Auf der Lobau (1862.) Tiefe Stille. Lautlos zieht vorüber, gespaltenen Laufs, Der breite Donaustrom, Leis' bespülend dicht grünendes Ufergezweig. Kaum zum Lispeln bewegt, Schimmern im Sonnenglanz Die Erlen und Silberpappeln, Die, aufgewuchert zu lieblicher Wildniß, Hochhalmige Wiesenflucht umschatten. Manchmal nur ertönt der kurze Schrei Des Reihers, der einsam die Luft durchkreis't; Hörbar fast Wird des Falters Flügelschlag Und der Odem des Reh's, Das friedlich gras't Wie in weltferner Sicherheit. Wo ist die Zeit, da einst Mit fremdverworrener Stimmen Laut, Mit Waffengeklirr' und Hufgestampf Des gallischen Cäsars Heer Auf diesem Boden gelagert!? – Damals, du sonnig stille Insel, Lag unter deinen Wipfeln zusammengedrängt Ein Weltschicksal! Ein treffender Schlag noch –: Und vernichtet war der kleine Gedunsene Mann mit dem Imperatorkopf, In dem sich die Ichsucht der Menschheit Zum tragischen Popanz verkörperte. Kaum erst erfüllt Hat ein halbes Jahrhundert sich, Seit er hier auf- und niederschritt, Entschlüsse wälzend in ruh'loser Brust –: Und heute schlägt kaum mehr hin und wieder ein Herz, Das seinen Ruhm gedüngt, Oder vor ihm gezittert. Wo sind die Reiche, die er gegründet? Wo die Könige, die er besiegt? Wo die Frauen, die er geliebt? Vorüber Alles. Sonnenbeglänzt Liegt, stromaufwärts, die Kaiserstadt, In die er einzog, sieggewaltig, Um ihr blauäugiges Fürstenkind Mit sich zu führen an der Seine Strand. Friedlich liegt sie; bricht die Schanzen ab, Die er einst gestürmt, Umzieht sich mit neuen Straßen, Baut Paläste und Dome, Als gält' es, sich zu gründen für die Ewigkeit – Und ahnt nicht, Daß auch sie dereinst Zerbröckeln wird in Schutt und Trümmer, Um endlich, Gleich dir , du grünende Insel, Hinweggeschwemmt zu werden Vom Strome der Zeiten.