Die Gottesbraut Aus des Klosters Hallen Schallt der Jungfrau'n Sang, Die zur Kirche wallen Bei der Glocken Klang; Alle Gott geweiht, Haben sie der Zeit Abgesagt und ihrer Wonne, Kehren sich zur ew'gen Sonne. Was an ihnen blühet, Blüht zu seinem Ruhm, Was in ihnen glühet, Ist sein Heiligtum. Ihrer Jugend Stern Leuchtet vor dem Herrn, Was ein Weib auf Erden schmücket, Opfern sie, der Welt entrücket. Hoher Stirne Bogen, Langes goldnes Haar, Jungen Busens Wogen Bringen sie ihm dar; Farb'ger Wangen Blut, Roter Lippen Glut, Was da freut und treibt das Leben, Haben sie ihm hingegeben. Doch, die Jüngste schauet Dort am letzten Platz, Die erst heut vertrauet Ihm den reichen Schatz! Welcher Brauen Kranz! Welcher Augen Glanz! Welchen Stral von Sehnsuchtsblicken Sieht man sie gen Himmel schicken! Rosse hört man scharren Vor dem Klosterthor, Einen Jüngling harren Siehet man davor: Sein entzündet Hirn Färbet Aug' und Stirn Mit der ird'schen Flamme Gluten Die aus dunkler Tiefe fluten. An des Thores Gitter Frägt die Schaffnerin: Was begehrt der Ritter Im empörten Sinn? – »Aus dem schwarzen Haus Sendet sie heraus! Drinnen glühn zwei Sonnenaugen, Die für eure Nacht nicht taugen!« Seine Waffen tönen Durch der Hallen Gang, Daß man's höret dröhnen Zu der Jungfrau'n Sang. Alle beten laut, Doch die fromme Braut, Wie sie hört die frechen Worte, Wandelt schweigend durch die Pforte. In der stillen Zelle Durch das Fensterlein, Nach des Himmels Helle, Nach der Sonne Schein Kehrt sie noch einmal Ihrer Augen Stral, Löset mit dem Stahl sich leise Dann der Augen goldne Kreise. Schließt die Perlen beide Von erloschnem Schein, Blutiges Geschmeide, In die Kapsel ein, Zieht den Schleier vor, Wanket an das Thor: »Was du willt, sei dir beschieden, Laß des Himmels Braut in Frieden!« Zitternd langt der Ritter Nach der weißen Hand Durch das strenge Gitter, Als die Frau verschwand. Keinen Händedruck? Doch er hält den Schmuck! Unterpfand der süßen Triebe! Erstes Zeichen ihrer Liebe! »Aus der dunkeln Hülle,« Wonneglühnd er spricht, »Komm in deiner Fülle, Kleinod, an das Licht! Wirst ein Wiederschein Ihrer Augen sein!« – Und er sieht die matten Sonnen, Und das Blut ist ihm geronnen. – Als er auf den Pfühlen Aus des Wahnsinns Nacht, Wieder war im kühlen Morgenhauch erwacht, Ward in Reu' und Schmerz Ihm ein andres Herz, Und das Licht, das sie verloren, Ihm im dunkeln Geist geboren. Und im Flehen trat er Vor den Herrn des Lichts, Einen Stral erbat er Seines Angesichts; Denn es wandelt blind Gottes frömmstes Kind! Daß der Sünder sei errettet, Hat sie sich in Nacht gebettet! Aus des Klosters Hallen Schallt der Jungfrau'n Sang, Die zur Kirche wallen Bei der Glocken Klang. Eine steht verhüllt; Aber dankerfüllt Werfen sich beim Liederschalle Um sie her die Schwestern alle. Hinter ihrem Schleier Glänzt's wie Sternenlicht, Das schon frei und freier Durch die Wolken bricht; Wie ein Wunder lauscht's, In dem Schleier rauscht's; Endlich sinkt vom Haupt er nieder, Und die Kirche stralet wieder. Denn es steht die Reine Wunderbar erhellt, Wie im Sonnenscheine Einer andern Welt; Und ein Augenpaar Groß und fromm und klar Sendet seiner Sterne Flammen Zu dem Gott, von dem sie stammen.