Der wankelmütige In dem hofton Danheusers. 1528. 1. Avianus, der frei poet, ein fabel uns erzelte, wie das ein fremder pilgerim wurt irr in einer wüste Zu winterzeit, in tiefem schne, in reif und großer kelte; der weg im gar verloren war, sein laufen war umsüste. Er stunt stil da in der wiltnus, sein herz das war im schwer. das ersahe ein satirus, das ist ein waldener, das kleine wilde leute sein, in Libia geboren, haben geißfüß und in der stirnen horen und wonen auf dem berg Atlas in großer wüsteneie; in der gieng diser pilgrim irr in sorgen mancherleie. 2. Und diser wilde satirus des pilgram sich erbarmet und fürt in in sein hütlein balt zu herbergen die nachte. Der pilgram blies in seine hent, bis er zum teil erwarmet, des sich der wilt verwundert ser, des blasen het er achte. Bracht im darnach ein kopf von golt mit siedig heißem weine, darmit er auch erwarmen solt das ingedirme seine. der pilgram nupfet balt darvon, des weines hitz er fület; er blies darein, auf das er würt gekület. der satirus auch das ersach und sprach zu im: »ich merke, das deine zung und munt vermag widerwertige werke. 3. Das kalte kanstu machen heiß, das heiß machestu kalt gar schnel in einem augenblick mit deinen schwinden griffen. Du machest uns wol alle irr in disem wilden walde; wankel und unstet ist dein zung und auf zwu schneit geschliffen. Was du ietz lobest, schiltstu dan, dein zung ist wankelmütig. darum tu balt von mir ausgan – ich bin dir wol zu gütig – und wandel an ein ander ort zu ander schmeichelkatzen, die vorne lecken und auch hinten kratzen. ich urteil dich nach deiner sag, nach deim zwiefachen aten. weich von mir; ich trau dir nicht mer; dein wil ich wol entraten.«