Brandopfer Vergessenheit, dir bracht' ich heut ein Brandopfer, So wie seit manchem Jahr' ich's bring', im Hauswesen Papiernen Krams von Pros' und Versen aufräumend; Heut nimm als Opferlied noch diese Hinkjamben! Viel speichert sich von Dingen auf, was unfertig, Mißlungen, falsch gedacht, trotz mancher Mühwaltung Zuletzt doch aufgegeben, in den Schubfächern Den Raum nur engt: Novellen, Dramenbruchstücke, Romanfragmente, hingeworfne Reimkünste; So manches auch, was leidlich bei der Arbeit schien, Und als es fertig, wie Empfang von Ohrfeigen, Ach, von des eigenen Geschöpfes Handreichung, Beschämend mich berührte! Wart, du Bosheitsbrut, Die so mich foppte! Wild Gezücht der Selbsttäuschung, In's Ofenloch! Verkohle, brenne, flamm' hochauf! Ritz, ratz, ihr Fetzen! Immer mehr? Du fünfakt'ge Komödienrange warst die schlimmste! Heiß werden Soll dir, wie mir! Und du, Novellenschlafmütze (Die einz'ge, die ich jemals trug) du sperrst gähnend Den Mund auf, höhnend noch, daß ich im Halbschlaf dich Aus Lappen flickte? Ho! Du sollst in Glutasche Jetzt schwellen, lustiger als mir dein Dasein war! Was siehst du Liederheft mich an so scheinheilig? Verwünschter Mückenschwarm, der mir aus Hundstagen Vergang'ner Sommer, die ich nicht zurückwünsche, Die Nas' umspielt! Das wär' Originaltonart, Aus der du pfeifst? Wir kennen die Gebrauchsweise Der alten Leier! Knistre nun im Rauchloche! Da ist Musik, die ich für dich gesetzt habe. So kann ich freier wieder einmal aufathmen. Und sterb' ich dieses Jahr, so ist der Nachlaß doch Schon lichter, und erspart wird ernstes Kopfschütteln Dem Guten, der da nachforscht um Herausgabe. So etwas kann ja doch geschehn. Wer schriftstellert Und stirbt, der wird mit einemmal auf sechs Wochen In Deutschland Mode, wenn er auch bei Lebzeiten Niemals in Mode war. Drum ist die Druckschwärze Dem Nachlaß sicher, nebst ein bischen Theilnahme, Auf die der Lebende vielleicht umsonst hoffte. – Hochheil'ge Flamme! Hätt' ich doch von frühauf dir Mehr anvertraut zu weihevoller Selbstläutrung! Mehr anvertraut von dem, was jetzt auf Staubbrettern Gebunden steht, vergessen halb vom Zornrichten, Doch einst vielleicht herabgezerrt, zu trostloser Verwunderung der Guten, die drin nachblättern! Dein Segen, heil'ges Feuer, für das Hausopfer Im Ofenloch kam spät, doch kam mir's einleuchtend! Brennt es wohl noch? Nein. Schwarzverkohlter Aschflocken Ein Häuflein weht entgegen durch den Zugwind mir. Wie groß das Opfer wohl im nächsten Jahr sein wird? Ich wünscht' es kleiner doch. So klein, daß nichts weiter Zu opfern wär, als dieses Häuflein Hinkjamben!