William Shakespeare König Heinrich VI. Dritter Teil Personen König Heinrich VI. Eduard, Prinz von Wales, sein Sohn Ludwig XI., König von Frankreich Herzog von Somerset Herzog von Exeter Graf von Oxford Graf von Northumberland Graf von Westmoreland Lord Clifford, von König Heinrichs Partei Richard Plantagenet, Herzog von York Eduard, Graf von March, nachmals König Eduard IV. Edmund, Graf von Rutland Georg, nachmals Herzog von Clarence Richard, nachmals Herzog von Glocester, seine Söhne Herzog von Norfolk Marquis von Montague Graf von Warwick Graf von Pembroke Lord Hastings Lord Stafford, von des Herzogs von York Partei Sir John Mortimer Sir Hugh Mortimer, Oheime des Herzogs von York Henry, der junge Graf von Richmond Lord Rivers, Bruder der Lady Grey Sir William Stanley Sir John Montgomery Sir John Somerville Der Lehrmeister Rutlands Der Schultheiß von York Der Kommandant des Turmes Ein Edelmann Zwei Förster, ein Jäger Ein Sohn, der seinen Vater umgebracht hat Ein Vater, der seinen Sohn umgebracht hat Königin Margareta Lady Grey, nachmals Gemahlin Eduards IV. Bona, Schwester des Königs von Frankreich Soldaten und andres Gefolge König Heinrichs und König Eduards, Boten, Wächter u.s.w. Die Szene ist im dritten Aufzuge zum Teil in Frankreich, während des ganzen übrigen Stücks in England Erster Aufzug Erste Szene Erste Szene London. Das Parlament-Haus. Trommeln. Einige Soldaten von Yorks Partei brechen ein. Hierauf kommen der Herzog von York, Eduard, Richard, Norfolk, Montague, Warwick und andre mit weißen Rosen auf den Hüten. Mich wundert's, wie der König uns entkam. Da wir die nord'sche Reiterei verfolgten, Stahl er davon sich und verließ sein Volk; Worauf der große Lord Northumberland, Des krieg'risch Ohr nie Rückzug dulden konnte, Das matte Heer anfrischte: und er selbst, Lord Clifford und Lord Stafford, auf einmal, Bestürmten unsre Reih'n, und, in sie brechend, Erlagen sie dem Schwert gemeiner Krieger. Lord Staffords Vater, Herzog Buckingham, Ist tot entweder, oder schwer verwundet: Ich spaltet' ihm den Helm mit derbem Hieb; Zum Zeugnis dessen, Vater, seht dies Blut. Zeigt sein blutiges Schwert. zu York, das seinige zeigend. Und, Bruder, hier ist Graf von Wiltshires Blut, Den bei der Scharen Handgemeng' ich traf. wirft Somersets Kopf hin. Sprich du für mich und sage, was ich tat. Richard verdient den Preis vor meinen Söhnen. – Wie, ist Eu'r Gnaden tot, Mylord von Somerset? So geh's dem ganzen Haus Johanns von Gaunt! So hoff' ich König Heinrichs Kopf zu schütteln. Und ich mit Euch. – Siegreicher Prinz von York, Bis ich dich seh' erhoben auf den Thron, Den jetzt das Haus von Lancaster sich anmaßt, Schwör' ich zu Gott, will ich dies Aug' nicht schließen. Dies ist des furchtbar'n Königes Palast, Und dies der Fürstensitz: nimm, York, ihn ein; Dir kommt er zu, nicht König Heinrichs Erben. So steh mir bei, mein Warwick, und ich will's, Denn mit Gewalt sind wir hieher gedrungen. Wir alle stehn Euch bei; wer flieht, soll sterben. Dank, lieber Norfolk! – Bleibt bei mir, Mylords; Soldaten, bleibt und wohnt bei mir die Nacht. Und wenn der König kommt, verfahrt nicht feindlich, Bis er euch mit Gewalt hinaus will drängen. Die Soldaten ziehn sich zurück. Die Königin hält heut hier Parlament, Doch träumt ihr schwerlich, daß in ihrem Rat Wir sitzen werden: laßt uns unser Recht Mit Worten oder Streichen hier erobern. Laßt uns, gewaffnet so, dies Haus behaupten. Das blut'ge Parlament soll man dies nennen, Wofern Plantagenet, Herzog York, nicht König, Heinrich entsetzt wird, dessen blöde Feigheit Zum Sprichwort unsern Feinden uns gemacht. Dann, Lords, verlaßt mich nicht und seid entschlossen: Von meinem Recht denk' ich Besitz zu nehmen. Der König weder, noch sein bester Freund, Der Stolzeste, der Lancaster beschützt, Rührt sich, wenn Warwick seine Glöcklein schüttelt. – Plantagenet pflanz' ich; reut' ihn aus, wer darf! Entschließ' dich, Richard, fodre Englands Krone! Warwick führt York zum Thron, der sich darauf setzt. Trompetenstoß. König Heinrich, Clifford, Northumberland, Westmoreland, Exeter und andre treten auf, mit roten Rosen an ihren Hüten. Mylords, seht da den trotzenden Rebellen Recht auf des Reiches Stuhl! Er will, so scheint's, Verstärkt durch Warwicks Macht, des falschen Pairs, Die Krön' erschwingen und als König herrschen. – Graf von Northumberland, er schlug den Vater dir; Und dir, Lord Clifford: und beide schwurt ihr Rache Ihm, seinen Söhnen, Günstlingen und Freunden. Nehm' ich nicht Rache, nimm an mir sie, Himmel! Die Hoffnung läßt in Stahl den Clifford trauern. Soll'n wir dies leiden? Reißt herunter ihn! Mir brennt das Herz vor Zorn, ich kann's nicht dulden. Geduldig, lieber Graf von Westmoreland. Geduld ist gut für Memmen, so wie er: Lebt' Euer Vater, dürft' er da nicht sitzen. Mein gnäd'ger Fürst, laßt hier im Parlament Uns auf das Haus von York den Angriff tun. Ja, wohl gesprochen, Vetter! Sei es so. Ach, wißt ihr nicht, daß sie die Stadt begünstigt Und Scharen ihres Winks gewärtig stehn? Sie fliehn wohl schleunig, wenn der Herzog fällt. Fern sei von Heinrichs Herzen der Gedanke, Ein Schlachthaus aus dem Parlament zu machen! Vetter von Exeter, Dräun, Blicke, Worte, Das sei der Krieg, den Heinrich führen will. – Sie nähern sich dem Herzoge. Empörter Herzog York, herab vom Thron! Und knie' um Huld und Gnade mir zu Füßen: Ich bin dein Oberherr. Du irrst dich, ich bin deiner. Pfui, weich'! Er machte dich zum Herzog York. Es war mein Erbteil, wie's die Grafschaft war. Dein Vater war Verräter an der Krone. Exeter, du bist Verräter an der Krone, Da du dem Usurpator Heinrich folgst. Wem sollt' er folgen als dem echten König? Ja, Clifford: das ist Richard, Herzog York. Und soll ich stehn, und auf dem Thron du sitzen? So soll und muß es sein; gib dich zur Ruh'! Sei Herzog Lancaster, und ihn laß König sein. Wie Herzog Lancaster, ist er auch König, Das wird der Lord von Westmoreland behaupten. Und Warwick wird's entkräften. Ihr vergeßt, Daß wir es sind, die aus dem Feld euch jagten Und eure Väter schlugen und zum Schloßtor Die Stadt hindurch mit weh'nden Fahnen zogen. Ja, Warwick, mir zum Gram gedenk' ich dran, Und einst, bei meiner Seele! soll's dich reu'n. Plantagenet, ich nehme mehr der Leben Dir, diesen deinen Söhnen, Vettern, Freunden, Als Tropfen Bluts mein Vater in sich hegte. Davon nichts weiter, Warwick! daß ich nicht Dir statt der Worte solchen Boten sende, Der seinen Tod, eh' ich mich rühre, rächt. Wie ich des armen Cliffords Droh'n verachte! Laßt uns den Anspruch an die Kron' erweisen; Wo nicht, so recht' im Felde unser Schwert. Verräter, welchen Anspruch an die Krone? Dein Vater war, wie du, Herzog von York; Dein Großvater, Roger Mortimer, Graf von March: Ich bin der Sohn Heinrichs des Fünften, Der einst den Dauphin und die Franken beugte Und ihre Städte und Provinzen nahm. Sprich nicht von Frankreich, das du ganz verloren. Der Lord Protektor tat es und nicht ich; Ich war neun Monden alt, da man mich krönte. Jetzt seid Ihr alt genug, und doch verliert Ihr, scheint's. Vater, reißt die angemaßte Kron' ihm ab! Tut's, lieber Vater! Setzt sie Euch aufs Haupt! zu York. Mein Bruder, wo du Waffen liebst und ehrst, So ficht es aus statt dieser Wortgezänke. Die Trommeln rührt, so wird der König fliehn. Still, Söhne! Still, du, und laß den König Heinrich reden! Plantagenet zuförderst! Hört ihn, Lords; Und ihr, seid aufmerksam und ruhig auch, Denn, wer ihn unterbricht, der soll nicht leben. Denkst du, ich lasse meinen Fürstenthron, Worauf mein Vater und Großvater saß? Nein: eh' soll Krieg entvölkern dies mein Reich Und ihr Panier (in Frankreich oft geführt Und jetzt in England, uns zu großem Kummer) Mein Grabtuch sein. – Warum verzagt ihr, Lords? Mein Anspruch ist weit besser als der seine. Beweis' es nur, und du sollst König sein. Heinrich der Vierte hat die Kron' erobert. Er nahm sie seinem König als Rebell. Was sag' ich nur hierauf? Mein Recht ist schwach. Sagt, darf ein König keinen Erben wählen? Was weiter? Wenn er das darf, bin ich rechtmäß'ger König: Denn Richard hat, im Beisein vieler Lords, Den Thron Heinrich dem Vierten abgetreten; Des Erbe war mein Vater, und ich seiner. Er lehnte wider seinen Herrn sich auf Und zwang ihn, seiner Krone zu entsagen. Doch setzt, Mylords, er tat es ungenötigt: Denkt ihr, daß es der Krone was vergab? Nein; denn er konnte nicht ihr so entsagen, Daß nicht der nächste Erbe folgen mußte. Du, Herzog Exeter, bist wider uns? Das Recht ist sein, darum verzeihet mir. Was flüstert ihr und gebt nicht Antwort, Lords? Rechtmäß'gen König nennt ihn mein Gewissen. Sie wenden alle sich von mir zu ihm. Plantagenet, was auch dein Anspruch sei, Denk' nicht, daß Heinrich so entsetzt soll werden. Entsetzt wird er, der ganzen Welt zum Trotz. Du irrst! Nicht deine Macht im Süden ist's, Von Essex, Norfolk, Suffolk, noch von Kent, Die dich so stolz und übermütig macht, Die, mir zum Trotz, den Herzog kann erhöhn. Sei, wie er will, dein Anspruch, König Heinrich! Lord Clifford schwört, zu fechten dir zum Schutz. Der Grund soll gähnen, lebend mich verschlingen, Wo ich vor meines Vaters Mörder kniee. O Clifford, wie dein Wort mein Herz belebt! Heinrich von Lancaster, entsag' der Krone! – Was murmelt ihr? Was habt ihr vor da, Lords? Tut diesem hohen Herzog York sein Recht, Sonst füll' ich mit Bewaffneten das Haus, Und oben an dem Prachtstuhl, wo er sitzt, Schreib' ich es an mit Usurpatorblut. Er stampft mit dem Fuße, und die Soldaten zeigen sich. Mylord von Warwick, hört ein Wort nur an: Laßt lebenslänglich mich als König herrschen. Bestät'ge mir die Kron' und meinen Erben, Und du sollst ruhig herrschen, weil du lebst. Ich geh' es ein: Richard Plantagenet, Nach meinem Hintritt nimm Besitz vom Reich. Welch Unrecht an dem Prinzen, Eurem Sohn! Welch ein Gewinn für England und ihn selbst! Verzagter, schnöder, hoffungsloser Heinrich! Wie hast du dir und uns zu nah' getan! Ich bleibe nicht, um den Vertrag zu hören. Noch ich. Kommt, Vetter, melden wir's der Königin. Leb wohl, kleinmüt'ger, ausgeart'ter König, In dessen Blut kein Funken Ehre wohnt! Werd' eine Beute du dem Hause York Und stirb in Banden für die weib'sche Tat! Im furchtbar'n Kriege seist du überwunden! Verlassen und verachtet leb' im Frieden! Northumberland, Clifford und Westmoreland ab. Hieher sieh, Heinrich, achte nicht auf sie. Sie suchen Rach' und wollen drum nicht weichen. Ach, Exeter! Was seufzt Ihr so, mein Fürst? Nicht um mich selbst, um meinen Sohn, Lord Warwick, Den unnatürlich ich enterben soll. Doch sei es, wie es will: hiemit vermach' ich Die Kron' auf immer dir und deinen Erben, Mit der Bedingung, daß du gleich hier schwörst, Den Bürgerkrieg zu enden, lebenslang Als deinen Herrn und König mich zu ehren Und weder durch Verrat noch feindlich mich Zu stürzen und statt meiner zu regieren. Gern tu' ich diesen Eid und will ihn halten. Vom Thron herabkommend. Lang' lebe König Heinrich! – Plantagenet, umarm' ihn! Lang' lebe samt den hoffnungsvollen Söhnen! Versöhnt sind York und Lancaster nunmehr. Der sei verflucht, der zu entzwein sie sucht. Die Lords treten vorwärts. Lebt wohl, mein Fürst! Ich will zu meiner Burg. Ich will mit meinen Truppen London halten. Ich will nach Norfolk hin mit meiner Schar. Und ich zur See zurück, woher ich kam. York und seine Söhne, Warwick, Norfolk, Montague, Soldaten und Gefolge ab. Und ich mit Gram und Kummer an den Hof. Königin Margareta und der Prinz von Wales treten auf. Da kommt die Königin, und ihre Blicke Verraten ihren Zorn; ich schleiche fort. Ich, Exeter, mit dir. Will gehn. Nein, geh nicht vor mir weg: ich will dir folgen. Geduldig, bestes Weib! und ich will bleiben. Wer kann beim Äußersten geduldig sein? Elender! Daß ich frei gestorben wäre, Dich nie gesehn, dir keinen Sohn geboren, Da du so unnatürlich dich als Vater zeigst. Verdient er, so sein Erbrecht einzubüßen? Hätt'st du ihn halb so sehr geliebt als ich, Den Schmerz gefühlt, den ich einmal für ihn, Ihn so genährt, wie ich mit meinem Blut: Dein bestes Herzblut hätt'st du eh' gelassen, Als den Barbar von Herzog eingesetzt Zum Erben und den einz'gen Sohn enterbt. Vater, Euch steht nicht frei, mich zu enterben; Seid Ihr doch König, und so folg' ich nach. Verzeih', Margreta! Lieber Sohn, verzeih'! Mich zwang der Graf von Warwick und der Herzog. Dich zwang? Du läßt dich zwingen und bist König? Mit Scham hör' ich dich an. Elender Feiger! Dich, deinen Sohn und mich hast du verderbt Und solche Macht dem Hause York gegeben, Daß du durch ihre Duldung nur regierst. Die Krone ihm und seinem Stamm vermachen, Was ist es anders, als dein Grab dir bau'n Und lange vor der Zeit hinein dich betten? Warwick ist Kanzler, von Calais auch Herr, Der trotz'ge Faulconbridge beherrscht den Sund; Der Herzog ist des Reichs Protektor nun Und du wärst sicher? Solche Sicherheit Find't wohl ein zitternd Lamm, umringt von Wölfen. Wär' ich dabei gewesen, die ich nur Ein albern Weib bin, lieber hätt' ich mich Auf der Soldaten Piken schleudern lassen, Als daß ich dem Vertrage mich gefügt. Doch dir gilt mehr dein Leben als die Ehre, Und da ich dieses sehe, scheid' ich hier Mich, Heinrich, selbst von deinem Tisch und Bett, Bis man den Parlamentsschluß widerruft, Wodurch mein Sohn gebracht wird um sein Erb'. Die nord'schen Lords, die dein Panier verschworen, Ziehn meinem nach, sobald sie's fliegen sehn; Und fliegen soll es, dir zu arger Schmach Und gänzlichem Ruin dem Hause York. So lass' ich dich; – komm, Sohn, wir wollen fort, Bereit ist unser Heer: komm, ihnen nach! Bleib', liebe Margareta! Hör' mich an! Du sprachest schon zu viel: geh, mach' dich fort! Du bleibst doch bei mir, Eduard, lieber Sohn? Ja, daß ihn seine Feind' ermorden mögen. Wenn ich mit Sieg vom Felde kehre heim, Begrüß' ich Euch; bis dahin folg' ich ihr. Komm! Fort, mein Sohn! Wir dürfen so nicht zaudern. Königin Margareta und der Prinz ab. Die arme Königin! Wie ihre Liebe Zu mir und meinem Sohn in Wut ausbrach! Ihr werde Rach' an dem verhaßten Herzog, Des Hochmut, von Begier beschwingt, die Krone Mir kosten wird, und wie ein gier'ger Adler Mein Fleisch zerhacken wird und meines Sohns! Mein Herz beängstigt der drei Lords Verlust. Ich schreib' an sie und will sie freundlich bitten. Kommt, Vetter, denn Ihr sollt der Bote sein. Und ich, das hoff' ich, werde sie versöhnen. Beide ab. Zweite Szene Zweite Szene Ein Zimmer in der Burg Sandal, bei Wakefield in Yorkshire. Eduard, Richard und Montague treten auf. Bruder, vergönnt mir, bin ich schon der Jüngste. Nicht doch, ich kann den Redner besser spielen. Doch ich weiß Gründe von Gewicht und Kraft. York tritt auf. Nun, meine Söhn' und Bruder? So im Streit? Worüber ist der Zank? Wie fing er an? Kein Zank, nur eine kleine Zwistigkeit. Um was? Um was Eu'r Gnaden angeht, so wie uns: Die Krone Englands, welche Euer ist. Mein, Knabe? Nicht vor König Heinrichs Tod. Eu'r Recht hängt nicht an seinem Tod und Leben. Jetzt seid Ihr Erbe, drum genießt es jetzt. Laßt Ihr das Haus von Lancaster Odem schöpfen, So läuft's am Ende, Vater, Euch zuvor. Ich tat den Eid, er sollt' in Ruh' regieren. Doch um ein Königreich bricht man jeden Eid; Ein Jahr zu herrschen, bräch' ich tausend Eide. Verhüte Gott, daß Ihr meineidig würdet. Das werd' ich, wenn ich mit den Waffen fodre. Das Gegenteil beweis' ich, wenn Ihr hören wollt. Du kannst es nicht; es ist unmöglich, Sohn. Ein Eid gilt nichts, der nicht geleistet wird Vor einer wahren, rechten Obrigkeit, Die über den Gewalt hat, welcher schwört. Und Heinrich maßte bloß den Platz sich an; Nun seht Ihr, da er's war, der ihn Euch abnahm, Daß Euer Eid nur leer und eitel ist. Drum zu den Waffen! Und bedenkt nur, Vater, Welch schönes Ding es ist, die Krone tragen, In deren Umkreis ein Elysium ist, Und was von Heil und Lust nur Dichter preisen. Was zögern wir doch so? Ich kann nicht ruhn, Bis ich die weiße Rose, die ich trage, Gefärbt im lauen Blut von Heinrichs Herzen. Genug! Ich werde König oder sterbe. – Bruder, du sollst nach London alsobald Und Warwick zu dem Unternehmen spornen. Ihr, Richard, sollt zum Herzog Norfolk hin Und im Vertraun ihm unsern Vorsatz melden. Ihr, Eduard, sollt für mich zu Mylord Cobham, Mit dem die Kenter willig aufstehn werden. Auf sie vertrau' ich; denn es sind Soldaten, Klug, höflich, freien Sinnes und voll Mut. – Derweil ihr dies betreibt, was bleibt mir übrig, Als die Gelegenheit zum Ausbruch suchen, Daß nicht der König meinen Anschlag merkt Noch irgendwer vom Hause Lancaster. Ein Bote tritt auf. Doch halt: was gibt's? Was kommst du so in Eil'? Die Königin samt allen nord'schen Lords Denkt hier in Eurer Burg Euch zu belagern. Sie ist schon nah mit zwanzigtausend Mann; Befestigt also Euren Sitz, Mylord! Ja, mit dem Schwert. Denkst du, daß wir sie fürchten? – Eduard und Richard, ihr sollt bei mir bleiben; Mein Bruder Montague soll schnell nach London: Den edlen Warwick, Cobham und die andern, Die wir dem König als Protektors ließen, Laßt sich mit mächt'ger Politik verstärken Und nicht des schwachen Heinrichs Eiden traun. Bruder, ich geh', ich will sie schon gewinnen Und nehme so dienstwillig meinen Abschied. Ab. Sir John und Sir Hugh Mortimer treten auf. Sir John und Sir Hugh Mortimer, Oheime! Ihr kommt nach Sandal zu gelegner Zeit: Das Heer der Königin will uns belagern. Sie braucht es nicht, wir treffen sie im Feld. Was? Mit fünftausend Mann? Ja mit fünfhundert, Vater, wenn es gilt. Ein Weib ist Feldherr: was ist da zu fürchten? Ein Marsch in der Ferne. Ich hör' die Trommeln; ordnen wir die Mannschaft Und ziehn hinaus und bieten gleich die Schlacht. Fünf gegen zwanzig! Große Übermacht; Doch zweifl' ich, Oheim, nicht an unserm Sieg. Ich hab' in Frankreich manche Schlacht gewonnen, Wo zehn die Feinde waren gegen eins: Weswegen sollt' es minder jetzt gelingen? Getümmel. Alle ab. Dritte Szene Dritte Szene Ebne bei der Burg Sandal. Getümmel, Angriffe. Hierauf kommen Rutland und sein Lehrmeister. Ach, wohin soll ich fliehn vor ihren Händen? Ach, Meister, sieh! Da kommt der blut'ge Clifford. Clifford tritt auf mit Soldaten. Kaplan, hinweg! Dich schirmt dein Priestertum, Allein die Brut von dem verfluchten Herzog, Des Vater meinen Vater schlug, – die stirbt. Und ich, Mylord, will ihm Gesellschaft leisten. Soldaten, fort mit ihm! Ach, Clifford, morde nicht ein schuldlos Kind, Daß du verhaßt nicht wirst bei Gott und Menschen! Er wird von den Soldaten mit Gewalt abgeführt. Nun, ist er tot schon? Oder ist es Furcht, Was ihm die Augen schließt? – Ich will sie öffnen. So blickt der eingesperrte Löw' ein Opfer, Das unter seinen Tatzen zittert, an; So schreitet er, verhöhnend seinen Raub, Und kommt so, seine Glieder zu zerreißen. Ach, lieber Clifford, laß dein Schwert mich töten Und nicht solch einen grausam droh'nden Blick! Hör', bester Clifford, eh' ich sterbe, mich: Ich bin viel zu gering für deinen Grimm, An Männern räche dich, und laß mich leben! Vergeblich, armer Junge! Deinen Worten Stopft meines Vaters Blut den Eingang zu. Laß meines Vaters Blut ihn wieder öffnen; Er ist ein Mann: miß, Clifford, dich mit ihm. Hätt' ich auch deine Brüder hier, ihr Leben Und deines wär' nicht Rache mir genug. Ja, grüb' ich deiner Ahnen Gräber auf Und hängt' in Ketten auf die faulen Särge, Mir gäb's nicht Ruh' noch Lind'rung meiner Wut. Der Anblick irgendwes vom Hause York Befällt wie eine Furie mein Gemüt, Und bis ich den verfluchten Stamm vertilge, Daß keiner nachbleibt, leb' ich in der Hölle. Darum – Er hebt den Arm auf. O laß mich beten, eh' der Tod mich trifft! Zu dir bet' ich: Erbarmen, lieber Clifford! Erbarmen, wie die Degenspitz' es beut. Nie tat ich Leides dir: warum mich morden? Dein Vater tat's. Eh' ich geboren war. Erbarm' dich, deines einen Sohnes willen, Daß nicht zur Rache (denn gerecht ist Gott) Er kläglich werd' erschlagen so wie ich. Ach, laß mich lebenslang gefangen sein Und, geb' ich Anlaß dir zum Ärgernis, So bring' mich um: jetzt hast du keinen Grund. Keinen Grund? Dein Vater schlug mir meinen, also stirb. Ersticht ihn. Di faciant, laudis summa sit ista tuae. Stirbt. Plantagenet! Ich komm', Plantagenet! Dies deines Sohns Blut, mir am Degen klebend, Soll rosten dran, bis deins, in eins geronnen Mit seinem, beides weg mich wischen läßt. Ab. Vierte Szene Vierte Szene Ebendaselbst. Getümmel. York tritt auf. Das Heer der Königin gewinnt das Feld; Mich rettend fielen meine beiden Onkel, Und all mein Volk weicht dem erhitzten Feind Und flieht wie Schiffe vor dem Wind, wie Lämmer, Verfolgt von ausgehungert gier'gen Wölfen. Gott weiß, was meine Söhne hat betroffen; Doch weiß ich dies: sie hielten sich wie Männer, Zum Ruhm geboren, lebend oder tot. Dreimal drang Richard bis zu mir hindurch, Rief dreimal: »Mutig, Vater! Ficht es aus!« So oft kam Eduard auch an meine Seite, Mit purpurnem Gewehr, bis an den Griff Gefärbt in derer Blut, die ihn bestanden. Und als zurück die kühnsten Ritter zogen, Rief Richard: »Greift sie an! Weicht keinen Schritt!« Und rief: »Eine Krone, sonst ein ruhmvoll Grab! Ein Szepter, oder eine ird'sche Gruft!« So griffen wir von neuem an: doch ach! Wir schwankten wieder, wie ich wohl den Schwan Der Flut sich fruchtlos sah entgegen mühn Und sich erschöpfen an zu mächt'gen Wellen. Kurzes Getümmel draußen. Da horch! Die tödlichen Verfolger kommen, Und ich bin schwach, kann ihre Wut nicht fliehn, Und wär' ich stark, wollt' ihre Wut nicht meiden. Gezählt sind meines Lebens Stundengläser; Hier muß ich bleiben, hier mein Leben enden. Königin Margareta, Clifford und Northuntberland treten auf mit Soldaten. Kommt, blut'ger Clifford! stürmischer Northumberland! Ich reize noch eu'r unauslöschlich Wüten: Ich bin eu'r Ziel und stehe eurem Schuß. Ergib dich unsrer Gnade, stolzer York! Ja, solche Gnade, wie sein grimm'ger Arm Mit derber Zahlung meinem Vater bot. Nun ist vom Wagen Phaeton gestürzt Und macht schon Abend um die Mittagsstunde. Mein Staub kann wie der Phönix einen Vogel Erzeugen, der mich an euch allen rächt; Und in der Hoffnung schau' ich auf zum Himmel, Verachtend, was ihr auch mir antun mögt. Nun, kommt ihr nicht? So viele, und doch Furcht? So fechten Memmen, die nicht fliehn mehr können; So hacken Tauben nach des Falken Klau'n; So stoßen Dieb', am Leben ganz verzweifelnd, Schimpfreden gegen ihre Schergen aus. O Clifford, denk' doch einmal nur zurück! Durchlauf' im Sinne meine vor'ge Zeit Und, kannst du vor Erröten, schau mich an Und beiß' dir auf die Zunge, welche den Mit Feigheit schändet, dessen finstrer Blick Schon sonst verzagen dich und fliehn gemacht. Ich will nicht mit dir wechseln Wort um Wort, Nein, Streiche führen, zweimal zwei für einen. Er zieht. Halt, tapfrer Clifford! Denn aus tausend Gründen Möcht' ich noch des Verräters Leben fristen. – Zorn macht ihn taub: sprich du, Northumberland! Halt, Clifford! Ehr' ihn so nicht, nur den Finger Zu ritzen, um das Herz ihm zu durchbohren. Was wär's für Tapferkeit, dem Hund, der fletscht, Die Hand zu strecken zwischen seine Zähne, Wenn man ihn fort kann schleudern mit dem Fuß? Im Krieg ist's Sitte, jeden Vorteil nutzen; Zehn gegen eins setzt nicht den Mut herab. Sie legen Hand an York, der sich sträubt. Ja ja, so sträubt die Schnepfe sich der Schlinge. So zappelt das Kaninchen in dem Netz. York wird zum Gefangenen gemacht. So triumphieren Räuber mit der Beute, So gibt der Redliche sich übermeistert. Was will Eu'r Gnaden, daß wir mit ihm tun? Ihr Helden, Clifford und Northumberland, Kommt, stellt ihn hier auf diesen Maulwurfs-Hügel, Der Berge griff mit ausgestreckten Armen, Doch nur den Schatten mit der Hand geteilt. – Wart Ihr's, der Englands König wollte sein? Wart Ihr's, der lärmt' in unserm Parlament Und predigte von seiner hohen Abkunft? Wo ist Eu'r Rudel Söhn', Euch beizustehn? Der üpp'ge Eduard und der muntre George? Und wo der tapfre, krumme Wechselbalg, Eu'r Junge Richerz, dessen Stimme, brummend, Bei Meuterei'n dem Tatte Mut einsprach? Wo ist Eu'r Liebling Rutland mit den andern? Sieh, York! Dies Tuch befleckt' ich mit dem Blut, Das mit geschärftem Stahl der tapfre Clifford Hervor ließ strömen aus des Knaben Busen; Und kann dein Aug' um seinen Tod sich feuchten, So geb' ich dir's, die Wangen abzutrocknen. Ach, armer York! Haßt' ich nicht tödlich dich, So würd' ich deinen Jammerstand beklagen. So gräm' dich doch, mich zu belust'gen, York! Wie? Dörrte so das feur'ge Herz dein Innres, Daß keine Träne fällt um Rutlands Tod? Warum geduldig, Mann? Du solltest rasen; Ich höhne dich, um rasend dich zu machen. Stampf, tob' und knirsch', damit ich sing' und tanze! Du foderst, seh' ich, Lohn für mein Ergötzen. York spricht nicht, wenn er keine Krone trägt. Eine Krone her! und, Lords, neigt euch ihm tief. – Ihr, haltet ihn, ich setze sie ihm auf. Sie setzt ihm eine papierne Krone auf. Ei ja, nun sieht er einem König gleich! Er ist's, der König Heinrichs Stuhl sich nahm Und der von ihm zum Erben war ernannt. – Allein wie kömmt's, daß Fürst Plantagenet So bald gekrönt wird, und der Eid gebrochen? Mich dünkt, Ihr solltet noch nicht König sein, Bis Heinrich erst dem Tod die Hand geboten. Wollt Ihr das Haupt mit Heinrichs Würd' umfahn, Des Diadems berauben seine Schläfe, Dem heil'gen Eid zuwider, da er lebt? Oh, dies Vergeh'n ist allzu unverzeihlich! Die Kron' herunter und das Haupt zugleich, Und keine Zeit versäumt zum Todesstreich! Das ist mein Amt, um meines Vaters willen! Nein, haltet! Laßt uns hören, wie er betet. Wölfin von Frankreich, reißender als Wölfe, Von Zunge gift'ger als der Natter Zahn! Wie übel ziemt es sich für dein Geschlecht, Daß du, wie eine Amazonentrulle, Frohlockst beim Weh des, den das Glück gebunden! Wär' dein Gesicht nicht wandellos wie Larven, Durch böser Taten Übung frech geworden, So wollt' ich suchen, stolze Königin, Erröten dich zu machen; denn dir sagen, Woher du kamst, von wem du abgestammt, Wär' g'nug, dich zu beschämen, wärst du nicht schamlos. Dein Vater heißt von Napel und von beiden Sizilien König und Jerusalem: Doch reicher ist ein Bürgersmann in England. Hat trotzen dich der arme Fürst gelehrt? Es kann nichts helfen, stolze Königin, Als daß das Sprichwort sich bewährt: der Bettler, Der Ritter worden, jagt sein Pferd zu Tod. Die Schönheit ist's, was stolz die Weiber macht: Allein Gott weiß, dein Teil daran ist klein! Die Tugend ist's, warum man sie bewundert: Das Gegenteil macht über dich erstaunen; Die Sittsamkeit läßt göttlich sie erscheinen: Und daß sie ganz dir fehlt, macht dich abscheulich. Du bist von allem Guten so getrennt, Wie es von uns die Antipoden sind Und wie der Mittag von der Mitternacht. O Tigerherz, in Weiberhaut gesteckt! Du fingst des Kindes Herzblut auf und hießest Den Vater sich damit die Augen trocknen Und trägst noch eines Weibes Angesicht? Weiber sind sanft, mild, mitleidsvoll und biegsam; Du starr, verstockt, rauh, kieselhart, gefühllos. Ich sollte rasen? Ja, dir ist's gewährt. Ich sollte weinen? Ja, du hast's erreicht. Denn Schauer stürmt der wüste Wind herbei, Und wenn der Sturm sich legt, beginnt der Regen. Die Totenfeier meines holden Rutlands Sind diese Tränen; jeder Tropfe schreit Für seinen Tod um Rache wider euch, Grausamer Clifford! tückische Französin! Fürwahr, mich rühren seine Leiden so, Daß ich im Auge kaum die Tränen hemme. Die Kannibalen hätten sein Gesicht Nicht angerührt, mit Blute nicht befleckt; Doch ihr seid unerbittlicher, unmenschlicher, O zehnmal mehr, als Tiger von Hyrkanien. Sieh eines unglücksel'gen Vaters Tränen, Fühllose Königin: du hast dies Tuch In meines süßen Jungen Blut getaucht, Und ich, mit Tränen, wasche weg das Blut. Behalte du das Tuch und prahl' damit: er gibt das Schnupftuch zurück Und wenn du recht die Leidgeschicht' erzählst, Bei Gott, die Hörer werden Tränen weinen, Ja, heiße Tränen meine Feinde selbst, Und sagen: »Ach, es war ein kläglich Werk!« Da, nimm die Kron' und meinen Fluch mit ihr Und finde solchen Trost in deiner Not, Als deine Hand, zu grausam, jetzt mir beut. Hartherz'ger Clifford, nimm mich von der Welt; Die Seel' gen Himmel, auf eu'r Haupt mein Blut! Hätt' er mir alle Blutsfreund' auch erschlagen, Doch müßt' ich, um mein Leben, mit ihm weinen, Wie innerliches Leid die Seel' ihm nagt. Wie? Nah am Weinen, Lord Northumberland? Denkt nur, was er uns allen zugefügt, Und das wird schnell die weichen Tränen trocknen. Das hier für meinen Eid, das für des Vaters Tod. Ersticht ihn. Und dies für unsers sanften Königs Recht. Ersticht ihn gleichfalls. Tu' auf dein Tor der Gnade, guter Gott! Durch diese Wunden fliegt mein Geist zu dir. Stirbt. Den Kopf ab! Setzt ihn auf das Tor von York; So überschaue York nun seine Stadt! Alle ab. Zweiter Aufzug Erste Szene Erste Szene Eine Ebne bei Mortimers Kreuz in Herefordshire. Trommeln. Eduard und Richard mit ihren Truppen auf dem Marsch. Wie unser edler Vater nur entkam? Und ob er wohl entkommen oder nicht Von Cliffords und Northumberlands Verfolgung? Wär' er gefangen, hätten wir's gehört; Wär' er erschlagen, hätten wir's gehört; Wär' er entkommen, dünkt mich, müßten wir Die frohe Zeitung schon vernommen haben. Was macht mein Bruder? Warum so betrübt? Ich kann nicht froh sein, bis ich sicher weiß, Was unser tapfrer Vater ist geworden. Ich sah ihn streifen durch die Schlacht umher Gab acht, wie er heraus den Clifford suchte; Mir schien's, er nahm sich in der dicht'sten Schar So wie ein Löw' in einer Herde Rinder, So wie ein Bär, von Hunden ganz umringt, Der bald ein paar so zwickt und macht sie schrein, Da nur von fern die andern nach ihm bellen. So macht' es unser Vater mit den Feinden, So flohn die Feinde meinen tapfern Vater: Mich dünkt, sein Sohn zu sein, ist Ruhms genug. Sieh, wie sein goldnes Tor der Morgen öffnet Und Abschied von der lichten Sonne nimmt! Wie sie erscheint in aller Jugendfülle, Schmuck wie ein Buhler, der zur Liebsten eilt! Bin ich geblendet, oder seh' drei Sonnen? Drei lichte Sonnen, jede ganz vollkommen; Nicht unterbrochen durch die zieh'nden Wolken, Von blassem klarem Himmel rein getrennt. Sieh, sieh! sie nahn, umarmen, küssen sich, Als ob sie einen heil'gen Bund gelobten, Sind jetzt ein Schein, ein Licht nur, eine Sonne. Der Himmel deutet ein Begegnis vor. 's ist wundersam, man hörte nie dergleichen. Ich denk', es mahnt uns, Bruder, in das Feld. Daß wir, die Söhne Held Plantagenets, Ein jeder strahlend schon durch sein Verdienst, Vereinen sollen dennoch unsre Lichter, Wie dies die Welt, die Erde zu erleuchten. Was es auch deuten mag, ich will hinfüro Drei Sonnengötter auf der Tartsche tragen. Nein, laßt sie weiblich bilden: denn, vergönnt, Ihr mögt das Weibchen lieber als das Männchen. Ein Bote tritt auf. Doch wer bist du, des trüber Blick ein Unglück, Auf deiner Zunge schwebend, ahnden läßt? Ach, einer, der mit Jammer angesehn, Wie daß der edle Herzog York erlag, Eu'r hoher Vater und mein lieber Herr. O sprich nicht mehr! Ich hörte schon zu viel. Sag, wie er starb, denn ich will alles hören. Umzingelt war er von der Feinde Menge, Und er bestand sie, wie die Hoffnung Trojas Die Griechen, die in Troja dringen wollten. Doch weicht selbst Herkules der Übermacht, Und viele Streich', obwohl von kleiner Art, Haun um und fällen selbst die härtste Eiche. Eu'r Vater ward besiegt von vielen Händen, Allein ermordet bloß vom grimm'gen Arm Des wilden Clifford und der Königin. Den gnäd'gen Herzog krönte sie zum Hohn, Lacht' ihm ins Angesicht, und als er weinte, Gab die Barbarin ihm, sich abzutrocknen, Ein Tuch, getaucht in das schuldlose Blut Des jungen Rutland, welchen Clifford schlug; So nahmen sie, nach vielem Spott und Schimpf, Sein Haupt, und aufgesteckt am Tor von York Ward selbiges; und da verbleibt es nun, Das jammervollste Schauspiel, das ich sah. Geliebter York, der unsre Stütze war! Uns bleibt kein Stab noch Halt, nun du dahin. O Clifford, rauher Clifford! Du erschlugst Europas Blüt' und Zier im Rittertum; Und hast verräterisch ihn überwunden, Denn, Stirn an Stirn, hätt' er dich überwunden. Nun ward der Seele Palast mir zum Kerker: Ach, bräche sie doch los! daß dieser Leib Zur Ruh' im Boden eingeschlossen würde; Denn nie werd' ich hinfort mich wieder freun, Niemals, o niemals werd' ich Freud' erleben. Ich kann nicht weinen: alles Naß in mir G'nügt kaum, mein lichterlohes Herz zu löschen; Auch kann die Zunge nicht mein Herz entlasten: Derselbe Hauch, womit sie sprechen sollte, Schürt Kohlen an, die ganz die Brust durchglühn Mit Flammen, welche Tränen löschen würden. Wer weint, vermindert seines Grames Tiefe: Drum, Tränen für die Kinder, Rache mir! Richard, dein Nam' ist mein, ich will dich rächen, Wo nicht, so sterb' ich rühmlich im Versuch. Dir ließ der tapfre Herzog seinen Namen, Sein Herzogtum und Stuhl blieb mir zurück. Nein, stammst du von dem königlichen Adler, So zeig' es auch durch Schauen in die Sonne: Statt Herzogtum und Stuhl sag Thron und Reich; Dein muß dies sein, sonst bist du nicht der seine. Ein Marsch. Warwick und Montague kommen mit Truppen. Nun, lieben Lords! wie steht's? Was gibt es Neues? Wenn wir die grause Zeitung, großer Warwick, Erzählen sollten und bei jedem Wort Mit Dolchen uns zerfleischen, bis zum Schluß: Der Worte Pein wär' ärger ab der Wunden. O tapfrer Lord, der Herzog York ist tot! O Warwick! Warwick! der Plantagenet, Der wert dich hielt wie seiner Seele Heil, Ist von dem finstern Clifford umgebracht. Schon vor zehn Tagen hab' ich diese Zeitung Ertränkt in Tränen, und, eu'r Weh zu häufen, Meld' ich euch jetzt, was sich seitdem begab. Nach jenem blutigen Gefecht bei Wakefield, Wo euer wackrer Vater seinen Otem Hat ausgehaucht, ward Nachricht mir gebracht, So schnell, wie nur die Boten laufen konnten, Von eurer Niederlag' und seinem Scheiden. Ich nun in London, als des Königs Hüter, Hielt Must'rung, sammelte der Freunde Scharen Und zog, sehr gut gerüstet, wie ich glaubte, Sankt Albans zu, die Königin zu hemmen; Den König nahm ich, mir zu Gunsten, mit. Denn meine Späher hatten mir berichtet, Sie komme mit dem ausgemachten Zweck, Den letzten Parlamentsschluß zu vernichten Betreffend Heinrichs Eid und euer Erbrecht. Um kurz zu sein: es trafen zu Sankt Albans Sich die Geschwader, beide fochten scharf; Doch, ob es nun des Königs Kälte war, Der auf sein krieg'risch Weib gar milde blickte, Was des erhitzten Muts mein Volk beraubte; Ob auch vielleicht der Ruf von ihrem Sieg; Ob ungemeine Furcht vor Cliffords Strenge, Der Blut und Tod zu den Gefangnen donnert, Kann ich nicht sagen: doch, um wahr zu enden, Wie Blitze kam und ging der Feinde Wehr; Der Unsern, wie der Eule träger Flug, Wie wohl ein träger Drescher mit dem Flegel, Fiel ganz gelind, als ob sie Freunde träfen. Ich trieb sie an mit der gerechten Sache, Mit hohen Soldes, großen Lohns Verheißung. Umsonst! Sie hatten zum Gefecht kein Herz, Wir keine Hoffnung auf den Sieg durch sie, So daß wir flohn: zur Königin der König, Lord George, eu'r Bruder, Norfolk und ich selbst Sind schleunigst hergeeilt, zu euch zu stoßen, Da wir gehört, ihr wär't in diesen Marken Und brächtet Mannschaft auf zu neuem Kampf. Wo ist der Herzog Norfolk, lieber Warwick? Und wann kam George von Burgund nach England? Der Herzog steht etwa sechs Meilen weit Mit seiner Schar, und euren Bruder sandte Jüngst eure güt'ge Tante von Burgund Mit einer Hülfsmacht zu dem nöt'gen Krieg. Das muß wohl Übermacht gewesen sein, Fürwahr, wo der beherzte Warwick floh! Oft hört' ich beim Verfolgen seinen Ruhm, Doch nie bis jetzt beim Rückzug seine Schande. Auch jetzt nicht hörst du, Richard, meine Schande; Denn wisse, diese starke Rechte kann Von Heinrichs schwachem Haupt das Diadem, Aus seiner Faust das hehre Szepter reißen, Wär' er so ruhmvoll auch und kühn im Kriege, Als man ihn milde, fromm und friedlich rühmt. Ich weiß es wohl, Lord Warwick, schilt mich nicht; Für deinen Glanz der Eifer heißt mich reden. Doch, in der trüben Zeit, was ist zu tun? Soll'n wir hinweg die Panzerhemden werfen, Den Leib in schwarze Trauerkleider hüllen, Am Rosenkranz Ave-Maria zählend? Wie? Oder soll'n wir auf der Feinde Helmen Mit rächerischem Arm die Andacht üben? Seid ihr für dies, sagt Ja, und Lords, wohlauf! Ja, deshalb hat euch Warwick aufgesucht, Und deshalb kommt mein Bruder Montague. Vernehmt mich, Lords. Der frechen Königin, Samt Clifford und Northumberland, dem stolzen, Und andern stolzen Gästen dieses Schlags, Gelang's, den König leicht wie Wachs zu schmelzen. Er schwor zu eurem Erbrecht Beistimmung, Verzeichnet ist sein Eid im Parlament; Und nun ist all die Schar nach London hin, Den Eidschwur zu entkräften und was sonst Dem Hause Lancaster zuwider ist. Ich denke, dreißigtausend sind sie stark; Wenn nun der Beistand Norfolks und der meine, Und was an Freunden, wackrer Graf von March, Du schaffen kannst bei den ergebnen Wäl'sehen, Sich nur beläuft auf fünfundzwanzigtausend: Wohlan! so ziehn gesamt nach London wir, Besteigen nochmals die beschäumten Rosse Und rufen nochmals: In den Feind gestürmt! Nie wieder Rücken wenden oder fliehn. Ja, nun hör' ich den großen Warwick reden! Nie werde mehr durch Sonnenschein erfreut, Wer Rückzug ruft, wenn Warwick Halt gebeut. Lord Warwick, deine Schulter soll mich stützen, Und wenn du sinkst (verhüte Gott die Stunde!), Muß Eduard fallen, was der Himmel wende! Nicht länger Graf von March, nein, Herzog York; Die nächste Stuf' ist Englands hoher Thron. Du sollst als König ausgerufen werden In jedem Flecken, wie wir weiter ziehn, Und wer vor Freude nicht die Mütze wirft, Verwirke seinen Kopf für das Vergehn. König Eduard! Tapfrer Richard! Montague! Laßt uns nicht länger hier von Taten träumen: Blast die Trompeten, und an unser Werk! Nun, Clifford, wär' dein Herz so hart als Stahl, Wie deine Taten steinern es gezeigt, Ich will's durchbohren oder meins dir geben. So rührt die Trommeln. – Gott und Sankt Georg! Ein Bote tritt auf. Wie nun? Was gibt's? Der Herzog Norfolk meldet euch durch mich, Die Königin sei nah mit starkem Heer; Er wünscht mit euch sich schleunig zu beraten. So ziemt's sich, wackre Krieger; laßt uns fort! Alle ab. Zweite Szene Zweite Szene Vor York. König Heinrich, Königin Margareta, der Prinz von Wales, Clifford und Northumberland treten auf mit Truppen. Willkommen vor der wackern Stadt von York! Dort steht, mein Fürst, das Haupt von jenem Erzfeind, Der sich mit Eurer Kron' umgeben wollte. Erquickt der Gegenstand nicht Euer Herz? Ja, so wie Klippen die, so Schiffbruch fürchten; Mir tut der Anblick in der Seele weh. – O straf' nicht, liebster Gott! Ich war nicht schuld, Noch hab' ich wissentlich den Schwur verletzt. Mein gnäd'ger Fürst, die allzu große Milde Und schädlich Mitleid müßt Ihr von Euch tun. Wem wirft der Löwe sanfte Blicke zu? Dem Tier nicht, das sich drängt in seine Höhle. Und wessen Hand ist's, die der Waldbär leckt? Nicht dessen, der sein Junges vor ihm würgt. Wer weicht der Schlange Todesstachel aus? Nicht wer den Fuß auf ihren Rücken setzt. Der kleinste Wurm, getreten, windet sich, Und Tauben picken, ihre Brut zu schützen. Ehrgeizig strebte York nach deiner Krone: Du lächeltest, wann er die Stirn gefaltet, Er, nur ein Herzog, wollte seinen Sohn Zum König machen, seinen Stamm erhöhn, Als liebevoller Vater; du, ein König. Der mit so wackerm Sohn gesegnet ist, Gabst deine Beistimmung, ihn zu enterben, Was dich als höchst lieblosen Vater zeigte. Es nähren unvernünft'ge Kreaturen Die Brut, und scheun sie gleich des Menschen Antlitz, Doch, zur Beschirmung ihrer zarten Kleinen, Wer sah nicht oft sie mit denselben Schwingen, Die sie wohl sonst zu banger Flucht gebraucht, Auf den sich werfen, der ihr Nest erklomm, Ihr Leben bietend zu der Jungen Schutz? Schämt Euch, mein Fürst, und wählt zum Vorbild sie! Wär's nicht ein Jammer, wenn der wackre Knabe Sein Erbrecht durch des Vaters Schuld verlöre Und spräch' zu seinem Kind in Zukunft einst: »Was mein Großvater und mein Urgroßvater Erwarben, gab mein Vater töricht weg?« Ach! welche Schande wär's! Sieh auf den Knaben Und laß sein männlich Antlitz, das die Gunst Des Glücks verheißt, dein schmelzend Herz dir stählen, Was dein, zu halten, ihm, was dein, zu lassen. Wohl zeigte Clifford seine Redekunst Und brachte Gründe vor von großer Kraft. Doch sag mir, Clifford, hast du nie gehört, Daß schlecht Erworbnes immer schlecht gerät? Und war es immer glücklich für den Sohn, Des Vater in die Hölle sich gekargt? Ich lasse meine tugendhaften Taten Dem Sohn zurück: und hätte doch mein Vater Mir auch nicht mehr gelassen! Alles andre Bringt tausendmal mehr Sorge zu bewahren, Als im Besitz ein Tüttelchen von Lust. – Ach, Vetter York! daß deine Freunde wüßten, Wie es mich kümmert, daß dein Kopf da steht! Mein Fürst, ermuntert Euch! Der Feind ist nah, Und dieser weiche Mut schwächt Eure Leute. Dem hoffnungsvollen Sohn gelobtet Ihr Den Ritterschlag: zieht denn das Schwert und gebt ihn. Eduard, knie nieder! Eduard Plantagenet, steh als Ritter auf Und zieh' dein Schwert nur für des Rechtes Lauf! Mit Eurer höchsten Gunst, mein gnäd'ger Vater: Ich will es als des Thrones Erbe ziehn Und in dem Streit es bis zum Tode führen. Das heißt gesprochen wie ein kühner Prinz. Ein Bote tritt auf. Ihr königlichen Feldherrn, seid bereit! Mit einem Heer von dreißigtausend Mann Kommt Warwick, für des Herzogs York Partei, Und ruft, wie sie entlang ziehn in den Städten, Ihn aus zum König, und ihm folgen viele. Reiht eure Scharen, denn sie sind zur Hand. Will Eure Hoheit nicht das Schlachtfeld räumen? In Eurem Absein hat die Königin Den glücklichsten Erfolg. Ja, bester Herr, Tut das, und überlaßt uns unserm Schicksal. Das ist mein Schicksal auch, drum will ich bleiben. So sei es mit Entschlossenheit zum Kampf. Mein königlicher Vater, muntert auf Die edlen Lords, und wer zum Schutz Euch ficht; Zieht Euer Schwert, mein Vater, ruft: Sankt George! Ein Marsch. Eduard, George, Richard, Warwick, Norfolk und Montague treten auf mit Soldaten. Nun, falscher Heinrich! willst du knien um Gnade Und setzen auf mein Haupt dein Diadem, Wo nicht, des Feldes tödlich Los erproben? Schilt deine Schmeichler, übermüt'ger Knabe! Kommt es dir zu, so frech zu sein in Worten Vor deinem König und rechtmäß'gen Herrn? Ich bin sein König, und er sollte knien: Ich ward durch seine Zustimmung sein Erbe. Seitdem brach man den Eid: denn, wie ich höre, Habt Ihr, als die Ihr wirklich König seid, Trägt er die Krone gleich, ihn angestiftet, Durch neuen Parlamentsschluß mich zu streichen Und seinen eignen Sohn dafür zu setzen. Mit gutem Grund: Wer soll dem Vater folgen, als der Sohn? Seid Ihr da, Schlächter? Oh, ich kann nicht reden! Ja, Bucklichter, hier steh' ich Rede dir Und jedem noch so Stolzen deines Schlags. Ihr tötetet den jungen Rutland, nicht? Ja, und den alten York, und noch nicht satt. Um Gottes willen, Lords, gebt das Signal! Was sagst du, Heinrich? Willst der Kron' entsagen? Wie nun, vorlauter Warwick? Sprecht Ihr mit? Als Ihr und ich uns zu Sankt Albans trafen, Da halfen besser Euch die Bein' als Hände. Da war's an mir zu fliehn, nun ist's an dir. Das sagtet Ihr auch da und floht dann doch. Nicht Euer Mut war's, was von dort mich trieb. Noch Euer Mannsinn, was Euch halten konnte. Northumberland, ich halte dich in Ehren. – Brecht das Gespräch ab, denn ich hemme kaum Die Auslassung des hochgeschwollnen Herzens An diesem Clifford, dem grimmen Kindermörder. Ich schlug den Vater dir: nennst du ihn Kind? Ja, wie ein Feigling, eine tück'sche Memme, Wie du erschlagen unsern zarten Rutland; Doch sollst du noch vor nachts die Tat verfluchen. Nun haltet inne, Lords, und hört mich an! Trotz' ihnen denn, sonst öffne nicht die Lippen! Gib meiner Zunge, bitt' ich, keine Schranken: Ich bin ein König, und befugt zu reden. Mein Fürst, die Wunde heilen Worte nicht, Die uns zusammen rief: darum seid still! Scharfrichter, so entblöße denn dein Schwert! Bei dem, der uns erschuf, ich bin gewiß, Daß Cliffords Mannsinn auf der Zunge wohnt. Sag, Heinrich, wird mein Recht mir oder nicht? Wohl tausend nahmen heut ihr Frühstück ein, Die nie das Mittagsmahl verzehren werden, Wofern du nicht dich ab der Krone tust. Wenn du es weigerst, auf dein Haupt ihr Blut! Denn mit Gerechtigkeit führt York die Waffen. Ist das, was Warwick dafür ausgibt, recht, So gibt's kein Unrecht, dann ist alles recht. Wer dich auch zeugte, dort steht deine Mutter, Denn sicherlich, du hast der Mutter Zunge. Doch du bist weder Vater gleich noch Mutter, Nein, einem schnöden, mißgeschaffnen Brandmal, Bezeichnet vom Geschick, daß man es meide Wie gift'ge Kröten oder Eidechsstacheln. Eisen von Napel, englisch übergoldet! Du, deren Vater König wird betitelt, Als würde eine Pfütze See genannt: Schämst du dich nicht, der Abkunft dir bewußt, Daß deine Zung' ein niedrig Herz verrät? Ein Strohwisch wäre tausend Kronen wert Zur Selbsterkenntnis für dies freche Nickel. Weit schöner war die griech'sche Helena, Mag schon dein Gatte Menelaus sein; Auch kränkte nie den Bruder Agamemnons Das falsche Weib, wie diesen König du. Sein Vater schwärmt' in Frankreichs Herzen, zähmte Den König, zwang den Dauphin sich zu beugen; Und hätt' er sich nach seinem Rang vermählt, So konnt' er diesen Glanz bis heut behaupten. Doch als er eine Bettlerin sich nahm Zur Bettgenossin, deinen armen Vater Verherrlichte mit seinem Hochzeitstag: Da zog der Sonnenschein ein Schau'r herbei, Der seines Vaters Glück aus Frankreich schwemmte Und heim auf seine Kron' Empörung häufte. Denn was schuf diesen Aufruhr als dein Stolz? Warst du nur glimpflich, schlief' unser Anspruch noch; Aus Mitleid für den sanften König hätten Die Fod'rung wir auf andre Zeit verspart. Doch da wir sahn, daß unser Sonnenschein Dir Frühling machte, ohne daß dein Sommer Uns Früchte trüge, legten wir die Axt An deine fremd hier eingedrängte Wurzel; Und traf uns selbst die Schärfe gleich ein wenig, So wisse, daß wir nach dem ersten Streich Davon nicht lassen, bis wir dich gefällt, Wo nicht, mit unserm heißen Blut gebadet. Und, so entschlossen, fodr' ich dich zum Kampf Und will nichts mehr von Unterredung wissen, Da du das Wort dem sanften König wehrst. Trompeten blast! Laßt wehn die blut'gen Fahnen, Den Weg zum Sieg uns oder Grab zu bahnen! Halt, Eduard! Nein, hadernd Weib! Wir wollen auf und fort; Zehntausend Leben kostet heut dein Wort. Alle ab. Dritte Szene Dritte Szene Schlachtfeld zwischen Towton und Saxton in Yorkshire. Getümmel. Angriffe. Warwick tritt auf. Von Müh' erschöpft, wie von dem Wettlauf Renner, Leg' ich mich hin, ein wenig zu verschnaufen; Denn manch empfangner Streich und viel erteilte Beraubten ihrer Kraft die straffen Sehnen, Und, willig oder nicht, muß ich hier ruhn. Eduard kommt gelaufen. O lächle, holder Himmel! oder triff, Unholder Tod! Denn finster blickt die Welt, Und Wolken haben Eduards Sonn' umzogen. So sagt, Mylord! Wie glückt's? Was ist für Hoffnung? George tritt auf. Statt Glück Verlust, statt Hoffnung nur Verzweiflung. Gebrochen sind die Reih'n, uns folgt Verderben: Was ratet ihr? Wohin entfliehn wir doch? Da hilft nicht Flucht, sie folgen uns mit Flügeln, Und wir sind schwach und halten sie nicht auf. Richard tritt auf. Ach, Warwick, warum hast du dich entfernt! Der durst'ge Grund trank deines Bruders Blut, Herausgezapft von Cliffords Lanzenspitze, Und in des Todes Ängsten rief er aus, Als wär's ein dumpfer, fern gehörter Laut: »Warwick, räch' du, räch', Bruder, meinen Tod!« So, unter ihrer Rosse Bauch, die wild In heißem Blut die Fersenbüschel netzten, Gab seinen Geist der edle Ritter auf. So sei von unserm Blut die Erde trunken; Mein Pferd erschlag' ich, denn ich will nicht fliehn. Was stehn wir wie weichherz'ge Weiber hier, Verlornes jammernd, da der Feind so tobt? Und schauen zu, als wär's ein Trauerspiel, Zum Scherze nur von Spielern nachgeahmt? Hier auf den Knie'n schwör' ich zu Gott im Himmel: Nie will ich wieder ruhn, nie stille stehn, Bis Tod die Augen mir geschlossen, oder Das Glück mein Maß von Rache mir geschafft. O Warwick! Meine Knie' beug' ich mit deinen Und kette meine Seel' im Schwur an deine. – Und eh' sich von der Erde kaltem Antlitz Die Knie' erheben, werf' ich meine Hände, Die Augen und das Herz zu dir empor, Der Kön'ge niederstürzet und erhöht! Dich flehend, wenn's dein Wille so beschloß, Daß dieser Leib der Feinde Raub muß sein, Daß doch dein ehern Himmelstor sich öffne Und lasse meine sünd'ge Seele durch! Nun scheidet, Lords, bis wir uns wieder treffen, Wo es auch sei, im Himmel oder auf Erden. Bruder, gib mir die Hand, und, lieber Warwick, Laß meine müden Arme dich umfassen. Ich, der nie weinte, schmelze jetzt im Gram, Daß unsem Lenz dahin der Winter nahm. Fort, fort! Noch einmal, lieben Lords, lebt wohl! Doch gehn wir insgesamt zu unsern Scharen, Und wer nicht bleiben will, dem gönnt zu fliehn, Und nennt die Pfeiler, die bei uns verharren, Und wenn's gelingt, verheißet solchen Lohn, Wie der Olymp'schen Spiele Sieger tragen: Das pflanzt wohl Mut in ihre bange Brust, Denn Hoffnung ist auf Leben noch und Sieg. Nicht länger zaudert: auf mit aller Macht! Alle ab. Vierte Szene Vierte Szene Ein andrer Teil des Schlachtfeldes. Angriffe. Richard und Clifford treten auf. Nun, Clifford, dich allein las ich mir aus. Denk', dieser Arm sei für den Herzog York, Und der für Rutland; beid' auf Rache dringend, Wärst du mit eh'rner Mauer auch umgeben. Nun, Richard, bin ich hier mit dir allein: Dies ist die Hand, die deinen Vater traf, Dies ist die Hand, die deinen Bruder schlug; Und hier das Herz, um ihren Tod frohlockend, Das diese Hände stärkt, die beid' erschlugen, Das Gleiche zu vollstrecken an dir selbst! Und somit sieh dich vor! Sie fechten, Warwich kommt dazu, Clifford flieht. Nein, Warwick, lies ein andres Wild dir aus, Ich selbst muß diesen Wolf zu Tode jagen. Ab. Fünfte Szene Fünfte Szene Ein andrer Teil des Schlachtfeldes. Getümmel. König Heinrich tritt auf. Dies Treffen steht so wie des Morgens Krieg Von sterbendem Gewölk mit regem Licht, Dann, wann der Schäfer, auf die Nägel hauchend, Es nicht entschieden Tag noch Nacht kann nennen. Bald schwankt es hierhin, wie die mächt'ge See, Gezwungen von der Flut dem Wind zu trotzen; Bald schwankt es dorthin, wie dieselbe See, Gezwungen vor des Windes Wut zu weichen. Bald überwiegt die Flut und dann der Wind; Nun stärker eins, das andre dann das stärkste; Beid' um den Sieg sich reißend, Brust an Brust, Doch keiner Überwinder, noch besiegt: So wäget gleich sich dieser grimme Krieg. Hier auf dem Maulwurfshügel will ich sitzen. Der Sieg sei dessen, dem ihn Gott beschert! Denn Margareta, mein Gemahl, und Clifford, Sie schalten aus der Schlacht mich, beide schwörend, Wenn ich entfernt sei, glück' es ihnen besser. Wär' ich doch tot, wär's Gottes Wille so! Wer wird in dieser Welt des Jammers froh? O Gott! Mich dünkt, es wär' ein glücklich Leben, Nichts Höher's als ein schlichter Hirt zu sein; Auf einem Hügel sitzend, wie ich jetzt, Mir Sonnenuhren zierlich auszuschnitzen, Daran zu sehn, wie die Minuten laufen, Wie viele eine Stunde machen voll, Wie viele Stunden einen Tag vollbringen, Wie viele Tage endigen ein Jahr, Wie viele Jahr ein Mensch auf Erden lebt. Wann ich dies weiß, dann teil' ich ein die Zeiten: So viele Stunden muß die Herd' ich warten, So viele Stunden muß der Ruh' ich pflegen, So viele Stunden muß ich Andacht üben, So viele Stunden muß ich mich ergötzen; So viele Tage trugen schon die Schafe, So viele Wochen, bis die armen lammen, So viele Jahr, eh' ich die Wolle schere. Minuten, Stunden, Tage, Monden, Jahre, Zu ihrem Ziel gediehen, würden so Das weiße Haar zum stillen Grabe bringen. Ach, welch ein Leben wär's! Wie süß! Wie lieblich! Gibt nicht der Hagdorn einen süßern Schatten Dem Schäfer, der die fromme Herd' erblickt, Als wie ein reich gestickter Baldachin Dem König, der Verrat der Bürger fürchtet? O ja, das tut er, tausendmal so süß! Und endlich ist des Schäfers magrer Quark, Sein dünner Trank aus seiner Lederflasche, Im kühlen Schatten sein gewohnter Schlaf, Was alles süß und sorglos er genießt, Weit über eines Fürsten Köstlichkeiten, Die Speisen blinkend in der goldnen Schale, Den Leib gelagert auf ein kunstreich Bett, Wenn Sorge lauert, Argwohn und Verrat. Getümmel. Es kommt ein Sohn, der seinen Vater umgebracht hat, und schleppt die Leiche herbei. Schlecht weht der Wind, der keinem Vorteil bringt. – Der Mann hier, den ich Hand an Hand erschlug, Mag einen Vorrat Kronen bei sich haben, Und ich, der ich sie glücklich jetzt ihm nehme, Kann noch vor Nachts sie und mein Leben lassen An einen andern, wie der Tote mir. Wer ist's? O Gott, ich sehe meinen Vater, Den im Gedräng' ich unverseh'ns getötet. O schlimme Zeit, die solch Beginnen zeugt! Aus London ward vom König ich gemahnt; Mein Vater, als Vasall des Grafen Warwick, Von dem gemahnt, kam auf der Yorkschen Seite. Und ich, der ich von seiner Hand das Leben Empfangen, raubt' es ihm mit meiner Hand. Verzeih' mir, Gott, nicht wußt' ich, was ich tat! Verzeih' auch, Vater, denn dich kannt' ich nicht! Die blut'gen Zeichen sollen meine Tränen Hinweg dir waschen, und kein Wort mehr nun, Bis zur Genüge sie geflossen sind. O kläglich Schauspiel! O der blut'gen Zeit! Wenn Löwen um die Höhlen sich bekriegen, Entgelten ihren Zwist harmlose Lämmer. – Wein', armer Mann! Ich steh' dir Trän' um Träne Mit Weinen bei, daß beiden Aug' und Herz, Als wär' in uns ein bürgerlicher Krieg, Erblind' in Tränen und vom Jammer breche. Es kommt ein Vater, der seinen Sohn umgebracht hat, mit der Leiche in den Armen. Du, der so rüstig Widerstand geleistet, Gib mir dein Gold, wofern du welches hast: Mit hundert Streichen hab' ich es erkauft. – Doch laßt mich sehn: ist dies ein Feindsgesicht? Ach, nein, nein, nein! Es ist mein einz'ger Sohn. – Ach, Kind! Wenn irgend Leben in dir ist, Schlag' auf den Blick: sieh, welche Schau'r entstehn, Von meines Herzens Sturm auf deine Wunden Herbeigeweht, die Aug' und Herz mir töten. – O Gott, erbarm' dich dieser Jammerzeit! Was doch für Taten, grausam, schlächtermäßig, Verblendet, meuterisch und unnatürlich, Die tödliche Entzweiung täglich zeugt! O Kind, dein Vater gab zu früh dir Leben Und hat zu spät des Lebens dich beraubt! Weh über Weh! Mehr als gemeines Leid! O daß mein Tod die Greuel hemmen möchte! Erbarmen, güt'ger Himmel, o Erbarmen! Sein Antlitz führt die rote Ros' und weiße, Die Unglücksfarben unsrer zwist'gen Häuser: Der einen gleichet ganz sein purpurn Blut, Die bleiche Wange stellt die andre dar; Welk' eine Rose dann, und blüh' die andre! Kämpft ihr, so müssen tausend Leben welken Wie wird die Mutter um des Vaters Tod Mich schelten und sich nie zufrieden geben! Wie wird mein Weib des Sohnes Mord in Tränen Ertränken und sich nie zufrieden geben! Wie wird das Volk dem König dieses Elend Verargen und sich nicht zufrieden geben! Hat je ein Sohn den Vater so betrauert? Hat je ein Vater so den Sohn beweint? Hat je ein König so sein Volk beklagt? Eu'r Leid ist groß, doch zehnmal größer meins. Ich trage dich mit fort, mich satt zu weinen. Ab mit der Leiche. Hier diese Arme soll'n dein Leichenhemde, Mein Herz dein Grabmal, süßer Junge, sein: Denn niemals soll dein Bild mein Herz verlassen. Die Brust soll das Geläut' dem Toten seufzen, Dein Vater wird die Feier so begehn, Um dich betrübt, da er nicht mehre hat, Wie Priamus um all die tapfern Söhne. Ich trag' dich fort, und fechtet, wie ihr wollt: Ich hab' ermordet, wo ich nicht gesollt. Ab mit der Leiche. Ihr Traurigen, die Leidenslast umfängt! Hier sitzt ein König, mehr wie ihr bedrängt. Getümmel. Angriffe. Königin Margareta, Prinz von Wales und Exeter treten auf. Flieht, Vater, flieht! Entflohn sind alle Freunde, Und Warwick tobt wie ein gehetzter Stier. Fort! denn an unsern Fersen sitzt der Tod. Zu Pferde, mein Gemahl! Nach Berwick jagt! Eduard und Richard, wie ein paar Windhunde, Den scheuen flücht'gen Hasen vor sich her, Mit feur'gen Augen, funkelnd von der Wut, Und blut'gem Stahl, in grimmer Hand gefaßt, Sind hinter uns: und also schleunig fort! Fort! denn die Rache kommt mit ihnen nach. Nein, säumet nicht mit Einwendungen, eilt! Sonst kommt mir nach, so will ich Euch voran. Nein, nimm mich mit dir, bester Exeter; Ich fürchte nicht zu bleiben, doch ich wünsche Der Königin zu folgen. Vorwärts, fort! Alle ab. Sechste Szene Sechste Szene Lautes Getümmel. Clifford kommt, verwundet. Hier brennt mein Licht zu Ende, ja, hier stirbt's, Das immer König Heinrich hat geleuchtet. O Lancaster! Ich fürchte deinen Sturz Mehr als der Seele Scheiden aus dem Leib. Viel Freunde band dir meine Lieb' und Furcht, Und, da ich falle, reißt die starke Klammer, Schwächt dich und stärkt den überstolzen York. Wie Sommerfliegen schwärmt gemeines Volk, Und wohin fliegen Mücken als zur Sonne? Und wer geht jetzo auf, als Heinrichs Feinde? O Phöbus! Hätt'st du nicht dem Phaeton Erlaubt, zu zügeln deine feur'gen Rosse, Dein Wagen setzte nie die Erd' in Brand. Und, Heinrich, hättest du geherrscht als König, Und wie dein Vater, und sein Vater tat, Dem Hause York um keinen Fußbreit weichend, Sie hätten nicht geschwärmt wie Sommerfliegen: Ich, und zehntausend in dem armen Reich, Versetzten nicht in Trauer unsre Witwen; Und friedlich säßest du auf deinem Stuhl. Denn was nährt Unkraut, als gelinde Luft? Und was macht Räuber kühn, als zu viel Milde? Fruchtlos sind Klagen, hülflos meine Wunden: Kein Weg zur Flucht, noch Kraft, sie auszuhalten; Der Feind ist hart und wird sich nicht erbarmen, Denn ich verdient' um ihn ja kein Erbarmen. Die Luft drang in die schweren Wunden mir, Und viel Verlust vom Blute macht mich matt. York, Richard, Warwick, alle her auf mich! Durchbohrt die Brust, wie euren Vätern ich. Er fällt in Ohnmacht. Getümmel und Rückzug, Eduard, George, Richard, Montague und Warwick treten auf mit Soldaten. Nun atmet auf, ihr Lords; das gute Glück Heißt uns verziehen und die finstre Stirn Des Kriegs mit friedensvollen Blicken sänft'gen. Ein Haufe folgt der blutbegier'gen Königin, Die so den stillen Heinrich weggeführt, Ist er ein König schon, wie wohl ein Segel, Von einem heft'gen Windstoß angefüllt, Der Flut die Galeon' entgegenzwingt. Doch denkt ihr, Lords, daß Clifford mit geflohn? Nein, 's ist unmöglich, daß er sollt' entkommen, Denn, sag' ich's ihm schon hier ins Angesicht, Eu'r Bruder Richard zeichnet' ihn fürs Grab, Und, wo er sein mag, er ist sicher tot. Clifford ächzt. Wes Seele nimmt da ihren schweren Abschied? Ein Ächzen war's, wie zwischen Tod und Leben. Seht, wer es ist: nun, da die Schlacht zu Ende, Freund oder Feind, behandelt schonend ihn. Heb' auf den Gnadenspruch, denn es ist Clifford, Der, nicht zufrieden, abzuhaun den Zweig, Den Rutland fällend, als er Blätter trieb, Sein mörd'risch Messer an die Wurzel setzte, Woher der zarte Sproß so hold erwuchs; Ich mein', an unsern Vater, Herzog York. Holt von den Toren Yorks sein Haupt herab. Sein hohes Haupt, das Clifford aufgesteckt; Statt dessen laßt die Stelle dieses füllen. Mit Gleichem Gleiches muß erwidert sein. Bringt her den Unglücksuhu unsers Hauses, Der nichts als Tod uns und den Unsern sang. Nun wird der Tod den droh'nden Laut ihm hemmen Und seine grause Zunge nicht mehr sprechen. Einige aus dem Gefolge tragen die Leiche weiter vor. Ich glaub', er ist nicht bei sich selber mehr. Sprich, Clifford, kennst du den, der mit dir spricht? Der Tod umdüstert seine Lebensstrahlen, Er sieht uns nicht und hört nicht, was man sagt. O tät' er's doch! Er tut es auch vielleicht, Es ist nur seine List, sich so zu stellen, Um solcher bittern Höhnung auszuweichen, Wie er bei unsers Vaters Tod geübt. Wenn du das denkst, plag' ihn mit scharfen Worten. Clifford, erflehe Gnad' und finde keine! Clifford, bereu' in unfruchtbarer Buße! Ersinn' Entschuldigung für deine Taten! Indes wir Folterpein dafür ersinnen. Du liebtest York, und ich bin Sohn von York. Wie Rutlands du, will ich mich dein erbarmen. Wo ist dein Schutz nun, Hauptmann Margareta? Man höhnt dich, Clifford; fluche, wie du pflegtest. Was? Keinen Fluch? Dann steht es schlimm, wenn Clifford Für seine Freunde keinen Fluch mehr hat. Nun seh' ich, daß er tot ist, und, beim Himmel! Wenn diese Rechte ihm zwei Stunden Leben Erkaufen könnte, um mit allem Spott Ihn hohnzunecken: abhaun wollt' ich sie Mit dieser meiner Hand, und mit der Wunde Blut Den Bösewicht ersticken, dessen Durst York und der junge Rutland nicht gestillt. Ja, er ist tot; schlagt ab des Frevlers Haupt Und stellt es auf, wo Euers Vaters steht. Und nun nach London im Triumpheszug, Als Englands König da gekrönt zu werden! Dann setzt nach Frankreich Warwick übers Meer Und wirbt dir Fräulein Bona zum Gemahl: So wirst du diese Länder fest verknüpfen Und darfst, im Bund mit Frankreich, nicht befürchten, Daß der zerstreute Feind sich wieder sammle, Wie er es hofft; denn ob sie schon nicht viel Mit Stechen schaden können, wirst du doch Sie um das Ohr dir lästig summen hören. Zuvörderst wohn' ich Eurer Krönung bei, Und dann die See hinüber nach Bretagne, Die Eh' zu stiften, wenn's mein Fürst genehmigt. Ganz wie du willst, mein Warwick, soll es sein; Auf deiner Schulterbau' ich meinen Sitz, Und nimmer will ich etwas unternehmen, Wobei dein Rat und Beistimmung mir fehlt. Richard, ich mache dich zum Herzog Gloster, Und George von Clarence; Warwick, wie wir selbst, Soll tun und lassen, was ihm nur gefällt. Laß mich von Clarence, George von Gloster Herzog sein, Denn Glosters Herzogtum ist unglückdeutend. Pah! Das ist eine törichte Bemerkung: Richard, seid Herzog Gloster; nun nach London, Um in Besitz der Würden uns zu setzen. Alle ab. Dritter Aufzug Erste Szene Erste Szene Ein Jagdrevier im Norden von England. Zwei Förster treten auf, mit Armbrusten in der Hand. Hier im verwachsnen Buschwerk laß uns lauren, Denn über diesen Plan kommt gleich das Wild; Wir nehmen hier im Dickicht unsern Stand Und lesen uns die besten Stücke aus. Ich will dort oben auf die Anhöh' treten, Daß jeder von uns beiden schießen kann. Das darf nicht sein: der Lärm von deiner Armbrust Verscheucht das Rudel, und mein Schuß ist hin. Hier laß uns beide stehn und bestens zielen, Und, daß die Zeit uns nicht so lange währt, Erzähl' ich, was mir eines Tags begegnet An eben diesem Platz, wo jetzt wir stehn. Da kommt ein Mann, laß den vorüber erst. König Heinrich kommt verkleidet, mit einem Gebetbuche. Von Schottland stahl ich weg mich, bloß aus Liebe, Mit sehnsuchtsvollem Blick mein Land zu grüßen. Nein, Heinrich, Heinrich! Dies ist nicht dein Land, Dein Platz besetzt, dein Szepter dir entrungen, Das Öl, das dich gesalbt hat, weggewaschen. Kein biegsam Knie wird jetzt dich Cäsar nennen, Kein Bitter drängt sich, für sein Recht zu sprechen, Nein, niemand geht um Herstellung mich an: Wie sollt' ich andern helfen und nicht mir? Das ist ein Wild, des Haut den Förster lohnt; Der weiland König ist's: laßt uns ihn greifen! Der herben Trübsal will ich mich ergeben, Denn Weise sagen, weise sei's getan. Was zögern wir? Laß Hand uns an ihn legen! Halt noch ein Weilchen, hören wir noch mehr. Nach Frankreich ging mein Weib und Sohn um Hülfe, Auch hör' ich, der gewalt'ge große Warwick Sei hin, um des französischen Königs Tochter Für Eduard zur Gemahlin zu begehren. Ist dies gegründet, arme Königin Und Sohn! so ist verloren eure Müh'. Denn Warwick ist ein feiner Redner, Ludwig Ein Fürst den leicht beredte Worte rühren. Margareta kann ihn rühren, demzufolge; Sie ist ein so beklagenswertes Weib: Sie wird mit Seufzern seine Brust bestürmen, Mit Tränen dringen in ein marmorn Herz. Der Tiger selbst wird milde, wenn sie trauert, Und Nero reuig, wenn er ihre Klagen Und ihre salzen Tränen hört und sieht. Ja, doch sie kam zu flehn; Warwick zu geben: Zur Linken sie, begehrt für Heinrich Hülfe, Zur Rechten er, wirbt um ein Weib für Eduard. Sie weint und sagt, ihr Heinrich sei entsetzt; Er lächelt, sagt, sein Eduard sei bestallt; Daß nichts vor Gram die Arme mehr kann sagen, Weil Warwick seinen Anspruch zeigt, das Unrecht Beschönigt, Gründe bringt von großer Kraft Und schließlich ab von ihr den König lenkt, Daß er die Schwester ihm verspricht und alles, Was König Eduards Platz befest'gen kann. O Margareta! So wird's sein: du Arme Bist dann verlassen, wie du hülflos gingst. Sag, wer du bist, der du von Kön'gen da Und Königinnen sprichst? Mehr als ich scheine Und wen'ger als ich war durch die Geburt; Ein Mensch, denn wen'ger kann ich doch nicht sein; Und Menschen können ja von Kön'gen reden: Warum nicht ich? Ja, doch du sprichst, als ob du König wärst. Ich bin's auch, im Gemüt; das ist genug. Bist du ein König, wo ist deine Krone? Im Herzen trag' ich sie, nicht auf dem Haupt, Nicht mit Demanten prangend und Gestein, Noch auch zu sehn: sie heißt Zufriedenheit, Und selten freun sich Kön'ge dieser Krone. Gut, seid Ihr König der Zufriedenheit, Muß Eure Kron' Zufriedenheit und Ihr Zufrieden sein, mit uns zu gehn; wir denken, Ihr seid's, den König Eduard abgesetzt, Und wir als Untertanen, die ihm Treue Geschworen, greifen Euch als seinen Feind. Doch schwort ihr nie, und brachet euren Eid? Nie solchen Eid, und wollen's jetzt auch nicht. Wo wart ihr, als ich König war von England? Hier in der Gegend, wo wir jetzo wohnen. Neun Monden alt war ich gesalbter König, Mein Vater, mein Großvater waren Kön'ge; Ihr habt mir Untertanenpflicht geschworen: So sagt denn, bracht ihr eure Eide nicht? Nein, denn wir waren Untertanen nur, Solang' Ihr König wart. Nun, bin ich tot? Atm' ich nicht wie ein Mensch? Ach, töricht Volk! Ihr wißt nicht, was ihr schwört. Seht, wie ich diese Feder von mir blase, Und wie die Luft zu mir zurück sie bläst, Die, wenn ich blase, meinem Hauch gehorcht Und einem andern nachgibt, wenn er bläst, Vom stärkern Windstoß immerfort regiert: So leichten Sinns seid ihr geringen Leute. Doch brecht die Eide nicht; mit dieser Sünde Soll meine milde Bitt' euch nicht beladen. Führt, wie ihr wollt: der König folgt Befehlen; Seid Kön'ge ihr, befehlt, ich will gehorchen. Wir sind des Königs treue Untertanen, Des Königs Eduard. Ihr würdet's auch von Heinrich wieder sein, Wenn er an König Eduards Stelle säße. In Gottes und des Königs Namen mahnen Wir Euch, zu den Beamten mitzugehn. So führt mich denn in Gottes Namen hin: Dem Namen eures Königs sei gehorcht. Und was Gott will, mag euer König tun; Und was er will, dem füg' ich mich in Demut. Alle ab. Zweite Szene Zweite Szene London. Ein Zimmer im Palast. König Eduard, Gloster, Clarence und Lady Grey treten auf. Bruder von Gloster, auf Sankt-Albans Feld Fiel dieser Frauen Gatte, Sir John Grey, Und seine Güter fielen an den Sieger. Sie sucht nun an um Wiedereinsetzung, Was wir ihr billig nicht verweigern können, Weil in dem Streite für das Haus von York Der würd'ge Mann sein Leben eingebüßt. Eu'r Hoheit täte wohl, es zu gewähren; Es wäre schimpflich, ihr es abzuschlagen. Das wär' es auch, doch schieb' ich es noch auf. beiseit zu Clarence. Ei, steht es so? Die Dame, seh' ich, hat was zu gewähren, Bevor der König ihr Gesuch gewährt. CLARENCE beiseit. Er kennt die Jagd: wie bleibt er bei der Fährte! beiseit. Still! Witwe! Wir wollen Eu'r Gesuch erwägen, Und kommt ein andermal um den Bescheid. Ich kann Verzug nicht dulden, gnäd'ger Fürst: Belieb' Eu'r Hoheit, jetzt mich zu bescheiden, Und was Euch nur gefällt, soll mir genügen. beiseit. So, Witwe? Dann verbürg' ich Euch die Güter, Wenn das, was ihm gefällt, Euch Freude macht. Gebt besser acht, sonst wird Euch eins versetzt. beiseit. Ich sorge nicht, wenn sie nicht etwa fällt. beiseit. Verhüt' es Gott! Er nähm' den Vorteil wahr. Wie viele Kinder hast du, Witwe? Sag mir. beiseit. Ich glaub', er denkt sie um ein Kind zu bitten. beiseit. Dann nennt mich Schelm; er gibt ihr lieber zwei. Drei, mein sehr gnäd'ger Fürst. beiseit. Er schafft Euch vier, wenn Ihr ihm folgen wollt. Hart wär's, wenn sie des Vaters Land verlören. Habt Mitleid, hoher Herr, gewährt es ihnen! Laßt uns, ihr Lords: ich will den Witz der Witwe prüfen. Wir lassen euch, ihr bleibt euch überlassen, Bis Jugend euch der Krücke überläßt. Gloster und Clarence treten auf die andre Seite zurück. Sagt, liebt Ihr Eure Kinder, edle Frau? Ja, so von Herzen, wie ich selbst mich liebe. Und wolltet Ihr nicht viel tun für ihr Wohl? Ich wollte für ihr Wohl ein Übel dulden. Erwerbt Euch denn die Güter für ihr Wohl! Deswegen kam ich zu Eu'r Majestät. Ich sag' Euch, wie sie zu erwerben sind. Das wird mich Euer Hoheit Dienst verpflichten. Was tust du mir zum Dienst, wenn ich sie gebe? Was Ihr befehlt, das bei mir steht zu tun. Ihr werdet Euch an meinem Antrag stoßen. Nein, gnäd'ger Herr, ich müßte denn nicht können. Du kannst das aber, was ich bitten will. So will ich tun, was Eure Hoheit fodert. beiseit. Er drängt sie scharf; viel Regen höhlt den Marmor. beiseit. So rot wie Feu'r! Da muß ihr Wachs wohl schmelzen. Was stockt mein Fürst? Soll ich den Dienst nicht wissen? Ein leichter Dienst: nur einen König lieben. Das kann ich leicht als Untertanin tun. Dann geb' ich gleich dir deines Gatten Güter. Und ich empfehle mich mit tausend Dank. beiseit. 's ist richtig; sie besiegelt's mit dem Knicks. Verziehe noch: der Liebe Früchte mein' ich. Der Liebe Früchte mein' ich, bester Fürst. Ja, doch ich fürcht', in einem andern Sinn. Um welche Liebe, glaubst du, werb' ich so? Lieb' in den Tod, Dank und Gebet für Euch; Wie Tugend Liebe bittet und gewährt. Nein, solche Liebe mein' ich nicht, mein' Treu'. Nun wohl, dann meint Ihr nicht so, wie ich dachte. Nun aber merkt Ihr meinen Sinn zum Teil. Mein Sinn gibt nimmer zu, was, wie ich merke, Eu'r Hoheit denket, denk' ich anders recht. Bei dir zu liegen denk' ich, grad' heraus. Und grad' heraus, ich läg' im Kerker lieber. Nun, so bekommst du nicht des Mannes Güter. So sei die Ehrbarkeit mein Leibgedinge; Um den Verlust will ich sie nicht erkaufen. Du tust damit den Kindern sehr zu nah. Eu'r Hoheit tut hiemit es mir und ihnen. Doch diese muntre Neigung, hoher Herr, Stimmt nicht zu meinem Ernst bei dem Gesuch. Entlaßt mit Ja mich gütigst oder Nein. Ja, wenn du ja auf meinen Wunsch willst sagen; Nein, wenn du nein auf mein Begehren sagst. Dann nein, mein Fürst, und mein Gesuch ist aus. beiseit. Die Witwe mag ihn nicht, sie runzelt ihre Stirn. beiseit. Kein Mensch in Christenlanden wirbt wohl plumper. Nach ihren Blicken ist sie voller Sittsamkeit, Ihr Witz nach ihren Worten unvergleichlich; All ihre Gaben fodern Herrscherrang, So oder so ist sie für einen König: Sie wird mein Liebchen oder mein Gemahl. – Setz', König Eduard nähm' dich zum Gemahl? Das läßt sich besser sagen, Herr, als tun: Ich Untertanin tauge wohl zum Scherz, Doch taug' ich längst nicht, Herrscherin zu sein. Bei meinem Thron schwör' ich dir, holde Witwe, Ich sage nur, was meine Seele wünscht: Das ist, dich als Geliebte zu besitzen. Und das ist mehr, als ich will zugestehn. Ich weiß, ich bin zu niedrig, Eu'r Gemahl, Und doch zu gut, Eu'r Kebsweib nur zu sein. Stecht Silben nicht: ich meinte als Gemahl. Wenn meine Söhne nun Euch Vater nennen, Das wird Eu'r Hoheit kränken. Nein, nicht mehr, Als wenn dich meine Töchter Mutter nennen. Du bist 'ne Witwe und hast mehre Kinder; Ich, bei der Mutter Gottes! der ich noch Ein Junggeselle bin, hab' ihrer auch: Wie schön, der Vater vieler Kinder sein! Erwidre nichts, du wirst nun mein Gemahl. GLOSTER beiseit. Der Geistliche hat seine Beicht' vollbracht. beiseit. Zum Beicht'ger hat ihn Leibliches gemacht. Euch wundert's, Brüder, was wir zwei geflüstert? Der Witwe steht's nicht an, sie sieht verdüstert. Ihr fändet's fremd, wenn ich zur Frau sie wählte? Für wen, mein Fürst? Ei, Clarence, für mich selbst. Das wär' zum Wundern auf zehn Tage mind'stens. Das ist ein Tag mehr, als ein Wunder währt. So endlos würde dieses Wundern sein. Gut, Brüder, spaßt nur fort: ich kann euch sagen, Gewährt ist das Gesuch ihr um die Güter. Ein Edelmann tritt auf. Mein Fürst, Eu'r Gegner Heinrich ward ergriffen; Gefangen bringt man ihn vor Euer Schloß. So sorgt, daß man ihn schaffe nach dem Turm; – Und sehn wir, Brüder, den, der ihn ergriff, Ihn über die Verhaftung zu befragen. Ihr, Witwe, geht mit uns. – Lords, haltet sie in Ehren! König Eduard, Lady Grey, Clarence und der Edelmann ab. Ja, Eduard hält die Weiber wohl in Ehren. Wär' er doch aufgezehrt, Mark, Bein und alles, Damit kein blüh'nder Sproß aus seinen Lenden Die Hoffnung kreuze meiner goldnen Zeit! Doch zwischen meiner Seele Wunsch und mir, – Ist erst des üpp'gen Eduards Recht begraben, – Steht Clarence, Heinrich und sein Sohn, Prinz Eduard, Samt ihrer Leiber ungehofften Erben, Um einzutreten, eh' ich Platz gewinne: Ein schlimmer Vorbedacht für meinen Zweck! So träum' ich also nur von Oberherrschaft, Wie wer auf einem Vorgebirge steht Und späht ein fernes, gern erreichtes Ufer Und wünscht, sein Fuß käm' seinem Auge gleich; Er schilt die See, die ihn von dorten trennt, Ausschöpfen will er sie, den Weg zu bahnen: So wünsch' ich auch die Krone, so weit ab, Und schelte so, was mich von ihr entfernt, Und sag', ich will die Hindernisse tilgen, Mir selber schmeichelnd mit Unmöglichkeiten. Mein Auge blickt, mein Herz wähnt allzukühn, Kann Hand und Kraft nicht ihnen gleich es tun. Gut! Setzt, es gibt kein Königreich für Richard: Was kann die Welt für Freude sonst verleihn? Ich such' in einer Schönen Schoß den Himmel, Mit munterm Anputz schmück' ich meinen Leib, Bezaubre holde Frau'n mit Wort und Blick. O kläglicher Gedank', und minder glaublich, Als tausend goldne Kronen zu erlangen! Schwor Liebe mich doch ab im Mutterschoß, Und, daß ihr sanft Gesetz für mich nicht gölte, Bestach sie die gebrechliche Natur Mit irgendeiner Gabe, meinen Arm Wie einen dürren Strauch mir zu verschrumpfen, Dem Rücken einen neid'schen Berg zu türmen, Wo Häßlichkeit, den Körper höhnend, sitzt, Die Beine von ungleichem Maß zu formen, An jedem Teil mich ungestalt zu schaffen Gleich wie ein Chaos oder Bärenjunges, Das, ungeleckt, der Mutter Spur nicht trägt. Und bin ich also wohl ein Mann zum Lieben? O schnöder Wahn, nur den Gedanken hegen! Weil denn die Erde keine Lust mir beut Als herrschen, meistern, andre unterjochen, Die besser von Gestalt sind wie ich selbst, So sei's mein Himmel, von der Krone träumen Und diese Welt für Hölle nur zu achten, Bis auf dem mißgeschaffnen Rumpf mein Kopf Umzirkelt ist mit einer reichen Krone. Doch weiß ich nicht, wie ich die Kron' erlange, Denn manches Leben trennt mich von der Heimat; Und ich, wie ein im dorn'gen Wald Verirrter, Die Dornen reißend und davon gerissen, Der einen Weg sucht und vom Wege schweift Und weiß nicht, wie zur freien Luft zu kommen, Allein verzweifelt ringt, hindurchzudringen, – So martr' ich mich, die Krone zu erhaschen, Und will von dieser Marter mich befrein, Wo nicht, den Weg mit blut'ger Axt mir haun. Kann ich doch lächeln, und im Lächeln morden, Und rufen: schön! zu dem, was tief mich kränkt, Die Wangen netzen mit erzwungnen Tränen Und mein Gesicht zu jedem Anlaß passen. Ich will mehr Schiffer als die Nix' ersäufen, Mehr Gaffer töten als der Basilisk; Ich will den Redner gut wie Nestor spielen, Verschmitzter täuschen, als Ulyß gekonnt, Und, Sinon gleich, ein zweites Troja nehmen; Ich leihe Farben dem Chamäleon, Verwandle mehr als Proteus mich und nehme, Den mörd'rischen Machiavell in Lehr'. Und kann ich das, und keine Kron' erschwingen? Ha! Noch so weit, will ich herab sie zwingen. Ab. Dritte Szene Dritte Szene Frankreich. Ein Zimmer im Palast. Pauken und Trompeten. König Ludwig und Bona treten auf mit Gefolge. Der König setzt sich auf den Thron. Hierauf Königin Margareta, Prinz Eduard und der Graf von Oxford. aufstehend. Setzt, schöne Königin von England, Euch Hier, würd'ge Margareta, zu uns her: Es ziemt nicht Eurem Range noch Geburt, Daß Ihr so steht, indessen Ludwig sitzt. Nein, großer König Frankreichs! Margareta Muß nun ihr Segel streichen und für jetzt, Wo Könige gebieten, dienen lernen. Ich war vom großen Albion Königin, Gesteh' ich, in vergangnen goldnen Tagen. Doch Mißgeschick trat meine Rechte nieder Und streckte schimpflich auf den Boden mich, Wo ich mich gleich muß setzen meinem Glück Und meinem niedern Sitze mich bequemen. Wie, so verzweifelt, schöne Königin? Um das, was mir die Augen füllt mit Tränen, Die Zunge hemmt, das Herz in Gram ertränkt. Was es auch sei, sei du dir immer gleich Und setz' dich neben uns; beug' nicht den Nacken setzt sie neben sich Dem Joch des Glücks, dein unverzagter Mut Muß über jeden Unfall triumphieren. Sei offen, Königin, und sag dein Leid: Wenn Frankreich helfen kann, so soll's geschehn. Dein gnädig Wort hebt den gesunknen Geist Und läßt den stummen Gram zur Sprache kommen. Zu wissen sei daher dem edlen Ludwig, Daß Heinrich, meines Herzens ein'ger Herr, Aus einem König ein Verbannter ward Und muß als Flüchtling jetzt in Schottland leben, Indes der stolze Eduard, Herzog York, Sich angemaßt des Titels und des Throns Von Englands echtgesalbtem, wahrem König. Dies ist's, warum ich arme Margareta, Mit meinem Sohn, Prinz Eduard, Heinrichs Erben, Dich um gerechten Beistand flehend komme. Wenn du uns fehlst, ist unsre Hoffnung hin. Schottland hat Willen, doch nicht Macht zu helfen; Mißleitet ist so unser Volk wie Pairs, Der Schatz genommen, auf der Flucht das Heer, Und wie du siehst, wir selbst in Ängsten schwer. Berühmte Fürstin, sänft'ge mit Geduld Den Sturm, indes wir sinnen ihn zu dämpfen. Je mehr wir zögern, wird der Feind verstärkt. Je mehr ich zögre, leist' ich Beistand dir. Ach, Ungeduld begleitet wahre Leiden, Und seht, da kommt der Stifter meiner Leiden. Warwick tritt auf mit Gefolge. Wer ist's, der kühn in unsre Nähe tritt? Der Graf von Warwick, Eduards größter Freund. Willkommen, tapfrer Warwick! Sag, was führt dich her? Er steigt vom Thron. Margareta steht auf. Ja, nun beginnt ein zweiter Sturm zu toben, Denn dieser ist's, der Wind und Flut bewegt. Der würd'ge Eduard, König Albions, Mein Herr und Fürst und dein geschworner Freund, Hat mich gesandt aus ungeschminkter Liebe, Erst, deine fürstliche Person zu grüßen, Dann, einen Bund der Freundschaft zu begehren, Und endlich, diese Freundschaft zu befest'gen Durch ein Vermählungsband, wenn du geruhst, Die tugendsame Schwester, Fräulein Bona, Zur Eh' dem König Englands zu gewähren. Wenn das geschieht, ist Heinrichs Hoffnung hin. zur Bona. Und, gnäd'ges Fräulein, von des Königs wegen Bin ich befehligt, mit Vergünstigung In aller Demut Eure Hand zu küssen Und meines Fürsten Herz zu offenbaren, Wo jüngst der Ruf, ins wache Ohr ihm dringend, Aufstellte deiner Schönheit Bild und Tugend. Vernehmt mich, König Ludwig, Fräulein Bona, Eh' ihr zur Antwort schreitet. Warwicks Bitte Kommt nicht von Eduards wohlgemeinter Liebe, Sie kommt vom Truge her, aus Not erzeugt. Kann ein Tyrann zu Hause sicher herrschen, Wenn er nicht auswärts mächtig sich verbündet? Er sei Tyrann, beweist genugsam dies, Daß Heinrich ja noch lebt; und wär' er tot, Hier steht Prinz Eduard, König Heinrichs Sohn. Drum, Ludwig, sieh, daß dieses Heiratsbündnis Dich nicht in Schaden bring' und in Gefahr! Denn, wenn der Usurpator auch ein Weilchen Das Szepter führt, der Himmel ist gerecht, Und von der Zeit wird Unrecht unterdrückt. Schmähsücht'ge Margareta! Warum nicht Königin? Dein Vater Heinrich war ein Usurpator, Du bist nicht Prinz, wie sie nicht Königin. Den großen Gaunt vernichtet Warwick denn, Der Spaniens größten Teil bezwungen hat; Und nach Johann von Gaunt, Heinrich den Vierten, An dessen Weisheit Weise sich gespiegelt; Und nach dem weisen Herrn, Heinrich den Fünften, Des Heldenkraft ganz Frankreich hat erobert: Von dieser Reih' stammt unser Heinrich ab. Oxford, wie kommt's bei dieser glatten Rede, Daß Ihr nicht sagtet, wie der sechste Heinrich All das verloren, was der fünfte schaffte? Mich dünkt, das müßten diese Pairs belächeln. Doch ferner zählt Ihr einen Stammbaum auf Von zweiundsechzig Jahren: eine dürft'ge Zeit Für die Verjährung eines Königreichs. So, Warwick, sprichst du wider deinen Fürsten, Dem du gehorcht hast sechsunddreißig Jahr, Und kein Erröten zeiht dich des Verrats? Kann Oxford, der von je das Recht geschirmt, Mit einem Stammbaum Falschheit nun bemänteln? Pfui, laß von Heinrich und nenn' Eduard König! Ihn König nennen, dessen harter Spruch Den ältern Bruder mir, Lord Aubrey Vere, Zum Tod geführt? Ja mehr noch, meinen Vater, Recht in dem Abfall seiner mürben Jahre, Als an des Todes Tor Natur ihn brachte? Nein, Warwick, nein! Solang' mein Arm sich hält, Hält er das Haus von Lancaster empor. Und ich das Haus von York. Geruhet, Königin, Prinz Eduard, Oxford, Auf unsre Bitte doch beiseit zu treten, Weil ich mit Warwick ferner mich bespreche. Daß Warwicks Worte nur ihn nicht bezaubern! Sie tritt mit dem Prinzen und Oxford zurück. Nun, Warwick, sag mir, recht auf dein Gewissen, Ob Eduard euer wahrer König ist? Denn ungern möcht' ich mich mit dem verknüpfen, Der nicht gemäß dem Rechte wär' erwählt. Darauf verpfänd' ich Ehr' und Glauben dir. Dann ferner, alle Falschheit abgetan, Sag mir in Wahrheit seiner Liebe Maß Zu unsrer Schwester Bona. Sie erscheint Ganz würdig eines Fürsten, so wie er. Oft hört' ich selbst ihn sagen und beschwören: Ein ew'ger Baum sei diese seine Liebe, Der in der Tugend Boden fest gewurzelt, Dem Laub und Frucht der Schönheit Sonne treibt; Von Tücke frei, nicht von verschmähter Wahl, Bis Fräulein Bona löset seine Qual. Nun, Schwester, sagt uns Euren festen Schluß. Eu'r Jawort, Euer Weigern sei auch meins. Zu Warwick. Jedoch bekenn' ich, daß schon oft vor heute, Wenn man von Eures Königs Wert berichtet, Mein Ohr das Urteil zum Verlangen lockte. So hör' denn, Warwick: meine Schwester wird Gemahlin Eduards, und entwerfen soll Man Punkte nun sogleich, das Leibgedinge Betreffend, das Eu'r König machen muß, Um ihren Brautschatz damit aufzuwägen. Kommt, Königin Margareta, seid hier Zeugin, Daß Bona sich verlobt mit Englands König. Mit Eduard, aber nicht mit Englands König. Betrügerischer Warwick! Deine List War's, mein Gesuch durch diesen Bund zu hindern. Bevor du kamst, war Ludwig Heinrichs Freund. Und ist noch sein und Margaretens Freund. Doch ist Eu'r Anspruch an die Krone schwach, Wie es nach Eduards gutem Fortgang scheint, Dann ist's nur billig, daß ich freigesprochen Vom Beistand werde, den ich jüngst verhieß. Ihr sollt von mir noch alle Güt' erfahren, Die Euer Los verlangt und meins gewährt. Heinrich lebt jetzt in Schottland, ganz nach Wunsch, Und da er nichts hat, kann er nichts verlieren. Ihr selber, unsre weiland Königin, Habt einen Vater, Euch zu unterhalten, Und solltet dem, statt Frankreich, lästig fallen. Still, frecher, unverschämter Warwick! Still! Der Kön'ge stolzer Schöpfer und Vernichter! Ich will nicht fort, bis meine Wort' und Tränen Voll Wahrheit König Ludwig deine Tücke Und deines Herren falsche Lieb' entdeckt: Denn ihr seid Wesen von demselben Schlag. Man hört draußen ein Posthorn. Warwick, an dich kommt Botschaft, oder uns. Ein Bote tritt auf. Mein Herr Gesandter, dieser Brief hier ist an Euch, Von Eurem Bruder, Markgraf Montague; Vom König dieser an Eu'r Majestät; zu Margareten Der, gnäd'ge Frau, an Euch: von wem, das weiß ich nicht. Alle lesen ihre Briefe. Mir steht es an, daß unsre holde Herrin Mit Lächeln liest, da Warwick finster sieht. Seht nur, wie Ludwig stampft vor Ungeduld: Ich hoff', es geht noch gut. Nun, Warwick, wie ist deine Neuigkeit? Und wie die Eure, schöne Königin? Die mein' erfüllt mich unverhofft mit Freude. Die meine bringt mir Leid und Mißvergnügen. Was? Nahm Eu'r König Lady Grey zur Eh', Und, Eu'r und seine Falschheit zu beschönen, Rät er Geduld mir an durch diesen Zettel? Ist das der Bund, den er mit Frankreich sucht? Darf er es wagen, so uns zu verhöhnen? Ich sagt' es Euer Majestät voraus, Dies zeugt von Eduards Lieb' und Warwicks Redlichkeit. Hier, König Ludwig, vor des Himmels Antlitz Und bei der Hoffnung auf mein himmlisch Heil, Schwör' ich mich rein an diesem Frevel Eduards; Nicht meines Königs mehr, denn er entehrt mich, Sich selbst am meisten, säh' er seine Schande. Vergaß ich, daß mein Vater seinen Tod Unzeitig durch das Haus von York gefunden? Ließ hingehn meiner Nichte Mißhandlung? Umgab ihn mit der königlichen Krone? Stieß Heinrich aus dem angestammten Recht? Und wird zuletzt mir so gelohnt mit Schande? Schand' über ihn! Denn ich bin Ehre wert: Und die für ihn verlorne herzustellen, Sag' ich ihm ab und wende mich zu Heinrich. Laß, edle Königin, den alten Groll: Ich will hinfort dein treuer Diener sein, Sein Unrecht an der Fräulein Bona rächen Und Heinrich wieder setzen auf den Thron. Warwick, dein Wort hat meinen Haß in Liebe Verkehrt, und ich vergebe und vergesse Die alten Fehler ganz und bin erfreut, Daß du der Freund von König Heinrich wirst. So sehr sein Freund, ja sein wahrhafter Freund, Daß, wenn der König Ludwig wenig Scharen Erlesnen Volks uns zu verleihn geruht, So unternehm' ich, sie bei uns zu landen Und den Tyrann mit Krieg vom Thron zu stoßen. Nicht seine neue Braut beschirmt ihn wohl, Und Clarence, wie mir meine Briefe melden, Steht auf dem Punkte, von ihm abzufallen, Weil er gefreit nach üpp'ger Lust, statt Ehre Und unsers Landes Stärk' und Sicherheit. Wie findet Bona Rache, teurer Bruder, Hilfst du nicht der bedrängten Königin? Berühmter Fürst, wie soll mein Heinrich leben, Errettest du ihn von Verzweiflung nicht? Mein Streit und dieser Königin sind eins. Und meiner tritt, Prinzessin, eurem bei. Und meiner eurem, deinem und Margretens. Deswegen bin ich endlich fest entschlossen, Euch beizustehn. Laßt untertänig mich für alle danken. Dann, Englands Bote, kehre schleunig heim Und sage deinem eingebild'ten König, Dem falschen Eduard, daß ihm Ludewig Von Frankreich Masken will hinübersenden Zum Tanz mit ihm und seiner neuen Braut. Du siehst, was vorgeht: geh, damit ihn schrecken. Sag ihm, in Hoffnung seiner bald'gen Witwerschaft Trag' ich den Weidenkranz um seinetwillen. Sag ihm, die Trauer sei beiseit' geschafft, Und kriegerische Rüstung leg' ich an. Sag ihm von mir, er habe mich gekränkt, Drum woll' ich ihn entkrönen, eh' er's denkt. Hier ist dein Lohn, und geh! Der Bote ab. Nun, Warwick, Du und Oxford, mit fünftausend Mann, Sollt übers Meer und Krieg dem Falschen bieten, Und diese edle Fürstin und ihr Prinz Soll, wie's die Zeit gibt, mit Verstärkung folgen. Doch, eh' du gehst, lös' einen Zweifel mir: Was dient zum Pfand für deine feste Treu'? Dies soll Euch sichern meine stete Treu': Wenn unsre Königin genehm es hält Und dieser junge Prinz, will ich alsbald Ihm meine ält'ste Tochter, meine Lust, Verknüpfen durch der Trauung heil'ges Band. Ich halt's genehm und dank' Euch für den Antrag. – Sohn Eduard, sie ist weis' und tugendsam, Drum zögre nicht, gib deine Hand an Warwick Und mit ihr dein unwiderruflich Wort, Daß Warwicks Tochter einzig dein soll sein. Ich nehme gern sie an, denn sie verdient es; Und hier zum Pfande biet' ich meine Hand. Er gibt Warwick die Hand. Was zögern wir? Man soll die Mannschaft werben, Und, Bourbon, du, Großadmiral des Reichs, Sollst sie mit unsrer Flotte übersetzen; Denn mich verlangt, daß er sei ausgerottet, Weil ein französisch Fräulein er verspottet. Alle ab außer Warwick. Ich kam von Eduard als Gesandter her, Doch kehr' ich heim als sein geschworner Feind; Zur Heiratsstiftung gab er Auftrag mir, Doch droh'nder Krieg erfolgt auf sein Begehren. Hatt' er zum Spielzeug niemand sonst als mich? So will nur ich den Spaß in Leid verkehren: Ich war voraus, zur Kron' ihn zu erheben, Und will voraus sein, wieder ihn zu stürzen: Nicht, daß mir Heinrichs Elend kläglich sei, Doch rächen will ich Eduards Neckerei. Ab. Vierter Aufzug Erste Szene Erste Szene London. Ein Zimmer im Palast. Gloster, Clarence, Somerset, Montague und andre treten auf. Nun sagt mir, Bruder Clarence, was denkt Ihr Von dieser neuen Eh' mit Lady Grey? Traf unser Bruder keine würd'ge Wahl? Ach, wie Ihr wißt, 's ist weit nach Frankreich hin; Wie konnt' er Warwicks Wiederkunft erwarten? Mylords, laßt dies Gespräch: da kommt der König. Trompeten und Pauken. König Eduard mit Gefolge, Lady Grey als Königin, Pembroke, Stafford, Hastings und andre treten auf. Und seine wohlgewählte Braut. Ich sag' ihm, was ich denke, grad' heraus. Nun, Bruder Clarence, wie dünkt Euch die Wahl, Daß Ihr nachdenklich steht, halb mißvergnügt? So gut wie Ludwig und dem Grafen Warwick, Die von so schwachem Mut und Urteil sind, Daß unsre Mißhandlung sie nicht beleidigt. Setzt, daß sie ohne Grund beleidigt wären, Sie sind nur Ludwig, Warwick; ich bin Eduard, Eu'r Herr und Warwicks, und muß schalten können. Und sollt auch schalten, weil Ihr unser Herr; Doch übereilte Eh' tut selten gut. Ei, Bruder Richard, seid Ihr auch beleidigt? Ich nicht: Verhüte Gott, daß ich geschieden wünschte, Die Gott verbunden; ja und es wäre schade, Ein Paar zu trennen, das so schön sich paßt. Vom Hohn und Widerwillen abgesehn, Sagt mir, weswegen Lady Grey mein Weib Und Englands Königin nicht werden sollte? Ihr gleichfalls, Somerset und Montague, Sprecht offen, was ihr denkt. So ist dies meine Meinung: König Ludwig Wird Euer Feind, weil Ihr ihn mit der Heirat Der Fräulein Bona zum Gespött gemacht. Und Warwick, der nach Eurem Auftrag tat, Ist nun entehrt durch diese neue Heirat. Wie, wenn ich beide nun durch neue Mittel, Die ich ersinnen kann, zufrieden stelle? Doch solchen Bund mit Frankreich einzugehn, Hätt' unsern Staat geschirmt vor fremden Stürmen, Mehr als es eine Landesheirat kann. Weiß Montague denn nicht, daß England sicher Für sich schon ist, bleibt es sich selbst nur treu? Ja, doch gedeckt von Frankreich, sichrer noch. 's ist besser, Frankreich nutzen als vertraun. Laßt uns durch Gott gedeckt sein und das Meer, Das Gott uns gab zu einem festen Walle, Und wehren wir mit ihrer Hülf' uns bloß; Sie und wir selbst sind unsre Sicherheit. Für diese Rede schon verdient Lord Hastings Zur Eh' die Erbin des Lord Hungerford. Nun gut, was soll's? Es war mein Will' und Wort, Und diesmal gilt mein Wille für Gesetz. Doch dünkt mich, Eure Hoheit tat nicht wohl, Die Tochter und die Erbin des Lord Scales Dem Bruder Eurer teuren Braut zu geben; Mir oder Clarence käm' sie besser zu: Doch Bruderlieb' ist in der Braut begraben. Sonst hättet Ihr die Erbin des Lord Bonville Nicht Eures neuen Weibes Sohn verliehn Und Eure Brüder sonst wo freien lassen. Ach, armer Clarence! Bist du mißvergnügt Nur um ein Weib? Ich will dich schon versorgen. Die Wahl für Euch verriet schon Euer Urteil; Und da es seicht ist, so erlaubt mir nur, Den Unterhändler für mich selbst zu spielen, Wozu ich nächstens denk' Euch zu verlassen. Geht oder bleibt, Eduard will König sein Und nicht gebunden an der Brüder Willen. Mylords, eh' Seine Majestät beliebte, Mich zu erhöhn zum Rang der Königin, Seid gegen mich so billig, zu bekennen, Daß ich von Abkunft nicht unedel war Und daß Gering're gleiches Glück gehabt. Doch wie der Rang mich und die Meinen ehrt, So wölket ihr, die ich gewinnen möchte, Mir abhold, mit Gefahr und Leid die Freude. Mein Herz, laß ab, den Mürrischen zu schmeicheln. Was für Gefahr und Leid kann dich betreffen, Solang' nur Eduard dein beständ'ger Freund Und ihr Monarch, dem sie gehorchen müssen? Ja, und gehorchen werden und dich lieben, Wenn sie nicht Haß von mir verdienen wollen. Und tun sie das, dich stell' ich sicher doch, Sie sollen meines Grimmes Rache fühlen. beiseit. Ich sage wenig, denke desto mehr. Ein Bote tritt auf. Nun, Bote, was für Brief' und Neuigkeiten Aus Frankreich? Mein König, keine Brief' und wenig Worte, Doch die ich ohn' Begnadigung von Euch Nicht melden darf. Gut, wir begnad 'gen dich; drum sage kürzlich, So gut du dich entsinnst, mir ihre Worte. Was gab der König unserm Brief zur Antwort? Dies waren seine Worte, da ich schied: »Geh, sage deinem eingebild'ten König, Dem falschen Eduard, daß ihm Ludewig Von Frankreich Masken will hinübersenden Zum Tanz mit ihm und seiner neuen Braut.« Ist er so brav? Er hält mich wohl für Heinrich. Doch was sagt Fräulein Bona zu der Heirat? Dies waren ihre sanft unwill'gen Worte: »Sag ihm, in Hoffnung seiner bald'gen Witwerschaft Trag' ich den Weidenkranz um seinetwillen.« Ich tadle drum sie nicht, sie konnte wohl Nicht wen'ger sagen: sie verlor dabei. Was aber sagte Heinrichs Eh'gemahl? Denn, wie ich hörte, war sie da zugegen. »Sag ihm«, sprach sie, »die Trau'r sei abgetan, Und kriegerische Rüstung leg' ich an.« Es scheint, sie will die Amazone spielen. Was aber sagte Warwick zu dem Hohn? Er, wider Eure Majestät entrüstet, Mehr als sie all', entließ mich mit den Worten: »Sag ihm von mir, er habe mich gekränkt, Drum woll' ich ihn entkrönen, eh' er's denkt.« Ha! Wagte der Verräter so zu freveln? Nun wohl, ich will mich rüsten, so gewarnt: Krieg soll'n sie haben und den Hochmut büßen. Doch sag, ist Warwick Freund mit Margareten? Ja, gnäd'ger Fürst; so innig ist die Freundschaft, Daß sich ihr Prinz vermählt mit Warwicks Tochter. Wohl mit der ältern, Clarence will die jüngste. Lebt wohl nun, Bruder König! Sitzt nur fest, Denn ich will fort zu Warwicks andrer Tochter, Damit ich, fehlt mir schon ein Königreich, In der Vermählung Euch nicht nachstehn möge. – Wer mich und Warwick liebt, der folge mir. Clarence ab, und Somerset folgt ihm nach. beiseit. Nicht ich, mein Sinn geht auf ein weitres Ziel: Ich bleibe, Eduard nicht, der Krone nur zu lieb. Clarence und Somerset, zum Warwick beide! Doch bin ich auf das Äußerste gewaffnet, Und Eil' ist nötig bei der großen Not. – Pembroke und Stafford, geht, bringt Mannschaft auf Zu unserm Dienst, macht Zurüstung zum Krieg: Sie sind gelandet oder werden's nächstens; Ich selbst will schleunig in Person euch folgen. Pembroke und Stafford ab. Doch eh' ich geh', Hastings und Montague, Löst meinen Zweifel. Ihr, vor allen andern, Seid Warwick nah durch Blut und Freundschaftsbund: Sagt, ob ihr Warwick lieber habt als mich? Wenn dem so ist, so scheidet hin zu ihm, Statt falscher Freunde wünsch' ich euch zu Feinden. Doch wenn ihr denkt, mir treue Pflicht zu halten, Verbürgt es mir mit freundlicher Verheißung, Daß ich nie Argwohn hege wider euch. Gott helfe Montague nach seiner Treu'! Und Hastings, wie er Eduards Sache führt! Nun, Bruder Richard, wollt Ihr bei uns stehn? Ja, trotz jedwedem, der Euch widersteht. Nun wohl, so bin ich meines Siegs gewiß. Drum laßt uns fort; und keine Müh' vergessen, Bis wir mit Warwicks fremder Macht uns messen. Alle ab. Zweite Szene Zweite Szene Eine Ebne in Warwickshire. Warwick und Oxford treten auf, mit französischen und andern Truppen. Glaubt mir, Mylord, bis jetzt geht alles gut; Das geringe Volk strömt uns in Haufen zu. Clarence und Somerset treten auf. Doch seht, da kommen Somerset und Clarence. – Sagt schleunig, Mylords: sind wir sämtlich Freunde? Sorgt darum nicht, Mylord! Willkommen dann dem Warwick, lieber Clarence! Willkommen, Somerset! Ich halt's für Feigheit, Argwöhnisch bleiben, wo ein edles Herz Die offne Hand als Liebespfand gereicht; Sonst könnt' ich denken, Clarence, Eduards Bruder, Sei ein verstellter Freund nur unsers Tuns: Doch sei willkommen; ich geb' dir meine Tochter. Was ist nun übrig, als im Schutz der Nacht, Da sorgenlos dein Bruder sich gelagert, Rings in den Städten seine Scharen liegen Und eine bloße Wach' ihn nur umgibt, Ihn überfallen und nach Wunsche fangen? Die Späher fanden leicht dies Unternehmen, Daß, wie Ulysses und Held Diomed Zu Rhesus' Zelten schlau und mannhaft schlichen, Und Thraziens verhängnisvolle Rosse Von dannen führten: so auch wir, gedeckt Vom Mantel schwarzer Nacht, ganz unversehens Die Wachen Eduards mögen niederhaun Und greifen ihn, – ich sage nicht, ihn töten, Denn ihn zu überfallen denk' ich nur. Ihr, die ihr zu dem Abenteu'r mir folgt, Mit eurem Führer jubelt Heinrichs Namen. Alle rufen: »Heinrich!« Nun denn, laßt schweigend unsern Weg uns ziehn: Gott und Sankt George für Warwick und die Seinen! Alle ab. Dritte Szene Dritte Szene Eduards Lager in der Nähe von Warwick. Schildwachen vor des Königs Zelt treten auf. Kommt, Leute, nehme jeder seinen Stand, Der König hat sich schon zum Schlaf gesetzt. Was? Will er nicht zu Bett? Nein, er hat einen hohen Schwur getan, Niemals zu liegen noch der Ruh' zu pflegen, Bis Warwick oder er ganz unterlegen. Vermutlich wird das morgen sein am Tag, Wenn Warwick schon so nah ist, wie es heißt. Doch bitte, sagt, wer ist der Edelmann, Der bei dem König hier im Zelte ruht? Lord Hastings ist's, des Königs größter Freund. O wirklich? Doch warum befiehlt der König, Daß all sein Anhang rings in Städten herbergt, Indes er selbst im kalten Felde bleibt? Es ist mehr Ehre, weil's gefährlicher. Ja, aber gebt mir Achtbarkeit und Ruh', Das lieb' ich mehr als Ehre mit Gefahr. Wenn Warwick wüßt', in welcher Lag' er ist. 's ist zu befürchten, daß er wohl ihn weckte. Wenn's unsre Hellebarden nicht ihm wehren. Ja, wozu sonst bewachen wir sein Zelt, Als ihn vor nächt'gem Anlauf zu beschützen? Warwick, Clarence, Oxford und Somerset treten auf mit Truppen. Dies ist sein Zelt, seht seine Wachen stehn. Auf, Leute! Mut! Nun oder nimmer Ehre! Folgt mir, und Eduard soll unser sein. Wer da? Steh, oder du bist des Todes. Warwick und alle übrigen rufen: »Warwick! Warwick!« und greifen die Wachen an, welche fliehen und schrein: »Zu den Waffen! Zu den Waffen!« während ihnen Warwick und die andern nachsetzen. Unter Trommeln und Trompeten kommen Warwick und die übrigen zurück und bringen den König im Schlafrock, in einem Lehnstuhl sitzend, heraus. Gloster und Hastings fliehn über die Bühne. Wer sind sie, die da flohn? Richard und Hastings; laßt sie, hier ist der Herzog. Herzog! Wie, Warwick? Da wir schieden, nanntest Du König mich. Ja, doch der Fall ist anders. Als Ihr bei der Gesandtschaft mich beschimpft, Da hab' ich Euch der Königswürd' entsetzt, Und nun ernenn' ich Euch zum Herzog York. Wie solltet Ihr ein Königreich regieren, Der Ihr nicht wißt, Gesandte zu behandeln, Nicht wißt, mit einem Weib Euch zu begnügen, Nicht wißt, an Brüdern brüderlich zu handeln, Nicht wißt, auf Eures Volkes Wohl zu sinnen, Nicht wißt, vor Euren Feinden Euch zu bergen? Ei, Bruder Clarence, bist du auch dabei? Dann seh' ich wohl, daß Eduard sinken muß. – Ja, Warwick, allem Mißgeschick zum Trotz, Dir selbst und allen Helfern deiner Tat, Wird Eduard stets als König sich betragen: Stürzt gleich des Glückes Bosheit meine Größe, Mein Sinn geht über seines Rades Kreis. nimmt ihm die Krone ab. Sei Eduard Englands König dann im Sinn, Doch Heinrich soll nun Englands Krone tragen Und wahrer König sein: du nur der Schatte. – Mylord von Somerset, auf mein Begehren Sorgt, daß man gleich den Herzog Eduard schaffe Zu meinem Bruder, Erzbischof von York. Wann ich gekämpft mit Pembroke und den Seinen, So folg' ich Euch und melde, was für Antwort Ihm Ludwig und das Fräulein Bona senden. Leb wohl indessen, guter Herzog York! Was Schicksal auflegt, muß der Mensch ertragen, Es hilft nicht, gegen Wind und Flut sich schlagen. König Eduard wird abgeführt, Somerset begleitet ihn. Was bleibt für uns, Mylords, nun noch zu tun, Als daß wir mit dem Heer nach London ziehn? Ja wohl, das müssen wir zuvörderst tun: Um König Heinrich vom Verhaft zu lösen Und auf den Königsthron ihn zu erhöhn. Alle ab. Vierte Szene Vierte Szene London. Ein Zimmer im Palast. Königin Elisabeth und Rivers treten auf. Was hat Euch, gnäd'ge Frau, so schnell verwandelt? Wie, Bruder Rivers? Müßt Ihr's erst erfahren, Welch Unglück König Eduard jüngst betroffen? Verlust von einem Treffen gegen Warwick? Nein, seiner fürstlichen Person Verlust. So ward mein Fürst erschlagen? Ja, fast erschlagen: denn er ward gefangen, Sei's, daß der Wachen Falschheit ihn verriet, Sei's, daß der Feind ihn jählings überfallen; Und, wie man ferner meldet, ist er nun Beim Erzbischof von York in Haft, dem Bruder Des grimmen Warwick, folglich unserm Feind. Ich muß gestehn, die Zeitung ist betrübt. Doch, gnäd'ge Fürstin, müßt Ihr nicht verzagen: Vom Warwick kann der Sieg zu uns sich schlagen. Bis dahin muß mein Leben Hoffnung tragen. Und der Verzweiflung wehr' ich gern aus Liebe Zu Eduards Sprößling unter meinem Herzen. Das ist's, was Leidenschaft mich zügeln lehrt Und milde tragen meines Unglücks Kreuz; Ja, darum zieh' ich manche Träne ein Und hemme Seufzer, die das Blut wegsaugen, Damit sie nicht ertränken und verderben Den Sprößling Eduards, Englands echten Erben. Doch, gnäd'ge Frau, wo kam denn Warwick hin? Man meldet mir, daß er nach London zieht, Nochmals die Kron' auf Heinrichs Haupt zu setzen. Das Weitre magst du selber raten nun: Die Freunde König Eduards müssen fallen. Doch der Gewalt des Wütrichs vorzubeugen (Denn dem trau' nie, der einmal Treue brach), Will ich von hier sogleich zur Freistatt hin, Von Eduards Recht den Erben mind'stens retten; Da bleib' ich sicher vor Gewalt und Trug. Komm also auf die Flucht, weil sie noch offen: Von Warwicks Hand ist nur der Tod zu hoffen. Beide ab. Fünfte Szene Fünfte Szene Ein Tiergarten in der Nähe der Burg Middleham in Yorkshire. Gloster, Hastings, Sir William Stanley und andre treten auf. Nun, Mylord Hastings und Sir William Stanley, Erstaunt nicht mehr, warum ich euch hieher In des Geheges tiefstes Dickicht zog. So steht's: Ihr wißt, mein Bruder, unser König, Ist als Gefangner bei dem Bischof hier, Der gut ihn hält und ihm viel Freiheit läßt, Und oft, von wenig Wache nur begleitet, Kommt er hieher, sich jagend zu ergötzen. Ich hab' ihm Nachricht insgeheim erteilt, Daß, wenn er diesen Weg um diese Stunde Mit der gewohnten Übung Vorwand nimmt, Er hier die Freunde finden soll, mit Pferden Und Mannschaft, vom Verhaft ihn zu befrein. König Eduard und ein Jäger treten auf. Hieher, mein Fürst; hier liegt das Wild versteckt. Nein, hieher, Mann: sieh da die Jäger stehn. – Nun, Bruder Gloster, Lord Hastings und ihr andern, Steckt ihr so hier, des Bischofs Wild zu stehlen? Bruder, die Zeit und Lage fodert Eil'; An des Geheges Ecke steht Eu'r Pferd. Doch wohin sollen wir? Nach Lynn, Mylord, von da nach Flandern schiffen. Fürwahr, getroffen! Das war meine Meinung. Stanley, ich will den Eifer dir vergelten. Was zögern wir? Zum Reden ist nicht Zeit. Was sagst du, Jäger? Willst du mit mir gehn? Besser als bleiben und mich hängen lassen. So kommt denn, fort! und macht kein Wesen weiter. Leb wohl denn, Bischof! Warwicks Zorn entrinne, Und bete, daß ich meinen Thron gewinne! Alle ab. Sechste Szene Sechste Szene Ein Zimmer im Turm. König Heinrich, Clarence, Warwick, Somerset, der junge Richmond, Oxford, Montague, der Kommandant des Turmes und Gefolge. Herr Kommandant, da Gott und Freunde nun Eduard vom königlichen Sitz gestoßen, In Freiheit mein Gefängnis, meine Furcht In Hoffnung und mein Leid in Lust verkehrt: Was sind wir bei der Loslassung dir schuldig? Der Untertan kann nichts vom Fürsten fodern; Doch, wenn demüt'ge Bitten etwas gelten, Wünsch' ich Verzeihung von Eu'r Majestät. Wofür? Daß du mich gut behandelt hast? Nein, sei gewiß, ich lohne deine Güte, Die den Verhaft mir umschuf in Vergnügen, Ja solch Vergnügen, wie im Käfig Vögel Empfinden, wenn nach langem Trübsinn sie Zuletzt bei häuslichen Gesanges Tönen An den Verlust der Freiheit sich gewöhnen. – Doch, Warwick, du nächst Gott hast mich befreit, Drum bin ich dir nächst Gott zum Dank bereit: Er war Urheber und das Werkzeug du. Auf daß ich nun des Glückes Neid besiege, Klein lebend, wo es mir nicht schaden kann, Und daß mein widerwärt'ger Stern das Volk In diesem Land des Segens nicht bestrafe, Warwick, wiewohl ich noch die Krone trage, So übergeb' ich dir mein Regiment: Du bist beglückt in allem deinem Tun. Eu'r Hoheit war für Tugend stets berühmt Und zeigt sich nun so weis' als tugendhaft, Des Schicksals Tücke spähend und vermeidend; Denn wen'ge richten sich nach ihrem Stern. In einem nur muß ich Euch Unrecht geben, Daß Ihr mich wählt, da Clarence steht daneben. Nein, Warwick, du bist würdig der Gewalt, Du, dem den Ölzweig und den Lorbeerkranz Bei der Geburt der Himmel zugesprochen. Du wirst im Krieg und Frieden Segen haben, Drum geb' ich willig meine Stimme dir. Und ich erwähle Clarence zum Protektor. Warwick und Clarence, gebt die Hand mir beide, Fügt sie in eins nun, und zugleich die Herzen, (Damit kein Zwiespalt die Verwaltung hemme:) Ich mach' euch beide zu des Reichs Protektorn. Ein stilles Leben führ' ich selbst indes, Verbring' in Andacht meiner Laufbahn Ende, Daß ich den Schöpfer preis' und Sünde wende. Was sagt auf seines Fürsten Willen Clarence? Daß er drein willigt, wenn es Warwick tut: Denn auf dein gutes Glück verlass' ich mich. So muß ich's, ungern zwar, zufrieden sein. Wir woll'n uns wie ein Doppelschatten fügen An Heinrichs Leib und seinen Platz vertreten; Ich meine bei der Last des Regiments: Er soll die Ehr' und seine Ruh' genießen. Und, Clarence, nun ist's mehr als dringend, gleich Für Hochverräter Eduard zu erklären Und alle seine Güter einzuziehn. Was sonst? Und dann das Erbrecht zu bestimmen. Ja, und dabei soll Clarence ja nicht fehlen. Doch vor den dringendsten Geschäften, laßt Euch bitten (ich befehle ja nicht mehr), Daß nach Margreta, Eurer Königin, Und meinem Eduard werde hingesandt, Aus Frankreich schleunig sie zurückzurufen: Denn bis ich hier sie seh', hält banger Zweifel Die Lust an meiner Freiheit halb verfinstert. Es soll, mein Fürst, in aller Eil' geschehn. Mylord von Somerset, wer ist der Knabe, Für den so zärtlich Ihr zu sorgen scheint? Mein Fürst, der junge Heinrich, Graf von Richmond. Komm, Englands Hoffnung! Wenn geheime Mächte legt ihm die Hand auf das Haupt In den prophet'schen Sinn mir Wahrheit flößen, So wird dies feine Kind des Landes Segen. Sein Blick ist voll von sanfter Majestät, Sein Haupt geformt von der Natur zur Krone, Die Hand zum Szepter, und er selbst in Zukunft Zur Zierde eines königlichen Throns. Ihn haltet hoch, Mylords: er ist geboren, Euch mehr zu helfen, als durch mich verloren. Ein Bote tritt auf. Was bringst du Neues, Freund? Daß Eduard Eurem Bruder ist entwischt Und nach Burgund geflohn, wie er vernommen. Mißfäll'ge Neuigkeit! Doch wie entkam er? Er ward entführt durch Richard, Herzog Gloster, Und den Lord Hastings, die im Hinterhalt Auf ihn gewartet an des Waldes Ende Und von des Bischofs Jägern ihn befreit, Denn täglich war die Jagd sein Zeitvertreib. Mein Bruder war zu sorglos bei dem Auftrag. Doch laßt uns fort, mein Fürst, nach Mitteln sehn Für jeden Schaden, welcher mag geschehn. König Heinrich, Warwick, Clarence, der Kommandant und Gefolge ab. Mylord, ich mag nicht diese Flucht des Eduard; Denn ohne Zweifel steht Burgund ihm bei, Und dann gibt's neuen Krieg in kurzer Zeit. Wie Heinrichs jüngst gesprochne Weissagung Mit Hoffnung mir auf diesen jungen Richmond Das Herz erquickt, so drückt es Ahnung nieder, Was ihm zu seinem Schaden und zu unserm In dem Zusammenstoß begegnen mag. Drum wollen wir, dem Schlimmsten vorzubeugen, Lord Oxford, schnell ihn nach Bretagne senden, Bis sich der Bürgerfeindschaft Stürme enden. Ja, denn kommt Eduard wieder auf den Thron, So teilte Richmond wohl der andern Lohn. Gut, in Bretagne wohn' er dann geborgen. Kommt also, laßt uns gleich das Wert besorgen! Ab. Siebente Szene Siebente Szene Vor York. König Eduard, Gloster und Hastings treten auf mit Truppen. Nun, Bruder Richard, Lord Hastings und ihr andern: So weit macht doch das Glück es wieder gut, Daß ich noch einmal den gesunknen Stand Mit Heinrichs Herrscherkrone soll vertauschen. Ich setzte zweimal glücklich übers Meer Und brachte von Burgund erwünschte Hülfe. Was ist nun übrig, da von Ravenspurg Wir vor den Toren Yorks so angelangt, Als einziehn, wie in unser Herzogtum? Das Tor verschlossen? Das gefällt mir nicht; Denn manchen, welcher an der Schwelle stolpert, Verwarnt dies, drinnen laure die Gefahr. Pah, Freund! Jetzt dürfen Zeichen uns nicht schrecken: Ich muß hinein im Guten oder Bösen, Denn hier versammeln sich zu uns die Freunde. Mein Fürst, noch einmal klopf' ich an und mahne. Der Schultheiß von York und seine Räte erscheinen auf der Mauer. Mylords, wir wußten schon von eurer Ankunft, Und uns zu sichern, schlossen wir das Tor; Denn jetzo sind wir Heinrich Treue schuldig. Wenn Heinrich Euer König ist, Herr Schultheiß, Ist Eduard mind'stens Herzog doch von York. Ja, bester Herr, dafür erkenn' ich Euch. Nun, und ich fodre bloß mein Herzogtum. beiseit. Doch hat der Fuchs die Nase erst hinein, So weiß er bald den Leib auch nachzubringen. Herr Schultheiß, nun? Was steht Ihr zweifelnd noch? Das Tor auf! Wir sind König Heinrichs Freunde. Ah, so? Das Tor soll euch geöffnet werden. Von oben ab. Ein weiser, tücht'ger Hauptmann, und bald beredet! Der gute Alte läßt gern alles gut sein, Bleibt er nur aus dem Spiel; doch sind wir drinnen, So zweifl' ich nicht, wir werden baldigst ihn Samt seinen Räten zur Vernunft bereden. Der Schultheiß kommt mit zwei Aldermännern aus der Stadt. Herr Schultheiß, dieses Tor ist nicht zu schließen Als bei der Nacht und in der Zeit des Kriegs. Freund, fürchte nichts und gib die Schlüssel ab: Er nimmt die Schlüssel. Denn Eduard will die Stadt und dich verfechten Und alle die, so hold sind unsern Rechten. Trommeln. Montgomery kommt mit Truppen auf dem Marsch begriffen. Bruder, das ist Sir John Montgomery, Wo ich nicht irre, unser biedrer Freund. Sir John, willkommen! Doch warum in Waffen? In seiner stürm'schen Zeit dem König Eduard Zu helfen, wie ein treuer Untertan. Dank, teuerster Montgomery! Aber nun Vergessen wir den Anspruch an die Krone Und fodern unser Herzogtum allein, Bis Gott beliebt, das andre auch zu senden. Gehabt Euch wohl denn! Ich will wieder fort: Dem König, keinem Herzog wollt' ich dienen. Trommeln gerührt! und laßt uns weiter ziehn. Die Trommeln fangen einen Marsch an. Ein Weilchen haltet noch; laßt uns erwägen, Wie man zur Krone sicher kommen möchte. Was sprecht Ihr von Erwägen? Kurz und gut, Erklärt Ihr Euch nicht hier für unsern König, So überlass' ich Eurem Schicksal Euch Und breche auf, um die zurückzuhalten, Die Euch zu helfen kommen; denn warum, Wenn Ihr kein Recht behauptet, föchten wir? Wozu doch, Bruder, die Bedenklichkeiten? Wenn wir erst stärker sind, dann wollen wir An unsre Fodrung denken; bis dahin Ist's Weisheit, unsre Meinung zu verbergen. Jetzt fort mit scheuem Witz! Das Schwert regiere! Und kühner Mut erklimmt am ersten Thronen. Bruder, wir rufen auf der Stell' Euch aus; Der Ruf davon wird viele Freund' Euch schaffen. So sei es, wie ihr wollt: denn 's ist mein Recht, Und Heinrich maßt das Diadem sich an. Ja, jetzo spricht mein Fürst ganz wie er selbst, Und jetzo will ich Eduards Kämpfer sein. Trompeten, blast! Wir rufen Eduard aus. Komm, Kamerad, verrichte du den Ausruf. Gibt ihm einen Zettel. Trompetenstoß. liest. »Eduard der Vierte, von Gottes Gnaden König von England und Frankreich und Herr von Irland, u.s.w.« Und wer da leugnet König Eduards Recht, Den fodr' ich durch dies Zeichen zum Gefecht. Wirft seinen Handschuh nieder. Lang' lebe Eduard der Vierte! Dank, tapferer Montgomery! Dank euch allen! Hilft mir das Glück, so lohn' ich eure Güte. Jetzt, auf die Nacht, laßt hier in York uns rasten, Und wenn die Morgensonne ihren Wagen Am Rande dieses Horizonts erhebt, Auf Warwick los und seine Mitgenossen, Denn, wie bekannt, ist Heinrich kein Soldat. Ach, störr'ger Clarence! Wie übel es dir steht, Daß du vom Bruder läßt und Heinrich schmeichelst! Doch dich und Warwick treff' ich, wie ich kann. Auf, tapfre Scharen! Zweifelt nicht am Siege Und nach dem Sieg am reichen Lohn der Kriege! Alle ab. Achte Szene Achte Szene London. Ein Zimmer im Palast. König Heinrich, Warwick, Clarence, Montague, Exeter und Oxford treten auf. Lords, was zu tun? Aus Belgien hat Eduard Mit hast'gen Deutschen, plumpen Niederländern In Sicherheit den schmalen Sund durchschifft Und zieht mit Heeresmacht auf London zu, Und viel betörtes Volk schart sich zu ihm. Man werbe Mannschaft, ihn zurückzuschlagen. Leicht wird ein kleines Feuer ausgetreten, Das, erst geduldet, Flüsse nicht mehr löschen. In Warwickshire hab' ich ergebne Freunde, Im Frieden ruhig, aber kühn im Krieg, Die ich versammeln will; und du, Sohn Clarence, Bemühst dich in Suffolk, Norfolk und in Kent, Die Edelleut' und Ritter aufzubieten; Du, Bruder Montague, wirst Leute finden In Buckingham, Northampton, Leicestershire, Was du befiehlst, zu hören wohl geneigt; Du, tapfrer Oxford, wunderbar beliebt, Sollst deine Freund' in Oxfordshire versammeln. Mein Fürst soll in der treuen Bürger Mitte, Wie dieses Eiland, von der See umgürtet, Wie in der Nymphen Kreis die keusche Göttin, In London bleiben, bis wir zu ihm kommen. Nehmt Abschied, Lords, erwidert weiter nicht. – Lebt wohl, mein Fürst! Leb wohl, mein Hektor! Meines Troja Hoffnung! Zum Pfand der Treu' küss' ich Eu'r Hoheit Hand. Mein wohlgesinnter Clarence, sei beglückt! Getrost, mein Fürst! Und somit nehm' ich Abschied. indem er Heinrichs Hand küßt. Und so versiegl' ich meine Treu' und scheide. Geliebter Oxford, bester Montague Und all' ihr andern, nochmals lebet wohl! Auf, Lords! Wir treffen uns zu Coventry. Warwick, Clarence, Oxford und Montague ab. Hier im Palast will ich ein wenig ruhn. Vetter von Exeter, was denket Ihr? Mich dünkt, das Heer, das Eduard aufgebracht, Muß meinem nicht die Spitze bieten können. Ja, wenn er nur die andern nicht verführt. Das fürcht' ich nicht, mir schaffte Ruhm mein Tun. Ich stopfte ihren Bitten nicht mein Ohr, Schob die Gesuche nicht bei Seit' mit Zögern; Mein Mitleid war ein Balsam ihren Wunden, Des vollen Jammers Lind'rung meine Milde, Mit Gnade trocknet' ich die Tränenströme. Ich habe ihren Reichtum nicht begehrt Noch sie mit großen Steuern schwer geschatzt, Nicht schnell zur Rache, wie sie auch geirrt. Warum denn sollten sie mir Eduard vorziehn? Nein, Exeter, Gunst heischet diese Gunst, Und wenn dem Lamm der Löwe liebekost, So hört das Lamm nie auf, ihm nachzugehn. Draußen Geschrei: »Lancaster hoch!« Hört, hört, mein Fürst! Welch ein Geschrei ist das? König Eduard, Gloster und Soldaten treten auf. Ergreift den blöden Heinrich, führt ihn fort Und ruft mich wieder aus zum König Englands! – Ihr seid der Quell, der kleine Bäche nährt; Ich hemm' ihn, meine See soll auf sie saugen Und durch ihr Ebben um so höher schwellen. – Fort mit ihm in den Turm, laßt ihn nicht reden! Einige ab mit König Heinrich. Und, Lords, wir wenden uns nach Coventry, Wo der gebieterische Warwick steht. Jetzt scheint die Sonne heiß: wenn wir vertagen, Wird Frost uns die gehoffte Ernte nagen. Bei Zeiten fort, eh' sich sein Heer vereint, Fangt unversehns den großgewachsnen Frevler. Auf, wackre Krieger! Frisch nach Coventry! Alle ab. Fünfter Aufzug Erste Szene Erste Szene Coventry. Auf der Mauer erscheinen Warwick, der Schultheiß von Coventry, zwei Boten und andre. Wo ist der Bote von dem tapfern Oxford? Wie weit ist noch dein Herr, mein guter Freund? Bei Dunsmore eben, auf dem Marsch hieher. Wie weit ist unser Bruder Montague? Wo ist der Bote, der von ihm uns kam? Bei Daintry eben, mit gewalt'ger Schar. Sir John Somerville tritt auf. Sag, Somerville, was sagt mein lieber Sohn? Wie nah vermutest du den Clarence jetzt? Zu Southam ließ ich ihn mit seinen Truppen, Und hier erwart' ich in zwei Stunden ihn. Man hört Trommeln. So ist er nah, ich höre seine Trommeln. Nicht seine, gnäd'ger Herr; Southam liegt hier, Von Warwick ziehn die Trommeln, die Ihr hört. Wer möcht' es sein? Wohl unverhoffte Freunde. Sie sind ganz nah, Ihr werdet's bald erfahren. Trommeln. König Eduard und Gloster nebst Truppen auf dem Marsch. Trompeter, lade sie zur Unterhandlung! Seht auf der Mau'r den finstern Warwick hausen! Verhaßter Streich! Der üpp'ge Eduard hier? Wo schliefen unsre Späher, wer bestach sie, Daß wir von seiner Ankunft nichts gehört? Nun, Warwick, tust du uns das Stadttor auf, Gibst gute Worte, beugst dein Knie in Demut, Nennst Eduard König, flehst um Gnad' ihn an, So wird er diese Frevel dir verzeihn. Vielmehr, willst du hier wegziehn deine Scharen, Bekennen, wer dich hob und niederstürzte, Den Warwick Gönner nennen und bereun, So sollst du ferner Herzog sein von York. Ich glaubt', er würde mind'stens König sagen; Wie, oder spaßt' er wider seinen Willen? Ist nicht ein Herzogtum ein schön Geschenk? Ja wahrlich, wenn's ein armer Graf vergibt. Ich will dir ein so gut Geschenk vergelten. Ich war's ja, der das Königreich ihm gab. Nun, so ist's mein, wenn auch durch Warwicks Gabe. Du bist kein Atlas für so große Last, Dem Schwächling nimmt die Gabe Warwick wieder, Und Heinrich ist mein Herr, Warwick sein Untertan. Doch Warwicks Herr ist Eduards Gefangner, Und, tapfrer Warwick, sage mir nur dies: Was ist der Körper, wenn das Haupt ihm fehlt? Ach, daß doch Warwick nicht mehr Vorsicht hatte, Daß, da er bloß die Zehne wollt' entwenden, Der König schlau gefischt ward aus den Karten. Ihr ließt den Armen im Palast des Bischofs: Zehn gegen eins, Ihr trefft ihn nun im Turm. So ist es auch, doch bleibt Ihr Warwick stets. Komm, Warwick! Nimm die Zeit wahr! Kniee nieder! Wann wird's? Jetzt schmiede, weil das Eisen glüht! Ich wollte lieber abhaun diese Hand Und mit der andern ins Gesicht dir schleudern, Als daß ich dir die Segel streichen sollte. Ja, segle, wie du kannst, mit Wind und Flut! Die Hand hier, um dein kohlschwarz Haar gewunden, Soll, weil dein abgehauner Kopf noch warm, Mit deinem Blut dies schreiben in den Staub: »Der wetterwend'sche Warwick wechselt nun nicht mehr.« Oxford kommt mit klingendem Spiel und fliegenden Fahnen. O freudenreiche Fahnen! Oxford kommt. Oxford, Oxford, für Lancaster! Zieht mit seinen Truppen in die Stadt. Das Tor steht offen, laßt uns auch hinein! Ein andrer Feind könnt' uns in Rücken fallen. Nein, stehn wir wohl gereiht; denn sicher brechen Sie bald heraus und bieten uns die Schlacht. Wo nicht, da sich die Stadt nicht halten kann, Sind die Verräter drin bald aufzuscheuchen. Willkommen, Oxford! Wir bedürfen dein. Montague kommt mit klingendem Spiel und fliegenden Fahnen. Montague, Montague, für Lancaster! Zieht mit seinen Truppen in die Stadt. Du und dein Bruder sollen den Verrat Mit eurer Leiber bestem Blut bezahlen. Je stärkrer Gegenpart, je größrer Sieg; Glück und Gewinn weissagt mir mein Gemüt. Somerset kommt mit klingendem Spiel und fliegenden Fahnen. Somerset, Somerset, für Lancaster! Zieht mit seinen Truppen in die Stadt. Zwei Herzöge von Somerset wie du Verkauften an das Haus von York ihr Leben: Du sollst der dritte sein, hält nur dies Schwert. Clarence kommt mit klingendem Spiel und fliegenden Fahnen. Seht da, wie George von Clarence zieht einher Mit Macht genug, dem Bruder Schlacht zu bieten; Ihm gilt ein biedrer Eifer für das Recht Mehr als Natur und brüderliche Liebe. – Komm, Clarence, komm! Du wirst's, wenn Warwick ruft. Weißt du, was dies bedeutet, Vater Warwick? Nimmt die rote Rose von seinem Hut. Sieh hier, ich werfe meine Schmach dir zu! Nicht stürzen will ich meines Vaters Haus, Des eignes Blut die Steine festgekittet, Und Lancaster erhöhn. Wie? Meinst du, Warwick, Clarence sei so verhärtet, unnatürlich, Das tödliche Gerät des Kriegs zu wenden Auf seinen Bruder und rechtmäß'gen König? Du rückst vielleicht den heil'gen Eid mir vor? Ruchloser wär' ich, hielt' ich diesen Eid, Als Jephta, seine Tochter hinzuopfern. So nah geht meine Übertretung mir, Daß, um mit meinem Bruder gut zu stehn, Ich hier für deinen Todfeind mich erkläre, Mit dem Entschluß, wo ich dich treffen mag (Und treffen werd' ich dich, wenn du dich rührst), Für dein so frech Mißleiten dich zu plagen. Und so, hochmüt'ger Warwick, trotz' ich dir Und wend' errötend mich dem Bruder zu. – Verzeih' mir, Eduard, ich will's besser machen; Und, Richard, zürne meinen Fehlern nicht: Ich will hinfort nicht unbeständig sein. Willkommen nun, und zehnmal mehr geliebt, Als hätt'st du niemals unsern Haß verdient. Willkommen, Clarence! Das ist brüderlich. O Erzverräter, falsch und ungerecht! Nun, Warwick, willst du aus der Stadt und fechten? Sonst fliegen bald die Stein' um deinen Kopf. Ach, bin ich doch nicht eingesperrt zur Wehr. Ich will nach Barnet unverzüglich fort Und, Eduard, wo du darfst, die Schlacht dir bieten. Ja, Warwick, Eduard darf und zieht voran. Lords, in das Feld hinaus! Sankt George und Sieg! Ein Marsch. Alle ab. Zweite Szene Zweite Szene Ein Schlachtfeld bei Barnet. Getümmel und Angriffe, König Eduard bringt den verwundeten Warwick. So, lieg' du da; stirb du und unsre Furcht, Denn Warwick war uns allen eine Scheuche. Nun, Montague, sitz' fest! Dich such' ich auf Und bringe dein Gebein ihm in den Kauf. Ab. Ach, wer ist nah? Freund oder Feind, er komme Und sage, wer gesiegt: York oder Warwick? Weswegen frag' ich? Mein zerstückter Leib, Mein Blut, mein krankes Herz, die Ohnmacht zeigt, Daß ich den Leib der Erde lassen muß Und meinem Feind den Sieg durch meinen Fall. So weicht der Axt die Zeder, deren Arme Dem königlichen Adler Schutz verliehn, In deren Schatten schlafend lag der Leu, Die mit dem Wipfel Jovis breiten Baum Weit überschauet hat und niedre Stauden Vor dem gewalt'gen Wintersturm gedeckt. Die Augen, jetzt vom Todesschlei'r umdüstert, Sind hell gewesen wie die Mittagssonne, Den heimlichen Verrat der Welt zu spähn. Die Falten meiner Stirn, jetzt voller Blut, Sind Königsgrüften oft verglichen worden: Denn weiches Königs Grab konnt' ich nicht graben? Wer lächelte, wenn Warwick finster sah? Nun ist mein Glanz befleckt mit Staub und Blut. Die Lustgeheg' und Güter, die ich hatte, Verlassen mich; von allen Länderei'n Bleibt nichts mir übrig als des Leibes Länge. Was ist Pomp, Hoheit, Macht, als Erd' und Staub? Lebt, wie ihr könnt, ihr seid des Todes Raub. Oxford und Somerset treten auf. Ach, Warwick, Warwick! Wärst du, wie wir sind, Wir könnten ganz noch den Verlust ersetzen. Die Königin hat eine große Macht Aus Frankreich mitgebracht, die Zeitung hörten Wir eben jetzt: ach, könntest du nur fliehn! Dann wollt' ich doch nicht fliehn. – Ach, Montague, Nimm meine Hand, bist du da, lieber Bruder, Halt' meine Seele auf mit deinen Lippen! Du liebst mich nicht, sonst wüschen deine Tränen Dies kalte, starre Blut weg, das die Lippen Mir so verklebt und mich nicht reden läßt. Komm schleunig, Montague, sonst bin ich tot. Ach, Warwick! Montague ist hingeschieden, Und Warwick rief er bis zum letzten Hauch Und sagt': »Empfiehl mich meinem tapfern Bruder!« Mehr wollt' er sagen, und er sprach auch mehr, Das scholl wie in Gewölben ein Geschütz, Es war nicht zu vernehmen; doch zuletzt Hört' ich mit Stöhnen deutlich ausgesprochen: »Oh, leb wohl, Warwick!« Ruh' seiner Seele! – Flieht und rettet euch, Denn Warwick sagt euch Lebewohl bis auf den Himmel. Stirbt. Fort! Fort! dem Heer der Königin entgegen! Alle ab mit Warwicks Leiche. Dritte Szene Dritte Szene Ein andrer Teil des Schlachtfeldes. Trompetenstoß. König Eduard kommt triumphierend mit Clarence, Gloster und den übrigen. So weit hält aufwärts unser Glück den Lauf, Und mit des Sieges Kranz sind wir geziert. Doch mitten in dem Glanze dieses Tags Erspäh' ich eine schwarze, droh'nde Wolke, Die unsrer lichten Sonne wird begegnen, Eh' sie ihr ruhig Bett im West erreicht. Ich meine Lords, das Heer der Königin, In Gallien angeworben, hat gelandet Und zieht, so hören wir, zum Kampf heran. Ein Lüftchen wird die Wolke bald zerstreun Und zu dem Quell sie wehn, woher sie kam: Schon deine Strahlen trocknen diese Dünste; Nicht jede Wolk' erzeugt ein Ungewitter. Man schätzt die Königin auf dreißigtausend, Und Somerset und Oxford flohn zu ihr. Glaubt, wenn man sie zu Atem kommen läßt, So wird ihr Anhang ganz so stark wie unsrer. Wir sind berichtet von getreuen Freunden, Daß sie den Lauf nach Tewksbury gewandt. Da wir bei Barnet jetzt das Feld behauptet, Laßt gleich uns hin, denn Lust verkürzt den Weg, Und unterwegs wird unsre Macht sich mehren In jeder Grafschaft, wie wir weiter ziehn. So rührt die Trommel, ruft: wohlauf! und fort! Alle ab. Vierte Szene Vierte Szene Ebne bei Tewksbury. Ein Marsch. Königin Margareta, Prinz Eduard, Somerset, Oxford und Soldaten. Ihr Lords, kein Weiser jammert um Verlust, Er sucht mit freud'gem Mut ihn zu ersetzen. Ist schon der Mast nun über Bord gestürzt, Das Tau gerissen, eingebüßt der Anker, Die halbe Mannschaft in der Flut verschlungen, Doch lebt noch der Pilot; wär's recht, daß er Das Steu'r verließe, wie ein banger Knabe Die See vermehrte mit betränten Augen Und das verstärkte, was zu stark schon ist, Indes das Schiff bei seinem Jammern scheitert, Das Fleiß und Mut noch hätte retten mögen? Ach, welche Schande, welch Vergeh'n wär' das! War Warwick unser Anker auch: was tut's? Und Montague der große Mast: was schadet's? Erschlagne Freunde unser Tauwerk: nun? Sagt, ist nicht Oxford hier ein andrer Anker? Und Somerset ein andrer wackrer Mast? Die Freund' aus Frankreich Tau- und Segelwerk? Und warum dürften Eduard und ich, Zwar ungeübt, für diesmal nicht das Amt Des wohlgeübten Steuermanns versehn? Wir wollen nicht vom Ruder weg und weinen, Wir lenken (sagt der Wind schon nein) die Fahrt Von Sand und Klippen weg, die Schiffbruch drohn. Die Wellen schelten, hilft so viel als loben, Und was ist Eduard als ein wütend Meer? Was Clarence, als ein Triebsand des Betrugs? Und Richard, als ein tödlich schroffer Fels? Sie alle unsers armen Fahrzeugs Feinde. Setzt, ihr könnt schwimmen: ach, das währt nicht lange; Den Sand betretet: schleunig sinkt ihr da; Den Fels erklimmt: die Flut spült euch hinweg, Sonst sterbt ihr Hungers, das ist dreifach Tod. Dies sag' ich, Lords, um euch zu überzeugen, Wenn euer einer fliehen wollte, sei Mehr Gnade nicht zu hoffen von den Brüdern Als von ergrimmten Wellen, Bänken, Klippen. Getrost denn! Das bejammern oder fürchten, Was unvermeidlich ist, wär' kind'sche Schwäche. Mich dünkt, ein Weib von solchem tapfern Geist, Wenn ein Verzagter so sie reden hörte, Müßt' ihm die Brust mit Heldenmut erfüllen, Daß nackt er einen Mann in Waffen schlüge. Dies sag' ich nicht, als zweifelt' ich an wem, Denn hätt' ich jemand in Verdacht der Furcht, So wär' ihm zeitig wegzugehn vergönnt, Daß er in unsrer Not nicht einen andern Anstecke und ihm gleichen Mut einflöße. Wenn hier ein solcher ist, was Gott verhüte! So zieh' er fort, bevor wir sein bedürfen. Weiber und Kinder von so hohem Mut Und Krieger zaghaft, – ew'ge Schande wär's! O wackrer Prinz! Dein rühmlicher Großvater Lebt wieder auf in dir; lang' mögst du leben, Sein Bild erhalten, seinen Glanz erneu'n. Und wer für solche Hoffnung nicht will fechten, Geh heim ins Bett, so wie bei Tag die Eule, Beim Aufstehn dann verhöhnt und angestaunt! Dank, lieber Somerset und werter Oxford! Nehmt dessen Dank, der noch nichts weiter hat. Ein Bote tritt auf. Bereitet euch, ihr Lords, denn Eduard naht Zum Schlagen fertig: also seid entschlossen. Das dacht' ich wohl: 's ist seine Politik, Zu eilen, um uns außerstand zu finden. Allein er irrt sich, denn wir sind bereit. So eifrig euch zu sehn, erfrischt mein Herz. Reih'n wir uns hier zur Schlacht und weichen nicht! Ein Marsch. In der Entfernung erscheinen König Eduard, Clarence und Gloster mit ihren Truppen. Dort, Kriegsgefährten, steht der dorn'ge Wald, Der, mit des Himmels Hülf' und eurer Kraft, Vor nachts gefällt muß an der Wurzel sein. Mehr Zunder braucht's für euer Feuer nicht, Ich weiß, ihr lodert auf, sie zu verbrennen. Gebt das Signal zur Schlacht, und frisch ans Werk! Lords, Ritter, Edle! Was ich sagen sollte, Versagen Tränen; denn bei jedem Wort, Seht ihr, trink' ich das Wasser meiner Augen. Drum dies nur: Heinrich, euer König, ist Des Feinds Gefangner und sein Thron besetzt, Sein Reich ein Schlachthaus, seine Bürger Opfer, Sein Schatz vergeudet, sein Gebot vernichtet; Dort ist des Wolf, der die Verheerung macht. Ihr kämpft fürs Recht: drum, Lords, in Gottes Namen, Seid tapfer, gebt das Zeichen zum Gefecht! Alle ab. Fünfte Szene Fünfte Szene Getümmel, Angriffe, dann ein Rückzug. Hierauf kommen König Eduard, Clarence, Gloster, von Truppen begleitet, mit Königin Margareta, Oxford und Somerset als Gefangenen. So hat nun der Empörer-Zwist ein Ende. Mit Oxford gleich zur Burg von Hammes fort, Dem Somerset den schuld'gen Kopf herunter! Geht, schafft sie fort, ich will die zwei nicht hören. Ich will mit Worten nicht dir lästig fallen. Noch ich, mein Los ertrag' ich in Geduld. Oxford und Somerset werden mit Wache abgeführt. Wir scheiden traurig hier im Jammertal, In Lust vereint das Paradies uns wieder. Ist ausgerufen, dem, der Eduard findet, Sei großer Lohn geschenkt, und ihm sein Leben? Man tat's, und seht, da kommt der junge Eduard. Soldaten kommen mit Prinz Eduard. Führt mir den Braven vor, laßt uns ihn hören! – Ei, fängt ein Dorn so jung zu stechen an? Eduard, wie kannst du mir dafür genugtun, Daß du mein Volk empört hast, Krieg geführt, Und all das Unheil, das du mir gestiftet? Sprich wie ein Untertan, ehrsücht'ger York! Nimm an, mein Vater rede jetzt aus mir. Entsag' dem Thron und knie' du, wo ich stehe, Weil ich an dich dieselben Worte richte, Worauf du, Frevler, Antwort willst von mir. Ach, wär' dein Vater doch so fest gewesen! So hättet Ihr den Weiberrock behalten Und Lancastern die Hosen nicht gestohlen. Äsop mag wohl in Winternächten fabeln, Hier passen seine groben Rätsel nicht. Beim Himmel, Brut, dafür will ich dich plagen. Du bist geboren zu der Menschen Plage. Schafft doch das lose Maul von Weibe weg! Nein, lieber stopft dem Bucklichten das Maul! Still, trotzig Kind! Sonst will ich stumm dich machen. Du bist zu vorlaut, unerzogner Knabe. Ich kenne meine Pflicht, ihr brecht sie alle. Wollüst'ger Eduard und meineid'ger George Und mißgeschaffner Richard! Alle wißt, Verräter, wie ihr seid, ich bin eu'r Obrer. Du maßest meines Vaters Recht und meins dir an. durchsticht ihn. Nimm dies, du Abbild jener Schmäherin! durchsticht ihn. Zuckst du? Nimm dies, um deine Qual zu enden! durchsticht ihn. Dies hier, weil du mit Meineid mich gezwackt. Oh, tötet mich mit ihm! im Begriff sie umzubringen. Fürwahr, das wollen wir. Halt, Richard, halt! Wir taten schon zu viel. Warum soll sie die Welt mit Worten füllen? Sie fällt in Ohnmacht? Bringt sie wieder zu sich. Clarence, entschuld'ge mich bei meinem Bruder. In London gibt's ein dringendes Geschäft: Eh' Ihr dahin kommt, sollt Ihr Neues hören. Was? Was? Der Turm! Der Turm! Ab. Mein Eduard! Sprich mit deiner Mutter, Kind! Kannst du nicht sprechen? – O Verräter! Mörder! Kein Blut vergossen die, so Cäsarn fällten, Verbrachen nichts, verdienten keinen Schimpf, Wär' diese Untat zum Vergleich daneben. Er war ein Mann, dies gegen ihn ein Kind: Kein Mann läßt seine Wut an Kindern aus. Gibt's Ärgres noch als Mörder, daß ich's nenne? Nein, nein! Mein Herz wird bersten, wenn ich rede, Und reden will ich, daß das Herz mir berste. Schlächter und Buben! Blut'ge Kannibalen! Welch süße Pflanze mähtet ihr zu früh! Nein, ihr habt keine Kinder, der Gedanke An sie hätt' eu'r Gewissen sonst gerührt: Doch wird euch je ein Kind zu teil, erwartet, Daß man es so in seiner Blüte wegrafft, Wie diesen holden Prinz ihr Henker jetzt. Fort mit ihr! Geht, bringt mit Gewalt sie weg! Nein, bringt nicht weg mich, gebt mir hier den Rest! Hier birg dein Schwert, mein Tod sei dir verziehn. Du willst nicht? Wie? – Dann, Clarence, tu es du! Bei Gott, ich will dir nicht so Liebes tun. Nun, bester Clarence! lieber Clarence, tu's doch! So hast du nicht gehört, wie ich's verschwur? Ja wohl, doch pflegst du deinen Schwur zu brechen: Sonst war es Sünde, jetzt Barmherzigkeit. Wie, willst du nicht? Wo ist der Höllenschlächter, Der finstre Richard? Richard, sag, wo bist du? Du bist nicht da; Mord ist Almosen dir, Du weisest kein Gesuch um Blut zurück. Fort, sag' ich! Ich befehl' euch, bringt sie weg! Euch und den Euren geh's wie diesem Prinzen! Sie wird abgeführt. Wo ist nur Richard hin? Nach London, ganz in Eil', und wie ich rate, Ein blutig Abendmahl im Turm zu halten. Er säumt nicht, wenn was durch den Kopf ihm fährt. Nun ziehn wir fort, entlassen die Gemeinen Mit Sold und Dank, und laßt uns hin nach London Und sehn, was unsre teure Gattin macht. Sie hat schon, hoff' ich, einen Sohn für mich. Alle ab. Sechste Szene Sechste Szene London. Ein Zimmer im Turm. Man sieht König Heinrich mit einem Buch in der Hand sitzen, der Kommandant des Turmes steht neben ihm. Zu ihnen Gloster. Guten Tag, Herr! Wie? So eifrig bei dem Buch? Ja, guter Mylord; – Mylord, sollt' ich sagen: Schmeicheln ist Sünde, »gut« war nicht viel besser, Denn »guter Gloster« wär' wie »guter Teufel« Und gleich verkehrt; also nicht »guter Mylord«. Laßt uns allein, wir müssen uns besprechen. Der Kommandant ab. So flieht der Schäfer achtlos vor dem Wolf, So gibt das fromme Schaf die Wolle erst, Dann seine Gurgel an des Schlächters Messer. Will Roscius neue Todesszenen spielen? Verdacht wohnt stets im schuldigen Gemüt; Der Dieb scheut jeden Busch als einen Häscher. Der Vogel, den die Rut' im Busche fing, Mißtraut mit bangem Flügel jedem Busch, Und ich, das arme Männchen in dem Nest, Worin ein süßer Vogel ward gebrütet, Hab' itzt den grausen Gegenstand vor mir, Der meines Jungen Fang und Tod bewirkt. Ei, welch ein Geck war der von Kreta nicht, Der keck den Sohn als Vogel fliegen lehrte, Da trotz den Flügeln doch der Geck ertrank. Ich, Dädalus; mein Knabe, Ikarus; Dein Vater, Minos, der den Lauf uns hemmte; Die Sonne, die des Knaben Schwingen senkte, Dein Bruder Eduard; und du selbst die See, Die in den neid'schen Tiefen ihn verschlang. Ach, töte mit dem Schwert mich, nicht mit Worten! Den Dolchstoß duldet eher meine Brust, Als wie mein Ohr die tragische Geschichte. – Doch warum kommst du? meines Lebens wegen? Denkst du, ich sei ein Henker? Ja, ein Verfolger bist du, wie ich weiß; Ist Unschuld morden eines Henkers Tat, So bist du ja ein Henker. Deinen Sohn Hab' ich für seinen Hochmut umgebracht. Oh, hätte man dich umgebracht, als du Zuerst dich überhobst, so wärst du nicht Am Leben, meinen Sohn mir umzubringen. Und also prophezei' ich, daß viel Tausend, Die nicht ein Teilchen meiner Furcht noch ahnden, Und manches Greisen, mancher Witwe Seufzer Und mancher Waise überschwemmtes Auge (Die Greis' um Söhne, Frau'n um ihre Gatten, Die Waisen um der Eltern frühen Tod) Die Stunde noch, die dich gebar, bejammern. Die Eule schrie dabei, ein übles Zeichen; Die Krähe krächzte, Unglückszeit verkündend; Der Sturm riß Bäume nieder, Hunde heulten, Der Rabe kauzte sich auf Feueressen, Und Elstern schwatzten in mißhell'gen Weisen. Mehr als der Mutter Wehen fühlte deine, Und keiner Mutter Hoffnung kam ans Licht: Ein roher, mißgeformter Klumpe nur, Nicht gleich der Frucht von solchem wackern Baum. Du hattest Zähn' im Kopf bei der Geburt, Zum Zeichen, daß du kämst, die Welt zu beißen, Und ist das andre wahr, was ich gehört, Kamst du – Nichts weiter! Stirb, Prophet, in deiner Rede! Durchsticht ihn. Dazu ward unter anderm ich berufen. Ja, und zu vielem Metzeln noch. – O Gott, Vergib mir meine Sünden, ihm verzeih'! Stirbt. Wie? Sinkt der Lancaster hochstrebend Blut Doch in den Grund? Ich dacht', es würde steigen. Seht, wie mein Schwert weint um des Königs Tod! Oh, stets vergieße solche Purpurtränen, Wer irgend unsers Hauses Umsturz wünscht! Wenn noch ein Funken Leben übrig ist, Hinab zur Höll'! und sag, ich sandte dich, durchsticht ihn noch einmal Ich, der nichts weiß von Mitleid, Lieb' und Furcht. – Ja, es ist wahr, wovon mir Heinrich sprach, Denn öfters hört' ich meine Mutter sagen, Daß ich zur Welt, die Beine vorwärts, kam. Was meint ihr, hatt' ich keinen Grund zur Eil', Die unser Recht sich angemaßt, zu stürzen? Die Wehemutter staunt', es schrien die Weiber. »Hilf Jesus! Zähne bringt er auf die Welt.« Die hatt' ich auch, das zeigte klärlich an, Ich sollte knurren, beißen wie ein Hund. Weil denn der Himmel meinen Leib so formte, Verkehre demgemäß den Geist die Hölle. Ich habe keinen Bruder, gleiche keinem, Und Liebe, die Graubärte göttlich nennen, Sie wohn' in Menschen, die einander gleichen, Und nicht in mir: ich bin ich selbst allein. Clarence, gib acht! Du stehst im Lichte mir, Doch einen schwarzen Tag such' ich dir aus; Denn solche Weissagung flüstr' ich umher, Daß Eduard für sein Leben fürchten soll, Und dann, ihn zu befrein, werd' ich dein Tod. Der König Heinrich und sein Prinz sind hin: Clarence, dich trifft die Reih'; die andern dann. Ich achte nichts mich, bis ich alles kann. Die Leiche werf' ich in die nächste Kammer; Triumph ist, Heinrich, mir dein letzter Jammer! Ab mit der Leiche. Siebente Szene Siebente Szene Ein Zimmer im Palast. Man sieht König Eduard auf seinem Thron sitzen, Königin Elisabeth mit dem kleinen Prinzen, Clarence, Gloster, Hastings und andre um ihn her. Noch einmal sitzen wir auf Englands Thron, Zurückgekauft mit unsrer Feinde Blut. Wie tapfre Gegner mähten wir nicht nieder, Wie herbstlich Korn, in ihrem höchsten Stolz! Drei Herzöge von Somerset, dreifältig Berühmt als kühne, zuverläss'ge Krieger; Zwei Cliffords, so den Vater wie den Sohn; Und zwei Northumberlands, so brave Ritter Ihr Roß je bei Trompetenklang gespornt; Alsdann die beiden wackern Bären, Warwick Und Montague, sie, die in ihren Ketten Den königlichen Leu'n gefesselt haben, Vor deren Brüllen oft der Wald erbebt. So scheuchten wir Verdacht von unserm Thron Und machten Sicherheit zum Schemel uns. – Komm, Betty, her, laß meinen Sohn mich küssen. – Mein Kind, für dich bin ich und meine Brüder Die Winternacht gerüstet wach geblieben, Zu Fuß gewandert in des Sommers Glut, Daß dein die Kron' in Frieden wieder wäre, Und ernten sollst du unsrer Mühen Frucht. beiseit. Wenn Ihr zur Ruh' Euch legt, verderb' ich sie, Denn noch bemerkt man kaum mich in der Welt. Zum Heben ward die Schulter mir getürmt, Und heben soll sie Lasten, oder brechen. – Du, bahne mir den Weg, und dies vollbringe! Clarence und Gloster, liebet mein Gemahl, Und küßt den königlichen Neffen, Brüder! Die Treu', die Euer Majestät gebührt, Versiegl' ich auf des holden Säuglings Lippen. Dank, edler Clarence! Würd'ger Bruder, Dank! Daß ich den Baum, von dem du sprossest, liebe, Bezeuge dieser Kuß, der Frucht gegeben. – Beiseit. So küßt', in Wahrheit, Judas seinen Meister Und rief ihm Heil zu, da er Unheil meinte. Nun thron' ich, wie mein Herz begehrt: mir ward Des Landes Frieden und der Brüder Liebe. Was ist mit Margareten Euer Schluß? Reignier, ihr Vater, hat an Frankreichs König Sizilien und Jerusalem verpfändet, Das sandten sie zur Lösung für sie her. Fort mit ihr, setzet sie nach Frankreich über! Was ist nun übrig, als die Zeit verbringen Mit stattlichem Gepräng' und lust'gen Spielen, Geschickt für die Ergötzung eines Hofs? – Tönt, Pauken und Trompeten! Leid, fahr' hin! Wir hoffen dauerhaften Glücks Beginn. Alle ab.