Wäldershausen An Karl und Lili Schenck zu S. Im Morgendufte kommt vom Waldesrande Das junge Reh zum Wiesengrund geschritten, Da noch die Dämmrung hüllt die tiefren Lande. Es prüft den Thau, und blickt in Thalesmitten Mit klugem Aug' empor zum Höhenkranze, Zu dem die ersten Sonnenlichter glitten. Noch scheucht es nicht des Tages Strahlenlanze Zurück zum Wald, doch stutzt es bei dem Rufen Des Adlers, der sich wiegt im Aetherglanze. Schon sichrer blickt es, denn auf leichten Hufen Erscheint ihm der Genossen muntre Heerde, Zum frühen Mahl, herab die Rasenstufen. Und während Stille deckt den Fleck der Erde, Der sie geboren, harrt die Schaar, vertrauend, Daß Raum und Stunde sie beschützen werde. Doch über Buchenwipfel, die noch thauend Vom Nachtgewölke, dringt des Tages Sendung In Lichtern schon lebend'ger niederschauend; Und plötzlich durch der Hügel offne Wendung Gießt sich die Strahlenfluth in vollem Gusse, Das Thal erfüllend mit des Lichts Verschwendung. O welch ein Bild, geweckt vom Morgenkusse Der Sonne! Langsam sich zur Tiefe neigend Der Matten duftig Grün, vom Rieselflusse. Der Ohm durchschlängelt; Wälder, aufwärts steigend Zu Hügelreihen, erst nur leicht gehoben, Dann größren Schwungs gedehnte Formen zeigend; Sich überbauend, bis die Häupter droben In's Thal herüber schau'n, das fern im Weiten Sich schließt, in zarten Farbenduft verwoben. Wer sich zuerst in diesen Waldgebreiten Die Stätte gründete, verstand zu bauen Die Wohnung, sicher vor der Tage Streiten. Dort unter Buchen ist das Haus zu schauen, Geschützt vom Berg, die Stirn zur Ferne richtend, Zu Füßen allen Glanz der Wiesenauen. Nicht ist's ein Felsenbau, von welchem dichtend Die Sage spräch' in grauer Trümmersprache, Nein, frei im Grün, auf Thurm und Wehr verzichtend; Und doch mit seinem starken Holzgefache Jahrhunderten vertraut, seit Frühlingswehen Zuerst gerauscht zu seinem Schieferdache. Betrachtend aber wirst du lange stehen, Wenn sich des Eingangs Halle dir erschlossen, Geschmückt mit Bildern, Waffen, Jagdtrophäen. Doch daß nicht nur bewohnt von Waidgenossen Die Hall' und die Gemächer, sagt und deutet Ein Gang, der niemals einen Gast verdrossen. Woran ihr Alten euch im Stillen freutet, Von Enkeln ehrfurchtsvoll gehegt, bekunden Bescheid'ne Schätze, die ihr euch erbeutet; Gesucht vom Trieb des Sammelns, und gefunden Vom Wissensdrang und auf der Spur zum Schönen, Geordnet blieb es eurem Haus verbunden. So bracht' es ihm ein herzliches Gewöhnen Zum Edlen, Guten, um mit gleicher Wage Natur und Lebensfordrung zu versöhnen. Und gute Geister sind's, die hier die Tage Behüten, daß im Haus' es, ohne Schranken, So wie den Kindern, auch dem Gast behage. Das ist des Hauses Ruhm, wenn im Gedanken Des Gastes, der da scheidet von der Schwelle, Der Fremdheit Scheidegrenzen niedersanken; Wenn er, entfernt, für immer jene Stelle Zum Eigenthum im Geiste mitgenommen, Untrüglich auch im Trug der Lebenswelle. Doch wer, von Funken seiner Kunst erglommen Der Form vertraut, was freudig ihn berührte Zu sagen, hofft sich immer ein Willkommen. So wünscht' ich, was in Reimen ich vollführte, Zum Gastgeschenk für Euch, und guter Stunden Gedächtniß, welchem mehr als dies gebührte. Nicht Alles dauert, was ein Reim gebunden. Doch schönste Dauer kann dies Lied erreichen, Wird einst es von den Kindern aufgefunden, Im Buch des Hauses ein Erinnrungszeichen.