Das Diadem In drei Bildern. 1. Auf den Wassern Babylons Flutet Alexanders Nachen, Samt den Freunden seines Throns, Die des Siegers Haupt bewachen. Doch er lies't ein trüb Geschick In dem Flug des Wellenschaumes, Und in seinem finstern Blick Schwebt das Mißtraun eines Traumes. Seines Diademes Pracht Leuchtet in den braunen Locken; Dieses schaute jüngst zu Nacht Er auf fremdem Haupt erschrocken. Widerfunkelt's aus der Flut Jetzt im Schimmer der Gesteine: Doch sein Auge fragend ruht Auf der Stirn, ob's auch die seine? In der Woge Spiegel sieht Er den Himmel dunkler brüten Schwanke Vögel ohne Lied Uferweiden traurig hüten. Und ein Königsgrabmal spült Ihm die Flut im Bild entgegen, Rauschende Gezweige fühlt Er in seinem Haar sich regen. Und der Nachen schießt vorbei: – Nun erst merkt der Fürst mit Bangen, Daß sein Haupt des Schmuckes frei, Sieht ihn in den Büschen hangen. Ueber dem zerfallnen Grab Schwebt die junge Königsbinde, Sie erreicht mit Speer und Stab Keiner von dem Hofgesinde. Von des Helden Seite schwingt Jetzt ein Freund sich in die Wellen, Der sich durch die Wogen ringt Bis sie ihn an's Ufer schwellen. Und, das Kleinod unbenetzt, Glänzend, seinem Herrn zu reichen, Hat er selbst sich's aufgesetzt, Daß der König muß erbleichen. Der erkennt das stolze Haupt, Wie er es im Traum gesehen; Aus dem Wasser, flutumstaubt, Sieht gekrönt er's auferstehen. Und nun hört er sich in's Ohr Auch des Sehers Stimme beben: »Herr! welch Zeichen! sieh dich vor! Laß den Kronendieb nicht leben!« Sinnend starr der König sitzt, Und es jagen sich Gedanken, Bis ihm's durch die Seele blitzt, Durch der Bilder wildes Schwanken. Jenes Freundes Blutgestalt, Den er längst bei'm Trunk erstochen, Naht, aus dunklem Aufenthalt Seines Innern vorgebrochen. In geheimer Tiefe regt Sich's von Scham und bittern Schmerzen; Mit dem blut'gen Schatten pflegt Stille Zwiesprach er im Herzen; Jener finstern Ahnung ringt Er den Stachel aus der Seele, Den Verdacht er niederzwingt, Der ihn treibt zu neuem Fehle. Eben ist der Schwimmer schnell An dem Nachen aufgeklommen, Hat den Schmuck sich auf der Stell Aus gesenktem Haupt genommen. Und der König sieht's mit Lust, Wie den Schaum vom Kleid er schüttelt, Nimmt den Freund an seine Brust, Los vom bösen Traum gerüttelt.