Die deutsche Mutter 1866. Das ist ein Fest, ein herrliches, heut! Kanonengekrach und Glockengeläut Und Hallen von Siegesliedern! Nein, nein! Reißt ab von den Helmen das Laub Und streut auf das Schlachtfeld Asche und Staub, Wo Brüder sich würgten mit Brüdern! Tot beide, die ich mit Schmerzen gebar, Die schöner und schöner von Jahr zu Jahr Erblühten an meinen Küssen! Gebrochen nun in des Lebens Mai Ihr rosiges Haupt! Vom heißen Blei Die Brust den Teuern zerrissen! O hätt' ich – das ist's, was am Herzen mir zehrt – Das Wort sie nimmer stammeln gelehrt, Das in den Tod sie getrieben! Mein, mein die Schuld! Mit erhobener Hand Gebot ich ihnen, das Vaterland, Das deutsche, vor allem zu lieben. Wenn abends die zwei mir saßen im Schoß, Oft ihnen erzählt' ich von Waterloos, Von Leipzigs herrlichen Schlachten, Wie heim aus dem Feld ihr Vater, ihr Ahn Sich Ehren für Thaten, die sie gethan, Und leuchtende Wunden brachten. Da flammten die Augen der Knaben in Glut Und ließen mit Stolz des Gatten Blut In den Adern der Söhne mich ahnen. Was mehr? Die Jünglinge trieb es – kein Halt! – Zu Habsburgs Adler den Theobald, Den Karl zu den preußischen Fahnen. »Mein Bruder, leb wohl! Doch bald vereint Wehn unsere Banner wider den Feind Und jagen ans Meer ihn nach Westen; Für Deutschland, wie uns die Mutter gelehrt, Laß dann, des Ahnen, des Vaters wert, Uns kämpfen unter den Besten.« Und sie träumten noch von vereintem Sieg; Wer war es, o wer, der da den Krieg Von Deutschen mit Deutschen entflammte? Wohl bebte zurück die entsetzte Natur; Doch band an die Fahnen die zwei ihr Schwur Und riß sie ans Werk, das verdammte. Die Hölle jauchzte; von Süd und Nord Entgegen sich zogen zum Brudermord Die Heere mit klingendem Spiele; Und, wie ich jammernd am Boden lag, Die beiden Söhne bei Nacht und Tag Schaut' ich in dem Schlachtengewühle. Und Flammenzischen und Rädergeroll Und Krachen der Feuerschlünde erscholl Und Sterbender Aechzen und Wimmern; Da schwand der Dampf, der die Wahlstatt umflort, Und blutend lagen die zwei, durchbohrt, Auf Haufen von Leichen und Trümmern. O Mutter der Schmerzen! Vom Kruzifix Des Sohns schau her mitleidigen Blicks Und denk, du hattest nur einen! Nicht gleicht dein Jammer dem meinen; dir quillt Die lindernde Thräne vom Auge mild, Ich habe keine zu weinen. Und ihr, mit Jubel und Festlust heut Verhöhnt ihr mein Weh, mit Glockengeläut Und hallenden Siegesliedern? – Schweigt! schweigt! Reißt ab von den Helmen das Laub Und streut auf das Schlachtfeld Asche und Staub, Wo Brüder sich würgten mit Brüdern.