Die Wucherer (Ein Volkslied.) Im großen Dorfe Haberstätt Geht's um. Sobald der Wächter Zwölfe ruft, Rumort's daher, saust in der Luft, Und rast im Dorf herum. Zwölf Geister heulen fürchterlich: »O weh! Der Fluch der Sünde macht uns bang, Verworfen hat uns – ach wie lang! Der Rächer in der Höh'.« Da schlingt das Weib sich um den Mann Herum. Die Kindlein schlüpfen unter's Bett, Und alles ist zu Haberstätt Vor Todesängsten stumm. Wie betet da das ganze Dorf So heiß: Wir arme Bauern bitten dich, Gott, treibe von uns gnädiglich Dies höllische Geschmeiß! Der Pfarrer, der im Swedenborg Studirt, Und als ein tiefgelehrter Mann Mit allen Geistern sprechen kann, Wagt es, und exorzirt. Vom Grabe eines Frommen sprach Der Mann: »Ihr Geister aus dem Schattenreich, Im Namen Gottes frag' ich euch: Sagt, was habt ihr gethan?« Da kam ein Geist, wie Säulenrauch Von Torf. Dem Pfarrer bebt das Herz wie Sulz. Hohl sprach der Geist: »Ich war der Schulz Einmal in diesem Dorf. Dies war ein Müller , der ein Wirth , Und der Schulmeister gar; die andern acht Sind Bauern , durch des Teufels Macht Sind wir zwölf Wucherer. Auf unsern Böden lag die Frucht Wie Sand. Oft gab der Himmel Fruchtbarkeit; Doch wir erschufen theure Zeit Gar weit umher im Land. Denn Korn und Wein verschlossen wir Mit Fleiß. Und brach herein die Hungersnoth Verkauften wir erst Wein und Brod Um teuflisch hohen Preis. Wir haben uns mit Armenblut Genährt. Wir haben der Bedrängten Schrei, Geblendet von der Täuscherei Des Wuchers, nicht gehört. Wir starben, Geister peitschten uns Hinab. Dreihundert Jahre sind es bald, Daß solchen Greuelaufenthalt Uns Gottes Rache gab. Doch wird vom Fluch einst unser Geist Befreit, Wenn's hier im Dorf zwölf Bauern gibt, Wo jeder Treu' und Glauben liebt, Und schwarzen Wucher scheut. O weh, es schaurt der Morgen schon; Fort, fort! O weh, noch werden wir nicht los. Des Jahres Segen ist zu groß, Hinab an unsern Ort!« Husch, rasselt's fort. Der Pfarrer fiel Aufs Knie, Und bat: Verwirf uns nicht im Grimm, Die Bauern sind doch gar zu schlimm; Ach Herr bekehre sie! Du gabst uns, Gott! ein gutes Jahr; Doch laurt Der Wuchrer schon, wie er die Frucht In Scheunen zu verbergen sucht, Und unsern Wein vermaurt. Verschlossen ist, o Wucherer, Dein Herz. Doch harre, Sünder, bald zerbricht Es Gottes Donner am Gericht Mit unnennbarem Schmerz.