[Weise seyn, heisst immerdar] Weise seyn , heisst immerdar Sich im Gram bewähren; Lieben , heisst sein eig'nes Ich Immerdar entbehren. Sich zu senken in das Meer Werden Weise scheuen; Die Verliebten kann allein Das Versenken freuen. Weisen beut es Ruh' und Trost, Ruhe zu bereiten; Für Verliebte ist die Ruh' Schmach zu allen Zeiten. Unter Menschen lebt, wer liebt, Einsam, abgeschieden, Wie das Wasser und das Oel Jederzeit sich mieden. Rath zu geben Liebenden, Wem das je gefiele, Würde wilder Leidenschaft Bitt'rem Spott zum Ziele. Liebe gleicht dem Moschusduft, Kann sich nicht verstecken; Muss nicht Moschus immerdar Sich von selbst entdecken? Liebe ist ein Baum; wer liebt, Wird dem Schatten gleichen, Der da ferne weilt und nie Kann den Baum erreichen. Knaben altern allzumal, Die nach Weisheit ringen; Doch durch Liebe wird sich, traun! Selbst der Greis verjüngen. Wer, o Sonne von Tĕbrīs, Liebt und Demuth zeiget, Deiner Liebe wird er gleich, Die stets höher steiget.