50. Die Wehmut Mit leisen Harfentönen Sei, Wehmut, mir gegrüßt! O Nymphe, die der Thränen Geweihten Quell verschließt! Mich weht an deiner Schwelle Ein linder Schauer an, Und deines Zwielichts Helle Glimmt auf des Schicksals Bahn. Du, so die Freude weinen, Die Schwermut lächeln heißt, Kannst Wonn' und Schmerz vereinen, Daß Harm in Lust verfleußt; Du hellst bewölkte Lüfte Mit Abendsonnenschein, Hängst Lampen in die Grüfte Und krönst den Leichenstein. Du nahst, wenn schon die Klage Den Busen sanfter dehnt, Der Gram an Sarkophage Die müden Schläfe lehnt; Wenn die Geduld gelassen Sich an die Hoffnung schmiegt, Der Zähren Tau im nassen, Schmerzlosen Blick versiegt. Du, die auf Blumenleichen Des Tiefsinns Wimper senkt, Bei blätterlosen Sträuchen Der Blütenzeit gedenkt, In Florens bunte Kronen Ein dunkles Veilchen webt, Und still, mit Alcyonen, Um Schiffbruchstrümmer schwebt: O du, die sich so gerne Zurück zur Kindheit träumt, Selbst ihr Gewölk von ferne Mit Sonnengold besäumt; Was uns Erinn'rung schildert, Mit stillem Glanz verbrämt, Der Trennung Qualen mildert Und die Verzweiflung zähmt; Der Leidenschaften Horden, Der Sorgen Rabenzug Entfliehn vor den Akkorden, Die deine Harfe schlug; Du zauberst Alpensöhnen, Verbannt auf Flanderns Moor, Mit Sennenreigentönen Der Heimat Bilder vor. In deinen Schattenhallen Weihst du die Sänger ein, Lehrst junge Nachtigallen Die Trauermelodei'n; Du neigst, wo Gräber grünen, Dein Ohr zu Höltys Ton; Pflückst Moos von Burgruinen Mit meinem Matthisson. Rühr unter Thränenweiden Noch oft mein Saitenspiel; Verschmilz auch Gram und Leiden In süßes Nachgefühl; Gieb Stärkung dem Erweichten! Heb aus dem Trauerflor, Wenn Gottes Sterne leuchten, Den Andachtsblick empor!