Die Maid von Bodman Es schwillet aus den Wellen Die grüne Maienau; Dort sitzt bei dem Gesellen Eine reine, süße Frau; Von Bodman ist's die treue Magd, Ihr Herz, ihr Blüteneiland Hat sie ihm zugesagt. »Ruh' aus in meiner Laube, Und singe Lieder mir! Der Apfel und die Traube, Sie blühn, sie reifen dir!« Da sprach Herr Hug von Langenstein Und sprang empor vom Rasen: »Nicht also soll es sein! Mir ist ein Bote kommen: Der alte Vater gern Das Kreuz hätt' er genommen, Gehorcht dem Lehensherrn! So ist er krank und altersmatt, Den Sohn in frischer Jugend Schickt er an seiner Statt.« Nicht traurig soll der Wille Des Vaters sein gethan; Die Maid weint in der Stille, Er schaut sie brünstig an: »Ich kehre heim, du süße Braut! Vertrau' dem Christ im Himmel, Und bleib mir hold und traut!« Er schwingt sich in den Nachen, Die Flut trägt ihn davon, Den Vater gut, den Schwachen, Vertritt der starke Sohn. Der Gram um seine treue Maid Er wird zu grimmen Streichen, Davon erliegt der Heid'! In Beten und in Sehnen Die Jungfrau harrt im Haus, Bis bei den Saracenen Der lange Streit ist aus. Es kehret heim der Kämpfer Schar, Sie schaut hinaus nach Einem, Den wird sie nicht gewahr. Der Herbstwind rauscht im Laube, Der Apfel fällt vom Baum, Es reift die dunkle Traube: War alles denn ein Traum? Und endlich saust der Wintersturm: Herr Hug er liegt gefangen Und wund im Heidenthurm. Da hat der Jungfrau Hoffen Recht wie ein Donnerstral Die böse Kunde troffen; Sie sitzet stumm im Saal. Es kam der Freier Schwarm herbe Die Hoffnung ist gestorben, So lebet noch die Treu'! – Die Hoffnung ist gestorben, So lebet noch die Treu': Ob auch im Thurm verdorben Des Ritters Jugend sei; Man beut ihm Freiheit, Gold und Ehr', Wenn er vom Glauben lässet: Das thät er nimmermehr. Von Jahr zu Jahr sie trauern, Sie sinken fleh'nd auf's Knie, Er in den schwarzen Mauern, Auf grünem Eiland sie. Bis daß in einer Frühlingsnacht Das Wort des Herrn im Traume Ward vor sein Ohr gebracht. Der Engel sprach zum Ritter: »Auf, opfre dich dem Herrn, So springt dein Kerkergitter, So leitet dich sein Stern!« Der Ritter denkt der süßen Frau'n, Die Minne soll er opfern; Doch ach! er darf sie schau'n! Und einem Ritterorden Gelobt er sich im Traum; – Sieh da, erfüllt ist worden, Was schien unmöglich kaum. Denn als er aus dem Schlaf erwacht, Das Kerkerthor steht offen In sternenheller Nacht. Er pflegt' in jungen Jahren Der Sterne Wissenschaft, So zieht er, wohlerfahren, Gott stärket seine Kraft, Er führt ihn durch den heißen Sand, Und unter wilden Völkern, Bis an des Meeres Strand. Durch Sturm und Felsenriffe Bringt schnell und sicher ihn Auf einem Christenschiffe Der Herr zur Heimat hin; Bald unter deutschem Blütenschnee Steht er am alten Ufer Und rudert durch den See. Und aus den Wellenschäumen, Erfrischt vom Morgenthau, Mit Reben, Wiesen, Bäumen, Winkt grün die Maienau; Und eine selige Gestalt Die Arm' entgegenbreitend Ruft ihn mit Allgewalt. Da wird sein Auge trüber, Sein Haupt fällt auf die Brust, Er lenkt den Kahn hinüber Von Liebe weg und Lust. Im Walde vor dem Landcomthur Steht er: im deutschen Orden Will Gott er dienen nur! Und einen Freund er sendet Zur grünen Maienau, Den letzten Gruß er spendet Der herzgeliebten Frau. Da losch die Hochzeitfackel aus, Die ihr im Geist entglommen, Und starb in Nacht und Graus. Und als aus tiefem Leide Sie wieder hob den Blick, Da glänzt im Blumenkleide Das Eiland, wie im Glück; Da goß ein Rebenblütenduft So süß Erinnrungsträume Durch die gewürzte Luft. Jetzt kam, was Ruhe bringet, Ihr vor die Seele hell, Die Flut, die sie umringet, Zertheilt ihr Nachen schnell; Es geht die schöne blasse Maid Durch ferne Lande schweigend, Im Blick der Liebe Leid. Bald wird ihr Auge dreister, Und kecker wird ihr Schritt, Und vor des Ordens Meister, Den obersten, sie tritt. Sie sprach: »Nehmt hin, was noch ist mein, Zu Gottes Eigentume, Ein reiches Inselein! Es scheinet warm die Sonne Und pflegt die Rebe drauf, Und Früchte glühn in Wonne, Und Saaten gehen auf. Doch Eines, Eines bitt' ich nur, Herr Langenstein, der Ritter, Der werde dort Comthur!« Der Meister ihr gewähret Die fromme Bitte gern; Da war ihr Wunsch erhöret, Wie dankte sie dem Herrn! Da schied sie, Thränen in dem Blick. Da glänzet hell im Herzen Zugleich des Liebsten Glück. »So sind doch Ihm die Reben, Die Felder Ihm gebaut! Ihn wird die Laub' umweben, Die mich und Ihn geschaut! Und wo zusammen wir gefleht, Ach, in der Burgkapelle, Da tönt doch sein Gebet!« Wohin die Maid geflüchtet, Wo sie verweint die Zeit, Das hat kein Mund berichtet, Begraben ist ihr Leid; Doch in dem neuen Ordenshaus, Da tönte durch die Wellen Ein ernster Sang hinaus: – »O Gottesminne, hehre, Du hast gelenkt mein Schiff Auf sturmbewegtem Meere Vorbei am Felsenriff. Doch sanfte Still' und wahre Ruh', Die hab' ich nie genossen, Wann deckt das Grab mich zu?«