[Heute kehrt der Tage schönster] Heute kehrt der Tage schönster, Denn den Theuren seh' ich wieder; Heute hebt im reichsten Prunke Sich der Sonne Glanzgefieder. Gestern war der Freund voll Rache, War voll heissen Durst's nach Blut; Heute ist er laut're Milde, Und belebt des Armen Muth. Sprich vom Mond' und Sonnenlichte, Von Pĕrīs und Geistern nimmer: Denn was gliech' ihm , der da strahlet In des höchsten Glanzes Schimmer? Wer sein Antlitz hat geschauet, Und nicht fühlt des Todes Pein, Ist fürwahr kein fühlend Wesen, Ist wohl Marmor nur und Stein. Alle gläubig-frommen Seelen, Die da seine Gluth nicht kennen, Muss der Pilger wahrer Liebe Falsche und Ungläub'ge nennen. Der du nimmer siehst, es könne Wein nur seine Lippe seyn! Sieh doch in mein trunk'nes Auge: Gleich dem Glas' ist's voll von Wein. Gabriel schlug an die Pforte, Und mein Mond sprach: »Wer pocht wieder?« Und er rief: »Ein nied'rer Sclave Sank vor deinem Thore nieder.« Sprach: »Wer ist's, der bei dir weilet?« Sprach: »Wer sonst, als Liebesschmerz?« Sprach: »Wo weilt der Schmerz der Liebe?« Sprach: »Ihn birgt diess treue Herz.« Nur Ein Blick als Schönheitszehend, Silberbrust! ist mein Verlangen, Denn mein Auge strotzt von Perlen, Und wie Gold sind meine Wangen. Sprach: »Nur durch der Pforte Ritzen Sei dir jetzt ein Blick erlaubt.« Und ich flog an deine Pforte, Und berührte froh mein Haupt. Sprach: »Die kleinsten Weltatome Müssen Liebe für mich fühlen; Flieh, o flieh, mit solchen Waaren Kann ich nur verächtlich spielen!« Steig' empor, o helle Sonne Von Tĕbrīs, der Liebe Hort! Diese glutherfüllte Sage Ueberstrahlt ja jedes Wort.