212. Der Meßner zu Bamberg. Von Philipp Will. Der Meßner Jobst zu Bamberg ward Gar gern geseh'n bei frohem Schmause: Ihn lockte mehr der Zecher Art, Als frommer Dienst im Gotteshause. Und wenn des Nachts bei vollem Glas Die heiße Wang' ihm thät' erglühen Bei Wein und Minnesold, vergaß Er leicht des Tages heil'ge Mühen. So war er einst vom Weine spät Nach Mitternacht zur Ruh gegangen, Und ohn' ein frommes Nachtgebet Hat ihn der Schlummer bald umfangen. Und hohl, wie aus dem Grabe tönt Ein Pochen in des Domes Raume. So dumpfen Tones nicht gewöhnt, Erwachte Jobst aus schwerem Traume. Und eilt voll Angst der Kirche zu, Späht' rings im Tempel gar verdrossen, Was ihn gestört aus süßer Ruh' Ob wohl ein Beter eingeschlossen. Er schaute nichts, doch plötzlich stieß Sein Fuß an eines Grabmals Kante, Das prunklos diese Inschrift wies, Die nicht des Frommen Namen nannte: »Es leuchte hier ein ew'ges Licht Zu meines Namens Angedenken, Und täglich sei's des Meßners Pflicht, Die Lampe frisch mit Oel zu tränken.« »Schlaf' still in deinem dunklen Haus, Dir leuchten Gottes Sterne alle.« So rief der Meßner frevelnd aus, Eilt brummend aus des Tempels Halle. Still war's. Der freche Spötter schlief. Doch horch'! Welch' schaurig Grabespochen Jobst wieder aus dem Schlafe rief, Daß ihm begann das Blut zu kochen. »So schweige doch, du todter Mann! Was willst du mir die Ruhe stehlen? Nicht zünd' ich dir die Lampe an, Bis du mich suchst in meinen Pfählen.« Es klirrt – erzittre Bösewicht! – Es öffnet sich des Zimmers Thüre. Da steht der Geist. »Riefst du mir nicht? Nun folge mir, wie ich dich führe.« Zum Dome rauscht es hin im Flug, Das Thor geht auf, der Geist bleibt stehen Am Grab. »Nun Jobst die Hand zum Krug, Und thue jetzt, was nicht geschehen!« Der Meßner that nach dem Geheiß; Der Geist versank in Grabesstille, Jobst aber fror das Blut zu Eis, Geschehen war des Frevlers Wille. Siehst du im Dom den Beter knie'n? Jobst ist's, der Küster, frommergeben. Der Herr hat ihm die Schuld verzieh'n, Er führt ein bußgeweihtes Leben.