Totenklage An den Hängen, die in Eis Tiefbegraben starrten, Schmücken Krokus, gelb und weiß, Veilchen schon den Garten; Blätter hängt das junge Jahr An die kahlen Aeste, Und es kehrt der Wanderstar Zum verlass'nen Neste. Ja, im Glanz, der über Thal Und Gebirg ergossen, Allen als ein Freudensaal Ward die Welt erschlossen; Nur aus meinem Herzen weicht Nicht der Gram, der stete, Still an meiner Seite schleicht Er durch blüh'nde Beete. Seit ein Wiegenlied uns zwei In den Schlaf gesungen, Schwester, hat in jedem Mai Mich dein Arm umschlungen, Schrittst du hier mit mir am Bach Durch die blum'ge Wiese; Nun zum erstenmale, ach! Fehlst du mir, Elise! In der dumpfen Stube lang, Winterlich umnachtet, Nach der ersten Lerche Sang Hattest du geschmachtet. Endlich hell durch mildre Luft Scholl er dir entgegen – Da, Geliebte, in die Gruft Mußtest du dich legen. Nicht im jungen Sonnenlicht All das Grünen, Blühen, Und der Fichten Sprossen nicht, Die wie Fackeln glühen, Nicht, durchblitzt vom Morgenrot, Die beperlten Auen Gönnte dir der Mörder Tod Noch einmal zu schauen. Wohl in einem Jenseits gern, Wie zu höhern Räumen Hin du schwebst von Stern zu Stern, Möcht' ich dich mir träumen; Doch umsonst! Mein Geist muß matt Seine Schwingen senken; In der finstern Todesstatt Kann ich nur dich denken. Dort zu dir hinunter nun Dringt kein Hauch vom Lenze. Bleich zu deinen Häupten ruhn Die verwelkten Kränze, Und ein blasser Lichtstrahl streicht Nur mit Dämmerhelle Längs der Wände, kalt und feucht, Durch die Grabkapelle. Oft im Traume, grambetäubt, Zwischen Steingebröckel Heb' ich, moderduftumstäubt, Deines Sarges Deckel. Sieh! Da schläfst nach kurzem Sein Du den Schlaf, den langen, Und ein matter, eis'ger Schein Spielt um deine Wangen. Und von den Atomen schon, Die in Staub zerfallen, Hör' ich einen leisen Ton Durch die Stille hallen; O zu dir nimm mich hinab Aus dem Weltgedränge, Daß mit deinem bald im Grab Sich mein Staub vermenge!