248. Das Grab im neuen Münster zu Würzburg. Von August Stöber. Im Lorenzgarten liegt ein Stein An einer kühlen Stelle, Da schwirren die Vöglein aus und ein, Und pfeifen und singen helle. Es ist ein alter Leichenstein Von Trauerweiden beschattet, Darunter liegt im engen Schrein Ein Sängerherz bestattet. Die Vöglein waren seine Lust, Es hörte gern ihr Singen, Und hüpfte selber in der Brust, Wie muntre Vöglein springen. Der Sänger lauschte mit Acht und Müh, Der Lerche Ton zu lernen: Auch schallt sein Lied wie morgenfrüh Aus himmelblauen Fernen. Er lernte von der Nachtigall Das innigliche Kosen: Drum singt er oft mit süßem Schall Von Minnelust und Rosen. Auch liebt er, wie die Vögelein, Ein Wanderleben zu führen, Und Gärten und Felder aus und ein Die Flügel frisch zu rühren. So streift er über den Wiesengrund Und über die Bergesgipfel, Bis er ein warmes Nestchen fand Auf einem stolzen Wipfel. An Vögel mahnt des Sängers Nam', Ein Vöglein saß im Schilde, Und als er nun zu sterben kam, Bedacht' er sie gar milde. »Vier Löcher höhlt in meinen Stein, Und senkt darein vier Tröglein, Und schüttet Wasser und Körner ein Für meine lieben Vöglein!« Und was er bat im letzten Drang, Willfahret ward ihm eilig; Die Klosterbrüder hielten lang Des Sängers Willen heilig. Herr Walther von der Vogelweid Ist unser Meister geheißen; Noch fliegen Vögel aus Wald und Haid Und singen ihm frische Weisen.