Vom Bäumlein, das spazieren ging Das Bäumlein stand im Wald In gutem Aufenthalt; Da standen Busch und Strauch Und andre Bäumlein auch; Die standen dicht und enge, Es war ein recht's Gedränge; Das Bäumlein mußt' sich bücken Und sich zusammen drücken; Da hat das Bäumlein gedacht Und mit sich ausgemacht: »Hier mag ich nicht mehr stehn, Ich will wo anders gehn Und mir ein Örtlein suchen, Wo weder Birk' noch Buchen, Wo weder Tann' noch Eichen Und gar nichts desgleichen; Da will ich allein mich pflanzen Und tanzen.« Das Bäumlein das geht nun fort Und kommt an einen Ort, In ein Wiesenland, Wo nie ein Bäumlein stand, Da hat sich's hingepflanzt Und hat getanzt. Dem Bäumlein hat's vor allen An dem Örtlein gefallen; Ein gar schöner Bronnen Kam zum Bäumlein geronnen; War's dem Bäumlein zu heiß, Kühlt's Brünnlein seinen Schweiß. Schönes Sonnenlicht War ihm auch zugericht'; War's dem Bäumlein zu kalt, Wärmt' die Sonn' es bald. Auch ein guter Wind War ihm hold gesinnt, Der half mit seinem Blasen Ihm tanzen auf dem Rasen. Das Bäumlein tanzt' und sprang Den ganzen Sommer lang; Bis es vor lauter Tanz Hat verloren den Kranz. Der Kranz mit den Blättlein allen Ist ihm vom Kopf gefallen; Die Blättlein lagen umher, Das Bäumlein hat keines mehr; Die einen lagen im Bronnen, Die andern in der Sonnen, Die andern Blättlein geschwind Flogen umher im Wind. Wie's Herbst nun war und kalt, Da fror's das Bäumlein bald; Es rief zum Brunnen nieder: »Gib meine Blättlein mir wieder, Damit ich doch ein Kleid Habe zur Winterszeit.« Das Brünnlein sprach: »Ich kann eben Die Blättlein dir nicht geben; Ich habe sie alle getrunken, Sie sind in mich versunken.« Da kehrte von dem Bronnen Das Bäumlein sich zur Sonnen: »Gib mir die Blättlein wieder, Es friert mich an die Glieder.« Die Sonne sprach: »Nun eben Kann ich sie dir nicht geben; Die Blättlein sind längst verbrannt In meiner heißen Hand.« Da sprach das Bäumlein geschwind Zum Wind: »Gib mir die Blättlein wieder, Sonst fall' ich tot darnieder.« Der Wind sprach: »Ich eben Kann dir die Blättlein nicht geben; Ich hab' sie über die Hügel Geweht mit meinem Flügel.« Da sprach das Bäumlein ganz still: »Nun weiß ich, was ich will; Da haußen ist mir's zu kalt, Ich geh' in meinen Wald, Da will ich unter die Hecken Und Bäume mich verstecken.« Da macht sich's Bäumlein auf Und kommt im vollen Lauf Zum Wald zurück gelaufen, Und will sich stell'n in den Haufen. 's fragt gleich beim ersten Baum: »Hast du keinen Raum?« Der sagt: »Ich habe keinen!« Da fragt das Bäumlein noch einen, Der hat wieder keinen; Da fragt das Bäumlein noch einen: Es fragt von Baum zu Baum, Aber kein einz'ger hat Raum. Sie standen schon im Sommer Eng in ihrer Kammer; Jetzt im kalten Winter Stehn sie noch enger dahinter. Dem Bäumchen kann nichts frommen, Es kann nicht unterkommen. Da geht es traurig weiter Und friert, denn es hat keine Kleider; Da kommt mittlerweile Ein Mann mit einem Beile, Der reibt die Hände sehr, Thut auch, als ob's ihn frör'. Da denkt das Bäumlein wacker: »Das ist ein Holzhacker; Der kann den besten Trost Mir geben für meinen Frost.« Das Bäumlein spricht schnell Zum Holzhacker: »Gesell, Dich friert's so sehr wie mich Und mich so sehr wie dich. Vielleicht kannst du mir Helfen und ich dir. Komm, hau' mich um Und trag' mich in deine Stub'n, Schür' ein Feuer an, Und leg' mich dran; So wärmst du mich Und ich dich.« Das deucht dem Holzhacker nicht schlecht, Er nimmt sein Beil zurecht; Haut's Bäumlein in die Wurzel, Umfällt's mit Gepurzel; Nun hackt er's klein und kraus Und trägt das Holz nach Haus Und legt von Zeit zu Zeit In den Ofen ein Scheit. Das größte Scheit von allen Ist uns fürs Haus gefallen; Das soll die Magd uns holen, So legen wir's auf die Kohlen; Das soll die ganze Wochen Uns unsre Suppen kochen. Oder willst du lieber Brei? Das ist mir einerlei.