Der Tod der Nachtigall Du, die unsterblich, vom Geschlechte Der Feen und Elfen ich geglaubt, O holde Freundin meiner Nächte, So hat der Tod dich mir geraubt! Im weichen Mondlicht vom Balkone Wie oft dir lauscht' ich andachtsvoll, Wenn aus der grünen Blätterkrone Dein heil'ges Lied herüberscholl. Auf horchte selbst das Seelenlose Den Tönen deiner Melodie; Die bleiche Lilie, die Rose In ihrem Schlummer hörten sie. Zu Abgrundtiefen bald versunken, Wo kein Gestirn des Lichtes kreist, Bald von des Himmels Wonne trunken Schien im Gesang dein Sehergeist. Ein Hoffen quoll aus ihm, ein Ahnen Von Höherm, als die Erde giebt; Ein Hauch, so wollte mich's gemahnen, Der Liebe, die in allen liebt. Nicht schwieg dein Schmettern, dein Geflöte, Seitdem das Abendlicht verglüht; Erst spät beim Schein der Morgenröte Sank dir das Köpfchen schlummermüd. Im Dunkel gestern auch zum Singen Auf deinem Zweig warst du erwacht; Gewölk stieg auf; verloren gingen Schlaftrunkne Donner durch die Nacht. Sanft glitt dein Lied, das leisgehauchte, Auf Rosen- und Jasminenduft, Der ringsher aus den Kelchen rauchte, Zu mir durch sommerschwüle Luft. Doch stärker war der Aeste Sausen, Des Donnerkrachens Wiederhall; Laut, immer lauter durch das Brausen Des Sturms quoll deiner Stimme Schall; Und ob der Blitz mit lohem Strahle Hernieder auf die Wipfel fuhr, Hoch jauchztest du in dem Chorale Der um dich jubelnden Natur. Mit Geistern war's ein Zwiesprachhalten, Ein Stürzen in das ew'ge Licht, Ein Schauen himmlischer Gestalten, Wie in Ezechiels Gesicht. Und, wo selbst der Prophet mit Zagen Den Blick gesenkt und heil'gem Graun, Wie wolltest du's, o Kleine, tragen, Die Gottheit unverhüllt zu schaun? Beim Frührot rollte durch das Wetter Ein letzter, mächt'ger Donnerklang, Durch den ein jubelndes Geschmetter In hohem, vollem Hymnus drang. Glorreich durchs Dunkel stieg die Sonne; Da sankst du zuckend erdenwärts; Der Donner schwieg; im Sturm der Wonne Gebrochen war dein kleines Herz.