2. Auf einem Edelhofe meldete sich einst spät Abends eine schöne Jungfrau, ärmlich aber reinlich gekleidet, bey der Verwalterin, welche wegen ihres gestrengen Regimentes weit und breit verschrieen war und eben jetzt einer Dirne bedurfte. Sie erbat sich, bey ihr sogleich in Dienst treten zu wollen und bedang sich Lohn, so viel oder so wenig man ihr geben wollte, wenn sie nur eine Kammer für sich allein erhielte. Die Verwalterin hatte kundigen Blickes die feinen Händchen des Mädchens bemerkt und hielt sie nicht eben geeignet für rauhe Arbeit. Doch behielt sie Evchen bey sich, um die Probe mit ihr zu machen. Evchen ließ sich aber gut an; sie war ernst, lachte nie, that ihre Arbeit. Doch die Frau forderte gar so viel, besonders gab es viel Geschirr zu spülen, und man konnte ihr damit nicht früh genug zu Ende kommen. Darüber mußte Eva einmal harte Worte hören: statt zu essen, stellte sie ihr Töpfchen mit Hirsebrey unter die Bank und setzte sich hin, um recht von Herzen zu weinen. Als sie genug geweint hatte, wollte sie das Töpfchen unter der Bank hervornehmen, war aber sehr verwundert, zwey kleine Zwerge dort unten zu sehen, welche erschrocken die Reste des Hirsebreyes von ihrem Munde abzuwischen sich bemühten. Als Eva kein böses Gesicht machte, wurde sie zutraulich und erboten sich ihr bey der harten Arbeit zu helfen, wenn sie ihnen von ihrer kleinen Mahlzeit täglich etwas mittheilen wollte. Das Mädchen ging den Vertrag mit Freunden ein, und nun brauchte sie zum Spülen nicht einmal jene Zeit, welche die Verwalterin ihr gesteckt hatte. – Die Beziehungen zu den Zwergen wurden so immer inniger; sie entdeckte ihnen den Kummer, der ihr Herz bedrückte, daß sie mit einem Kinde schwanger sey, und die Kleinen gaben ihr etwas in die Suppe, daß dem Menschenauge ihr Zustand verborgen blieb. In ihrer Kammer hatte sie hinter dem Bettvorhange eine Wiege mit Zubehör versteckt. Als nun ihre Zeit um war, gebar sie, und die Zwerge leisteten Hebammendienste und gaben ihr einen stärkenden Trank, damit sie sogleich aufstehen, und um allen Verdacht abzuwenden, ihre Arbeit nach wie vor nachgehen konnte. Die Furcht, es möge das Kind schreyen und Alles verrathen, benahmen ihr die kleinen treuen Freunde mit der Versicherung, sie würden es während der Abwesenheit der Mutter wohl warten und verhüten, daß es schreye. So trugen ihrer Sechs das Kind im Büscherl herum und wiegten es in Schlaf, indem sich je drey an die Wiegenbänder rechts und links hingen. Das machte die Mutter immer heiterer. Es kam der dritte Sommer und die Herrschaft wollte ihn auf dem Edelhofe zubringen. Da ward Alles zum Empfange hergerichtet. In einem Prunkzimmer hing eine Laute. Diese nahm Eva und setzte sich hin und spielte und sang wundervoll dazu; die Verwalterin, in Angst, es möchte die Herrschaft ohne ihr Wissen bereits im Schlosse seyn, eilte hinauf und sah – die Magd. Sie schüttelte den Kopf und behandelte von nun an Eva aufmerksamer. Bald darauf fuhr ein Wagen vor. Sechs Zwerge hüpften heraus, machten den Schlag auf, und ein junger, hübscher Mann stieg aus. Eva lag ihm im Arme. Versteinert schaute die Verwalterin drein. Eva aber beruhigte sie und sprach: »Ich bin die einzige Tochter reicher Aeltern; zur Waise geworden, wollte ein habsüchtiger Vormund mein Vermögen durch meine Hand gewinnen, ich wollte nicht; da drang er in mich, den Schleyer zu nehmen: ich hatte aber schon einen Bräutigam gewählt und entfloh. Seitdem bin ich bey Euch. Nun ist der Vormund tod und ich bin frey. Doch jetzt muß ich nach meinem Kinde schauen.« Sie eilte hinauf in ihre Kammer. Die Zwerge hatten reiche Gaben an Perlen und Edelsteinen ausgelegt. Sie führten das Kind ihr entgegen. Nun war nicht mehr länger ihres Bleibens an diesem Orte der Dienstbarkeit. Als sie abfuhr, weinten die Zwerge. Sie beschied sie zu sich auf das Schloß ihres Bräutigams, und nicht mehr trennten sie sich. Wie früher leisteten sie auch da Hebammendienste und pflegten und warteten der Kinder. Ein Mädchen davon war schon zur schönen Jungfrau geworden und hatte das Herz eines Zwerges so entzündet, daß dieser um ihre Hand anhielt. Wohl ward ihm statt dieser ein Körbchen. Doch störte dieses die Freundschaft nicht und das Glück blieb mit den Zwergen beym Hause, bey Kindern und Kindeskindern.