369. Das Kreuz im Altmühlthale. Von Stichaner. – Das Kreuz in der Nähe Gunzenhausens, das eine Zeit lang dem Geschlechte der Seckendorf zugehörte. Die Spitalkirche von Burkard von Seckendorf gestiftet, der hinter dem kleinen Altar auf einem liegenden Stein abgebildet ist. – Eine sehr gedehnte Bearb. in Romanzen von Scheurlin. Mancher Bau für Ewigkeiten, Manches Denkmal eitler Pracht, Sank zu Staub im Sturm der Zeiten, Decket des Vergessens Nacht. Durch Jahrhunderte erhalten Bleibt ein schönes Monument, Wo der Liebe frommes Walten Dankbar noch die Nachwelt kennt. In dem Thale mild und friedlich, An der Altmühl grünem Strand, Blüht ein Städtchen rein und niedlich, Gunzenhausen wird's genannt. Dort bewahrt sich eine Sage In des biedern Volkes Mund, Gibt uns bis auf heut'ge Tage Von dem edlen Ritter Kund', Der ein Beispiel seltner Treue Früh geprüft durch tiefes Leid, All sein Gut aus frommer Reue Zu der Armen Trost geweiht. Burkard stammt' aus edlem Blute, War an Gold und Tugend reich, Stolz an Geist und kühnem Muthe, Seine Seele sanft und weich. Gerne mocht ihn jeder schauen, Trug den Jüngling leicht sein Roß Durch die väterlichen Gauen, Freundlich grüßt er Klein und Groß. Und die Jagd war sein Vergnügen, In der Wälder Einsamkeit Träumte er von künft'gen Siegen Und von Schlacht und Männerstreit. Kehrt' er dann im Abendscheine Müd' dem Schlosse zugewandt, Dort vorüber, wo die kleine Aermlich nied're Hütte stand: Fragt sein Herz, ob sie wohl heute, Die in dieser Hütte wohnt, Ihn mit einem Gruß erfreute, Der sein Hoffen freundlich lohnt? Hedwigs Aug' in klarer Bläue Strahlt ihm wie der Himmel mild; Und er hing mit stiller Treue An dem wunderlieben Bild. Einsam hold die Jungfrau blühte, Wie die Lilie der Flur, Sorgt mit kindlichem Gemüthe Für die alte Mutter nur. Von dem edlen Grafensohne Stand die Hirtentochter fern, Aber wo auf Fürstenthrone Sah er je so reinen Stern? Später kehrt' er einst zurücke Aus dem Walde von der Jagd, Hatt, ein selten Mißgeschicke, Keine Beute mitgebracht. Dämmerung und tiefes Schweigen Ruhten schon auf dem Gefild, Da vernimmt er in den Zweigen Ein Geräusch wie nahes Wild. Deutlich sieht er sich's bewegen, Wär's das Reh, das ihn geneckt? Ha, nun wird er's doch erlegen, Im Gebüsche ist's versteckt. Und den Bogen faßt er schnelle, Spannt ihn mit geübter Hand, Zielet sicher nach der Stelle Und der Pfeil ist losgesandt. Oh, daß er zurücke kehrte Treffend Burkards eignes Herz, Und sein Leben ahnend wehrte Der Verzweiflung dumpfem Schmerz. Denn was soll er fürder hoffen, Er, ein Mörder unbewußt, Sie, ach! hat sein Pfeil getroffen, Ja, er traf in Hedwigs Brust. Unter Blumen eine Leiche, Ihre Sichel in der Hand, Lag die Jungfrau, die das gleiche Schicksal mit der Rose fand, Die am Morgen frisch entfaltet Sterbend sinkt im Abendstrahl; Ach, so lieblich zart gestaltet, Blühte keine mehr im Thal. Von der unglück'selgen Stunde Trug der Ritter tiefes Leid, Und es heilt' die Todeswunde Seines Herzens nicht die Zeit. Nur auf Werke frommer Buße Ist er fürder noch bedacht, Gönnet sich nicht Rast noch Muße, Bis er Alles gut gemacht. Ließ ein Hospital erbauen Für verlass'ne Waisen Hort, Und für alte kranke Frauen, Nahe bei dem Unglücksort. Viel geschäft'ge Hände regen Mußten sich von Nah und Fern, Hedwigs Mutter dort zu pflegen, Bald vollendet säh' er's gern. War der Tag ihm so vergangen In den rastlos thät'gen Müh'n, Zog ihn sehnsuchtsvoll Verlangen Bei der Sonne letztem Glüh'n Zu dem Kreuz von weißem Steine Wo das schuldlos Opfer fiel, Die Geliebte, Engelreine, Seines eignen Pfeiles Ziel. Hedwigs Schatten zu versöhnen Kniet er da so manche Nacht In Gebet und heißen Thränen, Bis der Morgen neu erwacht. Und für fromme Stiftung spendet Burkard all sein Gold und Gut; Herrlich ist der Bau vollendet, Da beseelt ihn neuer Muth. Nimmt sein Schwert und ziehet weiter, Nach dem fernen Morgenland, Wo er als ein Gottesstreiter Bald ein ruhmvoll Ende fand. Und das Kreuz, es strahlt noch heute Auf dem grünen Wiesenplan; Täglich zeigt ein Betgeläute Noch die Unglücksstunde an. Manche Jungfrau aus dem Thale Dann mit frischen Blumen wallt Zu dem längst bemoosten Male, Wann das Abendglöcklein schallt.