803. Richard Löwenherz auf dem Trifels. Von Friedrich Baader. – Vgl. Sagenb. I., 304. Th. Rymeri foedera, conventiones etc. I., 26. Michaud histoire de Croisades II., 324 theilt die Strophen des Liedes mit, welche Baader' s Gedicht treu wiedergiebt. S.C. Lobstein Histor. Nachrichten über den Trifels. Landau 1827 S. 54. 1. »Wie lacht der Frühling doch so schön, Wie grünt die Au im holden Maie, In Sonnengold der Berge Höh'n Und drüber hin des Himmels Bläue. Du kühner Aar in freier Luft, Du Rhein, mit deinen Silberwogen, O grüßt mein Land von dieser Gruft, Kommt ihr nach Albion gezogen. Wohl nimmermehr, mein Heimathland, Wall ich auf deinem fels'gen Strande, Wohl nimmer wird, mein Engelland Dein König frei von harter Bande. Ein Felsennest statt – Königschloß, Der Boden Fels und Fels die Wände, Statt schwellender Polster – karges Moos, Statt Schwert's – die Ketten an der Lende. Ein hären Kleid – sonst ein Talar, Ein Steinsitz jetzt – einst auf dem Throne... Und wild umrankt mein Haupt das Haar, Das sonst so stolz trug eine Krone.« – So klagt Richard Plantagenet In Trifels' dumpfem Burgverließ, Worin die Rache Oesterreichs Den edlen König schmachten ließ. Doch horch! welch ein bekannter Klang Dringt jetzt zu König Richard's Ohr, Wer ist der Sänger, der es wagt, Zu nahen sich dem Kerkerthor? »O Sultana! o Sultana! Sieh den Fremdling liebebang Sich zu deinen Füßen winden .... Rührt dich nicht der Liebe Klang? Du verstehst nicht seine Worte, Doch du siehst sein Auge glühen Von des Herzens Liebe-Drang.« Der König sinnt, der König lauscht Der Laute klagendem Akkord, Der zitternd durch den Kerker hallt, Und wiederholt sich Wort für Wort. »Wer könnte dieser Sänger sein?... Nur Einem ist das Lied bekannt – Mein Blondel – Blondel nur allein! Ihm sang ich es im heil'gen Land.« Es zittert, jauchzt, es stürmt auf's Neu In seinen Adern Jugendgluth; Er greift zur Laute schnell, die lang Schon an der feuchten Mauer ruht: »Schöner Fremdling, deine Sprache Ist mir nicht so unbekannt, Ich bin selbst aus fernem Norden, Bin von einem Inselland; Noch lebt dort mir wohl die Mutter, Noch lebt dort mir wohl der Bruder – Bin dir selbst vielleicht verwandt...« Die Laute summt noch den Refrain Verschwindend in ein leises Ach, Und wie ihr Ton im Kerker klagt, Hallt's wehmuthsvoll von unten nach. »O wüßt' ich, ob's mein Richard ist!« »O wüßt' ich, daß mein Blondel er!« Die Lauten rauschen im Verein, Die Worte schweben hin und her: »Und dein Name?« – »Isabella« – – Dies ist Blondel/Richard nur bewußt! – »O mein Bruder!« – »Meine Schwester!« Und sie sinken Brust an Brust. »Meine Schwester!« – »Du mein Bruder!« Nur die ferne Mutter fehlet, Zu der hohen Wonn' und Lust. 2. Wie wenn der Sturm durch Föhren fährt, Und Aeste, Bäume, Felsenschollen, Daß zitternd dröhnt ringsum die Erd', Den Abhang dumpf hinunter rollen; Wie wenn, gepeitschet vom Orkan, Das Meer die fels'ge Küste stürmet, Zurückgedrängt – dann himmelan Auf's Neu die Wogenrosse thürmet; Der Blitz aus düst'rer Wolke zischt, Der Donner mächt'ger stets gewittert, Und hoch auf spritzt der Wogen Gischt, Daß Meer und Fels zugleich erzittert: So ringt jetzt Mann mit Mann in Wuth, Die Lieb' und Haß zum Kampf entflammen... Wo wichen je in Schlachten-Gluth, Die Richard's Löwenblut entstammen? Schon ist das Thor erreicht – erstürmt – Doch will der muth'ge Feind nicht weichen, Auf's Neu er einen Wall sich thürmt Von der erschlag'nen Freunde Leichen. Vergebens! – Unaufhaltsam dringt Blondel hinein mit seinen Schaaren, Vor seinem Schwert ein Jeder sinkt, Da kann nicht Helm, nicht Schild bewahren. Er bricht sich Bahn durch ihre Reih'n, Er möchte zum Verließe fliegen – Jetzt ist er dort – ein Stoß – hinein Eilt Blondel über dumpfe Stiegen. Jetzt schweigt des heißen Kampfes Dräu'n: Solch Bild muß Freund und Feind besiegen: Sie seh'n verklärt vom Abendschein Die Freunde Brust an Brust sich wiegen.