Runglstein bei Bozen (1855.) Noch heute freut's mich, o Runglstein, Daß einstmals zu guter Stunden In der Talfer felsenges Tal hinein Zu dir den Weg ich gefunden. Melodisch scholl aus der Tiefe empor Des Wildbachs entströmendes Tosen, Am Burgpfad erblühten in lustigem Chor Glutnelken und wilde Rosen. Des Runglsteins verfallen Gebäu Weiß nichts von Grämen und Trauern, Der Geist der Dichtung, fröhlich und frei, Nistet in seinen Mauern. Herr Konrat Vintler einst oben saß Des Kurzweil war allerwegen Beim Klang der Laute und Stengelglas Der freien Künste zu pflegen. Längst war des Minnelieds Glanz vorbei Und anderes wollt' sich gestalten, Drum dacht' er, ein künstlerisch Konterfei Entschwundener Pracht zu behalten. Viel sinnige Männer malten ihm gern Die Helden der altdeutschen Lieder; Noch schauen Herr Hagen und Dietrich von Bern Vom Söller zum Burghof hernieder. Und Grau in Grau – dort den Saal entlang, Wer deutet die Gruppen, die holden? 's ist Gottfrieds von Straßburg minniger Sang Von Tristan und Isolden. Tristan und Isolde auf weitem Meer – Isolde und Tristan im Walde – Brangäne lächelt – betrüblich sehr Steht König Marke der Alte ... Noch heute freut's mich, o Runglstein, Daß einstmals zu guter Stunden In der Talfer felsenges Tal hinein Zu dir den Weg ich gefunden. Durch der Fenster farbige Scheiben entsandt' Die Sonne ihr Gold vor dem Scheiden; Es umflammte die Schildereien der Wand Wie ein Gruß vergehender Zeiten. Im Rittersaale am hohen Kamin Saß lang' ich, in Sinnen versunken, Und habe im feurigen Wein von Tramin Des Vintlers Gedächtnis getrunken. Wer immer ins sonnige Etschland fährt, Halt' Einkehr in diesen Räumen, Und ist ihm eine Isolde beschert, Mag er von ihr hier träumen.