Historia: Herzog Heinrich der löw In der sechsischen chronica findt man warhaft geschriben da, als man zelet eilfhundert jar und vierzig, als ein herzog war, regiert zu Braunschweig in dem lant herzog Heinrich, der löw genant, ein streitbar fürst, sighaft und kön. der het ein gmahel from und schön; den doch künig Konrad vertrib, das im nur sein haupstat belib; der auf ein zeit wolt ziehen ab hinein zu dem heiligen grab, in das heilige lant hinein. als er von dem gemahel sein vor seim abscheid sein urlaub num und befalch ir das fürstentum, ein güldin ring von einandr schnit und die fürstin vereret mit dem halben, und das ander teil behielt er im. mit glück und heil mit seim hofgsint abreisen tet, des er ein anzal bei im het. und als er gen Venedig kam, ein galeen er da annam; darmit fur er hin auf dem mer. am dritten tag begab sich ser auf dem mer ein groß ungestum mit sturmenwinden umb und um. wie streng man an den rudern zug, iedoch das ungwitter verschlug das schiff dahin in schneller eil mit gewalt etlich hundert meil gem nidergang, hin über zwerg, hin an den Adamantenberg, daran dann stemt das klebermer, darum kein schiff wirt ledig mer. da waren sie in angst und not und ruften allesamt zu got, wan ir speis weret nicht ser lang, das sie der bitter hunger zwang. all tag ein greif geflogen kam, der ein man aus dem schiffe nam, den füret er hin in sein nest, mit menschenfleisch sein junge mest. solchem unglück hofft zu entrinnen herzog Heinrich mit weisen sinnen; der legt an sein stehlein gewant und verschuf, das man in einbant in ein roshaut und leget in an des schiffs bort. da holet in der greif im luft auf ein fels hoch, sein junge mit zu speisen; doch balt nun der greif wider abflug, aus der roshaut er sich balt zug und würgt die jungen greifen ab und steig über das birg hinab in ein wildnus, darinnen was kein mensch, auch weder weg noch stras, nur wilde tier, giftige würm, der sach er vil grausamer fürm. forchtsam er da in hunger was, wurzel und kraut der herzog as, und wilde frücht von baumens esten die dauchten in süß und am besten; im walt sucht er wider und für, doch funt er keins menschen gespür; des tet er sich ellent bedunken. eins tags sach er vor einr spelunken ein löwen kempfen mit eim drachen gar freidig, doch het in den sachen der drach mit seinem schwanz umbschlungen, das der löw stunt in angst bezwungen. des den fürsten erbarmen tet, zog balt von leder an der stet und dem drachen den hals abhib. nach dem der löw beim fürsten blib und bei im wonet tag und nacht, auch etwan im zu eßen bracht wilds obs und etlich kreuter gut, und hielt den herzogen in hut vor den tieren, und bei im wacht so ganz freuntlich, zam und geschlacht, sam ein gut freunt in allen dingen. den der fürst nicht kont von im bringen, und also in der wildnus war bei im biß auf das sibent jar. nun als der herzog hochgeborn also lange zeit war verlorn, kein botschaft man nie het vernommen, wo er mit seim gsint wer hin kommen, vermeint sein volk, er wer ertrunken, in eim schiffbruch im mer versunken. darob im lant war große klag. die landschaft der fürstin anlag, das sie wider heiraten tet, auf das das lant ein herren het. das also gschach und sich zutrug, ein fürstlich hochzeit man anschlug; nun als frü solt die hochzeit sein, zu nacht der teufel da erschein als ein langer rabschwarzer man und zeiget da dem herzog an: morgen wirt dein weib hochzeit halten, mit eim andern der freuden walten; wilt du aber sein eigen mein, so bring ich dich die nacht hinein gen Braunschweig, e wan kret der han. der fürst sprach: ja, ich wil es tan, wenn du mich und mein löwen mit bringst, doch das ich erwache nit, biß hin gen Braunschweig in die stat; darmit beschloßen war der rat. der teufel nam in samt dem leben und fürt sie in dem lufte eben den nechsten hin auf Braunschweig zu; der fürst der schlief in stiller ru. balt nun die mitternacht her gieng, der löw zu lüen anefieng, darum der herzog auferwacht. des wurt der teufel ungeschlacht und ließ den löwen fallen wider, sezt auch den fürsten ungstüm nider etwas von Braunschweig auf ein meil, bei eim kloster; darein in eil gieng der fürst samt dem seinen leben. frü solt sich in der stat anheben; darein gieng er in pilgrams kleit, vermischt mit freud und herzenleit, kam unerkant hin auf den sal, darauf man hielt das hochzeitmal. mit großem pracht man saß zu tisch, het vergult wiltpret, vögl und fisch, mit seitenspil und mit hofieren, artlichem gesang und quintieren. der fürst schickt den herolt vertraut an tisch zu der fürstlichen braut und ließ ir also sagen an: es wer dort bei der tür ein man, ein alter man, arm und ellent, der begeret aus irer hent einen trunk weins zu einem segen von ires herzog Heinrichs wegen. die fürstin mit weinen durchbrach, in einer güldin scheur darnach schickt sie dem fremden gast ein wein. der trank und ließ fallen darein das halbe fingerlein von golt, begeret, das auch trinken solt die fürstin von herrn Heinrichs wegen, der wer auch noch nit tot gelegen. als ir der herolt solches sagt, da trank die fürstin unverzagt und sach das halb goltfingerlein in der scheuren ligen im wein; das erkennts, das des fürsten was, und es an ir halb ringlein mas, stunt auf vom tisch in großer freut, mit verwundrung aller hofleut, und zu des sales tür hin gieng und iren alten fürstn umbfieng mit höchster freud, doch ungeret, an seinem hals im weinen tet, der gleich er auch. zu hant auffur als hofgsint, und entpfangen wur der fürst mit großer reverenz, und setzten in zu tisch eilenz, wan er der rechte breutgam was. als man nun frölich trank und as und von dem hochzeitmal gieng ab, der fürst dem jungen breutgam gab ein jungs freulein, sein töchterlein. also wurden zwo hochzeit gmein beider fürsten vierzehen tag, da man aller schön kurzweil pflag mit rennen, stechen und turnieren, mit tanzen und mit banketieren, weil man den fürsten wider het, der darnach lang regieren tet. der bhielt den löwen sein lebtag, der zu tisch bei sein füßen lag, und wo der fürst auch reit zu hof, der löw allmal auch mit im lof; zu nacht lag er vor der saltür und wacht als ein wechter darfür. der fürst auch bauen ließ ein stat, Löwenburg die genennet hat seinem treuen löwen zu ern, sein gedechtnus darmit zu mern. nach dem der alte fürste starb und ein seliges ent erwarb, und gar fürstlich begraben wart, sein löw ganz schwach, trauriger art sich leget auf des fürsten grab. niemant kont bringen in herab, und da zu lüen anefieng für unde für kleglicher ding, wolt auch nicht mer eßen und trinken, vor herzleit tet in tot hinsinken. derhalben nent man darnach eben disen herzog Heinrich den leben, dieweil sie heten beidesander so herzlieb gehabt an einander, in rechter treu biß an das ent beider leben heten vollent. Der beschluß Diß ist zu gedechtnus beschriben und uns zu eim exempel bliben: weil der löw also on abscheu so hoch vergalt des fürsten treu, die er am drachen im bewies, das er sein leben bei im lies und nach seim tot mocht nit mer leben, hat er uns ein schön beispiel geben. vil mer sol ein vernünftig man recht lieb und treu vergelten tan, wo im geschicht aus treuem mut ein treu an leib, er oder gut, an freuntschaft, kindern oder weib, das die nicht unvergolten bleib, von dem sie im wirt zugemeßen, sol er ewiglich nicht vergeßen; wan es ist die undankbarkeit ein grob laster, das unser zeit doch get gewaltig in dem schwank. die gegentreu ist schwach und krank hie gleich wie auch jenseit des bachs, das klagt auch zu Nürnberg Hans Sachs. Anno salutis 1562., am 23. tag Maij.