt zur jeder frist Das, was ein frommer Christ Zu thun sol seyn geflissen, Auch was jhm noth zu wissen. 3. Er ists, der uns regieret Die Sinnen und Verstand, Der durch der Liebe Band Uns recht zum Himmel führet, Ja der des Glaubens Krafft In unser Seelen schafft, Der sie mit Tugend schmücket Und in der Noth erquicket. 4. Er hält uns, wenn wir fallen In Vnglück und Gefahr. Bald werden wir gewahr, Daß er vns hilfft für allen. Er lässt uns nicht allein, Wenn wir verjrret seyn; Er speiset uns mit Freuden, So bald wir Mangel leiden. 5. Er bringt uns arme Knechte, Wenn wir durch falschen Schein Der Welt verleitet seyn, Durch seine Krafft zu rechte. Er ist ja vnser Schutz, Wenn durch der Feinde Trutz Wir Christen hie auff Erden So starck verfolget werden. 6. Ja dieser Geist, der lehret Das, was uns unbekandt Und himlisch wird genandt. Er ist es, der da mehret In uns des Glaubens Liecht, Trost, Hoffnung, Zuversicht, Gedulden, leiden, lieben Und sich in Demuth üben. 7. Wenn wir verdüstert gehen, Bringt er uns auff den Weg; Er zeigt des Lebens Steg, Daß wir im Finstern sehen. Sein Honigsüsser Mund Macht unser Hertz gesund. Er kan den bösen Willen In unser Seelen stillen. 8. Er tröstet das Gewissen, Wenn durch der Sünden Schmertz Ein sehr zerschlagnes Hertz Ist jämmerlich zerrissen. Er höret unser Bitt', Er richtet unsre Tritt', Er gibt uns erst das Wollen, Da wir nach leben sollen. 9. O selig ist zu schätzen, Den diese Gnad' und Gunst Der süssen Himmels-Brunst Auff Erden mag ergetzen! Doch dieser werther Schatz Hat nicht bey denen Platz, Die durch jhr gantzes Leben Den Lastern sind ergeben. 10. Gleichwie nicht kondte bleiben Des Noäh Taub' allda, Wo es noch kothig sah': Also läst sich vertreiben Der Geist der Sauberkeit, Wo man die liebe Zeit In Uppigkeit verbringet Und gleich zur Hell' einspringet. 11. Wer Zanck und Hader liebet, Wer bey den Spöttern sitzt Und schändlich sich beschmitzt, Wer sich in Hoffahrt übet, Wer stets im Sause lebt, Wer nur nach Gelde strebt, Der kan den Geist der Gnaden Doch nimmer zu sich laden. 12. Er gibt sich selbst nur denen, Die, von der Triegerey Der schnöden Wollust frey, Sich nach dem Himmel sehnen, Ja welche Tag und Nacht Auff Gottes Zorn bedacht Ihr traurigs Hertz' außschütten Und stets umb Gnade bitten. 13. Herr Jesu, du mein Leben, Mein' höchste Freud' und Lust, Mir ist ja wol bewust, Daß du allein kanst geben Diß himlische Geschenck'; Ich bitte dich: Gedenck' An mich, daß, wenn ich schreye, Dein Geist mich hoch erfrewe. 14. Laß mich von dir nicht wancken, Verleihe Muth und Krafft, Die uns der Tröster schafft; Gib heilige Gedancken, Daß meine Seel in dir Sich tröste für und für. Gib, daß ich meinen Willen Durch dich nur lasse stillen. 15. Verleyhe mir, zu taugen Vor deinem Angesicht'. O unvergänglichs Liecht, Komm', heilige mein' Augen, Daß sie zu dir allein Durchauß gerichtet seyn. Vermehre mein Verlangen, Nur dir, Herr', anzuhangen. 16. O möcht' ich Armer bleiben Ein Feind der Sünden-Gifft, Der Leib und Seele trifft! O möcht' ich doch vertreiben Das, was den guten Geist Verjaget allermeist; So würd' ich seine Gaben Beständig bey mir haben. 17. Rath ist bey dir zu finden, Herr Jesu, meine Ruh'. Ach tritt du selber zu Und hilff mir überwinden Durch deines Geistes Stärck'. Ich weis, sein gnädigs Werck, Das wird zum Freuden-Leben Mich ewiglich erheben.