Vorahnung zu den Kindertotenliedern 1. Jeder Tag, der nichts dir nimmt, Hat dir wirklich was gegeben. Wie ein Docht im Wind verglimmt, Konnt er löschen dir ein Leben. Für so viele mußt du beben Und in Furcht und Sorge schweben; Fühlest du dich nicht gestimmt, Jedem Tag zu sagen Dank, Wo von allen keins ward krank? Keiner ging mir noch verloren Derer, die mein Weib geboren; (Außer einem halbvergessnen, Früh verlornen, kaum besessnen) Daß ich immer zagen muß Vor dem Monatsrechnungsschluß, Ob der Tod nach Schicksalsordern Nicht wird seinen Blutzehnt fordern. Diese Furcht, in der ich habe Jeden schon gelegt zu Grabe, Rechne mir der Herr der Welten An als wirklichen Verlust, Wenn für Kindesopfer gelten Kann ein Herz in Vaterbrust. 2. Mit dem Kirchhof auch vertraut Hab' ich mich gemacht, Ihn im Frühlicht mir beschaut Und in Sternennacht. Von mir weder alt noch jung, Weder groß noch klein Barg in diese Dämmerung Jetzt noch sein Gebein. Dennoch, die ihr hier den Reih'n Führt im Mondenglanz, Laßt mich euch empfohlen sein, Mich und meinen Kranz! Wenn von meinem blüh'nden Kranz Bricht der Tod ein Blatt, Gebt ihm hier im Mondenglanz Eine kühle Statt! Oder soll, wie sich's gebührt, Ich der erste nahn, Will ich selber, sanft gerührt, Später sie empfahn. Ob mir einer Blumenduft Lebend streu' aufs Grab, Oder selber in die Gruft Zu mir steig' hinab! 3. Glieder, die dir Gott geschenkt, Dein Gefühl des Daseins zu vermehren; Übel ist dein Geist gelenkt, Will er sich in Sorg' um sie verzehren. Da du selber deinen Leib Dem empfiehlst, von dem du ihn empfangen; Warum willst du um ein Weib Täglich und um Kinder stündlich bangen?