Lebensmelodien Auf den Waßern wohnt mein stilles Leben, Zieht nur gleiche Kreiße, die verschweben, Und mir schwindet nie im feuchten Spiegel Der gebogne Hals und die Gestalt. Ich haus' in den felsigen Klüften, Ich braus' in den stürmenden Lüften, Vertrauend dem schlagenden Flügel Bei Jagd und Kampf und Gewalt. Mich erquickt das Blau der heitern Lüfte, Mich berauschen süß des Kalmus Düfte, Wenn ich in dem Glanz der Abendröthe Weich befiedert wiege meine Brust. Ich jauchze daher in Gewittern, Wenn unten den Wald sie zersplittern, Ich frage den Blitz, ob er tödte, Mit fröhlich vernichtender Lust. Von Apollos Winken eingeladen, Darf ich mich in Wohllautströmen baden, Ihm geschmiegt zu Füßen, wenn die Lieder Tönend wehn in Tempe's Mai hinab. Ich throne bei Jupiters Sitze; Er winkt und ich hol' ihm die Blitze, Dann senk' ich im Schlaf das Gefieder Auf seinen gebietenden Stab. Von der sel'gen Götterkraft durchdrungen, Hab' ich mich um Leda's Schooß geschlungen; Schmeichelnd drückten mich die zarten Hände, Als ihr Sinn in Wonne sich verlor. Ich kam aus den Wolken geschoßen, Entriß ihn den blöden Genoßen; Ich trug in den Klauen behende Zum Olymp Ganymeden empor. So gebar sie freundliche Naturen, Helena und euch, ihr Dioskuren, Milde Sterne, deren Brüdertugend Wechselnd Schattenwelt und Himmel theilt. Nun tränkt aus nektarischem Becher Der Jüngling die ewigen Zecher; Nie bräunt sich die Wange der Jugend, Wie endlos die Zeit auch enteilt. Ahndevoll betracht' ich oft die Sterne, In der Flut die tiefgewölbte Ferne, Und mich zieht ein innig rührend Sehnen Aus der Heimat in ein himmlisch Land. Ich wandte die Flüge mit Wonne Schon früh zur unsterblichen Sonne, Kann nie an den Staub mich gewöhnen, Ich bin mit den Göttern verwandt. Billig weicht dem Tod ein sanftes Leben; Wenn sich meiner Glieder Band' entweben, Lös't die Zunge sich: melodisch feiert Jeder Hauch den heil'gen Augenblick. Die Fackel der Todten verjünget: Ein blühender Phönix, entschwinget Die Seele sich frei und entschleiert, Und grüßet ihr göttliches Glück. In der Myrten Schatten Gatte treu dem Gatten Flattern wir und tauschen Manchen langen Kuß. Suchen und irren, Finden und girren, Schmachten und lauschen, Wunsch und Genuß. Venus Wagen ziehen Schnäbelnd wir im Fliehen, Unsre blauen Schwingen Säumt der Sonne Gold. O wie es fächelt, Wenn sie uns lächelt! Leichtes Gelingen! Lieblicher Sold! Wende denn die Stürme, Schöne Göttin! Schirme Bei bescheidner Freude Deiner Tauben Paar! Laß uns beisammen! Oder in Flammen Opfre uns beide Deinem Altar.