Todten-Opfer für Augusta Böhmer 1. Sinnesänderung Ich wollte dieses Leben Durch ein unendlich Streben Zur Ewigkeit erhöh'n. Ich fragte nicht nach drüben, Mein Hoffen und mein Lieben War mir hienieden schön. Was die Natur gewoben, Was Menschen drauf erhoben, Verband mir Poesie. So wähnt' ich klar zu lösen Das Gute sammt dem Bösen Zu hoher Harmonie. Was plötzlich abgebrochen, War dennoch ausgesprochen Dem ordnenden Gefühl: Ein Lied war mir die Jugend, Der Fall der Heldentugend Ein göttlich Trauerspiel. Doch bald ist mir zerronnen Der Muth, so dieß begonnen, Die Gnügsamkeit in Dunst. Gefeßelt vom Verhängniß Im irdischen Gefängniß: Was hilft mir weise Kunst? Die Rose kaum entfaltet, Doch süßer mir gestaltet Als aller Schmuck der Welt, Die hat ein Wurm gestochen, Die hat der Tod gebrochen, Die hat der Sturm gefällt. Nun schau' ich zu den Sternen, Zu jenen ew'gen Fernen, Wie tief aus öder Kluft; Und, ihre blauen Augen Dem Himmel zu entsaugen, Küß' ich die leere Luft. O, werde mein Orakel, Du, die du ohne Makel Der falschen Welt entflohst! Sieh mich in meiner Demuth Und hauch in meine Wehmuth Der zarten Liebe Trost. Wenn dort die Ros' erblühte, So sei die heil'ge Güte Endlos gebenedeit. Zwar sehnlich werd' ich schmachten, Doch nicht vermeßen trachten Aus dieser Sterblichkeit. Wo ich mich wiederfinde Bei meinem süßen Kinde, Muß Heil sein, Wonn' und Licht. Sie wird, wenn meiner Zungen Der Klage Laut verklungen, Mein himmlisches Gedicht. Den strahlenden Karfunkel Nahm ich in grausem Dunkel Der Schlange Tod vom Haupt. Ich will ihn bei mir tragen, In allen Lebenstagen Wird er mir nie geraubt.