6.
Aber so klein du auch warst, so eng umschlossen, mein altes
Trauliches Wien: es ging
Großes
aus dir doch hervor!
Alles, was heute verklärt aufragt in Erz und in Marmor,
Redend als Denkmal zum Volk, lebte und wirkte in dir.
Bargen die schützenden Wälle, die alten, schlichten Paläste
Denn nicht Oesterreichs Ruhm? Oesterreichs Liebe und Stolz?
Fuhr
Maria Theresia
nicht mit Lust durch die Straßen,
Die ihr
erleuchteter Sohn
oft als ein Bürger besucht?
Waren nicht heimisch in ihnen die Sieger von
Zentha
und
Aspern,
Denen als dritter zuletzt der von
Novara
gefolgt?
Wie? Und schufen in ärmlichsten Häusern nicht
Haydn
und
Mozart?
Nicht
Beethoven
und schritt mächtigen Hauptes einher?
Klangen im engeren Weichbild zuerst nicht die Lieder von
Schubert,
Dessen behäbiger Sinn nie sich in's Weite verlangt?
Und
Grillparzer?
Empfing er die Weihe der tragischen Muse
Nicht im Bann der Bastei, die er stets einsam betrat?
Blickte mit schalkischem Aug' nicht
Bauernfeld
auf die Phäaken,
Während in
Raimund's
Gemüth still der »Verschwender« entstand,
Lenau's
melodische Schwermuth die Herzen ergriff und entzückte –
Und
Grün's
Lerchengesang schmetterte über der Stadt?!
Scheltet mir nimmer
Altwien,
Ihr Neuern, und lasset euch sagen:
War es ein Capua auch, war es doch keines des Geists.