William Shakespeare Macbeth Personen Duncan, König von Schottland Malcolm, Donalbain, seine Söhne Macbeth, Banquo, Anführer des königlichen Heeres Macduff, Lenox, Rosse, Menteth, Angus, Cathness, schottische Edle Fleance, Banquos Sohn Siward, Graf von Northumberland, Führer der englischen Truppen Der junge Siward, sein Sohn Seyton, ein Offizier in Macbeths Gefolge Macduffs kleiner Sohn Ein englischer Arzt und ein schottischer Arzt Ein Soldat, ein Pförtner, ein alter Mann Lady Macbeth Lady Macduff Eine Kammerfrau der Lady Macbeth Hekate und drei Hexen Lords, Edelleute, Anführer, Krieger, Mörder, Boten, Banquos Geist und andere Erscheinungen Szene: Schottland. Zu Ende des vierten Aufzugs: England Erster Aufzug Erste Szene Erste Szene Eine Heide. Donner und Blitz. Drei Hexen treten auf. Wann kommen wir drei uns wieder entgegen, Im Blitz und Donner, oder im Regen? Wenn der Wirrwarr stille schweigt, Wer der Sieger ist, sich zeigt. Das ist, eh' der Tag sich neigt. Wo der Ort? Die Heide dort. Da wird Macbeth sein. Fort, fort! Man hört einen Gesang in der Luft. Grau Lieschen, ja! ich komme! Unke ruft: – Geschwind – Schön ist häßlich, häßlich schön: Schwebt durch Dunst und Nebelhöh'n! Die Hexen verschwinden. Zweite Szene Zweite Szene Freies Feld bei Fores. Kriegsgeschrei. Es treten auf der König Duncan, Malcolm, Donalbain, Lenox, Gefolge; ein blutender Krieger kommt ihnen entgegen. Welch blut'ger Mann ist dies? Er kann berichten, Nach seinem Ansehn scheint's, den neusten Stand Des Aufruhrs. Dies ist der Kämpfer, Der mich, als kecker, mutiger Soldat, Aus meinen Feinden hieb: – Heil, tapfrer Freund! Dem König gib Bericht vom Handgemenge, Wie du's verließest. Es stand zweifelhaft; So wie zwei Schwimmer ringend sich umklammern, Erdrückend ihre Kunst. Der grause Macdonwald (Wert, ein Rebell zu sein; ihn so zu stempeln Umschwärmen, stets sich mehrend, der Natur Bosheiten ihn) ward von den Westeilanden Von Kernen unterstützt und Galloglassen; Und das Glück, dem scheußlichen Gemetzel lächelnd, Schien des Rebellen Hure: doch umsonst, Denn Held Macbeth, – wohl ziemt ihm dieser Name, Das Glück verachtend, mit geschwungnem Stahl, Der heiß von Blut und Niederlage dampfte, Er, wie des Krieges Liebling, haut sich Bahn, Bis er dem Schurken gegenüber steht; Und nicht eh' schied noch sagt' er Lebewohl, Bis er vom Nabel auf zum Kinn ihn schlitzte Und seinen Kopf gepflanzt auf unsre Zinnen. O tapfrer Vetter! würd'ger Edelmann! Wie wenn mit erstem Sonnenlicht zugleich Schiffbrechende Stürm' und grause Donnerschläge – So schwillt aus jenem Quell, der Trost verhieß, Trostlosigkeit. Merk', Schottlands König, merk': Kaum schlug Gerechtigkeit, mit Mut gestählt, In schmähl'ge Flucht die leichtgefüßten Kernen, Als Norwegs Fürst, den Vorteil auserspähend, Mit noch unblut'ger Wehr und frischen Truppen Von neuem uns bestürmt. Entmutigte Das unsre Feldherrn nicht, Macbeth und Banquo? Jawohl! wie Spatzen Adler, Hasen Löwen. Grad' aus gesagt, muß ich von ihnen melden, Sie waren wie Kanonen, überladen Mit doppeltem Gekrach; so stürzten sie, Die Doppelstreiche doppelnd, auf den Feind: Ob sie in heißem Blute baden wollten, Ob auferbaun ein zweites Golgatha, Ich weiß es nicht – Doch ich bin matt, die Wunden schrein nach Hülfe. Wie deine Worte zieren dich die Wunden; Und Ehre strömt aus beiden. Schafft ihm Ärzte! Der Krieger wird fortgeführt. Rossetritt auf. Wer nahet hier? Der würd'ge Than von Rosse. Welch Eilen deutet uns sein Blick! So müßte Der blicken, der von Wundern melden will. Gott schütz' den König! Von wannen, edler Than? Von Fife, mein König, Wo Norwegs Banner schlägt die Luft und fächelt Kalt unser Volk. Norwegen selbst, mit fürchterlichen Scharen, Verstärkt durch den abtrünnigen Verräter, Den Than von Cawdor, begann den grausen Kampf; Bis ihm Bellonas Bräut'gam, kampfgefeit, Entgegenstürmt mit gleicher Überkraft, Schwert gegen Schwert, Arm gegen dräu'nden Arm, Und beugt den wilden Trotz: mit einem Wort, Der Sieg blieb unser: – Großes Glück! So daß Nun Sweno, Norwegs König, Frieden fleht; Doch wir gestatteten ihm nicht Begräbnis Der Seinen, bis er auf Sankt Columban Zehntausend Taler in den Schatz gezahlt. Nicht frevle länger dieser Than von Cawdor An unsrer Krone Heil! – Fort, künde Tod ihm an; Mit seiner Würde grüße Macbeth dann! Ich eile, Herr, von hinnen. Held Macbeth soll, was der verliert, gewinnen. Alle ab. Dritte Szene Dritte Szene Die Heide. Gewitter. Die drei Hexen treten auf. Wo warst du, Schwester? Schweine gewürgt. DRITTE HEXE Schwester, wo du? Kastanien hatt' ein Schifferweib im Schoß, Und schmatzt', und schmatzt', und schmatzt' – »Gib mir«, sprach ich: »Pack' dich, du Hexe!« schrie die garst'ge Vettel. Ihr Mann ist nach Aleppo, führt den Tiger; Doch schwimm' ich nach im Sieb, ich kann's, Wie eine Ratte ohne Schwanz; Ich tu's, ich tu's, ich tu's. Geb' dir 'nen Wind. Bist gut gesinnt. Ich den zweiten obendrein. All die andern sind schon mein. Wo sie wehn, die Küsten kenn' ich. Jeden Punkt und Zirkel nenn' ich Auf des Seemanns Karte. Dürr wie Heu soll er verdorrn, Und kein Schlaf, durch meinen Zorn, Tag und Nacht sein Aug' erquickt, Leb' er wie vom Fluch gedrückt. Sieben Nächte, neunmal neun, Siech und elend schrumpf' er ein: Kann ich nicht sein Schiff zerschmettern, Sei es doch umstürmt von Wettern. Schau', was ich hab'! Weis' her, weis' her! Daum 'nes Lotsen; sinken sah Ich sein Schiff, dem Land schon nah. Trommeln hinter der Szene. Trommeln! – Ha! Macbeth ist da. Unheilsschwestern, Hand in Hand Ziehn wir über Meer und Land. Rundum dreht euch so, rundum: Dreimal dein und dreimal mein, Und dreimal noch, so macht es neun – Halt! – Der Zauber ist gezogen. Macbeth und Banquo treten auf. So schön und häßlich sah ich nie 'nen Tag. Wie weit ist's noch nach Fores? – Wer sind diese? So eingeschrumpft, so wild in ihrer Tracht? Die nicht Bewohnern unsrer Erde gleichen, Und doch drauf stehn? Lebt ihr? Wie? seid ihr was, Das man darf fragen? Ihr scheint mich zu verstehn, Denn jede legt zugleich den stumpfen Finger Auf ihren falt'gen Mund: – ihr solltet Weiber sein, Und doch verbieten eure Bärte mir, Euch so zu deuten. Sprecht, wenn ihr könnt: – Wer seid ihr? Heil dir, Macbeth, Heil, Heil dir, Than von Glamis! Heil dir, Macbeth, Heil, Heil dir, Than von Cawdor! Heil dir, Macbeth, dir, künft'gem König, Heil! Was schreckst du, Mann? erregt dir Furcht, was doch So lieblich lautet? – In der Wahrheit Namen, Seid ihr Wahnbilder, oder wirklich das, Was körperlich ihr scheint? Den edlen Kampffreund Grüßt ihr mit neuem Erb' und Prophezeiung Von hoher Würd' und königlicher Hoffnung, Daß er verzückt da steht; mir sagt ihr nichts: Wenn ihr durchschauen könnt die Saat der Zeit Und sagen: dies Korn sproßt und jenes nicht, – So sprecht zu mir, der nicht erfleht noch fürchtet Gunst oder Haß von euch! Heil! Heil! Heil! Kleiner als Macbeth, und größer. Nicht so beglückt, und doch weit glücklicher. Kön'ge erzeugst du, bist du selbst auch keiner. So, Heil, Macbeth und Banquo! Banquo und Macbeth, Heil! Bleibt, ihr einsilb'gen Sprecher, sagt mir mehr: Mich macht, so hör' ich, Sinels Tod zum Glamis, Doch wie zum Cawdor? Der Than von Cawdor lebt Als ein beglückter Mann; und König sein, Das steht so wenig im Bereich des Glaubens, Als Than von Cawdor. Sagt, von wannen euch Die wunderbare Kunde ward? weshalb Auf dürrer Heid' ihr unsre Schritte hemmt Mit so prophet'schem Gruß? – Sprecht, ich beschwör' euch! Die Hexen verschwinden. Die Erd' hat Blasen, wie das Wasser hat, So waren diese – wohin schwanden sie? In Luft, und, was uns Körper schien, zerschmolz Wie Hauch im Wind. Oh, wären sie noch da! War so was wirklich hier, wovon wir sprechen? Oder aßen wir von jener gift'gen Wurzel, Die die Vernunft bewältigt? Eure Kinder, Sie werden Kön'ge. Ihr sollt König werden. Und Than von Cawdor auch; hieß es nicht so? Ganz so in Weis' und Worten. Wer kommt da? Rosse und Angus treten auf. Der König hörte hoch erfreut, Macbeth, Die Kunde deines Siegs; und wenn er liest, Wie im Rebellenkampf du selbst dich preisgabst, So stritten in ihm Staunen und Bewund'rung, Was dir, was ihm gehört. Doch überschauend, Was noch am selb'gen Tag geschehn, verstummt er; In Norwegs kühnen Schlachtreih'n sieht er dich, Vor dem nicht bebend, was du selber schufest, Abbilder grausen Tods. Wie Wort auf Wort In schneller Rede, so kam Bot' auf Bote, Und jeder trug dein Lob, im großen Kampf Für seinen Thron, und schüttet's vor ihm aus. Wir sind gesandt vom königlichen Herrn, Dir Dank zu bringen; vor sein Angesicht Dich zu geleiten nur, nicht dir zu lohnen. Und als das Handgeld einer größern Ehre Hieß er, als Than von Cawdor dich zu grüßen: Heil dir in diesem Titel, würd'ger Than! Denn er ist dein. Wie, spricht der Teufel wahr? Der Than von Cawdor lebt: was kleidet Ihr Mich in erborgten Schmuck? Der Than war, lebt noch; Doch unter schwerem Urteil schwebt das Leben, Das er verwirkt. Ob er im Bund mit Norweg; Ob, Rückhalt der Rebellen, er geheim Sie unterstützte; ob vielleicht mit beiden Er half zu seines Lands Verderb, – ich weiß nicht; Doch Hochverrat, gestanden und erwiesen, Hat ihn gestürzt. Glamis und Than von Cawdor: Das Höchst' ist noch zurück. – Dank Eurer Müh'! – Hofft Ihr nicht Euren Stamm gekrönt zu sehen, Da jene, die mich Than von Cawdor nannten, Nichts Mindres prophezeit? Darauf gefußt, Möcht' es wohl auch zur Krone Euch entflammen, Jenseits dem Than von Cawdor. Aber seltsam! Oft, uns in eignes Elend zu verlocken, Erzählen Wahrheit uns des Dunkels Schergen, Verlocken uns durch schuldlos Spielwerk, uns Dem tiefsten Abgrund zu verraten. – Vettern, Vergönnt ein Wort! Zweimal gesprochene Wahrheit, Als Glücksprologen zum erhabnen Schauspiel Von kaiserlichem Inhalt. – Freund', ich dank' euch! – Die Anmahnung von jenseits der Natur Kann schlimm nicht sein, – kann gut nicht sein: – wenn schlimm – Was gibt sie mir ein Handgeld des Erfolgs, Wahrhaft beginnend? Ich bin Than von Cawdor: – Wenn gut, – warum befängt mich die Versuchung? Deren entsetzlich Bild aufsträubt mein Haar, So daß mein festes Herz ganz unnatürlich An meine Rippen schlägt. – Erlebte Greuel Sind schwächer als das Grau'n der Einbildung. Mein Traum, des Mord nur noch ein Hirngespinst, Erschüttert meine schwache Menschheit so, Daß jede Lebenskraft in Ahnung schwindet, Und nichts ist, als was nicht ist. Seht den Freund, Wie er verzückt ist! Will das Schicksal mich Als König, nun, mag mich das Schicksal krönen, Tu' ich auch nichts. Die neue Würde engt ihn, Wie fremd Gewand sich auch nur durch Gewohnheit Dem Körper fügt. Komme, was kommen mag; Die Stund' und Zeit durchläuft den rauhsten Tag. Edler Macbeth, wir harren Eurer Muße. Habt Nachsicht – in vergeßnen Dingen wühlte Mein dumpfes Hirn. Ihr güt'gen Herrn, eu'r Mühn Ist eingeschrieben, wo das Blatt ich täglich Umschlag' und les'. – Entgegen jetzt dem König! – Denkt dessen, was geschah, und bei mehr Muße, Wenn ein'ge Zeit es reifte, laßt uns frei Aus offner Seele reden! Herzlich gern. Bis dahin still! – Kommt, Freunde! Alle ab. Vierte Szene Vierte Szene Feld. Trompeten. Es treten auf Duncan, Malcolm, Donalbain, Lenox, Gefolge. Ist Cawdor hingerichtet? oder jene, Die wir beauftragt, noch nicht wieder da? Sie sind noch nicht zurück, mein Oberherr; Doch sprach ich einen, der ihn sterben sah, Der sagte mir, er habe den Verrat Freimütig eingestanden, um Eu'r Hoheit Verzeihn gefleht und tiefe Reu' gezeigt; Nichts stand in seinem Leben ihm so gut, Als wie er es verlassen hat; er starb Wie einer, der sich auf den Tod geübt, Und warf das Liebste, was er hatte, von sich, Als wär's unnützer Tand. Kein Wissen gibt's, Der Seele Bildung im Gesicht zu lesen; Es war ein Mann, auf den ich gründete Ein unbedingt Vertraun. – Würdigster Vetter! Es treten auf Macbeth, Banquo, Rosse und Angus. Die Sünde meines Undanks drückte schwer Mich eben jetzt. Du bist so weit voraus, Daß der Belohnung schnellste Schwing' erlahmt, Dich einzuholen. Hätt'st du wen'ger doch verdient, Daß ich ausgleichen könnte das Verhältnis Von Dank und Lohn! Nimm das Geständnis an: Mehr schuld' ich, als mein Alles zahlen kann. Dienst, so wie Lehnspflicht, lohnt sich selbst im Tun. Genug, wenn Eure Hoheit unsre Pflichten Annehmen will: und unsre Pflichten sind Die Söhn' und Diener Eures Throns und Staates, Und tun nur, was sie müssen, tun sie alles, Was Lieb' und Ehrfurcht heischt. Willkommen hier! Ich habe dich gepflanzt und will dich pflegen, Um dein Gedeihn zu fördern. – Edler Banquo, Nicht minder ist dein Wert, und wird von uns Nicht minder anerkannt. Laß dich umschließen Und an mein Herz dich drücken! Wachs' ich da, So ist die Ernte Euer. Meine Wonne, Üppig im Übermaß, will sich verbergen In Schmerzenstropfen. – Söhne, Vettern, Thans, Und ihr, die Nächsten unserm Thron, vernehmt, An Malcolm, unsern Ältsten, übertragen Wir unser Thronrecht: Prinz von Cumberland Heißt er demnach, und solche Ehre soll Nicht unbegleitet ihm verliehen sein; Denn Adelszeichen sollen, Sternen gleich, Auf jeden Würd'gen strahlen. – Fort von hier Nach Inverneß, und sei uns näher stets! Arbeit ist jede Ruh', die Euch nicht dient. Ich selbst bin Euer Bote und beglücke Durch Eures Nahens Kunde meine Hausfrau: So scheid ich demutsvoll. Mein würd'ger Cawdor! für sich. Ha! Prinz von Cumberland! – Das ist ein Stein, Der muß, sonst fall' ich, übersprungen sein, Weil er mich hemmt. Verbirg dich, Sternenlicht! Schau' meine schwarzen, tiefen Wünsche nicht! Sieh, Auge, nicht die Hand; doch laß geschehen, Was, wenn's geschah, das Auge scheut zu sehen! Er geht ab. Ja, teurer Banquo, er ist ganz so edel, Und ihn zu preisen, ist mir eine Labung; Es ist ein Fest für mich. Laßt uns ihm nach, Des Lieb' uns vorgeeilt, uns zu begrüßen: Wer gleicht dem teuren Vetter? Trompeten. Alle gehn ab. Fünfte Szene Fünfte Szene Inverneß. Zimmer in Macbeths Schloß. Lady Macbeth tritt auf mit einem Brief. liest. »Sie begegneten mir am Tage des Sieges; und ich erfuhr aus den sichersten Proben, daß sie mehr als menschliches Wissen besitzen. Als ich vor Verlangen brannte, sie weiter zu befragen, verschwanden sie und zerflossen in Luft. Indem ich noch, von Erstaunen betäubt, da stand, kamen die Abgesandten des Königs, die mich als Than von Cawdor begrüßten; mit welchem Titel mich kurz vorher diese Zauberschwestern angeredet und mich durch den Gruß: 'Heil dir, dem künft'gen König!' auf die Zukunft verwiesen hatten. Ich habe es für gut gehalten, dir dies zu vertrauen, meine geliebteste Teilnehmerin der Hoheit, auf daß dein Mitgenuß an der Freude dir nicht entzogen werde, wenn du nicht erfahren hättest, welche Hoheit dir verheißen ist. Leg' es an dein Herz und lebe wohl!« Glamis bist du; und Cawdor; und sollst werden, Was dir verheißen ward: – Doch fürcht' ich dein Gemüt; Es ist zu voll von Milch der Menschenliebe, Das Nächste zu erfassen. Groß möcht'st du sein, Bist ohne Ehrgeiz nicht; doch fehlt die Bosheit, Die ihn begleiten muß. Was recht du möchtest, Das möcht'st du rechtlich; möchtest falsch nicht spielen, Und unrecht doch gewinnen: möchtest gern Das haben, großer Glamis, was dir zuruft: »Dies mußt du tun, wenn du es haben willst!« – Und was du mehr dich scheust zu tun, als daß Du ungetan es wünschest. Eil' hieher, Auf daß ich meinen Mut ins Ohr dir gieße, Und alles weg mit tapfrer Zunge geißle, Was von dem goldnen Zirkel dich zurückdrängt, Womit Verhängnis dich und Zaubermacht Im voraus schon gekrönt zu haben scheint. – Ein Diener tritt auf. Was gibt es Neues? Noch vor Abend kommt Hierher der König. Tolle Rede sprichst du; Ist nicht dein Herr bei ihm? der, wär' es so, Der Anstalt wegen es gemeldet hätte. Verzeiht; es ist doch wahr. Der Than kommt gleich, Denn ein Kam'rad von mir ritt ihm voraus; Fast tot von großer Eil', hatt' er kaum Atem, Die Botschaft zu bestellen. Sorgt für ihn, Er bringt uns große Zeitung. Der Diener geht ab. Selbst der Rab' ist heiser, Der Duncans schicksalsvollen Eingang krächzt Unter mein Dach. – Kommt, Geister, die ihr lauscht Auf Mordgedanken, und entweibt mich hier; Füllt mich von Wirbel bis zur Zeh', randvoll, Mit wilder Grausamkeit! Verdickt mein Blut; Sperrt jeden Weg und Eingang dem Erbarmen, Daß kein anklopfend Mahnen der Natur Den grimmen Vorsatz lähmt; noch friedlich hemmt Vom Mord die Hand! Kommt an die Weibesbrust, Trinkt Galle statt der Milch, ihr Morddämonen, Wo ihr auch harrt in unsichtbarer Kraft Auf Unheil der Natur! Komm, schwarze Nacht, Umwölk' dich mit dem dicksten Dampf der Hölle, Daß nicht mein scharfes Messer sieht die Wunde, Die es geschlagen; noch der Himmel, Durchschauend aus des Dunkels Vorhang, rufe: Halt! Halt! Macbeth tritt auf. O großer Glamis, edler Cawdor! Größer als beides durch das künft'ge Heil! Dein Brief hat über das armsel'ge Heut Mich weit verzückt, und ich empfinde nun Das Künftige im Jetzt. Mein teures Leben, Duncan kommt heut noch. Und wann geht er wieder? Morgen, so denkt er – Oh, nie soll die Sonne Den Morgen sehn! Dein Angesicht, mein Than, Ist wie ein Buch, wo wunderbare Dinge Geschrieben stehen. – Die Zeit zu täuschen scheine So wie die Zeit; den Willkomm trag' im Auge, In Zung' und Hand; blick' harmlos wie die Blume, Doch sei die Schlange drunter! Wohl versorgt Muß der sein, der uns naht; und meiner Hand Vertrau', das große Werk der Nacht zu enden, Daß alle künft'gen Tag' und Nächt' uns lohne Allein'ge Königsmacht und Herrscherkrone! Wir sprechen noch davon. Blick hell und licht; Mißtraun erregt verändert Angesicht: Laß alles andre mir! Sie gehen ab. Sechste Szene Sechste Szene Ebendaselbst, vor dem Schloß. Es treten auf Duncan, Malcolm, Donalbain, Banquo, Macduff, Rosse, Angus, Gefolge. Dies Schloß hat eine angenehme Lage; Gastlich umfängt die lichte, milde Luft Die heitern Sinne. Dieser Sommergast, Die Schwalbe, die an Tempeln nistet, zeigt Durch ihren fleiß'gen Bau, daß Himmelsatem Hier lieblich haucht; kein Vorsprung, Fries, noch Pfeiler, Kein Winkel, wo der Vogel nicht gebaut Sein hängend Bett und Wiege für die Brut: Wo er am liebsten heckt und wohnt, da fand ich Am reinsten stets die Luft. Lady Macbeth tritt auf. Seht! unsre edle Wirtin! Die Liebe, die uns folgt, wird oft uns lästig; Doch dankt man ihr als Liebe. Lernt daraus, Noch Gottes Lohn für Eure Müh' uns geben Und Dank für Eure Last. All unsre Dienste, Zwiefach in jedem Punkt, und dann verdoppelt, Wär' nur ein arm und schwaches Tun, verglichen Der hohen Gunst, womit Eu'r Majestät Verherrlicht unser Haus. Für früh're Würden, Wie für die letzte, die die andern krönt, Bleiben wir im Gebet Euch Knecht und Diener. Wo ist der Than von Cawdor? Wir folgten auf dem Fuß ihm, denn wir meinten Ihn anzumelden; doch er reitet schnell; Und seine Liebe, schärfer als sein Sporn, Bracht' ihn vor uns hieher. Höchstedle Wirtin, Wir sind zu Nacht Eu'r Gast. Für allezeit Besitzen Eure Diener nur das Ihre, Sich selbst und was sie haben, als Verwalter, Und legen Rechnung ab, nach Eurer Hoheit Befehl; und geben Euch zurück, was Euer. Reicht mir die Hand; führt mich zu meinem Wirt: Wir lieben herzlich ihn, und unsre Huld Wird seiner stets gedenken. Teure Wirtin, Erlaubt – Er nimmt ihre Hand und führt sie in das Schloß, die übrigen folgen. Siebente Szene Siebente Szene Ebendaselbst, Schloßhof. Hoboen und Fackeln. Ein Vorschneider und mehrere Diener mit Schüsseln gehn über die Bühne; dann kommt Macbeth. Wär's abgetan, so wie's getan ist, dann wär's gut, Man tät' es eilig: – Wenn der Meuchelmord Aussperren könnt' aus seinem Netz die Folgen Und nur Gelingen aus der Tiefe zöge: Daß mit dem Stoß, einmal für immer, alles Sich abgeschlossen hätte – hier, nur hier – Auf dieser Schülerbank der Gegenwart –, So setzt' ich weg mich übers künft'ge Leben. – Doch immer wird bei solcher Tat uns schon Vergeltung hier: daß, wie wir ihn gegeben, Den blut'gen Unterricht, er, kaum gelernt, Zurückschlägt, zu bestrafen den Erfinder. Dies Recht, mit unabweislich fester Hand, Setzt unsern selbstgemischten, gift'gen Kelch An unsre eignen Lippen. – Er kommt hieher, zweifach geschirmt: – Zuerst, Weil ich sein Vetter bin und Untertan, Beides hemmt stark die Tat; dann, ich – sein Wirt, Der gegen seinen Mörder schließen müßte Das Tor, nicht selbst das Messer führen. – Dann hat auch dieser Duncan seine Würde So mild getragen, blieb im großen Amt So rein, daß seine Tugenden, wie Engel Posaunenzüngig, werden Rache schrein Dem tiefen Höllengreuel seines Mords; Die Mitleid, wie ein nacktes, neugebornes Kind, Auf Sturmwind reitend, oder Himmels Cherubim, Zu Roß auf unsichtbaren, luft'gen Rennern, Blasen die Schreckenstat in jedes Auge, Bis Tränenflut den Wind ertränkt. – Ich habe keinen Stachel, Die Seiten meines Wollens anzuspornen, Als einzig Ehrgeiz, der, zum Aufschwung eilend, Sich überspringt und jenseits niederfällt: – Lady Macbeth tritt auf. Wie nun, was gibt's? Er hat fast abgespeist. Warum hast du den Saal verlassen? Hat er Nach mir gefragt? Weißt du nicht, daß er's tat? Wir woll'n nicht weiter gehn in dieser Sache; Er hat mich jüngst belohnt, und goldne Achtung Hab' ich von Leuten aller Art gekauft: Die will getragen sein im neusten Glanz, Und nicht so plötzlich weggeworfen. War Die Hoffnung trunken, worin du dich hülltest? Schlief sie seitdem, und ist sie nun erwacht, So bleich und krank das anzuschauen, was sie So fröhlich tat? – Von jetzt an denk' ich Von deiner Liebe so. Bist du zu feige, Derselbe Mann zu sein in Tat und Mut, Der du in Wünschen bist? Möcht'st du erlangen. Was du den Schmuck des Lebens schätzen mußt, Und Memme sein in deiner eignen Schätzung? Muß dir »Ich fürchte« folgen dem »Ich möchte«, Der armen Katz' im Sprichwort gleich? Sei ruhig! Ich wage alles, was dem Menschen ziemt; Wer mehr wagt, der ist keiner. Welch ein Tier Hieß dich von deinem Vorsatz mit mir reden? Als du es wagtest, da warst du ein Mann; Und mehr sein, als du warst, das machte dich Nur um so mehr zum Mann. Nicht Zeit, nicht Ort Traf damals zu, du wolltest beide machen: Sie machen selbst sich, und ihr hurt'ger Dienst Macht dich zu nichts. Ich hab' gesäugt und weiß, Wie süß, das Kind zu lieben, das ich tränke; Ich hätt', indem es mir entgegen lächelte, Die Brust gerissen aus den weichen Kiefern Und ihm den Kopf geschmettert an die Wand, Hätt' ich's geschworen, wie du dieses schwurst. Wenn's uns mißlänge, – Uns mißlingen! – Schraub' deinen Mut nur bis zum Punkt des Halts, Und es mißlingt uns nicht. Wenn Duncan schläft, Wozu so mehr des Tages starke Reise Ihn einlädt, – seine beiden Kämmerlinge Will ich mit würz'gem Weine so betäuben, Daß des Gehirnes Wächter, das Gedächtnis, Ein Dunst sein wird, und der Vernunft Behältnis Ein Dampfhelm nur: – Wenn nun im vieh'schen Schlaf Ertränkt ihr Dasein liegt, so wie im Tode, Was können du und ich dann nicht vollbringen Am unbewachten Duncan? was nicht schieben Auf die berauschten Diener, die die Schuld Des großen Mordes trifft? Gebär' mir Söhne nur! Aus deinem unbezwungnen Stoffe können Nur Männer sprossen. Wird man es nicht glauben, Wenn wir mit Blut die zwei Schlaftrunknen färben, Die Kämmerling', und ihre Dolche brauchen, Daß sie's getan? Wer darf was anders glauben, Wenn unsers Grames lauter Schrei ertönt Bei seinem Tode? Ich bin fest; gespannt Zu dieser Schreckenstat ist jeder Nerv. Komm, täuschen wir mit heiterm Blick die Stunde: Birg, falscher Schein, des falschen Herzens Kunde! Sie gehen ab. Zweiter Aufzug Erste Szene Erste Szene Ebendaselbst, Schloßhof. Es treten auf Banquo, Fleance, ein Diener mit einer Fackel voran. Wie spät, mein Sohn? Der Mond ging unter, schlagen hört' ich's nicht. Um zwölf Uhr geht er unter. 's ist wohl später. Da, nimm mein Schwert. – 's ist Sparsamkeit im Himmel Aus taten sie die Kerzen. – Nimm das auch! Ein schwerer Schlaftrieb liegt wie Blei auf mir, Und doch möcht' ich nicht schlafen. Gnäd'ge Mächte! Hemmt in mir böses Denken, dem Natur Im Schlummer Raum gibt! – Gib mein Schwert! Macbeth tritt auf und ein Diener mit einer Fackel. Wer da? Ein Freund. Wie, Herr, noch auf? Der König ist zu Bett. Er war ausnehmend froh und sandte noch All Euren Hausbedienten reiche Gaben; Doch Eure Frau soll dieser Demant grüßen, Als seine güt'ge Wirtin. Höchst zufrieden Begab er sich zur Ruh'. Unvorbereitet, Ward nur des Mangels Diener unser Wille, Der sonst sich frei enthüllt. Alles war gut. Mir träumte jüngst von den drei Zauberschwestern: Euch haben sie was Wahres doch gesagt. Ich denke nicht an sie; Doch ließe sich gelegne Stunde finden, So sprächen wir wohl ein'ges in der Sache, Gewährtet Ihr die Zeit. Wie's Euch beliebt. Schließt Ihr Euch meinem Sinn an, – wenn es ist, – Wird's Ehr' Euch bringen. Büß' ich sie nicht ein, Indem ich sie zu mehren streb', und bleibt Mein Busen frei und meine Lehnspflicht rein, Gern nehm' ich Rat an. Gute Nacht indes! Dank, Herr, Euch ebenfalls! Banquo, Fleance und Diener ab. Sag deiner Herrin, wenn mein Trank bereit, Soll sie die Glocke ziehn. Geh du zu Bett. Der Diener geht ab. Ist das ein Dolch, was ich vor mir erblicke, Der Griff mir zugekehrt? Komm, laß dich packen – Ich fass' dich nicht, und doch seh' ich dich immer. Bist du, Unglücksgebild, so fühlbar nicht Der Hand, gleich wie dem Aug'? oder bist du nur Ein Dolch der Einbildung, ein nichtig Blendwerk, Das aus dem heiß gequälten Hirn erwächst? Ich seh' dich noch, so greifbar von Gestalt Wie der, den jetzt ich zücke. Du gehst mir vor den Weg, den ich will schreiten, Und eben solche Waffe wollt' ich brauchen. Mein Auge ward der Narr der andern Sinne, Oder mehr als alle wert. – Ich seh' dich stets, Und dir an Griff und Klinge Tropfen Bluts, Was erst nicht war. – Es ist nicht wirklich da: Es ist die blut'ge Arbeit, die mein Auge So in die Lehre nimmt. – Jetzt auf der halben Erde Scheint tot Natur, und den verhangnen Schlaf Quälen Versucherträume; Hexenkunst Begeht den Dienst der bleichen Hekate; Und dürrer Mord, Durch seine Schildwacht aufgeschreckt, den Wolf, Der ihm das Wachtwort heult, – so dieb'schen Schrittes, Wie wild entbrannt Tarquin, dem Ziel entgegen, Schreitet gespenstisch. – Du festgefugte Erde, leicht verwundbar, Hör' meine Schritte nicht, wo sie auch wandeln, Daß nicht ausschwatzen selber deine Steine Mein Wohinaus und von der Stunde nehmen Den jetz'gen stummen Graus, der so ihr ziemt. – Hier droh' ich, er lebt dort; Für heiße Tat zu kalt das müß'ge Wort! Die Glocke wird angeschlagen. Ich geh', und 's ist getan: die Glocke mahnt. Hör' sie nicht, Duncan, 's ist ein Grabgeläut', Das dich zu Himmel oder Höll' entbeut. Er steigt hinauf. Lady Macbeth tritt unten auf. Was sie betäubte, hat mich stark gemacht, Und was sie dämpft', hat mich entflammt. – Still, horch! – Die Eule war's, die schrie, der traur'ge Wächter, Der gräßlich gute Nacht wünscht. – Er ist dran: – Die Türen sind geöffnet, schnarchend spotten Die überladnen Diener ihres Amts; Ich würzte ihren Schlaftrunk, daß Natur Und Tod sich streiten, wem sie angehören. der oben erscheint. Ha! wie? wer ist da? Er geht wieder hinein. O weh! ich fürchte, sie sind aufgewacht, Und es ist nicht geschehn: – der Anschlag, nicht die Tat Verdirbt uns. – Horch! – Ich legt' ihm ihre Dolche Bereit, die mußt' er finden. – Hätt' er nicht Geglichen meinem Vater, wie er schlief, So hätt' ich's selbst getan. – Macbeth tritt auf. Nun, mein Gemahl! Ich hab' die Tat getan – hört'st du nicht was? Die Eule hört' ich schrein, und Heimchen zirpen. Sprachst du nichts? Wann? Jetzt. Wie ich 'runter kam? Ja. Horch! wer schläft im zweiten Zimmer? Donalbain. Dort sieht's erbärmlich aus. Wie wunderlich, Erbärmlich das zu nennen! – Der eine lacht' im Schlaf – und »Mord!« schrie einer, Daß sie einander weckten; ich stand und hört' es, Sie aber sprachen ihr Gebet und legten Zum Schlaf sich wieder. Dort wohnen zwei beisammen. Der schrie, »Gott sei uns gnädig!« – jener, »Amen«! Als säh'n sie mich mit diesen Henkershänden. Behorchend ihre Angst, konnt' ich nicht sagen »Amen«, als jener sprach: »Gott sei uns gnädig!« Denkt nicht so tief darüber! Doch warum Konnt' ich nicht »Amen« sprechen? War mir doch Die Gnad' am meisten not, und »Amen« stockte Mir in der Kehle. Dieser Taten muß Man so nicht denken; so macht es uns toll. Mir war, als rief es: »Schlaft nicht mehr! Macbeth Mordet den Schlaf!« Ihn, den unschuld'gen Schlaf; Schlaf, der des Grams verworr'n Gespinst entwirrt, Den Tod von jedem Lebenstag, das Bad Der wunden Müh', den Balsam kranker Seelen, Den zweiten Gang im Gastmahl der Natur, Das nährendste Gericht beim Fest des Lebens. Was meinst du? Stets rief es: »Schlaft nicht mehr!« durchs ganze Haus; »Clamis mordet den Schlaf!« und drum wird Cawdor Nicht schlafen mehr, Macbeth nicht schlafen mehr. Wer war es, der so rief? Mein würd'ger Than, Du läßt den edeln Mut erschlaffen, denkst du So hirnkrank drüber nach. Nimm etwas Wasser, Und wasch' von deiner Hand das garst'ge Zeugnis! – Was brachtest du die Dolche mit herunter? Dort liegen müssen sie; geh, bring' sie hin, Und färb' mit Blut die Kämm'rer, wie sie schlafen. Ich gehe nicht mehr hin, ich bin entsetzt, Denk' ich, was ich getan: es wieder schaun – Ich wag' es nicht! O schwache Willenskraft! Gib mir die Dolche! Schlafende und Tote Sind Bilder nur; der Kindheit Aug' allein Scheut den gemalten Teufel. Wenn er blutet, Färb' ich damit der Diener Kleider rot; So tragen sie des Mords Livrei. Sie geht ab. Man hört klopfen. Woher das Klopfen? Wie ist's mit mir, daß jeder Ton mich schreckt? Was sind das hier für Hände? Ha, sie reißen Mir meine Augen aus! – Kann wohl des großen Meergotts Ozean Dies Blut von meiner Hand rein waschen? Nein; Weit eh'r kann diese meine Hand mit Purpur Die unermeßlichen Gewässer färben Und Grün in Rot verwandeln. – Lady Macbeth kommt zurück. Meine Hände Sind blutig, wie die deinen; doch ich schäme Mich, daß mein Herz so weiß ist. Es wird geklopft. Klopfen hör' ich Am Südtor: – Eilen wir in unsre Kammer; Ein wenig Wasser reint uns von der Tat, Wie leicht dann ist sie! Deine Festigkeit Verließ dich ganz und gar. Es wird geklopft. Horch, wieder Klopfen. Tu' an dein Nachtkleid; müssen wir uns zeigen, Daß man nicht sieht, wir wachten! – Verlier' dich nicht So ärmlich in Gedanken! Meine Tat Zu wissen! – besser von mir selbst nichts wissen! Klopf Duncan aus dem Schlaf! O könntest du's! – Sie gehn ab. Zweite Szene Zweite Szene Ebendaselbst. Der Pförtner kommt; es wird geklopft. Das ist ein Klopfen! Wahrhaftig, wenn einer Hölenpförtner wäre, da hätte er was zu schließen. Poch, poch, poch: Wer da, in Beelzebubs Namen? Ein Pachter, der sich in Erwartung einer reichen Ernte aufhing. Zur rechten Zeit gekommen; habt Ihr auch Schnupftücher genug bei Euch? denn hier werdet Ihr dafür schwitzen müssen! – Poch, poch: Wer da, in des andern Teufels Namen? Mein' Treu', ein Zweideutler, der in beide Schalen gegen jede Schale schwören konnte, der um Gottes willen Verrätereien genug beging und sich doch nicht zum Himmel hinein zweideuteln konnte. Herein, Zweideutler! – Poch, poch, poch: Wer da? Mein' Treu', ein englischer Schneider, hier angekommen, weil er etwas aus einer französischen Hose gestohlen: herein, Schneider; hier kannst du deine Bügelgans braten. Poch, poch – Keine Ruhe! Wer seid Ihr? Aber hier ist es zu kalt für die Hölle; ich mag nicht länger Teufelspförtner sein. Ich dachte, ich wollte von jedem Gewerbe einige herein lassen, die den breiten Rosenpfad zum ewigen Freudenfeuer wandeln. – Gleich, gleich! Ich bitt' Euch, bedenkt doch, daß der Pförtner auch ein Mensch ist! Er öffnet das Tor; Macduff und Lenox kommen herein. Kamest du so spät zu Bett, Freund, daß du nun so spät aufstehst? Mein' Seel', Herr, wir zechten, bis der zweite Hahn krähte; und der Trunk ist ein großer Beförderer von drei Dingen. Was sind denn das für drei Dinge, die der Trunk vorzüglich befördert? Ei, Herr, rote Nasen, Schlaf und Urin. Buhlerei befördert und dämpft er zugleich: er befördert das Verlangen und dämpft das Tun. Darum kann man sagen, daß vieles Trinken ein Zweideutler gegen die Buhlerei ist: es schafft sie und vernichtet sie; treibt sie an und hält sie zurück; macht ihr Mut und schreckt sie ab; heißt sie, sich brav halten und nicht brav halten; zweideutelt sie zuletzt in Schlaf, straft sie Lügen und geht davon. Ich glaube, der Trunk strafte dich die Nacht Lügen. Ja, Herr, das tat er, in meinen Hals hinein; aber ich vergalt ihm seine Lügen, und ich denke, ich war ihm doch zu stark; denn obgleich er mir die Beine ein paar Mal unten weg zog, so fand ich doch einen Kniff, ihn hinaus zu schmeißen. Ist dein Herr schon aufgestanden? Geweckt hat unser Klopfen ihn; hier kommt er. Macbeth tritt auf. Guten Morgen, edler Herr! Guten Morgen, beide! Wacht schon der König, würd'ger Than? Noch nicht. Mir gab er den Befehl, ihn früh zu wecken; Die Zeit versäumt' ich fast. Ich führ' Euch hin. Ich weiß, es ist 'ne Müh', die Euch erfreut; Doch es ist eine Müh'. Die Arbeit, die uns freut, wird zum Ergötzen. Hier ist die Tür. Ich bin so kühn, zu rufen; Nur dies ward mir befohlen. Er geht ab. Reist der König Heut ab? So ist's; er hat es so bestimmt. Die Nacht war stürmisch; wo wir schliefen, heult' es Den Schlot herab; und wie man sagt, erscholl Ein Wimmern in der Luft, ein Todesstöhnen, Ein Prophezein in fürchterlichem Laut, Von wildem Brand und gräßlichen Geschichten, Neu ausgebrütet einer Zeit des Leidens. Der dunkle Vogel schrie die ganze Nacht durch: Man sagt, die Erde bebte fieberkrank. Es war 'ne rauhe Nacht. Mein jugendlich Gedächtnis sucht umsonst Nach ihresgleichen. Macduff kommt von oben herunter. O Grausen! Grausen! Grausen! Zung' und Herz Faßt es nicht, nennt es nicht! Was ist geschehn? Jetzt hat die Höll' ihr Meisterstück gemacht! Der kirchenräuberische Mord brach auf Des Herrn geweihten Tempel und stahl weg Das Leben aus dem Heiligtum. Was sagt Ihr? Das Leben? Meint Ihr Seine Majestät? Geht ein zur Kammer und zerstört die Sehkraft Durch eine neue Gorgo! Verlangt nicht, daß ich spreche; Seht! und dann redet selbst! Erwacht! Erwacht! Macbeth und Lenox gehen ab. Die Sturmglock' angeschlagen! Mord! Verrat! Banquo und Donalbain! Malcolm! Erwacht! Werft ab den flaum'gen Schlaf, des Todes Abbild, Und seht ihn selbst, den Tod! – Auf, auf, und schaut Des Weltgerichtes Vorspiel! – Malcolm! Banquo! Steigt wie aus eurem Grab! wie Geister schreitet, Als Grau'ngefolge diesen Mord zu schaun! Die Glocken stürmt! Lady Macbeth triff auf. Was ist denn vorgefallen, Daß solche schreckliche Trompete ruft Zum Rat die Schläfer dieses Hauses? Sprecht! O zarte Frau, Ihr dürft nicht hören, was ich sagen könnte. Vor eines Weibes Ohr es nennen, wäre Ein Mord, wie Ihr's vernähmt. Banquo tritt auf. O Banquo! Banquo! Der König, unser Herr, ermordet! Wehe! In unserm Haus? Zu grausam, wo auch immer! – Oh, lieber Macduff, widersprich dir selber, Und sag, es sei nicht so! Macbeth und Lenox kommen zurück. Wär' ich gestorben, eine Stunde nur, Eh' dies geschah, gesegnet war mein Dasein! Von jetzt gibt es nichts Ernstes mehr im Leben: Alles ist Tand, gestorben Ruhm und Gnade! Der Lebenswein ist ausgeschenkt, nur Hefe Blieb noch zu prahlendem Gewölbe. Malcolm und Donalbain treten auf. Wem Geschah ein Leid? Euch selbst, und wißt es nicht: Der Born, der Ursprung Eures Blutes ist Versiegt, die Lebensquelle selbst versiegt. Eu'r königlicher Vater ist ermordet. Ha! von wem? Die Kämmerlinge, scheint es, sind die Täter; Denn Händ' und Antlitz trugen blut'ge Zeichen, Auch ihre Dolche, die unabgewischt Auf ihren Polstern lagen. Wie im Wahnsinn, So starrt' ihr Auge, und es war gefährlich, Nur ihnen nah' zu kommen. Oh! jetzt bereu' ich meine Wut, daß ich Sie niederstieß. Warum habt Ihr's getan? Wer ist weis' und entsetzt, gefaßt und wütig, Pflichttreu und kalt in einem Augenblick? Kein Mensch. Die Raschheit meiner heft'gen Liebe Lief schneller als die zögernde Vernunft. – Duncan lag hier, die Silberhaut verbrämt Mit seinem goldnen Blut – die offnen Wunden, Sie waren wie ein Riß in der Natur, Wo Untergang vernichtend einzieht; dort die Mörder, Getaucht in ihres Handwerks Farb', die Dolche Abscheulich von geronn'nem Blute schwarz. Wer konnte sich da zügeln, der ein Herz Voll Liebe hatt', und in dem Herzen Mut, Die Liebe zu beweisen? Helft mir fort! – Seht nach der Lady. Weshalb schweigen wir, Da unser Anspruch an dies Weh der nächste? Was soll'n wir sprechen, hier, wo unser Schicksal Herstürzen kann aus irgendeinem Winkel, Uns zu ergreifen? Fort, denn unsre Tränen Sind noch nicht reif. Noch unser heft'ger Gram Zum Fliehn geschickt. Seht nach der Lady! – Lady Macbeth wird fortgeführt. Und haben wir verhüllt der Schwäche Blößen, Die Fassung jetzt entbehrt, treffen wir uns Und forschen dieser blut'gen Untat nach, Den Grund zu sehn. Uns schütteln Furcht und Zweifel; Ich steh' in Gottes großer Hand, und so Kämpf' ich der ungesprochnen Anmutung Bösen Verrats entgegen. So auch ich. Wir alle. Laßt, mit Entschlossenheit gerüstet, wieder Uns in der Halle treffen! Wohl, so sei's. Malcolm und Donalbain bleiben; die übrigen gehn ab. Was tust du? Laß uns nicht zu ihnen halten: Erlognen Schmerz zu zeigen, ist 'ne Kunst, Die leicht dem Falschen wird. Ich geh' nach England. Nach Irland ich; unser getrenntes Glück Verwahrt uns besser. Wo wir sind, drohn Dolche In jedes Lächeln: um so blutsverwandter, So mehr verwandt dem Tode. Der mörderische Pfeil ist abgeschossen Und fliegt noch; Sicherheit ist nur für uns, Vermeiden wir das Ziel. Drum schnell zu Pferde, Und zaudern wir nicht, jene noch zu grüßen: Nein, heimlich fort! Nicht strafbar ist der Dieb, Der selbst sich stiehlt, wo keine Gnad' ihm blieb. Sie gehn ab. Dritte Szene Dritte Szene Vor dem Schloß. Rossetritt auf mit einem alten Mann. Auf siebzig Jahr' kann ich mich gut erinnern: In diesem Zeitraum sah ich Schreckenstage Und wunderbare Ding', doch diese böse Nacht Macht alles Vor'ge klein. Oh, guter Vater, Der Himmel, sieh, als zürn' er Menschentaten, Dräut dieser blut'gen Bühn'. Die Uhr zeigt Tag, Doch dunkle Nacht erstickt die Wanderlampe: Ist's Sieg der Nacht, ist es die Scham des Tages, Daß Finsternis der Erd' Antlitz begräbt, Wenn lebend Licht es küssen sollte? Unnatürlich, Wie die gescheh'ne Tat. Am letzten Dienstag Sah ich, wie stolzen Flugs ein Falke schwebte Und eine Eul' ihm nachjagt' und ihn würgte. Und Duncans Rosse, seltsam ist's, doch sicher, So rasch und schön, die Kleinod' ihres Bluts, Brachen, verwildert ganz, aus ihren Ställen Und stürzten fort, sich sträubend dem Gehorsam, Als wollten Krieg sie mit den Menschen führen. Man sagt, daß sie einander fraßen. Ja; Entsetzlich war's, ich hab' es selbst gesehn. Da kommt der edle Macduff – Macduff tritt auf. Nun, Herr, wie geht die Welt? Ei, seht Ihr's nicht? Weiß man, wer tat die mehr als blut'ge Tat? Jene, die Macbeth tötete. O Jammer! Was hofften sie davon? Sie waren angestiftet. Malcolm und Donalbain, des Königs Söhne, Sind heimlich fort, entflohn: dies wälzt auf sie Der Tat Verdacht. Stets gegen die Natur: Verschwenderischer Ehrgeiz, so verschlingst du Des eignen Lebens Unterhalt! – So wird Die Königswürde wohl an Macbeth fallen? Er ist ernannt schon und zu seiner Krönung Nach Scone gegangen. Wo ist Duncans Leichnam? Nach Colmes Kill führt man ihn zur heil'gen Gruft, Wo die Gebeine seiner Ahnen alle Versammelt ruhn. Geht Ihr nach Scone? Nein, Vetter! Ich geh' nach Fife. So will ich hin. Lebt wohl! Mag alles so geschehn, daß wir nicht sagen: Bequemer war der alte Rock zu tragen! Er geht ab. Vater, lebt wohl! Gott segne Euch und den, der redlich denkt, Unheil zum Heil, Zwietracht zum Frieden lenkt! Sie gehen ab. Dritter Aufzug Erste Szene Erste Szene Fores, Saal im Schlosse. Banquo tritt auf. Du hast's nun: König, Cawdor, Glamis, alles, Wie dir's die Zauberfrau'n versprachen; und ich fürchte, Du spieltest schändlich drum. Doch ward gesagt, Es solle nicht bei deinem Stamme bleiben; Ich aber sollte Wurzel sein und Vater Von vielen Kön'gen. Kommt von ihnen Wahrheit (Wie, Macbeth, ihre Wort' an dich bestät'gen), Warum, bei der Erfüllung, die dir ward, Soll'n sie nicht mein Orakel gleichfalls sein Und meine Hoffnung kräft'gen? Still, nichts weiter! – Trompeten; es treten auf Macbeth als König und Lady Macbeth als Königin; Lenox, Rosse, Lords, Ladys und Gefolge. Hier unser höchster Gast. Ward er vergessen, War's wie ein Riß in unserm großen Fest, Und alles ungeziemend. Herr, wir halten Ein feierliches Mahl heut abend, und Ich bitt' um Eure Gegenwart. Eu'r Hoheit Hat zu befehlen; unauflöslich bleibt Für immer meine Pflicht an Euch gebunden. Verreist Ihr noch den Nachmittag? Ja, Herr. Sonst hätten wir wohl Euren Rat gewünscht, Der stets voll Einsicht und ersprießlich war, Im Staatsrat heut; doch gönnt ihn morgen uns! Geht Eure Reise weit? So weit, mein König, Daß sie die Zeit von jetzt bis Abend ausfüllt; Hält nicht mein Pferd sich gut, so muß ich wohl Noch von der Nacht 'ne dunkle Stunde borgen. Fehlt nicht bei unserm Fest. Mein Fürst, ich komme. Wir hören, unsre blut'gen Vettern weilen In England und in Irland; nicht bekennend Den grausen Vatermord, mit seltnen Märchen Die Hörer täuschend. Doch das sei für morgen, Da außerdem das Staatsgeschäft uns alle Zusammen ruft. Säumt länger nicht: lebt wohl, Bis wir zu Nacht uns sehn! Geht Fleance mit Euch? Ja, teurer Herr; die Zeit mahnt uns zur Eil'. Den Rossen wünsch' ich schnellen, sichern Lauf; Besteigt sie alsobald und reiset glücklich. – Banquo geht ab. Ein jeder sei nun Herr von seinen Stunden Bis sieben Uhr; uns die Geselligkeit Zu würzen, sind wir bis zum Abendessen Mit uns allein. Bis dahin Gott befohlen! Alle gehen ab, Macbeth bleibt. Du da! ein Wort: sind jene Männer hier? Der Diener tritt ein. Sie harren vor dem Schloßtor, mein Gebieter. Führ' sie uns vor! – Diener geht ab. Das so zu sein, ist nichts: Doch sicher, so zu sein. – In Banquo wurzelt Tief unsre Furcht; in seinem Königssinn Herrscht was, das will gefürchtet sein. Viel wagt er; Und außer diesem unerschrocknen Geist Hat Weisheit er, die Führerin des Muts Zum sichern Wirken. Außer ihm ist keiner, Vor dem ich zittern muß; und unter ihm Beugt sich mein Genius scheu, wie, nach der Sage, Vor Cäsar Mark Antonius' Geist. Er schalt die Schwestern Gleich, als sie mir den Namen König gaben, Und hieß sie zu ihm sprechen; dann prophetisch Begrüßten sie ihn Vater vieler Kön'ge. Mein Haupt empfing die unfruchtbare Krone; Den dürren Szepter reichten sie der Faust, Daß eine fremde Hand ihn mir entwinde, Kein Sohn von mir ihn erbe. Ist es so? – Hab' ich für Banquos Stamm mein Herz befleckt, Für sie erwürgt den gnadenreichen Duncan, In meinen Friedensbecher Gift gegossen, Einzig für sie; und mein unsterblich Kleinod Dem Erbfeind aller Menschen preisgegeben, Zu krönen sie! zu krönen Banquos Brut! – Eh' das geschieht, komm, Schicksal, in die Schranken Und fordre mich auf Tod und Leben! – Holla! Der Diener kommt mit zwei Mördern. Geh vor die Tür und warte, bis wir rufen. Der Diener geht ab. War's gestern nicht, da wir einander sprachen? So war es, Majestät. Gut denn, habt ihr Nun meinen Reden nachgedacht? So wißt, Daß er es eh'mals war, der euch so schwer Gedrückt; was, wie ihr wähntet, ich getan, Der völlig schuldlos. Dies bewies ich euch In unsrer letzten Unterredung; macht' euch klar, Wie man euch hinterging und kreuzte; nannt' euch Die Werkzeug' auch, und wer mit ihnen wirkte; Und alles sonst, was selbst 'ner halben Seele Und blödstem Sinne zurief: Das tat Banquo! So habt Ihr's uns erklärt. Ich tat es und ging weiter; deshalb nun Hab' ich euch wieder her beschieden. Fühlt ihr Geduld vorherrschend so in eurem Wesen, Daß ihr dies hingehn laßt? Seid ihr so fromm, Zu beten für den guten Mann und sein Geschlecht, des schwere Hand zum Grab euch beugte Und euch zu Bettlern macht' und eure Kinder? Mein König, wir sind Männer. Ja, im Verzeichnis lauft ihr mit als Männer; Wie Jagd- und Windhund, Blendling, Wachtelhund, Spitz, Pudel, Schäferhund und Halbwolf, alle Der Name Hund benennt: das Rangregister Bezeichnet erst den schnellen, trägen, klugen, Den Hausbewacher und den Jäger, jeden Nach seiner Eigenschaft, die ihm Natur Liebreich geschenkt; wodurch ihm wird besondre Bezeichnung aus der Schar, die alle gleich Benamt: und so ist's mit dem Menschen auch. Habt ihr nun einen Platz im Rangregister, Und nicht den schlechtsten in der Mannheit, sprecht; Und solches Werk vertrau' ich eurem Busen, Dessen Vollstreckung euren Feind entrafft, Herzinnig fest an unsre Lieb' euch schmiedet, Da unser Wohlsein kränkelt, weil er lebt, Das nur in seinem Tod gesundet. Herr, Mit hartem Stoß und Schlag hat mich die Welt So aufgereizt, daß mich's nicht kümmert, was Der Welt zum Trotz ich tu'. Und ich bin einer, So matt von Elend, so zerzaust vom Unglück, Daß ich mein Leben setz' auf jeden Wurf, Es zu verbessern oder los zu werden. Ihr wißt es beide, Banquo war eu'r Feind. Gewiß, mein Fürst. So ist er meiner auch, Und in so blut'ger Näh', daß jeder Pulsschlag Von ihm nach meinem Herzensleben zielt. Und obgleich meine Macht mit offnem Antlitz Ihn löschen könnt' aus meinem Blick und frei Mein Wort die Tat gestehn: doch darf ich's nicht, Um manchen, der mir Freund ist so wie ihm, Des Lieb' ich nicht kann missen; seinen Fall Muß ich beklagen, den ich selbst erschlug: Und darum sprech' ich euch um Beistand an, Dem Pöbelauge das Geschäft verlarvend Aus manchen wichtigen Gründen. Wir vollziehn, Was Ihr befehlt. Wenn unser Leben auch – Aus euren Augen leuchtet euer Mut. In dieser Stunde spät'stens meld' ich euch, Wo ihr euch stellt; bericht' euch aufs genau'ste Den Augenblick; denn heut nacht muß es sein; Und etwas ab vom Schloß: stets dran gedacht, Daß ich muß rein erscheinen! Und mit ihm, Um nichts nur halb und obenhin zu tun, Muß Fleance, sein Sohn, der ihm Gesellschaft leistet, Des Wegtun mir nicht minder wichtig ist Als seines Vaters, das Geschick mit ihm Der dunkeln Stunde teilen. Entschließt euch nun für euch; gleich komm' ich wieder. Wir sind entschlossen, Herr. So ruf' ich euch Alsbald; verweilt da drin! Es ist entschieden: Denkst, Banquo, du, den Himmel zu gewinnen, Muß deine Seel' heut nacht den Flug beginnen. Alle ab. Zweite Szene Zweite Szene Ebendaselbst, ein anderes Zimmer. Lady Macbeth tritt auf mit einem Diener. Ist Banquo fort vom Hof? Ja, Kön'gin, doch er kommt zurück heut abend. Dem König meld', ich lasse ihn ersuchen Um wen'ge Augenblicke. Ich gehorche. Er geht ab. Nichts ist gewonnen, alles ist dahin, Stehn wir am Ziel mit unzufriednem Sinn: Viel sichrer, das zu sein, was wir zerstört, Als daß uns Mord ein schwankend Glück gewährt. Macbeth tritt auf. Nun, teurer Freund, was bist du so allein Und wählst nur trübe Bilder zu Gefährten, – Gedanken hegend, die doch tot sein sollten, Wie jen', an die sie denken? Was unheilbar: Vergessen sei's: Geschehn ist, was geschehn. Zerhackt ward nur die Schlange, nicht getötet: Sie heilt und bleibt dieselb', indes ihr Zahn Wie sonst gefährdet unsre arme Bosheit. Doch ehe soll der Dinge Bau zertrümmern, Die beiden Welten schaudern, eh' wir länger In Angst verzehren unser Mahl und schlafen In der Bedrängnis solcher grausen Träume, Die uns allnächtlich schütteln: Lieber bei Dem Toten sein, den, Frieden uns zu schaffen, Zum Frieden wir gesandt, als auf der Folter Der Seel' in ruheloser Qual zu zucken! Duncan ging in sein Grab, Sanft schläft er nach des Lebens Fieberschauern; Verrat, du tatst dein Ärgstes: Gift, noch Dolch, Einheim'sche Bosheit, fremder Anfall, nichts Kann ferner ihn berühren. Oh, laß gut sein! Mein liebster Mann, die Runzeln glätte weg; Sei froh und munter heut mit deinen Gästen! Das will ich, Lieb'; und, bitte, sei es auch: Vor allen wend' auf Banquo deine Sorgfalt, Und schenk' ihm Auszeichnung mit Wort und Blick: Unsicher noch, sind wir genötigt, so Zu baden unsre Würd' in Schmeichelströmen; Daß unser Antlitz Larve wird des Herzens, Verbergend, was es ist. Du mußt das lassen. Oh! von Skorpionen voll ist mein Gemüt: Du weißt, Geliebte, Banquo lebt und Fleance. Doch schuf Natur sie nicht für ew'ge Dauer. Ja, das ist Trost; man kann noch an sie kommen: Drum sei du fröhlich! Eh' die Fledermaus Geendet ihren klösterlichen Flug, Eh', auf den Ruf der dunkeln Hekate, Der hornbeschwingte Käfer, schläfrig summend, Die nächt'ge Schlummerglocke hat geläutet, Ist eine Tat geschehn furchtbarer Art. Was hast du vor? Unschuldig bleibe, Kind, und wisse nichts, Bis du der Tat kannst Beifall rufen. Komm Mit deiner dunklen Binde, Nacht; verschließe Des mitleidvollen Tages zartes Auge; Durchstreich' mit unsichtbarer, blut'ger Hand Und reiß' in Stücke jenen großen Schuldbrief, Der meine Wangen bleicht! – Das Licht wird trübe; Zum dampfenden Wald erhebt die Kräh' den Flug; Die Tagsgeschöpfe schläfrig niederkauern, Und schwarze Nachtunhold' auf Beute lauern. Du staunst mich an? Still! – Sündentsproßne Werke Erlangen nur durch Sünden Kraft und Stärke. So, bitte, geh mit mir! Sie gehn ab. Dritte Szene Dritte Szene Ebendaselbst, ein Park im Schloß. Drei Mörder treten auf. Wer aber hieß dich zu uns stoßen? Macbeth. Man braucht ihm nicht zu mißtraun; denn er kennt Unser Geschäft, das man uns aufgetragen, Und weiß genau Bescheid. So bleib' bei uns! Der West glimmt noch von schwachen Tagesstreifen: Der Reiter spornt nun eil'ger durch die Dämm'rung, Zur Schenke noch zu kommen; und schon naht Der, den wir hier erwarten. Pferde! – Horcht! hinter der Szene. Heda! Bringt Licht! Er muß es sein; die andern, Die noch erwartet wurden, sind schon alle Im Schloß. Die Pferde machen einen Umweg. Fast eine Meile; und er geht gewöhnlich, Wie jeder tut, von hier bis an das Schloßtor Zu Fuß. Banquo und Fleance treten auf, ein Diener mit einer Fackel voran. Ein Licht! Er ist es. Macht euch dran! 's kommt Regen noch zur Nacht. So mag er fallen! Ersticht Banquo. Weh mir! Verrat! Flieh', guter Fleance, flieh', flieh'! Du kannst mein Rächer sein. – O Sklave! – Banquo stirbt. Fleance und der Diener fliehn. Wer schlug das Licht aus? War's nicht wohl getan? Nur einer liegt; der Sohn entfloh. So ist Die beste Hälfte unsrer Müh' verloren. Gut, gehn wir denn und melden, was getan. Sie gehn ab. Vierte Szene Vierte Szene Prunksaal im Schloß, gedeckte Tafel. Es treten auf Macbeth, Lady Macbeth, Rosse, Lenox, Lords, Gefolge. Ihr kennt selbst euren Rang: nehmt Platz! Willkommen Seid ein für allemal! Dank Euer Hoheit! Wir wollen uns in die Gesellschaft mischen, Als aufmerksamer Wirt. Die Wirtin nahm Schon ihren Sitz; doch mit Vergünstigung Ersuchen wir um ihren Gruß und Willkomm. Sprich ihn für mich zu allen unsern Freunden; Denn herzlich heiß' ich alle sie willkommen. Der erste Mörder tritt zur Seitentür ein. Sieh, ihres Herzens Dank kommt dir entgegen. Gleich voll sind beide Seiten. Hier will ich Mich in die Mitte setzen. Ungehemmt Sei nun die Lust; gleich soll der Becher kreisen. Auf deiner Stirn ist Blut – So ist es Banquos. Viel besser draußen an dir, als er hier drinnen. So ist er abgetan? Herr, seine Kehle Ist durchgeschnitten; – das tat ich für ihn. Du bist der beste Kehlabschneider; doch Auch der ist gut, der das für Fleance getan; Warst du's, so hast du deinesgleichen nicht. Mein königlicher Herr, Fleance ist entwischt. So bin ich wieder krank; sonst wär' ich stark, Gesund wie Marmor, fest wie Fels gegründet, Weit, allgemein, wie Luft und Windeshauch; Doch jetzt bin ich umschränkt, gepfercht, umpfählt, Geklemmt von niederträcht'ger Furcht und Zweifeln. Doch Banquo ist uns sicher? Ja, teurer Herr! im Graben liegt er sicher: In seinem Kopfe zwanzig tiefe Wunden, Die kleinst' ein Lebenstod. Nun, dafür Dank! Da liegt Die ausgewachsne Schlange; das entfloh'ne Gewürm ist giftig einst, nach seiner Art; Doch zahnlos jetzt. – Nun mach' dich fort; auf morgen Vernehm ich mehr. Mörder geht ab. Mein königlicher Herr, Ihr seid kein heitrer Wirt. Das Fest ist feil, Wird nicht das Mahl durch Freundlichkeit gewürzt, Durch Willkomm erst geschenkt. Man speist am besten Daheim; doch auswärts macht die Höflichkeit Den Wohlgeschmack der Speisen: nüchtern wäre Gesellschaft sonst. Du holde Mahnerin! – Nun, auf die Eßlust folg' ein gut Verdauen, Gesundheit beiden! Gefällt es Eurer Hoheit, sich zu setzen? Banquos Geist kommt und setzt sich auf Macbeths Platz. Beisammen wär' uns hier des Landes Adel, Wenn unser Freund nicht, unser Banquo, fehlte; Doch möcht' ich lieber ihn unfreundlich schelten, Als eines Unfalls wegen ihn bedauern. Da er nicht kommt, verletzt er sein Versprechen. Gefällt's Eu'r Majestät, uns zu beglücken, Indem Ihr Platz in unsrer Mitte nehmt? Die Tafel ist voll. Hier ist ein Platz noch. Wo? Hier, teurer König. Was erschreckt Eu'r Hoheit? Wer von euch tat das? Was, mein guter Herr? Du kannst nicht sagen, daß ich's tat. Oh, schüttle Nicht deine blut'gen Locken gegen mich! Steht auf, ihr Herrn, dem König ist nicht wohl. Bleibt sitzen, Herrn: der König ist oft so, Und war's von Jugend an – oh, steht nicht auf! Schnell geht der Anfall über; augenblicks Ist er dann wohl. Beachtet ihr ihn viel, So reizt ihr ihn, und länger währt das Übel. Eßt, seht ihn gar nicht an! – Bist du ein Mann? Ja, und ein kühner, der das wagt zu schauen, Wovor der Teufel blaß wird. Schönes Zeug! Das sind die wahren Bilder deiner Furcht; Das ist der luft'ge Dolch, der, wie du sagtest, Zu Duncan dich geführt! – Ha! dieses Zucken, Dies Starr'n, Nachäffung wahren Schrecks, sie paßten Zu einem Weibermärchen am Kamin, Bestätigt von Großmütterchen. – Oh, schäme dich! Was machst du für Gesichter! denn am Ende; Schaust du nur auf 'nen Stuhl. In bitt' dich, sieh! blick' auf! schau' an! was sagst du? – Ha! meinethalb! Wenn du kannst nicken, sprich auch! Wenn Grab und Beingewölb' uns wieder schickt Die wir begruben, sei der Schlund der Geier Uns Totengruft! Der Geist geht fort. Was! ganz entmannt von Torheit! So wahr ich leb', ich sah ihn! O der Schmach! Blut ward auch sonst vergossen, schon vor Alters, Eh' menschlich Recht den frommen Staat verklärte; Ja, auch seitdem geschah so mancher Mord, Zu schrecklich für das Ohr: da war's Gebrauch, Daß, war das Hirn heraus, der Mann auch starb, Und damit gut. Doch heutzutage stehn sie wieder auf, Mit zwanzig Todeswunden an den Köpfen, Und stoßen uns von unsern Stühlen: Das Ist wohl seltsamer noch als solch ein Mord. Mein König, Ihr entzieht Euch Euren Freunden. Ha! ich vergaß; – Staunt über mich nicht, meine würd'gen Freunde; Ich hab' ein seltsam Übel, das nichts ist Für jene, die mich kennen. Wohlan! Lieb' und Gesundheit trink' ich allen, Dann setz' ich mich. Ha! Wein her! voll den Becher! Der Geist kommt. So trink' ich auf das Wohl der ganzen Tafel Und Banquos, unsers Freunds, den wir vermissen. Wär' er doch hier! Sein Wohlergehn, wie aller Trink' ich: Ihm, Euch! Wir danken pflichtergeben. Hinweg! – Aus meinen Augen! – Laß Die Erde dich verbergen! Marklos ist dein Gebein, dein Blut ist kalt; Du hast kein Anschaun mehr in diesen Augen, Mit denen du so stierst. Nehmt dies, ihr Herrn, Als was Alltägliches: nichts weiter ist's; Nur daß es uns des Abends Lust verdirbt. Was einer wagt, wag' ich: Komm du mir nah als zott'ger russ'scher Bär, Geharn'scht Rhinozeros, hyrkan'scher Tiger – Nimm jegliche Gestalt, nur diese nicht – Nie werden meine festen Nerven beben. Oder sei lebend wieder; fordre mich In eine Wüst' aufs Schwert; verkriech' ich mich Dann zitternd, ruf' mich aus als Dirnenpuppe! Hinweg! gräßlicher Schatten! Unkörperliches Blendwerk, fort! –Ha! So! – Geist entweicht. Du nicht mehr da, nun bin ich wieder Mann. – Ich bitte, steht nicht auf! Ihr habt die Lust Verscheucht und die Geselligkeit gestört, Durch höchst fremdart'ge Grillen. Kann solch Wesen An uns vorüberziehn wie Sommerwolken, Ohn' unser mächtig Staunen? Ihr entfremdet Mich meinem eignen Selbst, bedenk' ich jetzt, Daß ihr anschaut Gesichte solcher Art, Und doch die Röte eurer Wangen bleibt, Wenn Schreck die meinen bleicht. Was für Gesichte? Ich bitt' Euch, sprecht nicht; er wird schlimm und schlimmer; Fragen bringt ihn in Wut. Gut' Nacht mit eins! Beim Weggehn haltet nicht auf euern Rang, Geht all' zugleich! Wir wünschen Eurer Hoheit Gut' Nacht, und beßres Wohl! Gut' Nacht euch allen! Alle Lords nebst Gefolge gehn ab. Es fordert Blut, sagt man: Blut fordert Blut. Man sah, daß Fels sich regt' und Bäume sprachen; Auguren haben durch Geheimnisdeutung Von Elstern, Kräh'n und Dohlen ausgefunden Den tief verborgnen Mörder. – Wie weit ist die Nacht? Im Kampf fast mit dem Tag: ob Nacht, ob Tag. Was sagst du, daß Macduff zu kommen weigert Auf unsre Ladung? Sandtest du nach ihm? Ich hört's von ungefähr; doch will ich senden: Kein einz'ger, in des Haus mir nicht bezahlt Ein Diener lebte. Morgen will ich hin, Und in der Frühe zu den Zauberschwestern: Sie sollen mehr mir sagen; denn gespannt Bin ich, das Schlimmst' auf schlimmstem Weg zu wissen. Zu meinem Vorteil muß sich alles fügen; Ich bin einmal so tief in Blut gestiegen, Daß, wollt' ich nun im Waten stille stehn, Rückkehr so schwierig wär', als durch zu gehn. Seltsames glüht im Kopf, es will zur Hand, Und muß getan sein, eh' noch recht erkannt. Dir fehlt die Würze aller Wesen, Schlaf. Zu Bett! – Daß selbstgeschaffnes Grau'n mich quält, Ist Furcht des Neulings, dem die Übung fehlt: – Wahrlich, wir sind zu jung nur. – Sie gehen ab. Fünfte Szene Fünfte Szene Die Heide. Donner. Hekate kommt, die drei Hexen ihr entgegen. Was gibt es, Hekate, warum so zornig? Ihr garst'gen Vetteln, hab' ich denn nicht recht? Da ihr euch, dreist und unverschämt, erfrecht Und treibt mit Macbeth euren Spuk, In Rätselkram, in Mord und Trug? Und ich, die Meist'rin eurer Kraft, Die jedes Unheil wirkt und schafft, Mich bat man nicht um meine Gunst, Zu Ehr' und Vorteil unsrer Kunst? Und, schlimmer noch, uns wird kein Lohn, Ihr dientet dem verkehrten Sohn, Der, trotzig und voll Übermut, Sein Werk nur, nicht das eure, tut. Auf! bessert's noch, macht euch davon, Trefft mich am Pfuhl des Acheron; Dahin wird er am Morgen gehn, Von uns sein Schicksal zu erspähn. Mit Hexenspuk und Sprüchen seid Und jedem Zauberkram bereit! Ich muß zur Luft hinauf; die Nacht Wird auf ein Unheilswerk verbracht: Vor Mittag viel geschehn noch soll. Ein Tropfen gift'ger Dünste voll An einem Horn des Mondes blinkt: Den fang' ich, eh' er niedersinkt: Der, destilliert mit Zauberflüchen, Ruft Geister, die mit list'gen Sprüchen Ihn mächtig täuschen, daß Beschwörung Ihn treibt in Wahnwitz, in Zerstörung. Dem Tod und Schicksal sprech' er Hohn, Nicht Gnad' und Furcht soll ihn bedrohn; Denn, wie ihr wißt, war Sicherheit Des Menschen Erbfeind jederzeit. Musik hinter der Szene. Hinweg! Dort sitzt mein kleiner Geist, o schaut! In einer dunkeln Wölk' und ruft mich laut. hinter der Szene. Komm heran, komm heran! Hekate, o komm heran! Ich komm', ich komm', ich komme! So schnell ich immer kann! So schnell ich immer kann! Sie geht ab. Fort, laßt uns eilen; bald kommt sie zurück. Sie gehn ab. Sechste Szene Sechste Szene Fores, im Schloß. Lenox und ein Lord treten auf. Mein Wort berührt nur leicht, was Ihr gedacht; Sinnt ferner drüber nach! Ich sage nur, Seltsam geht manches zu: der gnadenreiche Duncan Ward von Macbeth beklagt – Nun, er war tot – Der wackre Banquo ging zu spät noch aus – Wollt Ihr, so könnt Ihr sagen: Fleance erschlug ihn, Denn Fleance entfloh. – Man muß so spät nicht ausgehn. Wer kann wohl anders, als es schändlich finden, Daß Donalbain und Malcolm töteten Den gnadenreichen Vater? Höll'sche Untat! Wie grämte Macbeth sich! Erschlug er nicht In frommer Wut die beiden Täter gleich, Die weinbetäubt und schlafversunken waren? War's edel nicht getan? Ja, klüglich auch; Denn jedes Menschen Seel' hätt' es empört, Ihr Leugnen anzuhören. Also sag' ich, Alles verfügt' er wohl: so denk' ich auch, Daß, hätt' er Duncans Söhne unterm Schloß (Was, mit des Himmels Hülfe, nie geschehn soll), Sie würden fühlen, was es sagen will, Den Vater zu ermorden; so auch Fleance. Doch still! für dreiste Wort', und weil er ausblieb Beim Feste des Tyrannen, fiel Macduff In Ungunst. Sandte er zu Macduff hin? Ja; doch mit einem kurzen »Herr, nicht ich« Schickt' er den finstern Boten heim; der murmelt, Als wollt' er sagen: »Ihr bereut die Stunde, Die mich beschwert mit dieser Antwort.« Dien' ihm Als Warnung das, so fern zu bleiben, wie Ihm seine Weisheit rät. Wißt Ihr, wo Malcolm Sich aufhält? Duncans Sohn, durch den Tyrannen Beraubt des Erbrechts, lebt an Englands Hof, Wo ihn der fromme Eduard aufgenommen, So huldreich, daß des Glückes Bosheit nichts Ihm raubt an Achtung. Dorthin will auch Macduff, Des heil'gen Königs Hülfe zu erbitten, Daß er Northumberland und Siward sende: Damit durch ihren Beistand, nächst dem Schutz Des Himmels, wir von neuem schaffen mögen Den Tafeln Speis' und unsern Nächten Schlaf, Fest und Bankett befrein von blut'gen Messern, Mit Treuen huld'gen, freie Ehr' empfangen, Was alles uns jetzt fehlt; und diese Nachricht Hat so den König aufgeregt, daß er Zum Kriege rüstet. Flieg' ein heil'ger Engel Voran zum Hof nach England und verkünde Die Botschaft, eh' er kommt, daß Segen schnell Dies Land erfreue, von verfluchter Hand So hart gedrückt! Auch mein Gebet mit ihm. Sie gehn ab. Vierter Aufzug Erste Szene Erste Szene Eine finstre Höhle, in der Mitte ein Kessel. Donner; die drei Hexen kommen. Die gelbe Katz' hat dreimal miaut. Ja, und einmal der Igel quiekt. Die Harpye schreit: – 's ist Zeit. Um den Kessel dreht euch rund, Werft das Gift in seinen Schlund! Kröte, die im kalten Stein Tag' und Nächte, dreimal neun, Zähen Schleim im Schlaf gegoren, Sollst zuerst im Kessel schmoren! Spart am Werk nicht Fleiß noch Mühe, Feuer sprühe, Kessel glühe! Sumpf'ger Schlange Schweif und Kopf Brat' und koch' im Zaubertopf: Molchesaug' und Unkenzehe, Hundemaul und Hirn der Krähe; Zäher Saft des Bilsenkrauts, Eidechsbein und Flaum vom Kauz: Mächt'ger Zauber würzt die Brühe, Höllenbrei im Kessel glühe! Spart am Werk nicht Fleiß noch Mühe, Feuer sprühe, Kessel glühe! Wolfeszahn und Kamm des Drachen, Hexenmumie, Gaum und Rachen Aus des Haifisch scharfem Schlund; Schierlingswurz aus finsterm Grund; Auch des Lästerjuden Lunge, Türkennas' und Tartarzunge; Eibenreis, vom Stamm gerissen In des Mondes Finsternissen; Hand des neugebornen Knaben, Den die Metz' erwürgt im Graben, Dich soll nun der Kessel haben. Tigereingeweid' hinein, Und der Brei wird fertig sein. Spart am Werk nicht Fleiß noch Mühe, Feuer sprühe, Kessel glühe! Abgekühlt mit Paviansblut, Wird der Zauber stark und gut. Hekate kommt. So recht! ich lobe euer Walten; Jede soll auch Lohn erhalten. Um den Kessel tanzt und springt, Elfen gleich den Reihen schlingt, Und den Zaubersegen singt! Geister weiß und grau, Geister rot und blau: Rührt, rührt, rührt, Rührt aus aller Kraft! Ha! mir juckt der Daumen schon, Sicher naht ein Sündensohn – Laßt ihn ein, wer mag's sein! Macbeth tritt auf. Nun, ihr geheimen, schwarzen Nachtunholde! Was macht ihr da? Ein namenloses Werk. Bei dem, was ihr da treibt, beschwör' ich euch (Wie ihr zur Kund' auch kommt), antwortet mir: Entfesselt ihr den Sturm gleich, daß er kämpft Gegen die Kirchen, und die schäum'gen Wogen Vernichten und verschlingen alle Schiffahrt, Daß reifes Korn sich legt und Wälder brechen, Daß Burgen auf den Schloßwart niederprasseln, Daß Pyramiden und Paläste beugen Bis zu dem Grund die Häupter: Müßte selbst Der Doppellichter Pracht und Ordnung wild Zusammen taumeln, ja, bis zur Vernichtung Erkranken: Antwort gebt auf meine Fragen! Sprich! Frag'! Wir geben Antwort. Hörst du's aus unserm Munde lieber, oder Von unsern Meistern? Ruft sie, ich will sie sehn! Gießt der Sau Blut, die neun Jungen Fraß, noch zu; werft Fett, gedrungen Aus des Mörders Rabenstein, In die Glut! Kommt, groß und klein! Seid dienstbehend' und stellt euch ein! Donner. Ein bewaffnetes Haupt steigt aus dem Kessel. Sprich, unbekannte Macht – Er weiß dein Fragen: Hören mußt du, selbst nichts sagen. Macbeth! Macbeth! Macbeth! scheu' den Macduff, Scheue den Than von Fife! – Laßt mich – genug! Versinkt. Wer du auch seist, für deine Warnung Dank; Du trafst den wunden Fleck: – Doch noch ein Wort – Er läßt sich nicht befehlen. Hier ein andrer, Mächt'ger als jener. Donner. Ein blutiges Kind steigt aus dem Kessel. Macbeth! Macbeth! Macbeth! Hätt' ich drei Ohren, hört' ich dich. Sei blutig, kühn und frech; lach' aller Toren, Dir schadet keiner, den ein Weib geboren: Kein solcher kränkt Macbeth! Versinkt. Dann leb' Macduff; was brauch' ich dich zu fürchten? Doch mach' ich doppelt sicher Sicherheit, Und nehm' ein Pfand vom Schicksal: – du sollst sterben; Dann sag' ich zu der bleichen Furcht: du lügst! Und schlafe trotz dem Donner. – Donner. Ein gekröntes Kind steigt aus dem Kessel, mit einem Baum in der Hand. Was ist das, Das aufsteigt wie der Sprößling eines Königs Und um die Kindesstirn geflochten hat Den Kranz der Majestät? Horch, sprich's nicht an! Sei löwenkühn und stolz; nichts darfst du scheuen Wer tobt, wer knirscht, und ob Verräter dräuen: Macbeth wird nie besiegt, bis einst hinan Der große Birnams Wald zum Dunsinan Feindlich emporsteigt. Versinkt. Das kann nimmer werden – Wer wirbt den Wald? heißt Bäume von der Erden Die Wurzel lösen? Wie der Spruch entzückt! Aufruhr ist tot, bis Birnams Waldung rückt Bergan, und unser Macbeth hochgemut Lebt bis ans Ziel der Tage, zahlt Tribut Nur der Natur und Zeit. – Doch klopft mein Herz, nur eins noch zu erfahren: Sprecht, kann mir eure Kunst dies offenbaren: Wird Banquos Same je dies Reich regieren? Frag' weiter nichts! Ich will befriedigt sein: versagt mir das, Und seid verflucht auf ewig! Laßt mich wissen – Hoboen. Warum versinkt der Kessel? Welch Getön'? Erscheint! Erscheint! Erscheint! Erscheint dem Aug' und quält den Sinn: Wie Schatten kommt und fahrt dahin! Acht Könige erscheinen und gehn über die Bühne, der letzte trägt einen Spiegel; Banquo folgt. Du bist zu ähnlich Banquos Geist! Hinab! – Dein Diadem brennt mir die Augen. – Und du Mit goldumwundner Stirne gleichst dem ersten: – Ein dritter wie der zweite – Garst'ge Hexen! Warum zeigt ihr mir das? Ein vierter! – Blick, erstarre! Wie! dehnt die Reih' sich bis zum Jüngsten Tag? Und noch! – Ein siebenter! – Ich will nichts mehr sehn. – Da kommt der achte noch, und hält 'nen Spiegel, Der mir viel andre zeigt, und manche seh' ich, Die zwei Reichsäpfel und drei Szepter tragen – Furchtbarer Anblick! Ja, ich seh', 's ist wahr; Denn lächelnd winkt der blutdurchsiebte Banquo Und deutet auf sie hin, als auf die Seinen. – Was, ist es so? Ja, alles ist so. – Doch warum Steht Macbeth da so starr und stumm? Auf! zu ermuntern seinen Geist, Ihm unsre schönsten Künste weist! Durch Zaubertönen luft'ge Weisen; Auf! tanzt in vielverschlungnen Kreisen! Der König soll uns Lob gewähren, Sein Kommen wußten wir zu ehren. Musik; die Hexen tanzen und verschwinden. Wo sind sie? Fort? – Mag diese Unglücksstunde Verflucht auf ewig im Kalender stehn! – Herein, du draußen! – Lenox tritt auf. Was befiehlt Eu'r Hoheit? Sahst du die Zauberschwestern? Nein, mein König! Sie kamen nicht vorbei? Gewiß nicht, Herr. Verpestet sei die Luft, auf der sie fahren, Und alle die verdammt, so ihnen trauen! Ich hörte Pferd'galopp – wer kam vorbei? Zwei oder drei, Herr, die Euch Nachricht brachten, Daß Macduff floh nach England. Floh nach England? Ja, gnäd'ger Herr. O Zeit! vor eilst du meinem grausen Tun! Nie wird der flücht'ge Vorsatz eingeholt, Geht nicht die Tat gleich mit: Von Stund' an nun Sei immer meines Herzens Erstling auch Erstling der Hand! Und den Gedanken gleich Zu krönen, sei's getan, so wie gedacht: Die Burg Macduffs will ich jetzt überfallen; Fife wird erobert und dem Schwert geopfert Sein Weib und Kind, und alle armen Seelen Aus seinem Stamm. Das ist nicht Torenwut; Es ist getan, eh' sich erkühlt mein Blut. – Nur keine Geister mehr! – Wo sind die Herrn? Komm, führ' mich hin zu ihnen! Sie gehn ab. Zweite Szene Zweite Szene Fife, Zimmer in Macduffs Schloß. Es treten auf Lady Macduff, ihr kleiner Sohn und Rosse. Was tat er denn, landflüchtig so zu werden? Geduldig müßt Ihr sein. Er war es nicht. Die Flucht ist Wahnsinn. Wenn nicht unsre Taten, Macht Furcht uns zu Verrätern. Wenig wißt Ihr, Ob er der Weisheit oder Furcht gehorchte. Weisheit! Sein Weib, die kleinen Kinder lassen, Haushalt wie seine Würden, an dem Ort, Von dem er selbst entflieht? Er liebt uns nicht, Ihm fehlt Naturgefühl: Bekämpft der schwache Zaunkönig, dieses kleinste Vögelchen, Die Eule doch für seine Brut im Nest. Bei ihm ist alles Furcht, und Liebe nichts; Nicht größer ist die Weisheit, wo die Flucht So gegen die Vernunft rennt. Teure Muhme, Ich bitte, mäßigt Euch; denn Euer Gatte Ist edel, klug, vorsichtig, kennt am besten Der Tage Sturm. – Nicht viel mehr darf ich sagen: – Doch harte Zeit, wenn wir Verräter sind Uns unbewußt, wenn uns Gerüchte ängsten, Aus Furcht nur, doch nicht wissend, was wir fürchten, Getrieben auf empörtem, wildem Meer, Nach allen Seiten hin. – So lebt denn wohl! Nicht lang', und wieder frag' ich vor bei Euch. Was so tief sank, geht unter, oder klimmt Zur alten Höh' empor. Mein Vetterchen, Gott segne dich! Er hat 'nen Vater und ist vaterlos. Ich bin so kindisch, daß ein längres Bleiben Mich nur beschämen würd' und Euch entmut'gen: Lebt wohl mit eins! Er geht ab. Nun, Freund, tot ist dein Vater: Und was fängst du nun an? Wie willst du leben? Wie Vögel, Mutter. Was, von Würmern? Fliegen? Nein, was ich kriegen kann: so machen sie's. Du armer Vogel, würdest nicht das Netz, Leimrute, Schling' und Falle fürchten. Wie doch? Für arme Vögel stellt man die nicht auf. – Mein Vater ist nicht tot, was du auch sagst. Ja, doch; wo kriegst du nun 'nen Vater her? Nun, wo kriegst du 'nen Mann her? Ei, zwanzig kauf' ich mir auf jedem Markt. So kaufst du sie, sie wieder zu verkaufen. Du sprichst, so klug du kannst, und für dein Alter Doch wahrlich klug genug. War mein Vater ein Verräter, Mutter? Ja, das war er. Was ist ein Verräter? Nun, einer, der schwört und es nicht hält. Und sind alle Verräter, die das tun? Jeder, der das tut, ist ein Verräter und muß aufgehängt werden. Müssen denn alle aufgehängt werden, die schwören und es nicht halten? Jawohl. Wer muß sie denn aufhängen? Nun, die ehrlichen Leute. Dann sind die, welche schwören und es nicht halten, rechte Narren; denn ihrer sind so viele, daß sie die ehrlichen Leute schlagen könnten und aufhängen dazu. Nun, Gott stehe dir bei, armes Äffchen! Aber was willst du nun anfangen, um einen Vater zu bekommen? Wenn er tot wäre, so würdest du um ihn weinen, und tätest du das nicht, so wäre es ein gutes Zeichen, daß ich bald einen neuen Vater bekomme. Armes Närrchen, wie du plauderst! Ein Bote tritt auf. Gott mit Euch, schöne Frau! Ihr kennt mich nicht, Doch weiß ich Euren Stand und edeln Namen. Ich fürchte, daß Gefahr Euch nah bedroht; Verschmäht Ihr nicht den Rat 'nes schlichten Mannes, So bleibt nicht hier: schnell fort mit Euren Kleinen! Euch so zu schrecken, bin ich grausam zwar; Doch wär's Unmenschlichkeit, es nicht zu tun, Da die Gefahr so nah. Der Himmel schütz' Euch! Ich darf nicht weilen. Er geht ab. Wohin sollt' ich fliehn? Ich tat nichts Böses: doch jetzt denk' ich dran, Dies ist die ird'sche Welt, wo Böses tun Oft löblich ist, und Gutes tun zuweilen Schädliche Torheit heißt. Warum denn, ach, Verlass' ich mich auf diese Frauenwaffe, Und sag', ich tat nichts Böses? – Die Mörder kommen. Was für Gesichter? Wo ist Euer Mann? Nicht, hoff' ich, an so ungeweihtem Platz, Wo deinesgleichen ihn kann finden. Er Ist ein Verräter. Du lügst, strupfköpf'ger Schurke! Was! du Ei, Verräterbrut! Ersticht das Kind. Er hat mich umgebracht! Mutter, ich bitte dich, lauf fort! Lady Macduff entflieht und schreit »Mord!«. Die Mörder verfolgen sie. Dritte Szene Dritte Szene England. Park beim königlichen Schloß. Malcolm und Macduff treten auf. Laß uns 'nen stillen Schatten suchen und Durch Tränen unser Herz erleichtern! Lieber Laß uns, das Todesschwert ergreifend, wacker Aufstehn für unser hingestürztes Recht! An jedem Morgen heulen neue Witwen, Und neue Waisen wimmern; neuer Jammer Schlägt an des Himmels Wölbung, daß er tönt, Als fühlt' er Schottlands Schmerz und hallte gellend Den Klagelaut zurück. Das, was ich glaube, Will ich betrauern; glauben, was Ihr sagt, Und helfen will ich, wo ich kann, wenn Zeit Und Freund' ich finde. Was Ihr mir erzählt, Kann wohl sich so erhalten. Der Tyrann, Des Name schon die Zung' uns schwären macht, Galt einst für ehrlich: Ihr habt ihn geliebt, Noch kränkt' er Euch nicht. Ich bin jung, doch näher Könnt Ihr durch mich ihn prüfen; Weisheit ist's, Ein arm, unschuldig, schwaches Lamm zu opfern, Um einen zorn'gen Gott zu sühnen. Ich Bin kein Verräter. Aber Macbeth ist's. Auch strenge Tugend kann sich schrecken lassen Durch königliches Machtwort – doch verzeiht! Mein Denken kann das, was Ihr seid, nicht wandeln: Stets sind die Engel hell, fiel auch der hellste; Borgt' alles Schlechte auch den Schein der Gnade, Doch müßte Gnade wie sie selbst erscheinen. So hab' ich meine Hoffnung denn verloren! Vielleicht da, wo ich meinen Zweifel fand. Wie! in der Hast verließt Ihr Weib und Kind, So teure Pfänder, mächt'ge Liebesknoten, Selbst ohne Abschiednehmen? – Ich ersuch' Euch – Mein Mißtraun spricht nicht so, Euch zu entehren, Nur, mich zu sichern. Ihr könnt rein und treu sein, Was ich von Euch auch denke. Blute, blute, Du armes Vaterland! So lege festen Grund denn, Tyrannei, Rechtmäßigkeit wagt nicht; dich anzugreifen! Trage dein Leid, dein echter Herrscher zittert! Prinz, lebe wohl! Nicht möcht' ich sein der Schurke, Den du mich achtest, für den weiten Raum, Den der Tyrann in seinen Klauen hält, Zusamt dem reichen Ost. Sei nicht beleidigt! Nicht unbedingter Argwohn sprach aus mir. Ich glaub' es, unser Land erliegt dem Joch; Es weint und blutet; jeder neue Tag Schlägt neue Wunden ihm; auch glaub' ich wohl, Daß Hände sich erhöben für mein Recht; So bietet der huldreiche England mir Manch wackres Tausend. Doch, bei alle dem, Wenn ich nun tret' auf des Tyrannen Haupt, Es trag' auf meinem Schwert, wird größre Laster Mein armes Land noch tragen als zuvor, Mehr dulden und auf schlimmre Art als je, Durch den, der folgen wird. Wer wäre dieser? Mich selber mein' ich, in dem, wie ich weiß, Die Keime aller Laster so geimpft sind, Daß, brechen sie nun auf, der schwarze Macbeth Rein scheint wie Schnee, und er dem armen Staat Lammartig dünkt, vergleicht er ihn mit meiner Maßlosen Sündlichkeit. Nicht in Legionen Der grausen Höll' ist ein verrucht'rer Teufel, Der Macbeth überragt. Wohl ist er blutig, Wollüstig, geizig, falsch, betrügerisch, Jähzornig, hämisch; schmeckt nach jeder Sünde, Die Namen hat. Doch völlig bodenlos Ist meine Wollust: eure Weiber, Töchter, Jungfrau'n, Matronen könnten aus nicht füllen Den Abgrund meiner Lust; und meine Gier Würd' überspringen jede feste Schranke, Die meine Willkür hemmte. Besser Macbeth, Als daß ein solcher herrscht! Unmäß'ge Wollust Ist wohl auch Tyrannei, und hat schon oft Manchen beglückten Thron zu früh verwaist, Viel Könige gestürzt. Allein deshalb Zagt nicht, zu nehmen, was Eu'r Eigen ist: Ihr mögt der Lust ein weites Feld gewähren Und kalt erscheinen, Euch der Welt verhüllend: Der will'gen Frauen gibt's genug; unmöglich Kann solch ein Geier in Euch sein, der alle Verschlänge, die der Hoheit gern sich opfern, Zeigt sie ein solch Gelüst. Daneben wuchert In meinem tief verderbten Sinn der Geiz, So unersättlich, daß, wär' ich der König, Räumt' ich die Edeln weg um ihre Güter; Dem raubt' ich die Juwelen, dem das Haus; Mehr haben wäre mir die Würzung nur, Den Hunger mehr zu reizen; Netze strickt' ich, Mit bösem Streit den Redlichen zu fangen, Um Reichtum ihn vernichtend. Dieser Geiz Steckt tiefer, schlingt verderblicher die Wurzeln Als sommerliche Lust: er war das Schwert, Das unsre Kön'ge schlug. Doch fürchtet nichts: Schottland hat Reichtum g'nug. Euch zu befried'gen, Der Euch mit Recht gehört. Dies alles ist Erträglich, ausgesöhnt durch Tugenden. Die hab' ich nicht: – die Königstugenden, Wahrheit, Gerechtigkeit, Starkmut, Geduld, Ausdauer, Milde, Andacht, Gnade, Kraft, Mäßigkeit, Demut, Tapferkeit: von allen Ist keine Spur in mir – nein, Überfluß An jeglichem Verbrechen, ausgeübt In jeder Art. Ja, hätt' ich Macht, ich würde Der Eintracht süße Milch zur Hölle gießen, Verwandeln allen Frieden in Empörung, Vernichten alle Einigkeit auf Erden. O! Schottland! Schottland! Darf nun ein solcher wohl regieren? Sprich! Ich bin, wie ich gesagt. Regieren? Nein, Nicht leben darf er! Oh, unsel'ges Volk! Vom blut'gen Usurpator hingeschlachtet, Wann doch erlebst du wieder frohe Tage? Nie! denn der echtste Erbe deines Throns Hat sich durch' selbst gesprochnen Bann verflucht Und brandmarkt seinen Stamm. Dein frommer Vater War ein höchst heil'ger Fürst; die Kön'gin, die dich trug, Weit öfter auf den Knie'n als auf den Füßen, Starb jeden Tag des Lebens. Fahre wohl! Die Sünden, die du selbst dir zugesprochen, Verbannten mich aus Schottland. – O mein Herz, Dein Hoffen endet hier! Macduff, dein edler Zorn, Das Kind der Redlichkeit, tilgt aus der Seele Mir jeden schwarzen Argwohn; und versöhnt Mit deiner Treu' und Ehre mein Gemüt. Der teuflische Macbeth hat oft versucht, Durch solche Künste mich ins Garn zu locken, Drum schirmt vor allzu gläub'ger Hast mich Vorsicht: – Doch Gott mag richten zwischen dir und mir! Denn jetzt geb' ich mich ganz in deine Hände; Die Selbstverleumdung widerruf' ich, schwöre Die Laster ab, durch die ich mich geschmäht, Als meinem Wesen fremd. Noch weiß ich nichts Vom Weibe, habe nimmer falsch geschworen, Verlangte kaum nach dem, was mir gehört! Stets hielt ich treu mein Wort, verriete selbst Den Satan nicht den Teufeln; Wahrheit gilt Mir mehr als Leben: meine erste Lüge War diese gegen mich. Mein wahres Selbst Ist dir und meinem armen Land geweiht; Wohin auch schon, noch eh' du her gekommen, Der alte Siward mit zehntausend Kriegern Bereit stand aufzubrechen, und wir gehn Mitsammen nun. Sei uns das Glück gewogen, Wie unser Streit gerecht ist! – Warum schweigst du? Schwer läßt sich so Willkommnes und zugleich So Unwillkommnes ein'gen. Gut! Mehr nachher! Ein Arzt tritt auf. Geht heut der König aus? Ja, Prinz; denn viele Arme sind versammelt, Die seine Hülf' erwarten: ihre Krankheit Trotzt jeder Heilkunst; doch rührt er sie an, Hat so der Himmel seine Hand gesegnet, Daß sie sogleich genesen. Dank Euch, Doktor. Der Arzt geht ab. Was für 'ne Krankheit ist's? Sie heißt das Übel: Ein wundertätig Werk vom guten König, Das ich ihn oft, seit ich in England bin, Vollbringen sah. Wie er zum Himmel fleht, Weiß er am besten: – Seltsam Heimgesuchte, Voll Schwulst und Aussatz, kläglich anzuschauen An denen alle Kunst verzweifelt, heilt er, 'ne goldne Münz' um ihren Nacken hängend, Mit heiligem Gebet; – und nach Verheißung Wird er vererben auf die künft'gen Herrscher Die Wundergabe. Zu der heil'gen Kraft Hat er auch himmlischen Prophetengeist; So steht um seinen Thron vielfacher Segen, Ihn gottbegabt verkündend. Rossetritt auf. Wer kommt da? Ein Landsmann, ob ich gleich ihn noch nicht kenne. Mein hochgeliebter Vetter, sei willkommen! Jetzt kenn' ich ihn: – O Gott! entferne bald, Was uns einander fremd macht! Amen, Herr! Steht's noch um Schottland so? Ach! armes Land, Das fast vor sich erschrickt! Nicht unsre Mutter Kann es mehr heißen, sondern unser Grab: Wo nur, wer von nichts weiß, noch etwa lächelt; Wo Seufzen, Stöhnen, Schrei'n die Luft zerreißt, Und keiner achtet drauf; Verzweifeln gilt Für töricht Übertreiben; keiner fragt: »Um wen?« beim Grabgeläut'; der Wackern Leben Welkt schneller als der Strauß auf ihrem Hut, Sie sterben, eh' sie krank sind. O Erzählung, Zu herb und doch zu wahr! Was ist die neuste Kränkung? Wer die erzählt, die eine Stunde alt, Wird ausgezischt; jedweder Augenblick Zeugt eine neue. Wie steht's um mein Weib? Nun, – wohl. Und meine Kinder alle? Auch wohl. Nicht stürmte der Tyrann in ihren Frieden? Sie waren all' in Frieden, als ich schied. Sei nicht mit Worten geizig: sprich, wie steht's? Als ich fort ging, die Nachricht her zu bringen, An der ich schwer trug, lief dort ein Gerücht, Daß manche wackre Leute weg geräumt; Und diesen Glauben fand ich auch bestätigt, Weil ich im Feld sah des Tyrannen Truppen. Nun ist zu helfen Zeit; Eu'r Aug' in Schottland Erschüfe Krieger, trieb' in Kampf die Frauen, Ihr Elend abzuschütteln. Sei's ihr Trost, Daß wir schon nahn. Der güt'ge England leiht uns Den wackern Siward und zehntausend Mann; Ein alter Krieger, keinen bessern gibt's In aller Christenheit. Könnt' ich den Trost Mit Trost vergelten! Doch ich habe Worte, – Oh, würden sie in leere Luft geheult, Wo nie ein Ohr sie faßte! Wen betrifft's? Ist's allgemeines Weh? Ist's eigner Schmerz, Der einem nur gehört? Kein redlich Herz. Das nicht mit leidet; doch der größre Teil Ist nur für dich allein. Gehört es mir, Enthalte mir's nicht vor; schnell laß mich's haben! Dein Ohr wird meine Zunge ewig hassen, Die's mit dem jammervollsten Ton betäubt, Den jemals du gehört. Ha! ich errat' es. Dein Schloß ist überfallen; Weib und Kinder Grausam gewürgt: – die Art erzählen, hieße Das Trauerspiel von deines Hauses Fall Mit deinem Tod beschließen. Gnäd'ger Gott! – Nein, Mann! drück' nicht den Hut so in die Augen, Gib Worte deinem Schmerz: Gram, der nicht spricht, Preßt das beladne Herz, bis daß es bricht. Auch meine Kinder? Gattin, Kinder, Diener; Was man nur fand. Und ich muß ferne sein! Mein Weib gemordet auch? Ich sagt' es. Faßt Euch: Laßt uns Arznei aus mächt'ger Rache mischen, Um dieses Todesweh zu heilen! Er Hat keine Kinder! All die süßen Kleinen? Alle, sagst du? – O Höllengeier! – Alle! Was! all die holden Küchlein, samt der Mutter, Mit einem wilden Griff? Ertragt es wie ein Mann! Das will ich auch; Doch ebenso muß wie ein Mann ich's fühlen: Vergessen kann ich nicht, daß das gewesen, Was mir das Liebste war. Konnte der Himmel Es anschaun, und nicht helfen? Sünd'ger Macduff! Für dich sind sie erschlagen! Ich Verworfner! Für ihre Sünden nicht, nein, für die meinen Sind sie gewürgt. Schenk' ihnen Frieden, Gott! Dies wetze scharf dein Schwert, verwandle Gram In Zorn; erschlaffe nicht dein Herz, entflamm' es! Ich will das Weib nicht mit den Augen spielen, Und prahlen mit der Zunge! – Doch, güt'ger Himmel, Vernichte alle Trennung; Stirn an Stirn Führ' diesen Teufel Schottlands mir entgegen! Stell ihn in meines Schwerts Bereich; entrinnt er, Himmel, vergib ihm auch! So klingt es männlich. Jetzt kommt zum König; fertig steht das Heer. Es mangelt nur noch, daß wir Abschied nehmen. Macbeth ist reif zur Ernte, und dort oben Breiten ew'ge Mächte schon das Messer. Faßt frischen Mut; so lang ist keine Nacht, Daß endlich nicht der helle Morgen lacht. Sie gehen ab. Fünfter Aufzug Erste Szene Erste Szene Dunsinan, Zimmer im Schloß. Es treten auf ein Arzt und eine Kammerfrau. Zwei Nächte habe ich nun mit Euch gewacht, aber keine Bestätigung Eurer Aussage gesehen. Wann ist sie zuletzt umher gewandelt? Seitdem Seine Majestät in den Krieg zogen, habe ich gesehen, wie sie aus ihrem Bett aufstand, ihr Nachtgewand umwarf, ihren Schreibtisch aufschloß, Papier nahm, es zusammen legte, schrieb, das Geschriebene las, es versiegelte, und dann wieder zu Bett ging: und die ganze Zeit im tiefen Schlafe. Eine große Zerrüttung der Natur: die Wohltat des Schlafes genießen, und zugleich die Geschäfte des Wachens verrichten! – In dieser schlafenden Aufregung, außer dem Umherwandeln und anderm Tun, was, irgend einmal, habt Ihr sie sprechen hören? Dinge, die ich ihr nicht nachsprechen werde. Mir könnt Ihr's vertrauen; und es ist notwendig, daß Ihr es tut. Weder Euch noch irgend jemand, da ich kein Zeugen habe, meine Aussage zu bekräftigen. Lady Macbeth kommt, eine Kerze in der Hand. Seht, da kommt sie! So ist ihre Art und Weise! und, bei meinem Leben, fest im Schlaf! Beobachtet sie; steht ruhig! Wie kam sie zu dem Licht? Das brennt neben ihrem Bett. Sie hat immer Licht: es ist ihr Befehl. Seht, ihre Augen sind offen. Ja, aber ihre Sinne geschlossen. Was macht sie nun? Schaut, wie sie sich die Hände reibt! Das ist ihre gewöhnliche Gebärde, daß sie tut, als wüsche sie sich die Hände; ich habe wohl gesehen, daß sie es eine Viertelstunde hintereinander tat. Da ist noch ein Fleck. Horch, sie spricht! Ich will aufschreiben, was sie sagt, um hernach meine Erinnerung daraus zu ergänzen. Fort, verdammter Fleck! fort, sag' ich! – Eins, zwei! Nun, dann ist es Zeit, es zu tun. – Die Hölle ist finster! – Pfui, mein Gemahl, pfui! ein Soldat und furchtsam! Was haben wir zu fürchten, wer es weiß, da niemand unsre Gewalt zur Rechenschaft ziehen darf? – Aber wer hätte gedacht, daß der alte Mann noch so viel Blut in sich hätte? Hört Ihr wohl? Der Than von Fife hatte ein Weib: Wo ist sie nun? – Wie, wollen diese Hände denn nie rein werden? –Nichts mehr davon, mein Gemahl, nichts mehr davon: du verdirbst alles mit diesem Auffahren. Ei, ei! Ihr habt erfahren, was Ihr nicht solltet! Gesprochen hat sie, was sie nicht sollte, das ist gewiß. Gott weiß, was sie erfahren hat. Noch immer riecht es hier nach Blut; alle Wohlgerüche Arabiens würden diese kleine Hand nicht wohlriechend machen. Oh! oh! oh! Was das für ein Seufzer war! Ihr Herz ist schmerzlich beladen. Ich möchte nicht ein solches Herz im Busen tragen, nicht für den Königsschmuck des ganzen Leibes! Gut. gut! – Gebe Gott, daß es gut sei! Diese Krankheit liegt außer dem Gebiete meiner Kunst; aber ich habe Menschen gekannt, die im Schlaf umher wandelten, und doch fromm in ihrem Bett starben. Wasch' deine Hände, leg' dein Nachtkleid an; sieh doch nicht so blaß aus! – Ich sage es dir noch einmal. Banquo ist begraben, er kann aus seiner Gruft nicht heraus kommen. Wirklich? Zu Bett, zu Bett! Es wird ans Tor geklopft. Komm, komm, komm, komm, gib mir die Hand! – Was geschehn ist, kann man nicht ungeschehn machen. – Zu Bett zu Bett, zu Bett! Sie geht ab. Geht sie nun zu Bett? Unverzüglich. Von Greueln flüstert man, – und Taten unnatürlich Erzeugen unnatürliche Zerrüttung: Die kranke Seele will ins taube Kissen Entladen ihr Geheimnis. Sie bedarf Des Beicht'gers mehr noch als des Arztes. – Gott, Vergib uns allen! Seht nach ihr; entfernt, Womit sie sich verletzen könnt', und habt Ein Auge stets auf sie! – So, gute Nacht! Der Anblick hat mir Schreck und Grau'n gemacht. Ich denk', und darf nichts sagen. Nun, schlaft wohl! Sie gehen ab. Zweite Szene Zweite Szene Feld, in der Nähe von Dunsinan. Es treten auf mit Trommeln und Fahnen Menteth, Cathness, Angus, Lenox, Soldaten. Das Heer von England naht, geführt von Malcolm, Seinem Ohm Siward und dem guten Macduff: Von Rache glühn sie; denn ihr herbes Leid Erregte wohl den abgestorbnen Greis Zu blutig grimmem Kampf. Bei Birnams Wald, Von dort her nahn sie, treffen wir sie wohl. Ob Donalbain bei seinem Bruder ist? Gewiß nicht, Herr; denn eine Liste hab' ich Vom ganzen Adel. Dort ist Siwards Sohn, Und mancher glatte Jüngling, der zuerst Die Mannheit prüft. Und was tut der Tyrann? Das mächt'ge Dunsinan befestigt er. Toll heißt ihn mancher; wer ihn minder haßt, Nennt's tapfre Wut; doch ist's gewiß, er kann Den wild empörten Zustand nicht mehr schnallen In den Gurt der Ordnung. Jetzt empfindet er Geheimen Mord, an seinen Händen klebend; Jetzt straft Empörung stündlich seinen Treubruch; Die er befehligt, handeln auf Befehl, Aus Liebe nicht. Jetzt fühlt er seine Würde Zu weit und lose, wie des Riesen Rock Hängt um den dieb'schen Zwerg. Ist es ein Wunder, Wenn sein gequälter Sinn auffährt und schaudert? Muß all sein Fühlen sich doch selbst verdammen, Weil's seiner Seele eignet. Ziehn wir weiter, Da Dienst zu weihen, wo es Lehnspflicht fordert: Suchen wir auf das Heil des kranken Staates, Mit ihm vergießen wir, zum Wohl des Landes, All unser Blut. So viel, daß es betaut Die Herrscherblum', ertränkt das gift'ge Kraut. So geh' der Zug nach Birnam! Sie marschieren vorüber. Dritte Szene Dritte Szene Dunsinan, im Schloß. Macbeth tritt auf; der Arzt, Gefolge. Bringt keine Nachricht mehr! Laßt alle fliehn: Bis Birnams Wald anrückt auf Dunsinan, Ist Furcht mir nichts. Was ist der Knabe Malcolm? Gebar ihn nicht ein Weib! Die Geister, welche All irdisch Walten kennen, prophezeiten so: »Sei kühn, Macbeth, kein Mann, vom Weib geboren, Soll je dir was anhaben.« – Flieht denn immer, Ihr falschen Thans, zu Englands Weichlingen: – Dies Herz und meinen Herrschergeist verwegen Dämpft Zweifel nicht und soll die Furcht nie regen. Ein Diener tritt auf. Der Teufel brenn' dich schwarz, milchbleicher Lump! Wie kommst du an den Gänseblick? Da sind zehntausend – Gänse, Schuft? Soldaten, Her. Reib' dein Gesicht, die Furcht zu überröten, Weißlebriger Hund! Was für Soldaten, Hansnarr? Hol' dich der Teufel! Deine Kreidewangen Verführen all' zur Furcht. Was für Soldaten, Molkengesicht? Erlaubt; das Heer von England. Weg dein Gesicht! – Seyton! – Mir wird ganz übel, Seh' ich so – Seyton! Heda! – Dieser Ruck Kuriert auf immer oder liefert jetzt mich. Ich lebte lang' genug: mein Lebensweg Geriet ins Dürre, ins verwelkte Laub: Und was das hohe Alter soll begleiten, Gehorsam, Liebe, Ehre, Freundestrost, Danach darf ich nicht aussehn; doch, statt dessen Flüche, nicht laut, doch tief, Munddienst und Hauch, Was gern das arme Herz mir weigern möchte, Und wagt's nicht. Seyton! – Seyton kommt. Was befiehlt mein Herrscher? Was gibt es Neues? Alles wird bestätigt, Was das Gerücht verkündet. Ich will fechten, Bis mir das Fleisch gehackt ist von den Knochen. Gebt meine Rüstung mir! Noch tut's nicht not. Ich leg' sie an. Mehr Reiter sendet aus, durchstreift das Land: Wer Furcht nennt, wird gehängt. – Bringt mir die Rüstung! – Was macht die Kranke, Arzt? Nicht krank sowohl, Als durch gedrängte Phantasiegebilde Gestört, der Ruh' beraubt. Heil' sie davon! Kannst nichts ersinnen für ein krank Gemüt? Tief wurzelnd Leid aus dem Gedächtnis reuten? Die Qualen löschen, die ins Hirn geschrieben? Und mit Vergessens süßem Gegengift Die Brust entled'gen jener gift'gen Last, Die schwer das Herz bedrückt? Hier muß der Kranke selbst das Mittel finden. Wirf deine Kunst den Hunden vor, ich mag sie nicht. – Legt mir die Rüstung an; den Stab her! – Seyton, Schick' aus! – Doktor, die Thans verlassen mich: – Nun, mach' geschwind! – Arzt, könnt'st du meinem Land Beschaun das Wasser, seine Krankheit finden, Und es zum kräft'gen frühern Wohlsein rein'gen, Wollt' ich mit deinem Lob das Echo wecken, Daß es dein Lob weit hallte. – Weg den Riemen! – Welche Purganz, Rhabarber, Senna führte Wohl ab die Englischen? – Hörst du von ihnen? Ja, hoher König; Eure Kriegesrüstung Macht, daß wir davon hören. Bringt's mir nach! – Nicht Tod und nicht Verderben ficht mich an, Kommt Birnams Wald nicht her zum Dunsinan! Er geht ab. Wär' ich von Dunsinan mit Heil und Glück, So brächte mich kein Vorteil je zurück. Alle ab. Vierte Szene Vierte Szene Feld in der Nähe von Dunsinan, ein Wald in der Ferne. Es treten auf mit Trommeln und Fahnen Malcolm, der alte Siward, sein Sohn, Macduff, Menteth, Cathness, Angus, Lenox, Rosse, Soldaten. Vettern, die Tage, hoff' ich, sind uns nah, Wo Kammern sicher sind. Wir zweifeln nicht. Wie heißt der Wald da vor uns? Birnams Wald. Ein jeder Krieger hau' sich ab 'nen Zweig, Und trag' ihn vor sich: so verbergen wir Die Truppenzahl, und irrig wird der Feind In seiner Schätzung. Es soll gleich geschehn. Die Soldaten gehn ab. Wir hören nichts, als daß mit Zuversicht Sich der Tyrann auf Dunsinan befestigt Und die Belag'rung ausstehn will. Darauf Vertraut er einzig. Wo's nur möglich ist, Empört sich hoch und niedrig gegen ihn, Und niemand folgt ihm, als erzwungnes Volk, Das nicht von Herzen dient. Laßt bis zum Siege Gerechten Tadel schweigen, daß wir weise Den Kriegszug lenken! Ja, es naht die Zeit, Wo richt'ges Unterscheiden läßt erkennen, Das, was wir schulden, was wir unser nennen: Von schwacher Hoffnung müß'ges Grübeln spricht; Die Schlacht sitzt ob dem Ausgang zu Gericht: Und ihr entgegen führt den Kriegeszug! Alle ab. Fünfte Szene Fünfte Szene Dunsinan, im Schloß. Mit Trommeln und Fahnen treten auf Macbeth, Seyton, Soldaten. Pflanzt unsre Banner auf die äußre Mauer; Stets heißt's: »Sie kommen.« Unser festes Schloß Lacht der Belag'rung: mögen sie hier liegen, Bis Hunger sie und Krankheit aufgezehrt! Verstärkten die sie nicht, die uns gehören, Wir hätten, Bart an Bart, sie kühn getroffen Und sie nach Haus gegeißelt. Welch Geschrei? Weibergeschrei hinter der Szene. Wehklage ist's von Weibern, gnäd'ger Herr. Verloren hab' ich fast den Sinn der Furcht. Es gab 'ne Zeit, wo kalter Schau'r mich faßte, Wenn der Nachtvogel schrie; das ganze Haupthaar Bei einer schrecklichen Geschicht' empor Sich richtete, als wäre Leben drin. Ich habe mit dem Grau'n zu Nacht gespeist; Entsetzen, meines Mordsinns Hausgenoß, Schreckt nun mich nimmermehr. – Weshalb das Wehschrein? Die Kön'gin, Herr, ist tot. Sie hätte später sterben können; – es hätte Die Zeit sich für ein solches Wort gefunden. – Morgen, und morgen, und dann wieder morgen, Kriecht so mit kleinem Schritt von Tag zu Tag, Zur letzten Silb' auf unserm Lebensblatt; Und alle unsre Gestern führten Narr'n Den Pfad des stäub'gen Tods. – Aus! kleines Licht! – Leben ist nur ein wandelnd Schattenbild; Ein armer Komödiant, der spreizt und knirscht Sein Stündchen auf der Bühn', und dann nicht mehr Vernommen wird: ein Märchen ist's, erzählt Von einem Dummkopf, voller Klang und Wut, Das nichts bedeutet. – Ein Bote kommt. Du hast was auf der Zunge: schnell heraus! Mein königlicher Herr, – Ich sollte melden, das, was, wie ich glaube, Ich sah; – doch wie ich's tun soll, weiß ich nicht. Nun, sag's nur, Mensch! Als ich den Wachtdienst auf dem Hügel tat, – Ich schau nach Birnam zu, und, sieh, mir deucht, Der Wald fängt an zu gehn. Lügner und Sklav'! Er schlägt ihn. Laßt Euren Zorn mich fühlen, ist's nicht so: Drei Meilen weit könnt Ihr ihn kommen sehn; Ein geh'nder Wald – wahrhaftig! Sprichst du falsch, Sollst du am nächsten Baum lebendig hangen, Bis Hunger dich verschrumpft hat; sprichst du wahr, Magst du mir meinethalb dasselbe tun. – Einzieh' ich die Entschlossenheit, beginne Den Doppelsinn des bösen Feinds zu merken, Der Lüge spricht wie Wahrheit: »Fürchte nichts, Bis Birnams Wald anrückt auf Dunsinan«; – Und nunmehr kommt ein Wald nach Dunsinan. Waffen nun, Waffen! und hinaus! – Ist Wahrheit das, was seine Meldung spricht, So ist kein Fliehn von hier, kein Bleiben nicht. Das Sonnenlicht will schon verhaßt mir werden; Oh! fiel' in Trümmern jetzt der Bau der Erden! Auf! läutet Sturm! Wind, blas'! Heran, Verderben! Den Harnisch auf dem Rücken will ich sterben. Alle ab. Sechste Szene Sechste Szene Vor dem Schloß. Es treten auf mit Trommeln und Fahnen Malcolm, Siward, die übrigen Anführer, das Heer mit Zweigen. Jetzt nah genug! Werft ab die laub'gen Schirme, Und zeigt euch, wie ihr seid! Ihr, würd'ger Oheim, Führt mit dem Vetter, Eurem edlen Sohn, Die erste Schar; ich und der würd'ge Macduff Besorgen, was noch übrig ist zu tun, Wie wir es angeordnet. Lebt denn wohl! – Zieht uns nur heut entgegen der Tyrann, Mag er den schlagen, der nicht fechten kann! Trompeten blast, befeuert kühnen Mut, Herolde, ruft ihr uns in Tod und Blut! Alle ab. Schlachtgetümmel hinter der Szene. Siebente Szene Siebente Szene Ein anderer Teil des Schlachtfeldes. Macbeth tritt auf. Sie banden mich an den Pfahl; fliehn kann ich nicht. Muß, wie der Bär, der Hatz entgegen kämpfen: Wo ist er, der nicht ward vom Weib geboren? Den fürcht' ich, keinen sonst. Der junge Siward kommt. Wie ist dein Name? Du wirst erschrecken, ihn zu hören! Nein. Nennst du dich auch mit einem grimmren Namen Als einer in der Höll'. Mein Nam' ist Macbeth. Der Teufel selber könnte nichts verkünden, Verhaßter meinem Ohr. Und nichts so furchtbar. Abscheulicher Tyrann, du lügst! das soll Mein Schwert dir zeigen. Gefecht, der junge Siward fällt. Wardst vom Weib geboren. – Der Schwerter lach' ich, spotte der Gefahr, Womit ein Mann dräut, den ein Weib gebar. Er geht ab. Getümmel. Macduff kommt. Dort ist der Lärm: – Zeig' dein Gesicht, Tyrann! Fällst du, und nicht von meinem Schwert, so werden Mich meines Weibs, der Kinder Geister quälen; Ich kann auf armes Kernenvolk nicht schlagen, Die in gedungner Hand die Lanze führen. Nur du, Macbeth, – wo nicht, kehrt schartenlos Und ohne Tat mein Schwert zurück zur Scheide. Dort mußt du sein; dies mächt'ge Tosen kündet, Daß dort vom ersten Range einer kämpft. O Glück! eins bitt' ich nur: laß mich ihn finden! Er geht ab. Getümmel. Malcolm und Siward kommen. Hieher, mein Prinz! – Das Schloß ergab sich willig. Auf beiden Seiten kämpft des Wüt'richs Volk; Die edlen Thans tun wackre Kriegesdienste; Der Tag hat sich fast schon für Euch entschieden, Nur wenig ist zu tun. Wir trafen Feinde, Die uns vorbei haun. Kommt, Prinz, in die Festung! Sie gehen ab. Getümmel. Macbeth kommt. Weshalb sollt' ich den röm'schen Narren spielen, Sterbend durchs eigene Schwert? Solange Leben Noch vor mir sind, stehn denen Wunden besser. Macduff kommt zurück. Zu mir, du Höllenhund, zu mir! Von allen Menschen mied ich dich allein: Du, mach' dich nur zurück, mit Blut der Deinen Ist meine Seele schon zu sehr beladen. Ich habe keine Worte, meine Stimme Ist nur in meinem Schwert. Du Schurke, blut'ger, Als Sprache Worte hat! Sie fechten. Verlorne Müh'! So leicht magst du die unteilbare Luft Mit scharfem Schwert durchhaun, als mich verletzen: Auf Schädel, die verwundbar, schwing' den Stahl; Mein Leben ist gefeit, kann nicht erliegen Einem vom Weib Gebornen. So verzweifle An deiner Kunst; und sage dir der Engel, Dem du von je gedient, daß vor der Zeit Macduff geschnitten ward aus Mutterleib! Verflucht die Zunge, die mir dies verkündet, Denn meine beste Mannheit schlägt sie nieder! Und keiner trau' dem Gaukelspiel der Hölle, Die uns mit doppelsinn'ger Rede äfft, Die Wort nur hält dem Ohr mit Glücksverheißung Und es der Wahrheit bricht! – Mit dir nicht kämpf' ich. Nun, so ergib dich, Memme! Und leb' als Wunderschauspiel für die Welt! Wir wollen dich als seltnes Ungeheuer Im Bild auf Stangen führen, mit der Schrift: »Hier zeigt man den Tyrannen.« Ich will mich nicht ergeben, um zu küssen; Den Boden vor des Knaben Malcolm Fuß, Gehetzt zu werden von des Pöbels Flüchen. Ob Birnams Wald auch kam nach Dunsinan, Ob meinen Gegner auch kein Weib gebar, Doch wag' ich noch das Letzte: Vor die Brust Werf' ich den mächt'gen Schild: Nun magst dich wahren, Wer »Halt!« zuerst ruft, soll zur Hölle fahren! Sie gehen kämpfend ab. Rückzug. Trompeten. Es treten auf mit Trommeln und Fahnen Malcolm, Siward, Rosse, Lenox, Angus, Cathness, Menteth. Oh, wären lebend die vermißten Freunde! Mancher muß drauf gehn; doch, so viel ich sehe, Ist dieser große Tag wohlfeil erkauft. Vermißt wird Macduff und Eu'r edler Sohn. Eu'r Sohn, Mylord, hat Kriegerschuld gezahlt: Er lebte nur, bis er ein Mann geworden; In seiner Kühnheit war dies kaum bewährt Durch unverzagten Kampf in blut'ger Schlacht, Als er starb wie ein Mann. So ist er tot? Ja, und getragen aus dem Feld. Eu'r Schmerz Muß nicht nach seinem Wert gemessen werden, Sonst wär' er endlos. Hat er vorn die Wunden? Ja, auf der Stirn. Wohl: sei er Gottes Kriegsmann! Hätt' ich so viele Söhn', als Haar' ich habe, Ich wünschte keinem einen schönern Tod: Das ist sein Grabgeläut'. Mehr Leid verdient er, Und das vergelt' ich ihm. Mehr tun ist Schwäche. Er schied geehrt und zahlte seine Zeche; So, Gott sei mit ihm! – Seht, den neusten Trost! Macduff kommt mit Macbeths Kopf. Heil, König! denn das bist du. Schau', hier steht Des Usurpators Haupt: die Zeit ist frei. Ich seh' umringt dich von des Reiches Perlen, Die meinen Gruß im Herzen mit mir sprechen, Und deren lautes Wort ich jetzt erheische: Dem König Schottlands Heil! Heil, Schottlands König! Trompetenstoß. Wir wollen nicht vergeblich Zeit verschwenden, Mit eurer Liebe einzeln abzurechnen Und quitt mit euch zu werden. Thans und Vettern. Hinfort seid Grafen, die zuerst in Schottland Mit dieser Ehre prangen. Was zu tun noch, Was nun gepflanzt muß werden mit der Zeit: – Als Rückberufung der verbannten Freunde, Die des Tyrannen list'ger Schling' entflohn; Einziehn der blut'gen Schergen dieses toten Bluthunds und seiner höll'schen Königin, Die, wie man glaubt, gewaltsam selbst ihr Leben Geendet, – alles, was uns sonst noch obliegt, Das, mit der ew'gen Gnade Gnadenhort, Vollenden wir nach Maß und Zeit und Ort. Euch allen werd' und jedem Dank und Lohn, Und jetzt zur Krönung lad' ich euch nach Scone. Trompeten. Alle ab.