2. Als sie funfzehn Jahr gestanden, Sah'n schon alle Steine grau, Vieles hatten überstanden Fürst zumal und Fürstenbau. Denn das span'sche Kriegsgewitter War gezogen durch das Land, Doch am Thor die steinern' Ritter Hielten unbezwungnen Stand. Und die Linde vor den Thoren Rauschte freudiglich darein, Als von Fürstenhand erkoren, Freie Wächterin zu sein. Rauscht' und blühte funfzehn Jahre, Bis ein Winter wieder kam, Der den Herzog auf der Bahre Von dem treuen Schlosse nahm. Mit der welken Blätter Zittern Flüsterte sein Baum darein, Und das edle Paar von Rittern Jetzo schien es erst von Stein. Lehrer viel und Schüler wallen Durch die Straßen schleichend bang, Aus den Sälen, aus den Hallen Tönt ein frommer Sterbgesang. Doch die graue Landesveste Zeuget noch von ihrem Herrn, Hätten gleich die fremden Gäste Sie zerstöret gar zu gern 1 . Und der Baum der blüht noch immer Seit manch hundert Sommern gut, Ziert mit grüner Zweige Schimmer Manchen freien Musenhut. Horch, sie rauscht im Abendwinde, Wandle, Herzog, durch dein Schloß, Komm' und pflück' von deiner Linde Einen frischen Blütensproß! Fußnoten 1 Die Franzosen im Jahre 1688.