2. Er predigt' immer länger, Er predigt' immer strenger, Da ward die Brust ihm enger, Da ward die Lung' ihm krank; Bis daß er widerstrebend, Des Amtes sich begebend, Vom heißen Fieber bebend, Auf's Siechenbette sank. Er mußte lange liegen, Kein Schlummer mocht' ihn wiegen, Der Trost ging ihm versiegen, Er lag so gar allein. Es fingen die Gedanken Im Zweifel an zu wanken; Da stellte bei dem Kranken Des Vogts Besuch sich ein. Der naht sich seinem Bette, Rückt ihm die Lagerstätte, Greift Alles in die Wette Mit Magd und Diener an; Bringt labende Geschenke, Erfüllt die leeren Schränke Mit Speis' und mit Getränke, Und pflegt den kranken Mann. So kommt und kommt er wieder, Und setzt sich zu ihm nieder, Indem er fromm und bieder Manch tiefes Trostwort spricht; Aus seinem Munde quellen Die schönsten Bibelstellen; Von Thränen glänzt, von hellen, Des Kranken Angesicht. Des Vogtes Worte riefen Die Hoffnungen, die schliefen, Des Glaubens tiefste Tiefen Aus seiner Seele Grund. Das Wort, das er, entzündet, Vorlängst dem Volk verkündet, Verklärt, verherrlicht findet Er's in des Trösters Mund. Das dringt in seine Säfte, Erneuert ihm die Kräfte, Belebet das Geschäfte Der ringenden Natur. Jetzt heilt, was war verwundet, Was krank war, das gesundet, Und Trank und Speise mundet: Vollendet ist die Kur. Die Frühlingsboten sangen, Da kam ihn zu umfangen Zum letztenmal gegangen Der Vogt, sein Trost und Hort. »Ich ziehe meiner Gassen, Bin dieses Amts entlassen; Laßt Eure Hand mich fassen: Gott sei mit Eurem Wort!« Der Pfarrer, tief sich neigend, Auf seine Hand sich beugend, Dann auf die Brust sich zeigend, Auf die erstarkte, spricht: »O könnet ihr hier lesen, Wie sie sich fühlt genesen! Wer Ihr auch seid gewesen: Ein Vogt, Herr! seid Ihr nicht! «