31. Monodie Am Meere bei Havre de Grace. Im Mai 1792. Im falben Schein des Westens wanken Schiffe Zur fernen Höh', ihr Segel rund geschwellt; Der Brandung Wog' am weiten Kieselriffe Verrieselt und zerschellt. Die golddurchfloßnen Wolkenlagen blaßten: Den Ozean bepurpurt Zitterglut; Dem Schoß der Fern' entragen kaum die Masten Und tauchen in die Flut. Zur Hütte kehrt mit Sensen dort und Harken Der frohe Landmann, der sein Feld gemäht. Die Rhede ruht, von braunen Fischerbarken Und Nachen übersä't. Die Dämmerung betuscht die Waldgestade Mit zartem Grau; die scheue Möve pfeift Am Kreidenfels der luftigen Leukade, Wo Sehnsucht einsam schweift. Des Hafens Markt verstummt; der Bootsmann läutet Zum Nachtgebet; des Leuchtturms Lampe blinkt. Doch fern hinweg zum Morgenhimmel deutet Die Muse mir und winkt: Dort wandelt sie, wo grüne Schimmer zücken, Sie, welche nur mein Geistesflug erreicht. Die Stunde schlägt, wenn mit gesenkten Blicken Sie dem Gedräng' entweicht. Fleuch hin, mein Geist, wo zu der Alpen Zinken Die Goldbeleuchtung steigend sich entzieht, Wo feucht und kühl des Tobels Schatten sinken Und hallt der Amsel Lied. Dort wandelt sie, umwölbt von Lerchbaumsprossen, Staunt vorgelehnt am bräunlich klaren Teich; Sein Spiegel glüht, mit Gletscherlicht begossen; Ihr Antlitz nur ist bleich. Des Gürtels Schleif' erheben laue Winde, Und flüsternd wallt das schwarze Seitenband, Das seit der Trennung, statt der Rosenbinde, Sie um die Locken wand. Der Sprosser Largo tönt in Wechselchören, Von Busch zu Busch; sie horcht und hemmt den Lauf, Dringt dann ins Dunkel grünverwachs'ner Föhren Und blickt tiefatmend auf. Der letzte Hall der fernen Abendglocken Verstummt und stirbt. Schau, wie sie ernster sinnt! Sie neigt die Stirn auf die gelösten Locken, Und ihre Thräne rinnt. Ihr tieflasurnen Frühlingsenzianen Faßt auf die Thräne, welche sie vergoß! Sink ein, o Nacht, und laß nur mich es ahnen, Um welchen Freund sie floß!