Joseph Viktor von Scheffel Gaudeamus Widmung Vergnüglich flüsternd ziehn des Neckar Wogen Vorbei dem Ursitz deutscher Wissenschaft, Hoch ob der Brücke schlanken Pfeilerbogen Hebt sich des Schlosses giebelstolze Kraft. Ein Blütenschnee von Kirschen, Pfirsich, Flieder Flockt duftverhauchend um das junge Grün, Und prangt Altheidelberg im Lenzschmuck wieder, Sorgt niemand viel sich um des Lebens Mühn. In diesem Tal der weißen Blütenbäume Kam mir des Ortes Genius oft genaht Und fügte Scherz, Humor und heitre Träume Zum Wissensernst der alten Musenstadt. Er ging nicht steif in klassischen Gewanden, Ging keck und flott und trank wie ein Student Und glich nicht viel den neun antiken Tanten, Die man im Mythus mit Apollo nennt. Was er mich lehrte, bracht' ich in den Engern , Wo eine treubewährte Freundesschar Den Mittwoch in den Donnerstag zu längern Bei goldnem Rheinwein oft beflissen war. Da fiel's nicht schwer, die Saiten hell zu schlagen, Selbst würdige Pfarrherrn wurden singend laut, Wenn uns ein Meister dessen Tod wir klagen, Mit kundiger Hand den Maientrank gebraut. Zwei Kesselpauken dienten als Orchester Und eines Ofenschirms gewalztes Blech, Das dröhnte oft zum Rundgesange fester Denn Meeressturm und wilden Heers Gezech. Zum lustigen Wort fand sich die lustige Weise Und oft scholl Beifall unsrer schlichten Art, Als läg' in diesem Maiweinnipekreise Waldmeisters Wunderhorn als Schatz verwahrt. Als von der Neckarstadt, der ewig heitern, Zur Ferne sich mein Lebenspfad gewandt, Ward manch ein Schreibebrief noch aus dem Weitern Mit Freundesgruß dem Engern zugesandt. Von welschen wie von deutschen Landschaftsbildern Hielt dies und das Erinnerung zurück Gleich Blättern eines Skizzenbuchs: sie schildern Harmloser Wanderlust verflüchtigt Glück. Nun schau' ich aus solidem Schwabenalter Auf dieser Lyrik jugendtollen Schwung Und reiche lächelnd meinen Liederpsalter Den Zechern allen, die im Herzen jung. Wer Spaß versteht, wird manchmal kräftigst lachen, Und wen manch Lied schier allzu durstig deucht, Der tröste sich: 's war anders nicht zu machen, Der Genius Loci Heidelbergs ist feucht! Im Mai 1867.