Von der Demuth Mensch, woher wächst dir der Muth, Daß du deinem armen Blut So viel Ehr' erzeigest? Was doch blüht und treibt dich so, Daß du dich, gleich einer Loh, Immer übersteigest? Von dem Himmel ist es nicht, Der wirfft abwerts stets sein Licht. Wie, das ist der Überwitz, Der den ersten Übersitz Hat gesucht vor Allen Und so auß der süßten Höh In das allertiefste Weh Kläglich ist gefallen; Wer mit deßen Stoltz es hält, Denk, daß der mit dem auch fällt. Ach, was kommt dir doch an dir So erhebungs-würdig für? Ja, wenn du dein Leben Nicht geleget in den Wust Und für eines Apffels Lust Gottes Bild gegeben, Denn so hättest du ein Recht, Warum man dich ehren möcht. Nun ist weg dieselbe Zier, Schau, was für ein Schmuck dafür Sich an dir erweiset, Unverstand besitzt die Seel', Unlust ihre gantze Höhl, Die die Würmer speiset; Ist denn dies der hohe Pracht, Welcher dich so brüstig macht? Schaff, ach schaff den Irrthum ab Wozu übertünchtes Grab, Daß du dich so putzest? Dünket dich dein Feigen-Kleid Denn so voller Herrligkeit, Daß du damit stutzest, Und meinst du dich groß gesehn, Wenn du oben an magst stehn? Hohe Berge trifft der Blitz, Starcke Schlößer das Geschütz Und der Sturm die Eichen, Kleine Püscher, flaches Feld Und was sich in Thälern hält, Kan dem Unfall weichen. Was sich steiffet, bricht entzwey, Was sich beuget, bleibet frey. Große Segel ziehn geschwind', Aber die bey starkem Wind' Offt das Schiff selbst fällen; Wer nur klein Geräthchen führt Und die Höhe nicht berührt, Ist befreyt der Wellen. Sind die Werke denn nur klein? Wol, er wünscht nicht mehr zu seyn. Trachte nicht nach großer Würd', Große Würde, große Bürd. Wer sich hoch versteiget, Fället hoch auch, wenn er fällt, Und was fällt nicht bei der Welt, Die sich selbst schon neiget Und vorlängst mit Schmertzen harrt, Daß sie ihre Glut verscharrt. Veilchen wachsen niedrig nur, Die von Blumen bey der Kur Vorgehn vielen Großen, Bäume, die hoch auffgericht, Tragen nie die Mänge Frücht, Als die schlecht geschoßen, Und die wolgekörnet Ähr Kehrt sich abwerts durch die Schwer Demuth ist die Morgenröth, Die dem Ehren-Licht vorgeht. Wer sich selbst nicht schätzet, Sein und Gottes ruhig ist Und nach seiner Deck' sich mißt, Wird bald fortgesetzt, Denn je mehr er weicht zurück, Desto mehr treibt ihn das Glück. Ziehe, Gott, durch Kreutz und Pein Alle meine Neigung ein, Welche sich erhebet, Drücke mich, wo ich mich brüst, Säure, wo mir was gelüst, Tödt, was dir nicht lebet, Dieses sind die Stuffen hier, Drauff ich mich erhöh' in dir. Was auff Erden wird geehrt, Ist nicht deines Himmels werth, Seine Pfort' ist enge, Wo hinein die Niedrigkeit Uns allein gibt das Geleit, Und der Welt Gepränge, Ihre Höh' und Überfluß In den Staub sich legen muß. Soll mich eins vor deinem Thron Die mir beygelegte Kron Und der Pracht-Rock zieren, Den dein Sohn mir hat bereitt, Muß ich auch sein Leidens-Kleid Und den Dorn-Krantz führen. Seligs Elend, süße Schmach, Die solch' Ehr und Lust zieht nach!