Lantsknechtspiegel Des kriegs art, frucht und lon magst du hierin verston. Als ich vor dreißig jaren, noch jung und unerfaren, oft höret vom krieg sagen, und mir auch hart anlagen mein gsellen, das ich hin solt in den krieg mit in, auch etwas zu erfaren, das ich in alten jaren darvon zu sagen west, fürsagten mir das best, das ich ein lust gewun zum krieg, und dem nachsun, wie noch manch junges blut aus unwißenheit tut. nun, eins nachts gegen tag, als ich frei munter lag, erschin mir hell und pur der groß got der natur, Genius, sprach zu mir: wolauf, gsell, das ich dir den krieg tu zeigen on, sein art, frucht und sein lon! wenn ich dir den fürstel, nach dem dir auserwel, in disen krieg zu ziehen, oder in gar zu fliehen. nach dem da nam er mich, fürt mich hoch über sich hindurch den klaren luft, und auf der erden gruft mir zeigt ein weites tal, verwüstet überal; verhauen warn die welder, zertreten die baufelder, würz, kraut, blü, laub und gras als abgefretzet was samt allerlei getreid und aller wunn und weid; auch die edlen weinreben, all fruchtbar beum darneben waren all abgehauen, die ecker ungebauen, auch stunden die weier von fisch und waßer ler; auch zeigt er mir darum ein übergroße sum, lang und breit etlich meiler, dörfer und kleine weiler, die brunnen hoch und glo, eins teils die lagen do in der aschen und rochen; zeigt mir, wie sich verkrochen die bauren in den welden, in heckn und finstren helden, der ich doch vil sach schetzn, fahen, martren und pfetzn, auch wie da an den straßen vor den dörferen saßen weib und die kleinen kinder. hin war ros, schaf und rinder; auch ir bar gelt eingraben war hin von den kriegsknaben samt futter und getreid. des saßens in herzleid, in hunger, durst und frost ellent on allen trost und westen nit wohin. nach dem zeigt er mir in den bergen mannich schloß, welche durch kriegs geschoß warn hart worden bekümmert, zerscherbet und zertrümmert und ausgebrennt mit feuer; doch stunt noch etlich gmeuer, sonst all notfest zerstört, kein adel man drin hört, hin war als frauenzimmer und als, was man vor immer geflöhnet het darein, das war hin, groß und klein. nach dem er mir auch hat gezeiget die hauptstat, die vor war vest beschloßen, iezt durch den feint zerschoßen; ir pastei warn zerschellet, türn und brustwer gefellet, mit pölern hart gedrenget, mit pulver war zersprenget die mauer, und den graben gar ausgefüllet haben; auch lag da noch vom sturm kriegsrüstung mancher furm; von den die stat wart gwunnen; das waßer und die brunnen warn abgraben und gnommen. als wir darob sint kommen, zeigt er mir hin und her all gaßen öd und ler. ellent stunt das rathaus, all grechtigkeit war aus, niemant het straf noch schutz; es lag gemeiner nutz, freiheit, original, all policei zumal; es schwig rat, gsetz und recht, es galt herr wie statknecht, war als verzagt und blöd, auch stunt die kirch gar öd, geplündert irer zir, kein freiheit war in ir, kein ampt noch sacrament; als kirchengsang het ent, kein glocken noch kein ur in ir gehöret wur; da war kein priester mer, hinwar ir würd und er; derhalb das götlich wort wart darin nit gehort mer auf dem predigstul. auch stunt ganz öd die schul, niemant da mer studieret, in künsten arguieret; kein freie kunst geleret, dardurch denn würd gemeret die zucht, weisheit und tugent bei der blüenden jugent. auch stundn all hemmr und mül; auch sach ich alle stül in den werksteten ler; ich sach kein hantwerker darin schmiden und dreen, bachen, schneiden noch neen, schmelzen, gießen noch weben, graben, zimmern, darneben buchdrucken noch binden; blib alles dahinden; sticken und seidenfitzen, maln, gulden oder schnitzen, sah weder badn noch schern, ler waren all tafern; sah kein hochzeit noch tenz, kein bulerei noch krenz, kein seitenspil, hofiern, kein kurzweil noch turniern; traurig war all ir wandel, all gwerb und kaufmanshandel vom krieg gefeget was; unsicher war die straß, auch alle mess und merk, in summa all hantwerk und hendel lagen nider. ich schauet hin und wider, die heuser stunden offen, das volk het sich verschloffen; all winkel hin und dar mit klag erfüllet war, mit seufzen, gschrei und weinen von großen und von kleinen; dan all heuser im zorn waren geplündert worn. aller hausrat war hin, betgwant, silber und zin, kleider und die barschaft der ganzen burgerschaft; dergleich gemeine stat war an irem vorrat beraubt samt aller schetz. erst sach ich, das all pletz und gaßn vol burger lagen, erschoßen und erschlagen, im blut gewelzt ir leiber, darbei töchter und weiber saßen in großer schar, rauften ir eigen har, wanden vor leid ir hent. ir vil waren geschent an ir weiblichen er von dem unzüchting her. Genius sprach zu mir: nun wil ich zeigen dir auch das gewaltig her, das mit blutiger wer die lantschaft hat verhert, schlößer und stet umbkert, was sie für wert und lon auch entpfangen darvon. schnell mit mir Genius durch die wolken hin schuß über ein weites felt; das stunt voller gezelt, und darumb cirkelrunt ein wagnburg gschloßen stunt; da lag die blutig rot an der ert in dem kot, sam lebendig begraben in irn hüttn gleich den raben, ganz wetterfarb und hager, hungerig, dürr und mager, ire kleider zerrißen, erfaulet und zerschlißen; bei der nacht sie erfruren, beim tag hart peinigt wuren von sonnen, hitz und staub, macht sie ganz mat und taub regen und ungewitter, der kalte wint war bitter, die leus in naßem kleit teten auch vil zu leit. oft wart gesperrt das lant, bracht mangel an provant; derhalb alter und junger must leiden großen hunger. wenn sie dann heten wol, warens denn gar stutvol, fraßens fleisch hinein gar, das kaum halb gsotten war. durch so unornlich leben tet sich bei in begeben, das ir vil waren krank; umb sie war groß gestank, sie heten breun und rur, vil ir begraben wur; kein ru tetens auch haben mit schanzen und mit graben, mit tagwach und schiltwachen und andern kriegessachen; der pfenningmeister gar oft zu lang außen war; vil loffen auf die beut, zaltens oft mit der heut; vil auch durch armut kamen, das sie den freunden namen; die henkt man dann an galgen. o wie sach ich ein balgen, ein gotlestern und schwern, das niemant kunt erwern! auf dem umbplatz vil ringer lagen vil hent und finger; on zal ir wurden wunt, die man oft schlecht verbunt, das ser vil krüppel gab. ich sach von oben ab, wie sie litten zumal vom feint groß überfal; auch kamen vom scharmützel ir oft herwider lützel; auch zeigt er mir von ferren in eim zelt die kriegsherren; teten vil anschleg machen, felten doch in vil sachen, des war in heimlich bang. der krieg verzog sich lang, das lant gar zu gewinnen. oft tet in gelts zerrinnen, bei all iren aufsetzen, der undertanen schetzen. denn tet der krieg sie dringen, eilent gelt aufzubringen; musten zu underpfant versetzn ir eigen lant; ir kleinot und credenz gieng auch dahin behenz. iezt felt pulver, dann blei und ander municei; dem reising zeug gebrach füttrung und obedach. das waßer mancher zeit dem leger war zu weit; oft wart provant verlegt, der lerman sie erschreckt; klag kam abent und morgen; auch mustens hart besorgen, in würt heimlich vergeben, ander aufsetz darneben. auch fürchtens mancherlei aufrur und meuterei in irem eignen her; auch ereignet sich mer untreu irer amptleut; ir vil trugen schalksheut; auch war ir kuntschaft schlecht, oft falsch und ungerecht; auch wurt in hin und wider vil post geworfen nider; dardurch kam an den tag ir heimlicher anschlag. von in fielen auch ab etlich stet, sich begab, ir buntgnoßn wurden gweltigt, not, angst wurt manigfeltigt. ir lant und fürstlich gnad stunt als auf dem glückrad; der feint auch auf sie zug, das leger an sie schlug, beid teil zu tun ein schlacht; wurden ordnung gemacht, beide zu fuß und ros. abgieng das feldgeschos, das gleich das ertrich kracht; nach dem gieng an die schlacht, vom gschütz war ein getös, von rossen ein gestös, ein stechen unde hauen. in dem da tet ich schauen, das ein her sieglos floch, der ander hauf abzoch. Genius ließ mich sehen, balt die schlacht war geschehen, die walstat diser wiesen sach ich mit blute fliesen. da große haufen lagn erstochen und erschlagn; eins teils lagen totwunt, echzten noch mit dem munt, eins teils hört ich laut jemmern seufzen und kleglich wemmern und nach dem tode schreien, aus engsten sie zu freien. Genius zeigt herab, wie man auch urlaub gab dem ganzen hellen haufen. ach wie sach ich ein laufen, beide von jung und alt, des solt nicht gar bezalt! derhalb die straßen schlecht lag gar vol kranker knecht. ir vil sach wir gefangen, auch an den baumen hangen, ir vil die baurn erschlugn; ganz ellent sie heimzugn, wan der tausent teil gleich nit heim kam gsunt und reich; der meist teil kam zu haus erger, dan er zog aus, vol laster und untugent. also die blüent jugent im krieg verdorben war, das ir anhangt vil jar. Genius sprach zu mir: sag an, gsell, wie gfelt dir der krieg und die kriegsleut, sein art, frucht, lon und beut? ich antwort im gar klug: des kriegs hab ich genug; dieweil ich hab mein leben, so wil ich mich begeben in kein krieg nimmermer, weil er on nutz und er handelt, allein mit schaden wirt lant und leut beladen, welche der krieg tut rüren, samt denen, die in füren; derhalb den krieg ich sag ein lauter straf und plag, des gar sol müßig gan ober und undertan. da antwort Genius und sprach: gesell, man muß des feindes sich oft weren, der wider recht und eren bekümmert leut und lant; alda mit teurer hant wert man sich recht und billich, da solt du auch gutwillich deim vatterlant beistan als ein erlicher man; dran setze leib und blut, kraft, macht, gwalt unde gut, dein vatterlant zu retten, als auch die alten tetten, das frid und ru im wachs, spricht von Nürnberg Hans Sachs. Anno salutis 1546, am 24. tag Octobris.