Winterleben 1. Die Winternachtigall So laut im Winterzimmer schmettert Die Nachtigall, Daß sich ein Frühlingshain beblättert An ihrem Schall: Zum blauen Himmel wird die Decke Und jede Wand zur grünen Hecke, Zur Schattengrotte jede Dunkelecke, Des Vorhangs Weh'n zu Bäche-Rieselfall. Nur wenn der Himmel oft so schaurig Durchs Fenster schaut, Dann klagt die Nachtigall so traurig Den Klagelaut, Als wollte sie ihr Los verklagen, Daß sie in Winterhaft muß schlagen Und schweigen einst, wann in beglücktern Tagen Der freie Frühling seinen Tempel baut. Doch laß dich das nur nicht verdrießen Und singe zu! Ein Lenz muß auch im Winter sprießen, Den wirkest du. O Himmelskehl' im Zeitenfroste, Du bist gegeben uns zum Troste; Sing' nur, und ob es dir die Seele koste, In jede Seele Sehnsucht, Schmerz und Ruh'.