William Shakespeare König Heinrich VIII. Personen König Heinrich VIII. Kardinal Wolsey Kardinal Campejus Capucius, Botschafter Kaiser Karls V. Cranmer, Erzbischof von Canterbury Herzog von Norfolk Herzog von Buckingham Herzog von Suffolk Graf von Surrey Lord Kämmerer Sir Thomas Audley, Lord Siegelbewahrer Gardiner, Bischof von Winchester Bischof von Lincoln Lord Abergavenny Lord Sands Sir Heinrich Guilford Sir Thomas Lovell Sir Anton Denny Sir Nikolas Vaux Sir William Sands Cromwell, Wolseys Diener Griffith, Marschall der Königin Katharina Drei Herren vom Hofe Doktor Butts, Leibarzt des Königs Garter, Wappenherold Haushofmeister des Herzogs von Buckingham Brandon Sergeant Türhüter vor dem Saal des Staatsrats Pförtner Dessen Knecht Katharina, Königin von England Anna Bullen Eine alte Hofdame Patienza, Kammerfrau der Königin Katharina Verschiedene Herren und Flauen vom Hof, als stumme Personen. Weiber im Gefolge der Königin; Geister, die ihr erscheinen. Schreiber, Offiziere, Wachen, Gefolge, Volk usw. Die Szene ist abwechselnd in London und Westminster; einmal in Kimbolton Prolog Prolog Ich komme nicht mehr, daß ihr lacht. Gestalten, Die eure Stirnen ziehn in ernste Falten, Die traurig, groß, stark, voller Pomp und Schmerz, So edle Szenen, daß in Leid das Herz Zerrinnt, erscheinen heut. Die Mitleid fühlen, Sie mögen Tränen schenken unsern Spielen Der Inhalt ist es wert. Die, welche geben Ihr Geld, um etwas Wahres zu erleben, Sie finden hier Geschichte. Die an Zügen, Geschmückten, sich erfreun und so begnügen, Zürnen wohl nicht: zwei Stunden still und willig, Dann steh' ich dafür ein, sie haben billig Den Schilling eingebracht. Nur die allein, Die sich an Spaß und Unzucht gern erfreun, Am Tartschenlärm, die nur der Bursch ergetzt Im bunten langen Kleid, mit Gelb besetzt, Sie sind getäuscht; mit Wahrheit, groß und wichtig, Darf, Edle, niemals Schattenwerk so nichtig Als Narr und Kampf sich mischen, sonst entehrten Wir uns und euch, – die uns Vertrau'n gewährten, Daß wahr nur sei, was jetzt vor euch erscheint – Und so verblieb' uns kein verständ'ger Freund. Deshalb, weil man als weis' und klug euch kennt Und in der Stadt die feinsten Hörer nennt, Seid ernst, wie wir euch wünschen. Denkt, ihr seht, Als lebten sie, in stolzer Majestät Des edlen Spiels Personen. Denkt sie groß, Vom Volk umringt; denkt ihrer Diener Troß, Der Freunde Drang; seht hierauf, im Moment, Wie solche Macht so bald zum Fall gewend't; Und seid ihr dann noch lustig, möcht' ich meinen, Es könn' ein Mann am Hochzeittage weinen. Erster Aufzug Erste Szene Erste Szene London. Ein Vorzimmer im Palast des Königs. Von der einen Seite kommt der Herzog von Norfolk, von der andern der Herzog von Buckingham und der Lord Abergavenny. Guten Morgen und willkommen! Wie ging es Euch, Seit wir uns sahn in Frankreich? Dank Eu'r Gnaden. Wohlauf, und stets seitdem noch frisch bewundernd, Was ich dort sah. Ein sehr unzeitig Fieber Hielt mich gebannt auf meinem Zimmer fern, Als die zween Ruhmessöhn' und Heldensterne Im Ardetal sich trafen. Zwischen Arde Und Guines sah ich der Fürsten Gruß vom Pferd; Sah, abgestiegen, beide sich umschließen, Als wüchsen sie zusammen, so umarmt; Und wären sie's: wo gab's vier Könige, Dem Doppelt-Einen gleich? Die ganze Zeit War ich des Betts Gefangner. Da verlort Ihr Die Schau des ird'schen Pomps. Man möchte sagen, Pracht, einsam bis dahin, ward hier vermählt Noch über ihrem Rang. Stets war das Morgen Meister des Gestern, bis der letzte Tag Die vor'gen Wunder einschlang. Überstrahlten Ganz flimmernd, ganz in Gold, gleich Heldengöttern, Die Franken heut uns: morgen schufen wir Aus England India: jeder, wie er stand, Glich einer Mine. Die Pagenzwerge schienen Ganz Gold, wie Cherubim: die Damen auch, Der Arbeit ungewohnt, keuchten beinah Unter der Pracht; so daß die Mühe selber Zur Schminke ward. Jetzt rief man diese Maske Als einzig aus: der nächste Abend macht sie Zum Narrn, zum Bettler. Beide Könige, An Schimmer gleich, je wie in Gegenwart Gewahrt, stehn höh'r und tiefer: wer im Aug', Ist's auch im Preis; und beide gegenwärtig, Sah man, so schien's, nur einen : und kein Urteil Ward nur versucht vom Kenner. Wenn jene Sonnen (Denn also hieß man sie) die edlen Geister Durch Heroldsruf zum Kampf ermahnt, sind Taten Jenseit des Denkbaren vollbracht; die Fabel, So jetzt als möglich sich bewährt, fand Glauben, Und Bevis dünkt uns wahr. Oh, Ihr geht weit. So wahr ich Edelmann und immer strebte Nach Redlichkeit: die Schild'rung jedes Dings Verlör' an Leben wohl beim besten Redner, Da Handlung selbst ihm Zunge war. Ganz königlich War alles, nichts der Einrichtung empört, Durch Ordnung alles sichtbar, jedes Amt Erfüllte, was ihm oblag. Wer nur führte, Ich sage, wer vereinte Haupt und Glieder Zu diesem großen Fest nach Eurer Meinung? Nun einer , wahrlich, der kein Element Für solch Geschäft verspricht. Sagt, wer, Mylord? Das alles schuf die klug verständ'ge Einsicht Des hochehrwürd'gen Kardinals von York. Hol' ihn der Teufel! Er muß an jedem Brei Ehrgeizig kochen helfen. – Was ging ihn Dies weltliche Stolzieren an? Mich wundert, Wie solch ein Klump mit seiner rohen Last Der segensreichen Sonne Licht darf hemmen, Der Erd' es vorenthaltend. Wahrlich, Herr, In ihm ist Stoff, der solche Zwecke fördert: Denn, nicht gestützt auf Ahnentum (des Gunst Dem Enkel sichre Bahn vorschreibt); nicht fußend Auf Taten für die Krone; nicht geknüpft An mächt'ge Helfer, sondern Spinnen gleich, Aus seiner selbstgeschaffnen Webe, zeigt er, Wie Kraft des eignen Werts die Bahn ihm schafft: Vom Himmel ein Geschenk, das ihm erkauft Den Platz zunächst am Thron. Ich kann's nicht sagen, Was ihm der Himmel schenkt: ein schärfrer Blick Erspähe das. Sein Hochmut aber blickt mir Aus jedem Zug hervor; wer gab ihm den? War's nicht die Hölle, so ist Satan Knauser, Oder gab alles schon hinweg, und er Erschafft 'ne neue Hölle selbst in sich. Beim fränk'schen Zug, wie Teufel nahm er's auf sich, Ohne Königs Vorwissen sein Gefolg' Ihm zu erwählen. Er entwirft die Liste Vom ganzen Adel; wählt auch solche nur, Auf die er so viel Bürd' als wenig Ehren Zu häufen denkt: ja, einzig schon sein Handbrief, Den hochachtbaren Staatsrat unbefragt, Muß liefern, wen er hinschreibt. Weiß ich doch Drei meiner Vettern mind'stens, die sich also Ihr Erbteil hierdurch schwächten, daß sie nimmer Wie vormals werden blühn. Oh, vielen brach Der Rücken, die Landgüter drauf geladen Für diesen großen Zug. Was half die Torheit, Als Mittlerin zu werden einem höchst Armsel'gen Ausgang? Traurig denk' ich oft, Wie uns der fränk'sche Friede nicht die Kosten, Ihn abzuschließen, lohnt. Ward jeder nicht Nach jenem grausen Sturm, der drauf erfolgt, Vom Geist erfüllt und sprach, unabgeredet, Das allgemeine Prophezein: es deute Solch Zeichen, dieses Friedenskleid zerreißend, Auf seinen bald'gen Bruch. Der ist schon klar; Denn Frankreich höhnt den Bund und legt Beschlag Auf unsrer Kaufherrn Güter in Bourdeaux. Ward deshalb der Gesandte fortgeschickt? – Gewiß! Ein saubrer Titel eines Friedens, Und teuer übers Maß. Ei, lauter Arbeit Des würd'gen Kardinals. Verzeiht, Mylord, Der Staat nimmt Kenntnis vom besondern Zwist Zwischen dem Kardinal und Euch. Drum rat' ich (Und nehmt aus einem Herzen dies, das Ehr' Und Sicherheit Euch reichlich gönnt), – Ihr woll't Des Priesters Arglist stets und seine Macht Zusammenreihn; dann wohl erwägen, daß, Worauf sein wilder Haß auch brüt', ihm nimmer Ein Werkzeug fehlt. Ihr kennt sein Naturell, Rachgierig ist er: und ich weiß, sein Schwert Ist scharf gewetzt; 's ist lang, und, wohl weiß man, Es reicht fernhin: und streckt er's nicht so weit, So schleudert er's. Schließt meinen Rat ins Herz; Er wird Euch frommen. Seht, da kommt die Klippe, Der ich Euch riet zu weichen. Kardinal Wolsey, vor dem die Tasche getragen wird, mehrere von der Leibwache und zwei Schreiber mit Papieren treten auf. Der Kardinal heftet im Vorbeigehn seinen Blick auf Buckingham, und dieser auf ihn; beide sehn einander voller Verachtung an. Der Hausvogt Herzog Buckinghams? Schon gut! Habt Ihr die Untersuchung? Hier, Mylord. Hält er sich fertig in Person? Ja, gnäd'ger Herr. Gut! Dann ergibt sich mehr; und Buckingham Wird diesen stolzen Blick schon mäß'gen. Kardinal Wolsey und sein Gefolge ab. Der Fleischerhund trägt Gift im Maul, und ich Vermag nicht, ihn zu knebeln: drum, am besten, Man weckt ihn nicht aus seinem Schlaf. Das Buch Des Bettlers zählt vor edlem Blut! – Wie, so erhitzt? Fleht Gott um Mäßigung, das einz'ge Mittel, Das Eure Krankheit heischt. Sein Blick verkündet Was gegen mich: sein Aug' erniedrigte Mich als verworfnen Knecht; und jetzt, jetzt eben, Bohrt' er mich meuchlings durch: er ging zum König; Ich folg' und will ihn übertrotzen. Bleibt doch, Mylord, und laßt Vernunft und Zorn sich fragen, Was Ihr beginnt. Wer steilen Berg erklimmt, Hebt an mit ruh'gem Schritt; der Ärger gleicht 'nem überhitz'gen Pferd, das, gebt Ihr Freiheit, Am eignen Feu'r ermüdet. Keiner, glaubt mir, Vermag, wie Ihr, mir Rat zu geben: seid Für Euch, was Ihr dem Freund wär't. Ich will hin, Und Ehrenmund soll völlig niederschreien Den Hochmut des Ipswicher Knechts; sonst ruf' ich's: Hin ist der Unterschied des Ranges. Hört mich! Heizt nicht den Ofen Euerm Feind so glühend, Daß er Euch selbst versengt. Wir überrennen, Durch jähe Eil', das Ziel, nach dem wir rennen, Und gehn's verlustig. Denkt nur, wie die Flamme, Wenn sie den Trank geschwellt zum Überschäumen, Ihn, scheinbar mehrend, nur zerstäubt. Oh, hört! Ich wiederhol', es gibt kein Haupt in England So kräftig sich zu leiten, als das Eure, Wenn Ihr mit Saft der Weisheit wolltet löschen, Ja, dämpfen nur, die Glut des Jähzorns. Herr, Nehmt meinen Dank. Entfernen will ich mich Nach Euerm Wort. Doch der erzstolze Schwindler (Nicht, weil der Zorn mir schwillt, nenn' ich ihn so, Nein, aus rechtschaffnem Drang): durch sichre Kundschaft Und Proben, die so klar wie Bäch' im Juli, Wenn jedes Korn von Kies wir sehn, kenn« ich ihn Feil und verrät'risch. Nicht verrät'risch sagt. Dem König sag' ich's: mein Beweis soll stark sein, Wie Felsenufer. Seht nur: Dieser heil'ge Fuchs oder Wolf – wenn beides nicht! – (er ist So räub'risch ja als schlau, so rasch zum Bösen, Als fein es zu vollziehn; Gemüt und Amt Hat gegenseitig sich an ihm verpestet): Nur daß er seinen Prunk ausbreit' in Frankreich, Wie hier zu Haus, trieb unsem Herrn, den König, Zum letzten teuren Bündnis und Kongreß, Der so viel Schätze schlang und wie ein Glas Zerbrach im Spülen. Ja gewiß, so war's. Erlaubt nur weiter, Herr. Der list'ge Pfaff' Spann die Artikel nun der Übereinkunft, Wie's ihm gefiel; dann ward ratifiziert, Wie er nur winkt, »so sei's «; – zu nicht mehr Vorteil, Als Krücken für den Toten. Doch unser Hofpfaff' Ersann's, und so ist's gut; der würd'ge Wolsey, Der niemals irrt, der tat's. Drauf folgt nun dies (Was mich bedünkt, 'ne Art von Brut der alten Hündin Verrat): – der Kaiser Karl, vorgeblich, Die Kön'gin, seine Tante, zu besuchen (Den Anstrich gab er wirklich; doch er kam, Dem Wolsey zuzuflüstern), hält hier Einzug: Er war in Furcht, ihm werd' aus dem Kongreß Von Frankreich, durch der zween Monarchen Freundschaft, Nachteil entstehn; und freilich blickte Unheil Ihm dräuend aus dem Bund: drum pflog er heimlich Mit unserm Kardinal, und, wie ich glaube, Ja, vielmehr weiß, – weil sicher vor dem Abschluß Der Kaiser zahlt', und also sein Gesuch Erfüllt war, eh' genannt – genug, nachdem Der Weg gebahnt und goldgepflastert, heischt Der Kaiser nun, er möge gütigst anders Den König stimmen und den Frieden brechen. Ja, wissen muß der König (gleich, durch mich), Wie so der Kardinal nach Wohlgefallen Ihm seine Ehre kauft und auch verkauft, Und zwar zu seinem Vorteil. Mich betrübt's, Solches von ihm zu hören, und ich wünsche, Hier walt' ein Irrtum ob. In keiner Sylbe! Ich stell' ihn dar in eben der Gestalt, In der er bald entlarvt ist. Brandon tritt auf; vor ihm her ein bewaffneter Gerichtsdiener, darauf zwei oder drei von der Leibwache. Sergeant, Ihr wißt, was Eures Amts; vollzieht es! Sir, Mylord, Herzog von Buckingham, und Graf Von Hereford, Stafford und Northampton, ich Verhafte dich um Hochverrat, im Namen Unsres großmächt'gen Königs. Seht, Mylord, Das Netz fiel auf mich nieder; durch Verrat Und Arglist muß ich untergehn. Mich schmerzt, Der Freiheit Euch beraubt und diesen Hergang Mit anzusehn; es ist des Königs Wille, Ihr sollt zum Turm. Nichts hilft mir's, meine Unschuld Dartun, da solcher Schatten fiel auf mich, Der selbst das Weiße schwarz färbt. Herr, dein Ratschluß Gescheh' hierin und allzeit! Ich gehorche. O Mylord Aberga'ny, lebet wohl! Nein, er wird mit Euch gehn. Es ist des Königs Gefall', Ihr sollt zum Turm, bis Ihr erfahrt, Was ferner nachfolgt. Mit dem Herzog sag' ich: Des Herrn Ratschluß gescheh', so wie des Königs Gefallen! Vollmacht hab' ich hier vom König, Lord Montacut' in Haft zu nehmen; ferner Den Johann de la Court, des Herzogs Beicht'ger; Dann seinen Kanzler, Gilbert Peck – So, so! Das sind des Bunds Mitglieder! Habt Ihr noch mehr? Noch einen Karthäusermönch – Oh, Niklas Hopkins. Ja. Mein Hausvogt spielte: der große Priester Bot Gold ihm an; mein Leben ist umspannt; Ich bin nur Schatten noch des armen Buckingham, Und dessen Züge selbst tilgt diese Wolke, Mein helles Licht verdunkelnd. Mylord, lebt wohl! Alle ab. Zweite Szene Zweite Szene Das Zimmer des Staatsrats. Trompeten. König Heinrich, auf des Kardinals Schulter gestützt; mehrere Edelleute und Sir Thomas Lovell treten auf. Mein ganzes Leben dankt, mein Herzblut Euch Für solche Sorgfalt. Stand ich doch im Schuß Der schwergelad'nen Meuterei! Habt Dank, Der sie vertilgt. Laßt jetzt vor uns erscheinen Des Buckingham Hofmeister: in Person Will ich rechtfert'gen hören sein Bekenntnis, Und Punkt für Punkt soll er uns seines Herrn Verrat aufs neu' berichten. Der König setzt sich auf den Thron. Die Lords des Reiches nehmen ihre Plätze ein. Der Kardinal setzt sich zu des Königs Füßen auf der rechten Seite. Man hört hinter der Szene rufen. »Platz für die Königin!« Die Königin tritt auf, geführt von den Herzogen von Norfolk und Suffolk; sie knieet. Der König steht auf von seinem Thron, hebt sie auf, küßt sie und heißt sie, neben ihm sitzen. Nein, laßt uns länger knien; ich kam, zu bitten. Steht auf, nehmt Euren Platz; Eu'r halb Gesuch Bleib' unberührt (halb unsre Macht ist Eure), Die andre Hälft', eh' Ihr sie nennt, gewährt. So sagt und nehmt die Bitte. Dank, mein König. Daß Ihr Euch selbst liebt, und in solcher Liebe Nicht außer acht laßt Eure Ehre, noch Die Hoheit Eures Amts: das ist der Inhalt Von meiner Bitte: Fahret fort, Gemahlin. Ich werd' umlagert stets – und zwar von vielen, Und von den Redlichsten, – weil Euer Volk In hartem Trübsal seufzt. Es sind Sendschreiben Erlassen, so die Herzen lösen mußten Von aller Treu'; und ob sich zwar darob, Werter Herr Kardinal, die herbsten Klagen Auf Euch zumeist ergießen, als Anstifter Solcher Erpressung, trifft doch selbst den König (Des Ehre Gott vor Unglimpf schützen mag!) Unziemlich Reden, ja, solches, das zerbricht Treu' und Gehorsam und beinah' erscheint Als lauter Aufruhr. Nicht beinah' erscheint, Wirklich erscheint: denn dieser Schatzung willen Hat schon das ganze Tuchgewerk, unfähig, Die Arbeit zu erhalten, seine Spinner, Die Krempler, Walker, Weber abgedankt, Die nun, verfolgt vom Hunger, andern Handwerks Unkundig, sonder Mittel, in Verzweiflung, Dem Ausgang trotzend, all' in Aufstand sind; Und die Gefahr dient unter ihnen. Schatzung? Auf was? Und welche Schatzung? Kardinal, Ihr, der die Last zugleich mit uns hier tragt, Wißt Ihr von dieser Schatzung? Erlaubt, mein König, Ich weiß nur einzelnes von allem, was Den Staat betrifft, und steh' nur mit im Gliede, Wo andre mit mir schreiten. Nein, Mylord, Ihr wißt nicht mehr als andre; doch Ihr schmiedet Die Dinge, die auch jeder kennt; nicht heilsam Für die, die lieber nicht sie kennten, doch Wohl notgedrungen sie erfahren. Diese Erpressungen, von denen mein Gemahl will wissen, Im Hören sind sie tödlich schon; sie tragen, Der Rücken bricht der Last. Man sagt, Ihr seid's, Der sie ersonnen; ist das nicht, so seid Ihr Zu hart beschuldigt. Immerdar Erpressung! – Von welcher Art? Laßt hören, welcher Art War die Erpressung? Wag' ich doch zu viel, So prüfend Eure Milde! Doch mich stärkt Die Nachsicht, so Ihr zugesagt. Es ruht Des Volks Beschwerd' auf Steuern, so ein Sechsteil Von jeglichem Vermögen sonder Aufschub Einfordern, und als Vorwand soll Eu'r Krieg In Frankreich gelten. Dies macht dreiste Zungen, Der Mund speit aus die Pflicht; in kalten Herzen Gefriert die Treu'; Verwünschung wohnt anjetzt, Wo sonst Gebete; ja es kam so weit, Daß nun lenksame Folgsamkeit erscheint Als jeglicher erhitzten Laune Sklav'. Oh, möcht' Eu'r Hoheit bald erwägen dies Geschäft! Keins ist so dringend. – Nein, bei meinem Leben! – Dies ist zuwider unserm Wunsch. Und ich Ging meinerseits hierin nicht weiter, als Durch eine Stimm'; auch diese gab ich nur Auf Rat gelehrter Richter. Schmähen mich Unkund'ge Zungen, so mein Innres nicht Erkannt noch meine Weg', und wollen dennoch Die Chronik werden meines Tuns: so weiß man, 's ist nur der Würden Los, der Dornenpfad, Den Tugend wandeln muß. Beschränke keiner, Was ihm zu tun notwendig, in der Furcht, Er stoß' auf neid'sche Tadler, die beständig, Raubfischen gleich, dem neugeschmückten Fahrzeug Nachziehn, wiewohl es Vorteil bringt mit nichten, Nur eitle Jagd. Oft unsre beste Tat, Wie Böse oder Schwache deuten, ist Nicht unsre oder nicht gelobt; die schlimmste, Dem gröbern Sinn verständlich, preist man oft Als unser bestes Tun. Müßten wir stillstehn, In Furcht, belacht sei unser Gehn, verlästert, Wir müßten Wurzel schlagen, wo wir sitzen, Wo nicht, gleich Bildern sitzen. Weise Tat, Vollbracht mit Vorsicht, schirmt sich selbst vor Zweifeln; Tat ohne Vorbild aber ist zu fürchten In ihrem Ausgang. Habt Ihr einen Vorgang Für solche Schatzung? Wie mir scheint, wohl keinen. Man muß das Volk nicht vom Gesetz losreißen Und an die Willkür ketten. Wie! Ein Sechsteil? Entsetzliche Besteu'rung! Ei, wir nehmen Von jedem Baum Ast, Rind', und selbst vom Stamm! Und lassen wir ihm auch die Wurzel, – so verstümmelt, Verzehrt die Luft den Saft. In jede Grafschaft, Wo dies verhandelt, schickt Sendschreiben mit Vollkommner Nachsicht allen, so sich sträubten Dem Druck sotaner Schatzung. Bitt' Euch, eilt, Ich leg's in Eure Hand. zu seinem Geheimschreiber. Hört, auf ein Wort! Ihr fertigt Briefe mir für jede Grafschaft, Von Königs Gnad' und Nachsicht. Die gekränkten Gemeinden sind uns abhold; sprenget aus, Als sei auf unser Fürwort der Erlaß Und Widerruf erfolgt. Ich werd' alsbald Euch ferner unterrichten. Geheimschreiber ab. – Der Haushofmeister tritt auf. Es geht mir nah, daß Herzog Buckingham Sich Eu'r Mißfallen zuzog. Viele schmerzt es: Er ist gelehrt, ein trefflich seltner Redner, Naturbegünstigt, an Erziehung fähig, Den größten Meistern Lehr' und Rat zu geben, Nie Hülfe suchend außer sich; und dennoch, Wo also edle Gabe schlecht verteilt Erfunden wird, – wenn erst der Geist verderbt ist – Verkehrt sie sich zum Laster, zehnfach wüster, Als schön zuvor. Derselbe Mann, so edel, Der stets den Wundern wurde beigezählt, Bei dem, entzückt zu horchen, uns Minuten Die Stunden seiner Red' erschienen: dieser, Mylady, hat die Grazie, sonst ihm eigen, In scheußliche Gestalt verkehrt, so schwarz Wie aus dem Höllenpfuhl. Nehmt Platz und höret Dinge (Hier steht, der sein vertrauter Diener war), Die Ehre trauern machen. Wiederholt Die schon erzählten Greu'l; wovon wir nie Zu wenig fühlen, zu viel nie hören können. Kommt vor, erzählt mit freiem Mut, was Ihr, Als ein sorgsamer Untertan, erforscht Vom Herzog Buckingham. Nur dreist gesprochen! Erst war's ihm zur Gewohnheit, jeden Tag Sein Reden zu verpesten durch die Äuß'rung, Daß, stürb' ohn' Erben unser Herr, er sicher Das Szepter an sich brächte: solche Worte Hört' ich ihn sagen seinem Schwiegersohn Lord Aberga'ny, dem er eidlich schwur Rach' an dem Kardinal. Bemerk' Eu'r Hoheit In diesem Punkt sein sträfliches Beginnen: Feindlich im Wünschen strebt sein böser Wille Entgegen Eurer heiligen Person, Ja, zielt noch jenseits selbst auf Eure Freunde Seid christlich, Mylord Kardinal! Fahrt fort! Wie stützt' er seinen Anspruch auf die Krone, Wenn wir dahin? Hast über diesen Punkt Auch was vernommen? Dazu leitet'ihn Des Niklas Hopkins eitles Prophezei'n. Wer war der Hopkins? Ein Karthäusermönch, Sein Beicht'ger, der ihn stets genährt mit Worten Von Krön' und Königtum. Wie weißt du dies? Nicht lang', eh' Eure Hoheit zog gen Frankreich Geschah's, daß in der Rose, in dem Kirchspiel Sankt Laurenz Poultney, mich der Herzog fragte, Was für Gespräch in London ich gehört, Betreffend Euren fränk'schen Zug. Drauf sagt' ich, Man fürchte der Franzosen treulos Wesen Zu unsers Herrn Verderben. Alsobald Begann der Herzog: Dazu gäb' es Grund, Und, meint er, wohl erfülle sich's, was ihm Ein heil'ger Mönch gesagt, »der oft«, erzählt' er, »Zu mir gesandt, gelegne Zeit begehrend, Wo meinem Kapellan, John de la Court, Hochwicht'ge Ding' er offenbaren wolle; Und als er drauf, unterm Sigill der Beichte, Förmlichen Eid verlangt, was er entdeckte, Das solle mein Kaplan nie einem Menschen Als mir enthüll'n – da sprach er ernst, bedächtig, Dies Wort: Der König weder, noch sein Stamm (So sagt dem Herzog) wird gedeihn: drum streb' er, Des Volkes Liebe zu gewinnen. Er, der Herzog, Wird England einst beherrschen.« – Hör' ich recht, Wart Ihr des Herzogs Hausvogt und verlort Auf Eurer Untern Anklag' Eure Stelle; So habt wohl acht, schmäht nicht in Eurer Bosheit Den edlen Mann und wagt die edlere Seele. Habt acht, ich sag's Euch, ja, ich bitt' Euch herzlich. Laß ihn. – Fahr' fort! Wahr red' ich, auf Gewissen. Ich sagte dem Herrn Herzog, Teufels Blendwerk Betrüge wohl den Mönch: es sei gefährlich, So lang' hierob zu brüten, bis zuletzt Ein Anschlag reifte, wie's gewiß geschäh', Traut' er ihm erst. Er aber rief: »Sei still! – Es bringt mir nimmer Schaden!« – sagt' auch noch: »Wofern der König starb im letzten Fieber, So fiel das Haupt des Kardinals so wie Sir Thomas Lovells.« Wie! So arg? Ei, ja! Das ist ein schlimmer Mann. Weißt du noch mehr? Ich weiß, mein Fürst. Fahr' fort! Zu Greenwich war's, Verweis hatt' Eure Hoheit meinem Herzog Erteilt, Sir William Blomers willen – Wohl Entsinn' ich mich's: aus meinem Lehnsdienst nahm Der Herzog ihn für sich. Doch nun, wie weiter? Da sprach er: »Wär' ich hierum festgesetzt, Etwan im Turm, so mein' ich, spielt' ich wohl Die Rolle, die mein Vater wollt' erfüllen Am Usurpator Richard, als in Sal'sbury Er sich Gehör erbat, und wär's gewährt, Ihm unterm Schein der Huldigung sein Messer Ins Herz gestoßen hätte.« Oh, Riesenbosheit! Nun, Fürstin, kann der König frei noch atmen, Bleibt dieser außer Haft? Gott füg's zum Guten! Du hast noch Weitres auf dem Herzen; rede! Nach »Rolle meines Vaters« – und dem »Messer« – Streckt' er sich so , und eine Hand am Dolch, Die andre auf der Brust, den Blick erhoben, Stieß er hervor den wild'sten Fluch, des Inhalts, Daß, würd' ihm hart begegnet, er den Vater So weit noch übertreffen wollt', als je Die Tat den schwanken Vorsatz. Seinem Messer Ist wohl ein Ziel gesetzt; er ist verhaftet. Ruft vor Gericht ihn gleich! Vermag er Gnade Vor dem Gesetz zu finden, sei's; wo nicht, Bei uns such' er sie nie! – Bei Tag und Nacht, Gewiß, er ist auf Hochverrat bedacht. Alle ab. Dritte Szene Dritte Szene Ein Zimmer im Palast. Der Lord Kämmerer und Lord Sands treten auf. Ist's möglich, gaukelten die Zauber Frankreichs Die Menschen in solch seltsamliche Form? Sind neue Moden noch so lächerlich, Ja, selbst unmännlich, doch befolgt man sie. So weit ich seh', was unsre Englischen Sich Gut's geholt auf dieser Fahrt, sind's höchstens Ein paar Gesichter, die sie ziehn, und garst'ge, Denn macht sie einer , nun, so schwört man drauf, Selbst seine Nase sei schon Rat gewesen Bei Chlotar und Pipin, so ehrbar schaut sie. Sie führen sämtlich neue, lahme Beine, Und wer sie noch nicht gehn sah, dächte, Spat Und Gallen zwickten sie. Beim Element! Selbst ihrer Kleider Schnitt ist so sehr heidnisch, Daß sie gewiß den Christen ausgezogen. Wie nun? Was Neues bringt Sir Thomas Lovell? – Sir Thomas Lovell tritt auf. Nicht Neues just, Mylord, als die Verordnung, Die eben jetzt am Schloßtor klebt. Worüber? Ei, die Reform der jungen Reisenden, Die uns verfolgt mit Zank und Lärm und Schneidern. Gott sei's gedankt! Nun bitt' ich die Monsieurs, Einem brit'schen Hofmann noch Verstand zu lassen, Auch wenn er's Louvre nicht gesehn. Sie sollen (So lautet die Verordnung) ihren Wedeln Und Resten fränk'schen Narrentums entsagen, Samt all den teuern Punkten ihrer Torheit Von gleichem Schlag; Duell'n und Feuerwerken; Und der Verspottung Besserer als sie In ihrer fremden Weisheit; gänzlich abtun Den Aberglauben ihres Federballs, Die langen Strümpfe, kurz gepuffte Hosen, All die Symbole ihrer Reis', und wieder Sich wie vernünft'ge Menschen stellen, oder Sich zu den alten Spielkam'raden packen, Wo sie cum privilegio dann mögen Verlacht sein und die Kläglichkeit verbrauchen. Die Kur war an der Zeit; es griff dies Übel Verzweifelt um sich. Wie wohl unsre Weiber Die süßen Eitelkeiten all entbehren! – Nun, Klagen gibt's gewiß; die schlauen Löffler Verstanden meisterlich, die Frau'n zu fangen; 'ne Fiedel, ein französisch Lied tat Wunder. Fiedl' euch der Teufel! Gut, sie sind nun fort, Denn Bess'rung war zu hoffen nicht. Jetzt mag Ein schlichter Edelmann vom Land', wie ich, Längst aus dem Spiel verdrängt doch auch sein Lied Anstimmen und Gehör ein Stündchen hoffen Und, mein' ich, seinen Takt noch eben halten. Recht so, Lord Sands; Ihr habt den Füllenzahn Nicht abgelegt. O nein, und werd' auch nicht, Solang' ein Stumpf mir nachbleibt. Sagt, Sir Thomas, Wohin Ihr gingt. Ins Haus des Kardinals; Eu'r Herrlichkeit ist gleichfalls dort ein Gast. Jawohl. Er gibt ein prächtig Fest zu Nacht Gar vielen Herrn und Frau'n; Ihr findet dort Des ganzen Landes Schönheit heut versammelt. Ein gütig Herz hat dieser Fürst der Kirche, Fruchtbar die Hand wie der ergieb'ge Boden, Sein Tau tränkt alles. Ja, er ist höchst edel: Ein schwarz Gemüt, das anders von ihm sagte. Nun, er vermag's, er hat genug; an ihm Wär' Sparen ärgre Sünd' als Ketzerei. Freigebig müssen Männer sein wie er, Sie stehn als Beispiel da. Als rechtes Beispiel; Doch er vor allen. Meine Barke hält, Ich nehm' Eu'r Gnaden mit. Nun kommt, Sir Thomas, Wir kommen spät sonst, und mir wär' es leid, Weil ich heut abend mit Sir Heinrich Guilford Aufseher bin des Festes. Euch zu Diensten. Alle ab. Vierte Szene Vierte Szene Im Palast des Kardinals von York. Hoboen. Ein kleiner Tisch unter einem Thronhimmel für den Kardinal; eine längere Tafel für die Gäste. Von der einen Seite treten auf Anna Bullen mit einigen andern Fräulein und Edelfrauen als Gäste, von der andern Sir Heinrich Guilford. Ein allgemein Willkommen Seiner Gnaden Begrüßt euch all', ihr Frau'n; er weiht den Abend Der schönen Freud' und euch, und hofft, nicht eine In dieser edlen Schar nahm Sorgen mit Von Haus. Gern säh' er alles hier so munter, Als gut gewählte Gäst' und guter Wein Und guter Willkomm' gute Leute nur Zu stimmen wissen. Ei, Mylord, Ihr säumt; Der Lord Kämmerer, Lord Sands und Sir Thomas Lovell treten auf. Schon der Gedank' an diesen schönen Kreis Gab Flügel mir. Ihr seid noch jung, Sir Heinrich. Sir Thomas, hegte nur der Kardinal Halb meine weltlichen Gedanken, traun! Manch' eine fände hier vor Schlafengehn Ein lust'ger Fest, das besser ihr gefiele. Es ist, fürwahr! ein Kreis der schönsten Kinder. Wär' Eure Herrlichkeit nur jetzt der Beicht'ger Zwei'n oder drei'n von diesen! – Wollt', ich wär's, Sie fänden leichte Pönitenz. Wie leicht? So leicht, wie Federbetten sie nur böten. zu den Damen. Gefällt's euch, Platz zu nehmen? Ordnet Ihr, Sir Heinrich, dort, ich will es diesseits tun. Gleich kommt der Kardinal. Nein, frieren müßt ihr nicht; Zwei Frau'n zusammensetzen macht kalt Wetter. Ihr, Mylord Sands, müßt sie uns munter halten; Setzt Euch zu diesen Damen. Nun, Mylord, Auf Ehr', ich dank' Euch. Wollt verzeihn, ihr Schönen: Setzt sich. Red' ich vielleicht ein bißchen wild, so zürnt nicht; Ich hab's von meinem Vater. War der toll, Sir? Sehr toll, ausnehmend toll, verliebt am tollsten: Doch biß er nie, und, ebenso wie ich, Küßt' er euch zwanzig wohl in einem Atem. Recht so, Mylord, So, jetzo sitzt Ihr gut. Ihr Herrn, nun liegt Die Schuld an euch, wenn diese schönen Frau'n Nicht heiter uns verlassen. Was ich vermag, Das soll gewiß geschehen. Hoboen. Kardinal Wolsey tritt auf und nimmt Platz auf seinem erhöhten Sitz. Seid willkommen, Ihr schönen Gäste! Welcher edlen Frau Und welchem Ritter heut der Frohsinn ausbleibt, Die meinen's schlimm mit mir. Nochmals willkommen! Auf euer aller Wohl! Trinkt. Ein huldreich Wort! 'nen Tummler gebt, der meinen Dank enthalte Und mir das Reden spare. Mylord Sands, Ich dank' Euch bestens. Trinkt den Gästen zu! Die Damen sind nicht munter; sagt mir an, Wes ist die Schuld? Erst muß des Weines Purpur Die schönen Wangen röten, Herr; dann sollt Ihr Sie uns stumm plaudern sehn. Ihr seid Ein lust'ger Spielmann, Mylord Sands. O ja, Wenn ich den Tanz darf wählen. – Hier, mein Fräulein, Ist Wein für Euch, und wollt Bescheid mir tun; Es gilt ein Spiel ... Das Ihr verlieren würdet. Ich sagt' es wohl, sie würden plaudern. Trommeln und Trompetenschall, man hört Kanonen abfeuern. Horch! Seht draußen nach! Ein Diener geht hinaus. Welch kriegerischer Klang! – Wie deut' ich dies? Nein, fürchtet nichts, ihr Frau'n; Nach allem Kriegsbrauch seid ihr außer Fährde. Der Diener kommt zurück. Nun sprich, was ist's? Ein Trupp von edlen Fremden; Denn also scheint's: sie sind ans Land gestiegen Und nahen jetzt, gleich hohen Abgesandten Ausländ'scher Fürsten. Werter Mylord Kämm'rer, Geht Ihr zum Gruß; Ihr sprecht die fränk'sche Zunge. Empfangt sie würdig und geleitet sie In unsre Näh', wo dieser Schönheitshimmel Vollglänzend sie bestrahle. – Geh' wer mit! Der Kämmerer mit Gefolge ab. Alle stehen auf; man bringt die Tische auf die Seite. Man stört das Fest; doch holen wir's wohl nach. Euch allen ein gesegnet Mahl; ich heiß' euch Nochmals willkomm', willkommen all' von Herzen! Hoboen. Der König und mehre andre als Schäfer verkleidet, mit sechzehn Fackelträgern, und durch den Lord Kämmerer eingeführt, treten auf. Sie gehen gerade auf den Kardinal zu und grüßen ihn höflich. Ein edler Zug! Was steht zu eurem Dienst? – Da sie kein Englisch reden, meld' ich dies Auf ihr Gesuch: daß, als der Ruf erschollen Von dieses Abends schöner und erlauchter Versammlung, sie nicht länger widerstanden Nach ihrer tiefen Ehrfurcht für die Schönheit, Die Herden zu verlassen, um in Eurem Edlen Geleit Erlaubnis zu begehren, Die Damen hier zu sehn und eine Stunde Zu unterhalten. Sagt, Lord Kämm'rer, ihnen, Sie häuften Gnaden auf mein armes Haus, Ich dankte tausendfach und bäte sie, Nach ihrem Wohlgefallen hier zu schalten. Alle wählen sich Damen zum Tanz. Der König tanzt mit Anna Bullen. Die schönste Hand, die ich berührt! O Schönheit, Dich ahnet' ich bis heut noch nie! – Mylord! Eu'r Gnaden? Bitt' Euch, sagt in meinem Namen, Daß einer unter ihnen müsse sein, Der würd'ger diesen Platz besetzt denn ich, Und dem ich, kennt' ich ihn, mit aller Lieb' Und Pflicht ihn überließe. Wohl, ich gehe. Geht zur Gesellschaft und kommt zurück. Was sagen sie? Ein solcher, dies gestehn sie, Sei wirklich hier, und mög' Eu'r Gnaden ihn Ausfinden, und er nähm' es an. Laßt sehn. – Mit euer aller Gunst, ihr Herrn, hier wag' ich Die Königswahl. Ihr traft ihn, Kardinal. Ihr haltet trefflich Haus; recht wohl, Mylord! Ihr seid ein Geistlicher, sonst, Kardinal, Dächt' ich von Euch nichts Gutes. Mich erfreut's, Wenn Eure Hoheit scherzt. Oh, Mylord Kämm'rer, Bitt' Euch, kommt her! Wer ist das schöne Fräulein? – Erlaubt, mein Fürst, Sir Thomas Bullens Tochter, Des Vicomte Rochford, von der Kön'gin Damen. Bei Gott! ein lieblich Kind. – Mein süßes Herz, Unziemlich wär's, zum Tanz Euch aufzufodern zu Anna Bullen Und nicht zu küssen. Stoßet an, ihr Herrn, Bringt die Gesundheit rund! Sir Thomas Lovell, Ist das Bankett bereit im innern Saal? Ja, Herr. Eu'r Hoheit, fürcht' ich, ist ein wenig Erhitzt vom Tanz. Ich fürchte selbst, zu sehr. Im nächsten Saale, Sire, ist frischre Kühle. Führt eure Damen alle. – Holde Tänzerin, Noch darf ich Euch nicht lassen. – Sei'n wir fröhlich! Ich hab' auf diese Schönen halb ein Dutzend Trinksprüch' im Sinn, und sie zum Tanz noch einmal Zu führen; und hernach mag jeder träumen, Wem heut die meiste Gunst ward. – Blast zum Aufbruch! Alle unter Trompetenschall ab. Zweiter Aufzug Erste Szene Erste Szene Straße. Zwei Edelleute treten auf, von verschiedenen Seiten. Wohin so eilig? Oh! Gott grüß' Euch! Grade Zur Halle ging ich, um das Schicksal forschend Des großen Herzog Buckingham. Ich spar' Euch Die Mühe, Sir; 's ist alles schon geschehn. Jetzt wird er heimgeführt. Ihr wart zugegen? Ja wohl! Dann, bitt' Euch, sagt, wie war der Hergang? Das rät sich leicht! Erkannte man ihn schuldig? Nun allerdings, und sprach sogleich sein Urteil. Das geht mir nah! Das tut es vielen andern. Doch jetzt erzählt: wie trug sich alles zu? Ich meld's Euch kürzlich. Vor die Schranken trat Der große Herzog, wo auf alle Klagen Er seine Unschuld scharf verfocht und Gründe Anhäuft', um dem Gesetz sich zu entziehn. Des Königs Anwalt dahingegen drang Auf das Verhör, den Eid, das Eingeständnis Verschiedner Zeugen, die sogleich der Herzog Persönlich ihm vor Augen bat zu führen: Worauf sein Hausvogt wider ihn erschien, Sir Gilbert Peck, sein Kanzler, und John Court, Sein Beicht'ger; ferner jener Teufelsmönch, Hopkins, der schuld an allem. Eben der, Der ihn getäuscht mit Prophezei'n? Derselbe. Sie klagten sämtlich hart ihn an. Gern hätt' er Sie von sich abgelehnt, doch konnt' er's nicht; Und also sprachen, nach sotanem Zeugnis, Ihn seine Pairs des Hochverrates schuldig. Viel und Gelehrtes sprach er für sein Leben, Doch ward's bedauert aber nicht beachtet. Und nach dem allen, wie betrug er sich? Als vor die Schrank' er wieder trat und hörte Sein Grabgeläut', sein Urteil, da erfaßt' ihn Die Todesangst; ihm brach der Schweiß hervor, Und sprach im Zorn ein Wen'ges, schlecht und hastig. Doch kehrt' er bald zu sich zurück und blieb Höchst edel und gefaßt, bis ganz zu Ende. Er scheut den Tod wohl nicht? Gewißlich nicht. So weibisch war er nie; obwohl die Ursach' Ihn sicherlich muß kränken. Zuverlässig War hier der Kardinal im Spiel. So scheint es Nach allem Fug: zuerst Kildairs Anklage, Der erst Regent in Irland war, dem, abgerufen, Lord Surrey folgt', und zwar in großer Eil', Damit er nicht dem Vater hülf'. Welch hämischer Verborgner Streich der Staatskunst! Kehrt er heim, Wird er Vergeltung üben. Allgemein Ist schon bekannt, daß, wem der König günstig, Dem suche flugs der Kardinal ein Amt, Das fern genug vom Hof. All die Gemeinen Sind ihm von Herzen gram und säh'n ihn gern Zehn Klafter tief: so wie sie Lieb' und Treu' Dem Herzog schenkten, der ihr güt'ger Buckingham Bei ihnen heißt und aller Sitte Spiegel. Verweilt! Dort kommt der arme, würd'ge Pair. Buckingham tritt auf, von seinem Verhör kommend. Gerichtsdiener gehen vor ihm, die Schneide ihrer Beile gegen ihn gekehrt. Hellebardierer auf beiden Seiten. Ihm folgen Sir Thomas Lovell, Sir Nikolas Vaux, Sir William Sands. Volk. Kommt näher; seh'n wir ihn! Ihr guten Leute, Die mich voll Mitleid also weit begleitet, Hört mich, und dann geht heim, vergesset mich! Mir ist Verräters Urteil heut gesprochen, Und dies gibt mir den Tod. Doch weiß der Himmel, Und hab' ich ein Gewissen, treff' es mich, So wie die Axt fällt, war ich jemals treulos! Den Richtern groll' ich nicht um meinen Fall; Sie übten Recht nur, nach der Sache Hergang. Doch, die's veranlaßt, wünscht' ich beßre Christen! – Wie sie auch sei'n, verzeih' ich ihnen gern; Nur, daß sie nie mit ihrem Unheil prahlen, Noch ihre Bosheit baun aufs Grab der Großen; Dann schriee wider sie mein schuldlos Blut. Auf längres Leben hoff' ich nicht hienieden, Noch fleh' ich drum, ist gleich der König reicher An Huld als ich an Fehlen. Ihr Getreuen, Die ihr's noch wagt, um Buckingham zu weinen, Ihr edlen Freund' und Brüder, deren Abschied Allein ihm bitter wird, allein'ger Tod, Folgt mir, gleich guten Engeln, hin zum Tode: Und wie der Stahl mich trifft, die lange Scheidung, Laßt eu'r Gebet ein lieblich Opfer steigen Und hebt die Seel' empor gen Himmel. Weiter, In Gottes Namen! – Ich ersuch' Eu'r Gnaden, Wenn jemals gegen mich ein Haß verborgen In Eurer Brust, vergebt mir ohne Rückhalt! Sir Thomas, ich vergeb' Euch, wie mir selber Vergeben werde; ich vergebe allen. Es gibt so ungezähltes Unrecht nicht An mir, das ich nicht könnt' entsühnen; sicher Soll schwarzer Haß mein Grab nicht baun. Empfehlt mich Dem König; und spricht er von Buckingham, Sagt ihm, er war schon halb im Himmel. Stets Sind meine Wünsch' und Bitten ganz des Königs Und werden, bis die Seele mich verläßt, Um Segen für ihn flehn. Er lebe länger, Als Zeit mir bleibt, zu zählen seine Jahre! – Sein Walten sei stets liebreich und geliebt! Und führt ihn Alter spät dereinst hinab, Erfüllen Herzensgüt' und er ein Grab! – Zur Wasserseite soll ich Euch geleiten, Dann übernimmt mein Amt Sir Niclas Vaux, Der Euch zu Eurem Ende führt. Macht Anstalt; Der Herzog kommt: seid mit dem Boot bereit Und ziert es aus mit Schmuck, wie sich's geziemt Für seine fürstliche Person. Nein, Sir, Laßt gut sein; jetzund höhnt mein Rang mich nur. Ich kam hieher als Lord Groß-Connetable, Herzog von Buckingham; jetzt bin ich nur Der arme Eduard Bohun; und reicher dennoch Als die Elenden, die mich angeklagt Und Wahrheit nie gekannt. Ich geb' ihr Zeugnis Mit meinem Blut, um das sie einst noch ächzen. Mein edler Vater, Heinrich Buckingham, Der gegen Richards Tyrannei zuerst stritt, Als er entflohn zu seinem Diener Banister, Fand, weil in Not, Verrat durch diesen Buben Und fiel ohn' Untersuchung: Gott sei mit ihm! Der sieb'te Heinrich dann, wahrhaft bekümmert Ob meines Vaters Mord, der edle König, Gab Ehre mir und Gut zurück und schuf mir Aus Trümmern doppelt hellen Glanz. Jetzt rafft Sein Sohn, Heinrich der Achte, Leben, Ehre Und Nam' und was mich glücklich je gemacht, Mit einem Streich auf ewig aus der Welt. Mir gönnte man gerichtliches Verhör, Und zwar ein wahrhaft edles, das beglückt mich Ein wenig mehr als meinen armen Vater. Doch sonst ward beiden gleiches Los: wir beide Gestürzt durch Diener, durch die liebsten Männer! Höchst treulos, unnatürliche Vergeltung! – Der Himmel legt in alles Zweck. Ihr aber Nehmt diese Warnung von dem Sterbenden: Wo Lieb' ihr und Vertrau'n freigebig schenkt, Bewahrt die Zung': die ihr zu Freunden macht, Die Herzen ihnen gebt, gewahren sie Den kleinsten Stoß an eurem Glück, sie rollen Wie Wellen von euch fort, nur wiederkehrend, Euch zu verschlingen. All ihr guten Menschen, Betet für mich! Ich geh'! Die letzte Stunde Des müden, langen Lebens hat geschlagen. Lebt wohl! Und wollt ihr Trauriges einmal erzählen, Sagt, wie ich fiel. – So schließ' ich. Gott verzeih' mir! – Buckingham und Gefolge ab. Oh, dies ist jammervoll! Dies, fürcht' ich, ruft Zu viele Flüch' auf aller Haupt, die solches Veranlaßt. Wenn der Herzog schuldlos stirbt, Ist's grau'nvoll; doch ich könnt' Euch Winke geben Von einem nahen Übel, das, eintretend, Noch größer wäre. Schützt uns, gute Geister! Was kann es sein? Mißtraut nicht meiner Treu'; – So wichtiges Geheimnis heischt bewährte Verschwiegenheit, es zu verschließen. Gönnt mir's; Ich rede wenig. Wohl, ich will Euch traun. Hört an: Vernahmt Ihr nicht vor wenig Tagen Ein heimlich Munkeln über nahe Scheidung Des Königs von Kathrinen? Ja, doch schwand es wieder: Der König, als er kaum davon gehört, Hat zornig dem Lord Mayor Befehl gesandt, Zu hemmen solch Gerücht und schnell zu bänd'gen Die Zungen, die's verbreitet. Dennoch, Sir, Ward jenes Lästern Wahrheit; denn aufs neu' Erhebt sich's stärker, und man glaubt gewiß Den König schon bestimmt. Der Kardinal, Wo nicht, vom Hof ein andrer, weckt in ihm, Die gute Füstin hassend, solche Skrupel, Die ihr Verderben drohn; und nun erwägt Des Kardinals Campejus neulich Kommen, Das alle hierauf deuten. 's ist allein Der Kardinal, der Rache sucht am Kaiser, Weil ihm das Erzbistum Toledo nicht Auf sein Gesuch von jenem ward gewährt. Ich denk', Ihr traft den Fleck. Doch ist's nicht grausam, Daß sie dies büßen muß? Der Kardinal Folgt seinem Sinn: drum fällt sie. 's ist betrübt. Wir stehn zu offen hier für solch Gespräch; Laßt uns daheim noch ferner drüber denken. Ab. Zweite Szene Zweite Szene Ein Vorzimmer im Palast. der einen Brief liest. »Mylord! Die Pferde, nach denen Eure Herrlichkeit schickte, waren mit aller Sorgfalt von mir ausgewählt, zugeritten und mit Sattel und Zeug versehen worden. Sie waren jung und schön, und von unsrer besten Zucht im Norden. Als ich sie so weit gebracht, nach London abgehn zu können, hat einer von des Lord Kardinals Dienern nach vorgezeigter Vollmacht und Befehl, sie in Beschlag genommen, mit der Äußerung, sein Herr wolle eher bedient sein als ein Untertan, wo nicht eher als der König; dies, gnädiger Herr, stopft uns den Mund.« Das will er freilich, fürcht' ich. Nun, nehm' er sie, Ich denk', er nimmt noch alles. Die Herzoge von Norfolk und Suffolk treten auf. Mich freut's, Euch hier zu treffen, Mylord Kämm'rer. Gott grüß' Eu'r Gnaden beide! Sagt, was macht Der König? Ich verließ ihn einsam, voll Bekümmernis und Gram. Was war die Ursach'? Es scheint, die Eh' mit seines Bruders Weib Kam dem Gewissen allzu nah. Nein, sein Gewissen Kam einer andern Frau zu nah. So ist's. Das macht der Priester, dieser König-Priester! Der blinde Pfaff', Fortunas Erstgeborner, Dreht alles um. Einst wird der Herr ihn kennen. Gott geb', er tät's! Er kennt sich selbst nicht eh'. Seht nur, wie heilig all sein Tun und Dichten! Wie salbungsvoll! Denn seit er brach das Bündnis Mit Kaiser Karl, der Kön'gin großem Neffen, Taucht' er ins Herz des Königs, streuet dort Gefahr und Zweifel und Gewissensangst, Vorwurf und Furcht, bloß dieser Ehe wegen. Und nun, mit eins den König zu erwecken, Rät er zur Scheidung, rät, sie zu verstoßen, Die zwanzig Jahr an seinem Halse hing, Wie ein Juwel, doch nie den Glanz getrübt; Sie, die mit jener Zärtlichkeit ihn liebt, Mit der die Engel gute Menschen lieben; Ja, sie, die bei des Glückes härt'sten Streichen. Den König segnen wird! Ist das nicht fromm? Behut' uns Gott vor solchem Rat! Wahr ist's, Schon ward's bekannt, schon wohnt's auf allen Zungen, Und alle Treuen weinen drum; nicht einem , Der näh're Einsicht hat, entgeht der Hauptzweck, Die Eh' mit Frankreichs Schwester. Bald erschließe Gott noch des Königs Augen, eingeschläfert Von diesem frechen Mann! Und mach' uns frei Von seiner Knechtschaft! Beten möchte man, Und zwar von ganzem Herzen, um Erlösung. Sonst knetet der Hochfahrende uns alle Aus Fürsten noch zu Pagen. Stand und Rang Liegt wie ein Teig vor ihm, den er allein Nach Wohlgefallen modelt. Ich, Mylords, Ich lieb' und fürcht' ihn nicht, das ist mein Credo. Wie ich ohn' ihn entstand, so will ich bleiben Mit Königs Hülfe; Wolseys Fluch und Segen Trifft mich gleichviel: 's ist Luft, die nicht verwundet. Ich kannt' und kenn' ihn noch, und lass' ihn dem, Der ihn so stolz gemacht, dem Papst. Kommt, gehn wir, Versuchen wir's, ob nicht ein neu Beginnen Den König diesem trüben Tun entreißt. – Mylord, Ihr folgt uns doch? Entschuldigt mich; Der König schickt mich sonst wohin. Zudem Fürcht' ich, ihr trefft höchst ungelegne Zeit; So geh's euch wohl! – Dank, werter Mylord Kämm'rer! Lord Kammern ab. Der Herzog von Norfolk öffnet eine Flügeltür; man sieht den König sitzend und nachdenklich lesend. Wie ernst! Gewiß, er ist sehr aufgeregt! Wer ist hier? He? Gott wende seinen Zorn! Wer ist hier? frag' ich. Wie vermeßt ihr euch, In Stunden ernster Sammlung euch zu drängen? Wer bin ich? Wie? Ein güt'ger Fürst, der gern Verseh'n entschuldigt, Die nimmer arg gemeint. Der Fehl von eben Betraf ein Staatsgeschäft, um das wir kamen, Den Willen unsers Königs zu vernehmen. Ihr seid kühn. Ei was! Ich lehr' euch, wann es Zeit ist zu Geschäften! Ist jetzt für Weltliches die Stunde? Wie? Wolsey und Campejus treten auf. Wer kommt? Mylord von York? O du mein Wolsey, Du Balsam meiner schmerzgequälten Seele, Du reichst dem König Heilung. – Seid willkommen zu Campejus In unserm Reich, gelehrter, edler Herr, Verfügt mit ihm und uns; und Ihr sorgt bestens, zu Wolsey Daß dies kein leeres Wort sei! Mein Gebieter, Ich bitt' Eu'r Hoheit nur um eine Stunde Geheimen Vortrags. zu Norfolk und Suffolk. Fort! wir sind beschäftigt. beiseit. Der Priester wär' nicht stolz? beiseit. Ganz unermeßlich. Ich möchte nicht so krank sein, nicht einmal Für seinen Platz. Doch dies kann so nicht bleiben. Geschieht's, so wag' ich, ihm eins beizubringen. Auch ich. Norfolk und Suffolk ab. Eu'r Hoheit gab ein Beispiel Ihrer Weisheit Vor allen Fürsten, als Ihr frei dem Spruch Der Kirch' anheim gestellt habt Eure Skrupel. Wer darf nun zürnen? Welcher Haß Euch treffen? Spanien, durch Blut und Freundschaft ihr verbündet, Muß jetzt, wofern es irgend gut gesinnt, Die Untersuchung recht und edel finden. In allen Christenreichen hat der Klerus, Der einsichtsvolle, freie Beistimmung, Und Rom, die Mutter aller Weisheit, sandte Auf Euer Gnaden Wunsch als bündigsten Erklärer diesen würd'gen Priester her, Den vielerfahrnen Kardinal Campejus, Den ich nochmals vorstelle meinem Fürsten. Und nochmals sagt ihm Willkomm die Umarmung, Dem heiligen Konklav' die Liebe dankend; Es traf die Wahl nach meines Herzens Wunsch. Mit Recht ist aller Fremden Herz entzückt Von Euch, mein Fürst, der sich so edel zeigt. In Eure Hand leg' ich die Vollmacht nieder, Die auf Befehl des röm'schen Hofs mit Euch, Lord Kardinal, mich, seinen Knecht, vereinigt Als unpartei'sche Richter dieses Falls. Gleich würdig beide. Wir werden ungesäumt Die Königin unterrichten. – Wo ist Gardiner? Eur' Majestät, ich weiß es, hat sie stets Zu sehr geliebt, um das ihr nicht zu gönnen, Was ein gering'res Weib mit Recht auch fodert: Gelehrte, die frei für sie sprechen dürfen. Ja, und die besten soll sie haben; meine Gunst, Wer es am besten tut. Ei, da sei Gott für! Ruft, bitt' ich, Gardiner, meinen neuen Schreiber, Den Menschen find' ich recht geschickt. Der Kardinal geht hinaus und kommt zurück mit Gardiner. Gebt mir die Hand; ich wünsch' Euch Gunst und Freude, Ihr seid des Königs jetzt. beiseite zum Kardinal. Doch stets im Dienst Des teuern Gönners, dessen Hand mich hob. Kommt hierher, Gardiner. Geht beiseite und redet leise mit Gardiner. War nicht, Lord York, vorher ein Doktor Pace In dieses Mannes Stelle? Ja, das war er. Und galt er nicht für hochgelahrt? Gewiß. Glaubt mir, dann ist ein schlimm Gerücht, Mylord, Sogar von Euch verbreitet. Wie! Von mir? Man steht nicht an, des Neides Euch zu zeihn: Aus Furcht, daß seine Tugend hoch ihn höbe, Hieltet Ihr ihn entfernt: das kränkt' ihn so, Daß er im Wahnsinn starb. Des Himmels Fried' ihm! So viel als Christ: lebend'ge Lästerer Kann man noch strafen. Dieser war ein Narr, Ein Tugendheld durchaus: der gute Mensch da, Wo ich gebiete, folgt er meinem Wink. Kein andrer muß so nah stehn. Lernt das, Bruder, Nie darf ein kleinrer Mann uns irgend hemmen. Bringt dies der Königin mit aller Ehrfurcht. – Gardiner ab. Der bestbelegne Ort, so wie mir scheint, Für jene Untersuchung ist Blackfriars; Dort trefft euch wegen dieser wicht'gen Sache; Mein Wolsey, ordnet alles. Oh, Mylord, Muß nicht ein wackrer Mann mit Gram verlassen Solch freundlich Eh'weib? Doch, Gewissen! Gewissen! – Du bist zu zart, und ich muß sie verlassen. Alle ab. Dritte Szene Dritte Szene Vorzimmer der Königin. Anna Bullen und eine alte Hofdame treten auf. Auch deshalb nicht: – hier ist der Dorn, der sticht: Der Herr, der so lang' mit ihr lebte; sie So gut, daß keine Zunge jemals konnte Was Schlechtes von ihr sagen, – o nein, wahrlich, Sie wußte nicht, was Kränken heißt; und nun So manchen Sonnenumlauf Königin, In Pomp und Majestät anwachsend, die Zu lassen tausendmal noch bittrer ist, Als süß, sie zu erlangen, – nun, nach allem, So Schmach ihr bieten! Oh, 's ist zum Erbarmen Und rührt wohl Ungeheu'r. Die härtsten Seelen Zerschmelzen in Wehklage. Himmel! besser, Sie kannte nie den Pomp! Zwar ist er weltlich, Doch wenn das Glück, die Zänkerin, ihn schneidet Vom Eigner, ist es Leid, so stechend, wie Wenn Seel' und Leib sich trennen. Arme Fürstin! Zur Fremden ward sie wieder! – Um so mehr Muß Mitleid auf sie taun. Wahrlich, ich schwöre, Viel besser ist's, niedrig geboren sein Und mit geringem Volk zufrieden leben, Als aufgeputzt im Flitterstaat des Grams Und goldner Sorgen. Ja, Zufriedenheit Ist unser bestes Gut. Auf Treu' und Unschuld, Ich möchte keine Kön'gin sein! Mein' Seel', ich wohl Und wagte dran die Unschuld; so auch Ihr, Trotz Eurer süßgewürzten Heuchelei: Ihr, die Ihr alle Reize habt des Weibs, Habt auch ein Weiberherz, das immer noch Nach Hoheit geizte, Reichtum, Herrschermacht, Und die, gesteht's, sind Seligkeit; die Gaben (Wie Ihr auch zimpert) fänden doch wohl Raum In Eurem saffian-zärtlichen Gewissen, Wenn Ihr's nur dehnen wolltet! – Nein, auf Treu'! Treu' hin. Treu' her! – Ihr wär't nicht gerne Fürstin? Nein, nicht um alle Güter unterm Mond. Kurios! Ei, mich bestäch' ein krummer Dreier, Kön'gin zu sein, so alt ich bin: doch, bitte, Was meint Ihr zu 'ner Herzogin? Habt Ihr Zu solcher Bürde Kraft? Nein, wahrlich nicht. Dann seid Ihr allzu schwach! Nun, noch eins tiefer: Ich trät' Euch nicht als junger Graf entgegen Und mehr als ein Erröten: kann Eu'r Rücken Die Last nicht tragen, seid Ihr auch zu schwächlich, Um Kinder zu erzeugen. Wie Ihr schwatzt! Ich schwör' noch eins, ich wär' nicht Königin Um alle Welt. Seht, um das kleine England Würd' Euch der Mund schon wässern: mir schon für Carnarvonshire, wenn auch nichts anders sonst Zur Krone mehr gehörte. Wer kommt da? Der Lord Kämmerer tritt auf. Guten Morgen, Fräulein! Wie viel wär's wohl wert, Zu wissen, welch Geheimnis ihr bespracht? Kaum Eurer Frage, lieber Lord, verlohnt sich's; Wir klagten über unsrer Herrin Leid. Ein löblich Thema, das sich trefflich ziemt Für solche würd'ge Damen. Noch ist Hoffnung, Daß alles gut wird. Amen, geb' es Gott! – Ihr habt ein freundlich Herz; des Himmels Segen Folgt Euresgleichen. Daß Ihr seht, Mylady, Wie wahr ich red' und wie den höchsten Blicken Von Eurer reichen Tugend Kenntnis ward: Hochachtungsvoll grüßt Euch des Königs Gnade Und will Euch mit nicht mindrer Ehre schmücken Als einer Markgräfin von Pembroke; ferner Fügt er zu solchem Titel tausend Pfund Als Jahrgehalt hinzu. Noch weiß ich kaum Der treuen Unterwerfung Form zu wählen. Mehr denn mein alles ist noch nichts; mein Beten Nicht heilig g'nug, noch meine Wünsche mehr Als leerer Schall: doch Wünsche und Gebete Sind, was ich darzubieten hab'. Ich bitt' Euch, Versucht zu schildern meines Danks Gehorsam, Als einer tief beschämten Magd, dem König, Für dessen Heil und Kron' ich bete. Fräulein, Ich eil', in seiner günst'gen Meinung noch Zu stärken meinen Herrn. Beiseit. Wohl prüft' ich sie, Schönheit und Zucht sind so verwebt in ihr, Daß sie den Herrn umstrickten; und wer weiß, Ob ihr nicht ein Juwel entsprießen mag, Dies ganze Land durchstrahlend. – Jetzt zum König, Ihm melden, daß ich Euch gesehn. Mein teurer Lord! – Lord Kämmerer ab. Da haben wir's! Nun seht einmal, nun seht! Ich habe sechszehn Jahr am Hof gebettelt, Bin stets noch bettelhaft am Hof, und zwischen Zu zeitig und zu spät traf ich's noch nie, Warb ich um ein'ge Pfund. Und Ihr? O Schicksal! Ihr, noch ein junger Weißfisch (Zeter über Dies aufgedrängte Glück!), kriegt voll den Mund, Eh' Ihr die Lippen öffnet! Seltsam, in Wahrheit! Wie schmeckt's? Ist's bitter? Ich wett' 'nen Taler, nein! Es war 'mal eine Dam' (erzählt ein Märchen), Die wollte Königin nicht sein, durchaus nicht, Um allen Schlamm Ägyptens nicht. – Kennt Ihr's? Geht, Ihr seid munter! Ich, in Eurer Stelle, Flög' über Lerchenweg. Markgräfin Pembroke! Eintausend Pfund des Jahrs! Aus bloßer Achtung! Und von Verpflichtung nichts! Bei meinem Leben, Mehr Tausende verspricht das. Der Ehre Schlepp' Ist länger als ihr Vorderkleid. Nun, jetzo Tragt Ihr wohl auch die Herzogin? Nicht wahr? Seid Ihr nicht stärker schon? Mein gutes Fräulein, Ergetzt Euch selbst mit Euren eignen Grillen Und laßt mich aus dem Spiel! – Stürb' ich doch lieber, Wenn dies mein Blut erhitzt; nein, es erschreckt mich, Zu denken, was mag folgen. – Die Königin ist trostlos, wir vergeßlich, Sie so allein zu lassen. Bitt' Euch, sagt nicht, Was Ihr gehört. Was denkt Ihr nur von mir? Beide ab. Vierte Szene Vierte Szene Ein Saal in Blackfriars. Trompetenstoß; Zinken und Hörner. Zwei Gerichtsdiener treten auf, mit kurzen Silberstäben; nach ihnen zwei Schreiber in Doktorkleidung; darauf der Erzbischof von Canterbury allein; nach ihm die Bischöfe von Lincoln, Ely, Rochester und St. Asaph. Dann folgt in einer kleinen Entfernung ein Edelmann, der die Tasche mit dem großen Siegel und einen Kardinalshut trägt; alsdann zwei Priester, jeder mit einem silbernen Kreuz; hernach ein Marschall mit entblößtem Haupt, mit einem Herold, der ein silbernes Szepter trägt; ferner zwei Edelleute mit zwei silbernen großen Pfeilern. Ihnen folgen nebeneinandergehend die zwei Kardinäle Wolsey und Campejus; endlich zwei Kavaliere mit Schwert und der Maße: Der König nimmt Platz unter dem Baldachin; die beiden Kardinäle sitzen unter ihm als Richter. Die Königin nimmt ihren Platz in einiger Entfernung vom Könige. Die Bischöfe setzen sich an jede Seite des Gerichtshofes, nach Art eines Konsistoriums; unter ihnen die Schreiber. Die Lords sitzen zunächst den Bischöfen. Der Rufer und der übrige Teil des Gefolges steht in gebührender Ordnung um die Bühne umher. Bis unsre röm'sche Vollmacht abgelesen, Laßt Stille rings gebieten! Zu was Ende? Sie ward schon einmal öffentlich verlesen Und ihre Rechtskraft allerseits erkannt, Drum spart die Zeit! So sei's; dann schreitet weiter! Ruft: Heinrich, König von England, erscheine vor Gericht! Heinrich, König von England, erscheine vor Gericht! Hier. Ruft: Katharine, Königin von England, erscheinevor Gericht! Katharine, Königin von England, erscheine vor Gericht! Die Königin antwortet nicht, steht von ihrem Sitze auf, geht der Versammlung vorüber, kommt zum König, kniet zu seinen Füßen und spricht darauf. Herr, Recht begehr' ich und Gerechtigkeit, Und daß Ihr Euer Mitleid mir gewährt, Der sehr beklagenswerten Frau, der Fremden, In Eurem Reich nicht heimischen, der hier Kein Richter unparteilich, keine Aussicht Auf bill'ge Freundschaft und Begegnis bleibt. Ach, lieber Herr, wie tat ich Euch zu nah? Wie gab ich solchen Anlaß Eurem Zorn, Daß Ihr sogar auf mein Verstoßen sinnt, Mir jede Lieb' und Gunst entzogt? Gott weiß, Ich war Euch stets ein treu ergeben Weib, Zu allen Zeiten fügsam Eurem Willen, In steter Furcht, zu zünden Euren Unmut, Ja, dienend Eurem Blick, trüb oder fröhlich, Nach dem ich Euch bewegt sah. Welche Stunde Erschien ich je mit Eurem Wunsch in Streit, Und der nicht auch der meine ward? Wann liebt' ich Nicht Eure Freunde, kannt' ich schon sie oft Als meine Feinde? Welchem meiner Freunde, Der Euern Zorn gereizt, erhielt ich länger Mein Zutrau'n? Gab ich nicht alsbald Euch Kunde, Daß er mir fremd geworden? Denkt, o Herr, Wie ich in solcher Folgsamkeit Eu'r Weib An zwanzig Jahr gewesen und gesegnet Durch Euch mit Kindern. Wenn Ihr irgend etwas Im Lauf und Fortgang dieser Zeit entdeckt Und mir's beweist, das meiner Ehr' entgegen, Dem Bund der Eh' und meiner Lieb' und Pflicht Für Eure heilige Person: dann stoßt In Gottes Namen mich hinweg, es schließe Hohn und Verachtung hinter mir die Pforten, Und gebt mich preis der schärfsten Ahndung! Denkt, Der König, Euer Vater, ward gepriesen Ein höchst vorsicht'ger Fürst, von herrlichem, Unübertroff'nem Geist und Urteil: Ferdinand, Mein Vater, Spaniens König, galt gleich ihm Als weisester Regent, der dort geherrscht Seit vielen Jahren: und kein Zweifel ist, Daß weise Räte sie von jedem Reich Um sich versammelt, dies Geschäft erwägend, Die gültig unsre Eh' erkannt. Drum fleh' ich In Demut, Herr, verschont mich, bis mir Rat wird Von meinen span'schen Freunden, deren Einsicht Ich heischen will; wo nicht, gescheh' Eu'r Wille In Gottes Namen! Fürstin, Ihr habt hier Nach eigner Auswahl diese würd'gen Väter, Männer von seltner Redlichkeit und Kenntnis, Ja, dieses Landes Zierde, heut versammelt, Zu schlichten diesen Fall. Drum wär' es zwecklos, Verschöbt Ihr länger das Gericht, sowohl Für Eure eigne Ruh', als zu beschwicht'gen Des Königes Verstimmung. Seine Gnaden Sprachgut und treffend: darum, Fürstin, ziemt's, Daß weiter schreite diese Ratsversammlung Und ungesäumt die beiderseit'gen Gründe Verteidigt werden. Mylord Kardinal, –! Ich sprach mit Euch! Was wünscht Ihr, Fürstin? Herr, Mir ist das Weinen nah; doch denk' ich, daß Wir eine Kön'gin sind – (es mind'stens lang' Geträumt) und sicher eines Königs Tochter, Möcht' ich statt Tränen Feuerfunken weinen. Faßt Euch nur in Geduld! – Ich will's, wenn Ihr demütig seid, – ja früher; Wo nicht, dann strafe mich der Herr! – Ich glaube, Und bin gestützt auf mächt'ge Grund', Ihr seid Mein Feind; und so erklär' ich meinen Einspruch: Ihr sollt mein Richter nimmer sein. Denn Ihr Bliest zwischen mir und meinem Herrn die Glut, Die Gottes Tau mag dämpfen! Drum noch einmal, Als meinen Richter hass' ich Euch durchaus; Euch widersteht mein tiefstes Herz; ich halt' Euch Für meinen bösen Geist und hab' Euch nie Der Wahrheit treu geglaubt. Ich muß gestehn, Ich find' Euch selbst nicht wieder, die Ihr sonst Sanftmut geübt, Euch milder stets gezeigt Und weiser, als es andern Frauen je Gegeben ward. Ihr tut mir Unrecht, Fürstin, Ich heg' Euch keinen Groll, noch tat ich Euch Noch jemand Unrecht. Was bisher geschehn Und noch geschieht, verbürgt gemess'ne Vollmacht, So uns erteilt vom geistlichen Gericht, Roms ganzem geistlichen Gericht. Ihr zeiht mich, Ich schüre diese Glut; dem ist nicht so. Der König ist zugegen? Wär' ihm kund, Ich spräche Wahrheit nicht, wie würd' er schelten, Und sehr mit Recht, die Falschheit! Ja, so stark Wie meine Wahrheit Ihr. Er sieht, mich trifft Eu'r Vorwurf nicht, doch sieht er mich verletzt. Deshalb ist jetzt an ihm, mich herzustellen, Und dies geschieht, indem er solcherlei Gedanken Euch entfernt. Bevor deshalb Noch Seine Hoheit spricht, ersuch' ich Euch, Sehr gnäd'ge Frau, nicht denkt mehr, was Ihr spracht, Und sprecht es nie mehr aus! Mylord, Mylord, Ich bin ein einfach Weib, zu schwach, zu ringen Mit Euren Künsten. Ihr seid mild, sprecht Demut; Ihr spielt Beruf und Amt im vollsten Schein, Mit Mild' und Demut; Euer Herz jedoch Ist voll von Hochmut, Anmaßung und Tücke. Durch Glück und Seiner Hoheit Gunst stiegt Ihr Leicht über niedre Stufen; nun erhoben, Ist die Gewalt Euch Stütz': und Eure Worte Sind Knechte, Eurem Willen dienend, wie's Euch gut dünkt, sie zu brauchen. Leugnet nicht, Ihr strebet mehr nach Eurer eignen Ehre Als nach dem heiligen Beruf. Noch einmal, Ich will Euch nicht zum Richter; vor Euch allen Beruf ich mich in dieser ganzen Sache Auf Seine Heiligkeit den Papst; er soll Mein Urteil fällen. Sie verneigt sich vor dem Könige und will weggehn. Störrisch widerspricht Die Königin dem Recht, verklagt es und Entzieht sich schmähend ihm: das ist nicht gut. Sie geht hinweg, Ruft sie zurück! Katharine, Königin von England, erscheine vor dem Gericht! Man ruft Euch, Königin. Was braucht Ihr drauf zu hören? Geht nur weiter: Kehrt um, wenn man Euch ruft: – Nun helf' mir Gott! Mehr ist es, als man dulden kann! – Geht weiter: Ich bleibe nicht, gewiß nicht; werd' auch nimmer Vor keiner ihrer Sitzungen hinfort In dieser Sach' erscheinen. Die Königin mit Griffith und ihrem Gefolge ab. Geh nur, Käthe! Wer in der Welt sich rühmen wollt', er hab' Ein besser Weib, dem soll man traun in nichts, Denn darin log er. Du bist Königin (Wenn seltne Eigenschaften, holde Milde, Sanftmut wie Heil'ge, weiblich echte Würde, Gehorchen im Beherrschen – all dein Sinn So königlich wie fromm dich schildern könnten –) Vor allen ird'schen Königinnen. Sie ist edlen Stamms; Und ihrem hohen Adel angemessen war Auch ihr Betragen gegen mich. Mein Fürst, Tief untertänigst bitt' ich Eure Hoheit, Ihr woll't geruhn, mir Zeugnis zu erteilen Vor diesem Kreis – (denn wo ich Raub und Fessel Erlitten, muß ich losgebunden sein, So mir auch völlig nicht genug geschieht), Ob dies Geschäft wohl, hoher Herr, von mir Zuerst Euch in den Weg gelegt, ob ich wohl je Euch Skrupel aufgeworfen, die Euch konnten Zum Untersuchen führen: ob das kleinste Wort – Anders als frommen Dank für solche Herrin – Ich jemals sprach, das Nachteil bringen konnte So ihrem gegenwärt'gen Rang wie ihrem Höchst tugendhaften Wesen? Mylord, ich Entschuld'ge Euch; noch mehr, bei meiner Ehre, Ich sprech' Euch frei. Wohl lernt Ihr nicht durch mich, Wie viele Feind' Ihr habt, die selbst kaum wissen, Weshalb sie's sind, und doch, Dorfhunden gleich, Mitbellen, wenn's die andern tun; sie reizten Die Königin zum Zorn. Ihr seid entschuldigt: Wollt Ihr noch mehr Rechtfertigung? Ihr wünschtet, Daß stets die Sache schlafen möchte, niemals Habt Ihr sie aufgeregt, nein, oft gehemmt, Geschlossen oft den Weg. Auf meine Ehre, Genauso sprach der Kardinal, und völlig Sprech' ich ihn frei. Nun aber, was mich reizte (– Jetzt fordr' ich Zeit und aufmerksam Gehör), Merkt nun den Anfang. Also kam's: gebt acht! – Meinem Gewissen ward die erste Regung, Skrupel und Stich, wegen gewisser Reden Des Bischofs von Bayonne, Frankreichs Gesandten; Er kam, den Ehebund zu unterhandeln Mit unserm Kind Maria und dem Herzog Von Orleans: im Fortgang des Geschäfts, Bevor Entschluß gefaßt, verlangt' er da (Der Bischof, mein' ich) eine Frist von uns, Dem König, seinem Herrn, anheim zu stellen, Ob unsre Tochter stammt aus gült'ger Ehe, Rücksichtlich jener Heirat mit der Wittib, Die unsers weiland Bruders Weib. Die Frist Erschütterte die Seele mir, drang ein, Und mit zertrümmernder Gewalt, daß bebte So Herz wie Brust; dies sprengte weiten Weg, Daß viel verwirrte Zweifel sich nun drängten Und preßten dieser Mahnung halb. Erst, dacht' ich, Ich sei nicht in des Himmels Gnade; welcher Natur befahl, daß meiner Frauen Leib, Wenn er ein männlich Kind mir trug, nicht mehr Ihm Dienste sollte tun, als wie das Grab Dem Toten tut: denn alle Knaben starben, Wo sie erschaffen, oder bald nachdem Sie hier im Licht: da macht' ich mir Gedanken, Dies sei mir Himmelsstrafe; daß mein Reich, Des allerbesten Erben wert, nicht sollte Durch mich so glücklich sein: Nun kam's, daß ich All die Gefahren meines Lands erwog, Daß mir kein Erbe ward; und das erpreßte Mir manchen Herzensseufzer. Treibend so In des Gewissens wilder See, hab' ich Nach diesem Halt gesteuert, warum wir Nun hier versammelt sind; das heißt, ich dachte Mir herzustellen mein Gewissen, – welches Ich ganz krank fühlt', und jetzt noch nicht gesund, – Durch all' ehrwürd'gen Väter hier im Land Und würdige Doktoren. Erst, geheim, Fing ich mit Euch, Lord Lincoln, an; Ihr wißt, Wie schwer ich ächzte unter meiner Last, Als ich's zuerst eröffnet. Ja wohl, mein Fürst. Ich sprach schon lang'; gefällt's Euch, selbst zu sagen, Wie weit Ihr mich beruhigt? Mein Gebieter, Ihr hattet mich zuerst so sehr bestürzt, – Da dieser Fall so hochgewichtig war Und furchtbar in den Folgen, – daß die kühnsten Gedanken ich dem Zweifel übergab: Und Euer Hoheit diesen Weg empfahl, Den Ihr anjetzt gewählt. Dann fragt' ich Euch, Lord Canterbury, und holt' Erlaubnis ein Zur heutigen Versammlung. Unbefragt Blieb kein ehrwürdig Mitglied dieser Sitzung, Nein, jeder gab mir seine Zustimmung Mit Schrift und Siegel. Deshalb fahret fort, Weil kein Mißfallen an der teuern Königin Person, nein, einzig jene scharfen Stacheln Der vorerwähnten Gründe dies betrieben. Erweist nur gültig jene Eh', und wahrlich, Bei unserm Königsthron, wir sind zufried'ner, Des Lebens ird'sche Zukunft ferner noch Mit Katharinen, unsrer Königin, Als mit dem schönsten Frauenbild zu teilen, Das je die Welt geschmückt. Vergönnt, mein Fürst, Der Königin Entfernung fordert wohl Vertagung dieser Sitzung bis auf weit'res; Inzwischen muß ein ernstliches Ermahnen Ergehn an Ihre Hoheit, abzustehn Von dem Rekurs an Seine Heiligkeit. Alle stehen auf, um auseinanderzugehen. KÖNIG vor sich. Ich seh', die Kardinäle treiben Spiel Mit mir; ich hasse solche Zögerung Und Künste Roms. Oh, kämst du bald zurück, Mein kluger, vielgeliebter Diener Cranmer! Denn deine Ankunft, weiß ich, führt zugleich Mir Trost herbei. – Hebt die Versammlung auf; Ich sage, gehn wir! Alle ab, in derselben Ordnung, in der sie kamen. Dritter Aufzug Erste Szene Erste Szene Zimmer der Königin. Die Königin und ihre Frauen, an der Arbeit. Nimm deine Laute, Kind, mich trübt der Kummer; Zerstreu' ihn, wenn du kannst, laß deine Arbeit. Lied Orpheus' Laute hieß die Wipfel, Wüster Berge kalte Gipfel, Niedersteigen, wenn er sang. Pflanz' und Blüt' und Frühlingssegen Sproßt', als folgten Sonn' und Regen Ewig nur dem Wunderklang. Alle Wesen, so ihn hörten, Wogen selbst, die sturmempörten, Neigten still ihr Haupt herab. Solche Macht ward süßen Tönen; Herzensweh und tödlich Sehnen Wiegten sie in Schlaf und Grab. Ein Edelmann tritt auf. Was ist? Geruht' Eu'r Hoheit, draußen warten Die beiden großen Kardinäle. Wollen Sie mit mir reden? Ihr Begehren war, Eu'r Hoheit sie zu melden. Bittet sie, Hereinzutreten. Edelmann ab. Was nur führt die zwei Zu mir, der armen, gunstverstoßnen Frau? – Ich lieb' ihr Kommen nicht, bedenk' ich's recht! Sie sollten fromm sein, würdig ist ihr Amt; Allein die Kappe macht den Mönch nicht aus. Die Kardinäle Wolsey und Campejus treten auf. Fried' Eurer Hoheit! Eure Gnaden sehn In einer Hausfrau Weise mich beschäftigt; Das Schlimmste fürchtend, denk' ich gern auf alles. Was steht zu eurem Dienst, hochwürd'ge Herrn? Gefällt's Euch, edle Frau, mit uns allein In Euer Kabinett zu gehn, so sollt Ihr Vernehmen unsrer Ankunft Ursach'. Sagt mir's Nur immer hier: noch hab' ich, Gott sei Dank, Nichts je verübt, das Winkel müßte suchen, Und allen Frau'n wünscht' ich ein solch Gewissen. Mich kümmert's wenig – dieses Glück, Mylords, Ward mir vor vielen andern –, ob mein Tun Auf aller Zungen wohnt, in aller Augen. Ob Neid und Mißgunst selbst mir widerstrebten; So rein war stets mein Leben. Kamt ihr her, Wie ich als Weib gewandelt, auszuforschen, Nur dreist heraus damit, Wahrheit ist schlicht und grade. Tanta est erga te mentis integritas, regina serenissima, – Oh, kein Latein, Mylord; Ich war so müßig nicht, seit meiner Ankunft, Die Sprach', in der ich lebte, nicht zu lernen. In fremder Zunge scheint mein Fall noch fremder, Verdächt'ger noch; sprecht, bitt' Euch, englisch! Mancher Weiß Euch hier Dank, wenn Ihr die Wahrheit redet, Um seiner armen Herrin willen. Glaubt mir's, Man tut ihr sehr zu nah. Lord Kardinal, Ihr könnt, selbst was ich je gefehlt mit Vorsatz, Gewiß in Englisch absolvieren. Fürstin, Es dünkt mich hart, daß meine Redlichkeit, Mein Eifer, unserm Herrn und Euch zu dienen, Bei solcher Treu' so viel Verdacht erzeugt. Wir nahn nicht auf dem Wege der Beschuld'gung, Dem Ruf zur Schmach, den alle Frommen segnen, Noch irgend neuem Gram Euch zu verraten; Ihr habt zu viel schon, edle Frau; vielmehr Zu forschen Eure Wünsch' und wahre Meinung In jenem wicht'gen Zwist, und Euch dagegen Redlich und frei auch unsre Sinnesansicht Und Tröstung zu erteilen. Hohe Fürstin, Mylord von York, nach seiner edlen Weise Und warmer Treu', so er Euch stets geweiht, Denkt wohlgesinnt des letzten Angriffs nicht Auf seine Ehr' und ihn – Ihr gingt zu weit – Und beut, wie ich, als Zeichen der Versöhnung, Euch Dienst und Beistand. KÖNIGIN beiseit : Um mich zu verraten. – Laut. Mylords, ich dank' euch euren guten Willen, Ihr sprecht wie Ehrenmänner: (Gott geb', ihr seid's!) Doch hast'ge Antwort gleich bereit zu halten In so gewicht'gem Fall, so nah der Ehre (Vielleicht dem Leben näher noch), mit meinem Geringen Witz, und Männern so gelehrt Und ernst, – das weiß ich nicht. Ich war in Arbeit Mit meinen Frau'n, Gott weiß, mich wenig fassend Auf solcherlei Besuch noch solch Geschäft. Ihr drum zu Liebe, die ich war – ich fühle Der Hoheit letzte Regung; werte Herrn, – Gönnt mir für meine Sache Zeit und Rat! Ich bin ein Weib – ach, freundlos! hoffnungslos! – Erhab'ne Frau, Ihr kränkt des Königs Liebe Mit solcher Furcht; Eu'r Hoffen, Eure Freunde Sind noch unendlich. Hier in England kaum Von Nutzen; glaubt ihr selbst, Mylords, es wage Ein einz'ger Englischer mir Rat zu geben? Mir offen Freund zu sein, dem Herrn entgegen? Wollt' einer so verzweifelnd ehrlich sein Als Untertan, er lebte? Nein, die Freunde, Die meines Kummers ganze Last nachfühlen, Auf die ich trauen darf, sie sind nicht hier, Sie sind, wie all mein Trost, weit, weit von hier, In meinem Vaterlande. Gnäd'ge Frau, ich wünschte, Ihr ließt den Gram und hörtet mich. Was meint Ihr? Stellt Euren ganzen Fall des Königs Schutz Anheim, er ist liebreich und gut: so wär's Für Eure Ehr' und Euren Vorteil günst'ger. Denn wenn des Rechtes Ausspruch Euch verdammt, Dann scheidet Ihr mit Schmach. Er rät Euch gut. Er rät mir, was ihr beide wünscht – Verderben! Ist das christlicher Beistand? Schand' auf euch! Noch steht der Himmel, droben thront ein Richter, Den nie ein Fürst besticht. Eu'r Zorn verkennt uns. So schmählicher für euch! – Ich wähnt' euch heilig, Zwei kardinale Tugenden; jetzt find' ich Nur kardinale Laster, hohle Herzen. O schämt und bessert euch! Ist dies eu'r Trost? Die Herzensstärkung der gebeugten Fürstin? Der Frau, durch euch gestürzt, verlacht, verhöhnt? Ich wünsch' euch nicht die Hälfte meines Elends, Ich bin zu gut – doch sagt, ich warnt' euch einst! Habt acht, um Gott, habt acht, daß plötzlich nicht Die Bürde meiner Sorgen auf euch falle! – Fürstin, Ihr scheint in Wahrheit außer Euch; In Arglist wandelt Ihr die gute Meinung. Ihr aber wandelt mich in nichts. Weh euch! Weh allen Gleisnern! Wie! Ihr ratet mir (Wenn euch noch irgend Gut' und Mitleid blieb, Wenn ihr mehr seid als Kleider nur des Priesters), Mein krankes Recht dem Todfeind zu vertraun? Ach! Schon verbannt er mich aus seinem Bett, Aus seiner Liebe, längst: – ich werde alt, Und was mir noch von Eh'gemeinschaft bleibt, Ist mein Gehorsam. Was kann Schlimm'res mir Als dieses Elend kommen? All eu'r Streben Bringt mir den Fluch. Das Schlimmst' ist Eure Furcht. Lebt' ich so lang' – ja, laßt mich selber reden, Tugend hat keinen Freund! – ein treues Weib? Ein Weib (ich darf's beteuern ohne Ruhmsucht), Zu keiner Zeit erreichbar dem Verdacht? Begegnet' ich mit ganzer, voller Neigung Dem König stets, liebt' ihn nächst Gott, gehorcht' ihm, War ich aus Zärtlichkeit ihm abergläubisch, Vergaß ich meiner Andacht fast um ihn, Und werd' ich so belohnt? Oh, das ist hart! Zeigt mir ein Weib, das, ihrem Eh'herrn treu, Nie keine Freude träumte als sein Wohlsein; Und wenn sie alles tat, so hab' ich doch Noch einen Kranz voraus – große Geduld! – Wegflieht Ihr von dem Gut, das wir Euch gönnten. – Mylord, ich lade nie die Schuld auf mich, Dem edlen Rang freiwillig zu entsagen, Dem Euer Herr mich hat vermählt: nur Tod Soll von dem Thron mich scheiden. Hört, ich bitt' Euch – Hätt' ich doch nie dies brit'sche Land betreten, Noch seiner Schmeicheleien Frucht gekostet! – Ihr habt der Engel Antlitz, doch die Herzen Kennt Gott. Was wird aus mir, der ärmsten Frau? Der unglückseligsten in aller Welt? Zu ihren Frauen. Ihr Armen, ach! Wo bleibt auch euer Glück? Wir scheiterten auf diesem Strand, wo Mitleid – Noch Freund – noch Hoffnung – wo kein Blutsfreund weint, Man kaum ein Grab uns gönnt! – Der Lilie gleich, Die einst der Fluren Herrin war und blühte, Neigt sich mein Haupt und stirbt. Wüßt' ich nur erst Eu'r Gnaden überzeugt, wir meinten's redlich, Das gab' Euch Trost! Weshalb nur, werte Fürstin, Zu welchem End' Euch kränken? Unsre Würde, Die Weise unsers Amts verbeut es schon; Wir soll'n den Kummer heilen, nicht ihn säen. Um Tugend selbst, erwägt doch, was Ihr tut; Wie Ihr Euch selbst könnt schaden, ja durchaus Dem König Euch, durch dieses Tun, entfremden. Der Fürsten Herzen küssen den Gehorsam, So lieblich dünkt er ihnen: doch die Starrheit Schwellt sie empor, reißt sie zu Ungewittern. Ich weiß, Ihr habt ein adlig mild Gemüt, Sanft, gleich der Meeresstille; glaubt uns ja Nach unserm Amt Ruh'stifter, Freunde, Diener. So sollt Ihr uns erfinden. Eure Tugend Kränkt Ihr durch Weiberfurcht. Ein hoher Geist, Wie Ihr ihn hegt, wirft solche Zweifel weit Wie falsche Münze weg. Der König liebt Euch; Gebt acht, daß Ihr dies nicht verliert. Gefällt's Euch, Uns zu vertraun, sind wir für Euch erbötig, Das Äußerste in Eurem Dienst zu tun. Tut, was ihr wollt ihr Herrn; und mir verzeiht, Wenn ich nicht höflich gegen euch gewesen. Ihr wißt, ich bin ein Weib, mir fehlt die Kunst, Mit euresgleichen, wie's geziemt, zu reden. Bringt Seiner Hoheit meine Ehrfurcht dar, Er hat mein Herz, auch mein Gebet ist sein, Solang' ich lebe. Kommt, hochwürd'ge Väter, Enthüllt mir euren Rat – es bittet jetzt, Die nicht geahnt, als sie betrat dies Land, Für welchen Preis sie ihre Kron' erstand. – Alle ab. Zweite Szene Zweite Szene Vorzimmer des Königs. Der Herzog von Norfolk, Herzog von Suffolk, Graf von Surrey und der Lord Kämmerer treten auf. Wenn ihr euch jetzt in euren Klagen einigt Und kräftigt sie durch Festigkeit, so kann Der Kardinal nicht widerstehn. Doch nehmt ihr Die Gunst des Augenblicks nicht wahr, dann droht Der neuen Schmach euch nur noch immer mehr Zu jener schon erlittnen. Mich erfreut Der kleinste Anlaß, der mir das Gedächtnis Des Herzogs, meines Schwähers, ruft zurück, Um Rache mir zu schaffen. Welcher Pair Blieb ungekränkt durch ihn? ward mind'stens nicht Schnöd' übersehn? An wem wohl hat er je Des Adels Stempel noch gewürdiget Als an sich selbst? Ihr sprecht, Herrn, eure Wünsche: Was er verdient an euch und mir, das weiß ich; Doch ob ihm beizukommen, wenn die Zeit Auch günstig scheint, zweifl' ich noch sehr. Könnt ihr Den Zugang nicht zum König ihm versperren, So unternehmt noch nichts; denn Zauberkraft Übt seine Zung' an ihm. Oh, fürchtet nicht, Darin ist's aus mit seiner Macht; der König Hat einen Strauß mit ihm, der wohl auf immer Den Honig seiner Reden gällt. Er steckt, Um nicht mehr loszukommen, fest in Ungunst. Wie gern vernähm' ich Neuigkeit wie diese In jeder Stunde! Glaubt mir, dies ist wahr. Während der Scheidungssach' hat sich durchaus Sein zwiefach Spiel enthüllt; und nun erscheint er, Wie ich's nur meinen Feinden wünsche. Sagt, Wie kam's zu Tag? Höchst seltsam, Sagt, o sagt! – Des Kardinals Brief an den Papst ging fehl Und kam dem König zu Gesicht: er las, Wie Seiner Heiligkeit Rat wird erteilt, Das Scheidungs-Urteil nicht zu fäll'n; »wofern Es statt noch fände«, schreibt er, »ahn' ich deutlich, Wie weit des Königs Neigung schon gefesselt 'ne Magd der Kön'gin, Fräulein Anna Bullen«. Hat dies der König? Glaubt mir! Wird dies wirken? Der König sieht daraus, wie jener ihm Den eignen Weg umschleicht und sperrt: doch hierin Zerscheitern alle Künst', und die Arznei Kommt nach des Kranken Tod: der König ward Dem schönen Fräulein schon vermählt. Oh, wär' er's! Mög' Euer Glück in diesem Wunsche liegen, Denn ich bezeug', er ward erfüllt. Nun, Freude Und Heil dem Bund! – Mein Amen auch! Und aller! – Befehle sind schon da zu ihrer Krönung; Dies ist noch frisch, mein' Treu', und nicht gemacht Für aller Ohr. Doch in der Tat, ihr Herrn, Sie ist ein lieblich Wesen, tadelsfrei An Geist und Zügen; ja, ich ahn', es wird Dem Reich ein Segen noch entblühn durch sie Für späte Zeiten. Aber wird der König Das Schreiben unsers Kardinals verdaun? Gott wend' es ab! – Amen, sag' ich. Nein! Nein! – Ihm summen noch mehr Wespen vor dem Ohr, Die diesen Stich beschleun gen. Kardinal Campejus Ist heimlich abgereist nach Rom, ohn' Abschied Und ohne dies Geschäft zu schlichten: er Ist fortgeschickt als Wolseys Unterhändler, Um dessen List zu fördern. Ich versichr' euch, Der Herr, als er's erfuhr, rief: »Ha!« – Nun, Gott Entzünd' ihn, laß ihn »Ha!« noch lauter rufen! – Doch wann, Mylord, kehrt Cranmer wieder heim? – Er ist schon hier, der alten Meinung treu: Und die, samt allen Fakultäten fast Der Christenheit, rechtfertigt den Monarchen Hinsichtlich seiner Scheidung. Kurz, ich glaube, Sein zweites Eh'bett, ihre Krönung, werden Dem Volk verkündigt, Katharinen bleibt Der königliche Titel nicht, sie wird Die Witwe des Prinz Arthur künftig heißen. Der Cranmer ist ein tücht'ger Mensch und hat Sich in des Königes Geschäft gar sehr Bemüht. Gewiß; auch sehn wir ihn dafür Sehr bald als Erzbischof. So hör' ich. Ja, So ist's. – Der Kardinal ... Wolsey und Cromwell irrten auf. Seht, wie verstimmt! – Und gabt Ihr, Cromwell, das Paket dem König? Zu eigner Hand in seinem Schlafgemach. Sah er den Inhalt an? Ja, augenblicklich Entsiegelt' er's: was er zuerst ergriff, Las er mit Ernst, es lag auf seinen Zügen Gespannte Achtsamkeit. Er hieß Euch drauf Heut' früh ihn hier erwarten. Ist er schon Fertig gekleidet? Jetzo, denk' ich wohl. Laßt mich ein Weilchen. – Die Herzogin von Alençon soll's sein, Die Schwester Königs Franz: die soll er frein – Anna Bullen! – Nein! Keine Anna Bullens will ich für ihn! – Ein schön Gesicht reicht hier nicht hin. – Wie! Bullen? Wir wollen keine Bullen! Hätt' ich nur Nachricht von Rom! – Die Markgräfin von Pembroke! – Er ist sehr mißvergnügt. Vielleicht vernahm er, Wie gegen ihn der König wetzt den Zorn. Recht scharf nur, Himmel, wenn gerecht du bist! Der Königin Fräulein! Eines Ritters Tochter Der Herrin Herrin! Ihrer Königin Königin! Dies Licht brennt trüb; an mir ist, es zu schneuzen, So; dann geht's aus. – Ist sie gleich tugendhaft Und ehrenwert, doch kenn' ich sie als tück'sche Luth'ranerin; nicht heilsam unsrer Sache, Daß sie am Busen sollte ruhn von unserm Nur schwer regierten Herrn. Dann noch ein Ketzer Schoß auf, ein arger Ketzer, jener Cranmer, Der eingeschlichen in des Königs Gunst Und sein Orakel ist. Es wurmt ihm was. Zersprengt' es ihm die stärkste Sehne doch, Des Herzens Ader! – Der König, der einen Zettel liest, und Lovell treten auf. Der König kommt, der König! – Welch eine Masse Golds hat er gehäuft Als Eigentum! Und welch ein Aufwand Entströmt ihm stündlich! Wie, in Gewinnstes Namen, Scharrt er das all zusammen? – Nun, ihr Herrn, Saht ihr den Kardinal? Wir standen, Herr, Hier, gaben acht auf ihn: Seltsamer Aufruhr Ist ihm im Hirn; er beißt die Lippe, starrt; Hält plötzlich an den Schritt, blickt auf die Erde, Legt dann die Finger an die Schläfe; stracks, Springt wieder auf, läuft schnell, steht wieder still, Schlägt heftig seine Brust; und gleich drauf wirft er Die Augen auf zum Mond: seltsame Stellung Sahn wir hier an ihm wechseln. Möglich wohl, Daß Meuterei im Innern. Diesen Morgen Schickt er zur Durchsicht mir, wie ich gefordert, Staatsschriften; und, wißt ihr, was ich gefunden, Gewiß nur unbedacht dazu gelegt? Ein Inventar, wahrhaftig, so bedeutend, – Von allen Schätzen, silbernen Geschirren, Goldstoffen, Prunkgerät, solch Übermaß, Daß es Besitz des Untertanen, mein' ich, Weit übersteigt. Es ist des Himmels Wille; Ein Geist schob dieses Blatt in das Paket, Eu'r Aug' mit ihm zu segnen. Dächten wir, Sein Sinnen schwebt' anschauend jetzt gen Himmel, Geheftet auf das innre Licht, dann möcht' er In seinem Brüten bleiben; doch ich fürchte, Es weilt sein Trachten unterm Mond, unwert So eifriger Beratung. Der König setzt sich und redet mit Lovell, der zum Kardinal geht. Gott verzeih' mir! – Der Himmel segn' Eu'r Hoheit! – Werter Lord, Ihr seid erfüllt von geist'gen Schätzen, tragt Ein Inventar der reichsten Gnad' im Herzen, Das Ihr wohl eben durchlast, und Ihr habt Kaum Zeit, der frommen Muß' ein kurzes Scherflein Für unser irdisch Tun zu rauben. Traun, Ihr scheint mir darin fast ein schlechter Hauswirt, Und freut mich's, meinesgleichen Euch zu finden. Ich habe meine Zeit, Herr, für die Andacht, Zeit für den Anteil an Geschäften, die ich Dem Staate schuldig: endlich heischt Natur Für ihr Erhalten eine Zeit, die leider Ich, ihr hinfäll'ger Sohn, ihr pflichten muß Wie jeder Sterbliche. Sehr wohl gesprochen. Mög' Eure Hoheit stets, Wie ich's verdienen will, mein gutes Reden Mit guter Tat gepaart an mir erfinden! – Aufs neue wohl gesagt: Und 's ist 'ne Art, gut handeln, gut zu reden, Obgleich das Wort noch keine Tat. Mein Vater Liebt' Euch, er sagt' es Euch und hat sein Wort Mit seiner Tat gekrönt. Und seit ich ihm Gefolgt, wart Ihr der Liebste mir; ich braucht' Euch, Wo Euch der höchste Vorteil sicher traf, Ja, ich entzog's der eignen Hab', um Wohltat Auf Euch zu häufen. beiseit. Wo will dies hinaus? beiseit. Gott gebe gut Gedeihn! Hob ich Euch Nicht zu des Reiches erster Würd'? – Ich bitt' Euch, Sagt, wenn Euch Wahrheit dünkt, was ich jetzt rede, Und wollt Ihr's eingestehn, so sagt zugleich, Ob Ihr Verbindlichkeit uns habt, ob nicht? Was meint Ihr? – Ja, ich gesteh', mein Fürst, die hohen Gnaden, Täglich auf mich geschüttet, waren mehr, Als all mein emsig Sinnen mocht' erwidern, Wie dies auch Menschentun besiegen mochte: Mein Tun war wen'ger stets als meine Wünsche, Doch meinen Kräften gleich. Was ich mir suchte, War so nur mein, daß es stets zielt' aufs Beste Eurer geheiligten Person wie auf Des Staates Vorteil. Jenen hohen Gnaden, Auf mich gehäuft, den Armen, Unverdienten, Kann nur mein unterwürf'ger Dank erwidern Und mein inbrünstiges Gebet: die Treue, Die immer wuchs und stets noch wachsen soll, Bis Tod sie, jener Winter, hinrafft. Schön! Die Antwort schildert ganz den Untertan, Den treuen: Ehre dem, der also wandelt; So wie das Gegenteil die Schande straft. Nun glaub' ich, daß, wie meine Hand Euch offen, Liebe mein Herz, mein Thron Euch Ehren schenkte, Euch mehr denn irgendwem: so müßten auch Eu'r Herz und Hirn und Hand und jede Kraft, Außer der allgemeinen Pflicht der Treue, Noch, so zu sagen, in besondrer Liebe, Mir mehr als andern hingegeben sein. Auch hehl' ich's nicht, wie Eurer Hoheit Wohl Mir mehr als meines stets am Herzen lag; So bin, so halt's ich's, und so will ich bleiben, Ob auch die ganze Welt den Eid Euch bräche Und aus der Brust ihn bannt'; und ob Gefahren Sich häuften, dichter, als sich's denken läßt, Und in entsetzlichern Gestalten: dennoch, Wie Felsen in den stürm'schen Wogen, würde Mein treues Herz dem wilden Strom ein Damm sein Und Euer bleiben sonder Wanken – Trefflich Geredet; merkt, ihr Herrn, welch treues Herz! Denn offen saht ihr's. – Gibt ihm Papiere. Lest dies durch! Und darauf dies: und dann zum Morgenimbiß Mit so viel Eßlust Euch noch bleibt. Der König geht ab und wirft einen zornigen Blick auf Wolsey. Die Hofleute drängen sich ihm nach und flüstern und lächeln untereinander. Was war dies? Welch hast'ge Laun', und wie erweckt' ich sie? Er ging in Zorn von mir, als sprühte Tod Aus seinem Blick: so schaut der grimme Löwe, Wenn ihn der kühne Jägersmann verletzt, Vertilgt ihn dann. Lesen muß ich das Blatt: Die Ursach', fürcht' ich, seines Zorns. – So ist's. Dies Blatt hat mich vernichtet – 's ist die Summe Des unermeßnen Reichtums, den ich sparte Zu meinem Zweck: im Grunde für das Papsttum. Die Freund' in Rom zu zahlen. Nachlässigkeit, Durch die ein Narr nur stürzt! Welch böser Teufel Schob mir dies Hauptgeheimnis ins Paket, Das ich dem König gab? Kein Weg zur Heilung? Kein Kunstgriff, der's ihm aus dem Sinne schlüge? Ich weiß, es reizt ihn heftig; doch ich finde Noch einen Weg, der mich dem Glück zum Trotz Herausziehn soll. – Was seh' ich? – An den Papst ? Der Brief, bei Gott! die ganze Unterhandlung, Wie ich's dem Papst vertraut. – Nun, dann ist's aus! – Ich stand auf meiner Größe höchster Sprosse, Und von der Mittagslinie meines Ruhms Eil' ich zum Niedergang. Ich werde fallen, Wie in der Nacht ein glänzend Dunstgebild, Und niemand mehr mich sehn. – Die Herzoge von Norfolk und Suffolk, der Graf von Surrey und der Lord Kämmerer treten auf. Vernehmt des Königs Gefallen, Kardinal; er heißt Euch, schleunig Das große Siegel an uns abzuliefern Zu eigner Hand und Euch zurückzuziehn Nach Asherhouse, als Eurem Bischofssitz, Bis Ihr ein Weitres werdet hören. Halt! Wo habt Ihr Vollmacht? Nimmer end'gen Worte Solch hohes Ansehn. Wer darf widersprechen, Wenn sie aus Königs Mund Befehle senden? Bis ich mehr seh' als Absicht nur und Worte Und eure Falschheit: wißt, geschäft'ge Lords, Daß ich's verweigern werd' und kann. Jetzt fühl' ich, Aus welchem schnöden Erz ihr seid gegossen Aus Neid. Wie emsig meinem Fall ihr folget, Als nährt' er euch! Und wie so weich und glatt Ihr alles heuchelt, bringt mir's nur Verderben! – Folgt eurer tück'schen Art, Männer der Bosheit! Stützt euch auf euer christlich Recht, es wird Zu seiner Zeit euch wohl belohnt. Das Siegel, Das ihr so heftig fordert, gab der König (Mein Herr und euer) mir mit eigner Hand, Verhieß es mir, zugleich mit Würd' und Amt, Aufs Leben: und zu fest'gen seine Gnade, Bestätigt' er's durch offnen Brief. Wer nimmt's mir? Der König, der's Euch gab. So tu' er's selber! Du bist ein stolzer Hochverräter, Pfaff'! – Das lügst du, stolzer Lord! Vor vierzig Stunden hätte Surrey lieber Die Zunge weggebrannt, als dies gesagt. Dein Ehrgeiz, du scharlachne Sünd', entriß Uns Weinenden den edlen Buckingham. Die Häupter aller Kardinäl' auf Erden, Und dich dazu, und all dein bestes Tun, Ersetzten noch kein Haar von ihm. Fluch Euch! Ihr schicktet als Regenten mich nach Irland, Vom König fern, von seiner Hülf' und allem, Was Gnade schuf dem falsch erfundnen Fehl, Indes aus heil'gem Mitleid Eu'r Erbarmen Mit einem Beil ihn absolviert. Dies alles, Und was des Lords Geschwätz mir weitres mag Vorwerfen, ist nur Lug. Nach Rechten fand Der Herzog seinen Tod: und daß ich schuldlos sei An seinem Fall durch niedern Haß, bewähren Die schlechte Sach' und seine edlen Richter. Liebt' ich viel Worte, Lord, ich könnt' Euch zeigen, Wie Ihr so wenig Ehr' als Gradheit habt: Und daß ich auf des treuen Rechttuns Pfad Dem König, meinem stets erhabnen Herrn, Mich besser nennen darf, als Surrey ist Und alle Freunde seiner Torheit. Priester! – Dich schützt dein langes Kleid, sonst fühltest du Mein Schwert in deinem Herzblut. Werte Herrn, Ertragt ihr's, solchen Hochmut anzuhören Von diesem Menschen? Sind wir erst so zahm, Daß uns ein Scharlachmantel höhnt und zwickt, Dann, Adel, fahre wohl; dann, Bischof, vorwärts! – Scheuch' uns mit deiner Kappe, gleichwie Lerchen! – Dir wird zum Gift die Frommheit selbst verkehrt. Die Frommheit, die des ganzen Landes Mark In Eurer Hand vereint hat durch Erpressung, Die Frommheit jener aufgefangnen Blätter, Die Ihr dem Papst geschrieben, Eure Frommheit, Weil Ihr's verlangt von mir, sei ganz enthüllt. Lord Norfolk, – wenn Ihr stammt aus hohem Blut, Wenn Euch gemeines Wohl am Herzen liegt, Des Adels Kränkung, unsrer Söhne Heil, Die, lebt er, kaum noch Edle werden heißen, – Verlest sein Schuldregister, seines Wirkens Gesammelt Unheil. – Schrecken will ich Euch Mehr denn die Meßglock', wenn Eu'r braunes Mädchen Euch küssend lag im Arm, Lord Kardinal. Wie sehr doch möcht' ich diesen Mann verachten, Bewahrte mich die Nächstenliebe nicht! Es liegt, Mylord, die Klage selbst beim König, Und sie erscheint sehr häßlich. Um so schöner Und fleckenlos soll meine Unschuld leuchten, Wenn erst die Wahrheit obsiegt. Hofft nicht viel; Ich dank's meinem Gedächtnis, noch behielt ich Verschiedne Punkt' und fördre sie ans Licht. Nun gebt Euch Müh', errötet und bereut, So zeigt Ihr noch ein wenig Tugend. Sprecht nur; Trotz jeder Klag': erröt' ich, so geschieht's, Den Edlen hier zu sehn, dem Sitte fehlt. Die miss' ich lieber als den Kopf. So hört denn Zuerst, daß ohne Königs Will' und Wissen Ihr Euch bestrebtet, hier Legat zu werden Und der Prälaten Recht im Land zu lähmen. Dann, daß Ihr Briefe schriebt nach Rom und sonstwärts An fremde Höf' und stets die Form gebraucht: Ego et rex meus: was den König dartat Als Euren Diener. Dann, daß ohne Kenntnis Des Königs noch des Rats Ihr Euch erkühnt, Als Ihr zum Kaiser wurdet abgesandt, Des Reichs Sigill nach Flandern mitzuführen. Sodann gabt Ihr weitläuft'ge Vollmacht hin An den Gregor von Cassalis, zum Abschluß Des Bundes Seiner Hoheit mit Ferrara, Wovon nicht Staat noch König unterrichtet. Dann, daß aus eitel Ehrsucht Euern Hut Ihr prägen ließt auf unsers Königs Münze. Dann, daß Ihr unermeßlich Gold gesandt (Und wie erworben, ist Euch wohl bewußt), Rom zu bestechen und den Weg zu bahnen Für höh're Würden; alles dies zum Unheil Dem ganzen Land. Noch gibt's der Dinge mehr, Die, weil von Euch herrührend, uns verhaßt Und meinen Mund nicht soll'n entweihn. O Herr, Drängt den Gefallnen nicht so hart: 's ist Unrecht! Sein Fall liegt offen dem Gesetz; es strafe Das Recht, nicht Ihr. Fast weint mein Herz, zu schaun Die Trümmer solcher Hoheit! Ich vergeb' ihm. Dann ist des Königs Will', Herr Kardinal, Weil alles, was vorletzt durch Euch begonnen, Ein Praemunire wird umschließen müssen, Daß gegen Euch ein Achtsbefehl ergeh', Der Eurer Güter, Landerei'n und Habe Und Eurer Schlösser Euch verlustig spricht, Gesetzlos Euch erklärt. Dies ist mein Auftrag. Und somit habt Ihr Raum zur Selbstbeschauung Und frommem Wandel. Jene störrische Antwort Von wegen des verlangten großen Siegels Erfährt der König jetzt und dankt's Euch sicher. Fahrt wohl dann ferner, Ihr mein kleiner guter Lord Kardinal! Alle ab außer Wolsey. Fahr' wohl dem kleinen Guten, Das mir von Euch gekommen ist! Fahr' wohl, Ein langes Fahrewohl all meiner Größe! – So ist des Menschen Treiben: heute sprießen Der Hoffnung zarte Knospen, morgen blühn sie Und kleiden ihn in dichten Blumenschmuck: Und übermorgen, tödlich, kommt ein Frost, Und wenn er wähnt, der gute sichre Mann, Die Größe reife, – nagt ihm der die Wurzel Und fällt ihn so wie mich. Ich trieb dahin Gleich wilden Knaben, die auf Blasen schwimmen, So manchen Sommer auf der Ehrsucht Wogen, Doch viel zu weit: mein hochgeschwellter Stolz Brach endlich unter mir und gibt mich jetzt, Müd' und im Dienst ergraut, der Willkür hin Des wüsten Stroms, der ewig nun mich birgt. Ich hass' euch, eitler Pomp und Glanz der Welt: Mein Herz erschließt sich neu. O traurig Los Des Armen, der an Königs Gunst gebunden! Denn zwischen jenem Lächeln, so ersehnt, Der Fürsten Huld und unserm Abgrund liegt Mehr Qual und Angst, als Krieg und Weiber haben; Und wenn er fällt, fällt er wie Luzifer, Der Hoffnung ewig bar – Cromwell tritt auf, voll Bestürzung. Was ist dir, Cromwell? Mir stockt die Sprache, Herr! Wie, so bestürzt Ob meinem Unglück? Kann's dich wundern, wenn Ein großer Mann hinsinkt? Nein, wenn du weinst, Dann fiel ich wirklich. Ist Euch wohl? Vollkommen, Noch nie so wahrhaft glücklich, guter Cromwell. Jetzt kenn' ich selber mich, jetzt fühl' ich Frieden In mir, hoch über aller ird'schen Würde, – Ein klar und rein Gewissen. Diese Heilung Dank' ich dem König demutsvoll, er nahm Mitleidig dieser Schultern müden Säulen Die Last, die Schiffe senkte, – zu viel Ehre. Oh, 's ist 'ne Bürde, Cromwell, eine Bürde, Zu schwer dem Mann, der auf den Himmel hofft! Mich freut's, Mylord, daß Ihr's so richtig nehmt. Ich hoff, ich tu's; mich dünkt, ich sei bereit, Durch meiner Seele neu empfund'he Stärke Mehr Leiden zu erdulden, und viel größre, Als mir die schwachen Feinde können drohn. Was gibt es Neues? Nun, das Härtste bleibt: Des Königs Ungunst wider Euch. Gott schütz' ihn! Dann, daß Sir Thomas Morus Kanzler ward An Eurer Statt. Das find' ich etwas schnell, Doch ist's ein kund'ger Mann. Erhalt' er sich Des Königs Gunst noch lang' und walte recht Nach Wahrheit und Gesetz, daß seinem Staub, Wenn er den Lauf vollbracht und ruht in Gott, Ein Grabmal werde von der Waisen Tränen! Was mehr? Die Rückkunft Cranmers, seine Gunst Und Wahl zum Erzbischof von Canterbury. Wohl ist das neu! Dann endlich, daß man heut Die Lady Anna, schon vorlängst dem König Heimlich vermählt, als Kön'gin offenbar Zur Kirch' ihm folgen sah, und jetzt allein Von ihrer Krönung das Gerücht ergeht. Das war die Last, der ich erlag. Oh, Cromwell, Der König täuschte mich, all meine Würden Verlor ich durch dies eine Weib auf immer. Nie führt ein Morgen meinen Glanz zurück Noch rötet je die edlen Scharen wieder, Die meines Lächelns harrten. Geh nur, Cromwell, Ich bin ein armer Mann, gestürzt und unwert, Dein Herr zu sein und Meister. Geh zum König! Die Sonne, hoff' ich, sinkt nicht! – Ich erzählt' ihm, Wer und wie treu du seist; er wird dich fördern, Ein klein Erinnern meiner wird ihn treiben; Sein Sinn ist edel, sicher weist er nicht So hoffnungsvolle Dienste ab. Mein Cromwell, Vermeid' ihn nicht; benutz' ihn jetzt und sorge Für deine künft'ge Sicherheit! O Herr, So muß ich von Euch weichen? muß durchaus Solch guten, edlen, echten Herrn verlieren? Sei Zeuge, wer kein Herz von Eisen trägt, Wie traurig Cromwell seinen Herrn verläßt. – Dem König widm' ich meinen Dienst; doch Euch Für immerdar und ewig mein Gebet. Ich dachte keine Träne zu vergießen All meinem Elend; doch du zwangst mich eben In deiner schlichten Treu', das Weib zu spielen. Trocknen wir uns die Augen; hör' mich, Cromwell! Wenn ich vergessen bin – und das ist bald – Und schlaf' im stummen kalten Stein, wo niemand Mich nennen wird, – dann sag, ich lehrt' es dich – Sag, Wolsey – der einst ging des Ruhmes Pfad, Der Ehre Bänk' und Klippen all erkundet – Fand dir den Weg zur Höh' aus seinein Schiffbruch, Den wahren, sichern, den er selbst verlor. Denk' nur an meinen Fall und was mich stürzte! Cromwell, bei deinem Heil, wirf Ehrsucht von dir! Die Sünde hat die Engel selbst betört: Wie frommte sie dem Menschen, Gottes Bilde? Fleuch Eigenliebe, segne selbst die Feinde; Bestechung führt dich weiter nicht als Treu'. Stets in der Rechten halte milden Frieden, Dann schweigt die Bosheit. Handle recht, nichts fürchte; Dein Ziel sei immer Ziel auch deines Landes, Wie deines Gottes und der Wahrheit: dann, O Cromwell! wenn du fällst, fällst du im Tod Als sel'ger Märtyrer. Dem König diene, Und – bitt' dich, führe mich hinein: Mach' ein Verzeichnis dort all meines Guts, Bis auf den letzten Pfennig; 's ist des Königs. Mein Priesterkleid und mein aufrichtig Herz Vor Gott, mehr blieb mir nicht. Oh, Cromwell, Cromwell, Hätt' ich nur Gott gedient mit halb dem Eifer, Den ich dem König weiht', er gäbe nicht Im Alter nackt mich meinen Feinden preis! – Geduldig, lieber Herr! – Ich bin's. Fahr' hin, Du Glanz des Hofs! Zum Himmel strebt mein Sinn. Gehn ab. Vierter Aufzug Erste Szene Erste Szene Straße in Westminster. Zwei Edelleute, die einander begegnen. Seid abermal willkommen! So auch Ihr! Ihr stellt Euch wohl, um Lady Annen hier Zu schaun, wie sie vom Krönungsfeste kommt? Ja, eben das. Als wir uns jüngst hier trafen, Kam Herzog Buckingham aus dem Verhör. Jawohl! Doch jene Zeit war trüb und bang, Heut allgemeines Fest! – Mit Recht Die Bürger Sind alle treu und königlich gesinnt; Und, wahr zu sprechen, immerdar bereit Zur Feier solches Tags, mit manchem Schauspiel, Aufzug und Ehrenbogen. Doch nie prächt'ger Und nie, versichr' ich, besser eingerichtet. Wenn Ihr's vergönnt, wüßt' ich den Inhalt gern Von jenem Blatt in Eurer Hand. Seht hier: 's ist das Verzeichnis aller hohen Würden, Die heut am Krönungsfest ihr Amt versehn. Der Herzog Suffolk geht voran, er nimmt Den Rang als Oberhofmeister; dann als Marschall Herzog von Norfolk; lest die andern selber! Ich dank' Euch, Herr; kennt' ich den Brauch nicht schon, Wär' ich für dieses Blatt Euch sehr verpflichtet. Doch sagt mir noch, was ward aus Katharinen? Der Fürstin Witwe? Wie steht deren Sache? Das sollt Ihr gleichfalls hören. Der Erzbischof Von Canterbury, in Begleitung andrer Gelahrter, würd'ger Väter hohen Rangs, Hielt einen Tag zu Dunstable, sechs Meilen Von Ampthill, wo die Fürstin wohnt; wohin Sie oft geladen, nimmer doch erschien: Und wegen Nichterscheinens und des Königs Gewissensskrupel hat einmütig Urteil Der weisen Väter Scheidung hier erkannt, Und wird die ganze Eh' für null erklärt. Seitdem ist sie nach Kimbolton entfernt, Wo Krankheit sie befallen. Arme Fürstin! – Hört die Musik; steht still; die Königin naht. Ordnung des Krönungszuges. 1. Ein lebhafter Trompetenstoß. 2. Zwei Richter. 3. Der Lord Kanzler mit Tasche und Stab vor ihm her. 4. Singende Chorknaben. 5. Der Mayor von London, der den Stab trägt; darauf der erste Herold in seinem Wappenrock, auf dem Haupt eine kupferne vergoldete Krone. 6. Der Marquis Dorset mit einem goldnen Szepter, auf dem Kopf eine goldne Halbkrone. Neben ihm der Graf von Surrey, der den silbernen Stab mit der Taube und auf dem Haupt eine Grafenkrone trägt; um den Hals ritterliche Ketten. 7. Der Herzog von Suffolk in seiner Staatskleidung, seine kleine Krone auf dem Haupt, in der Hand einen langen weißen Stecken, als Oberhofmeister. Neben ihm der Herzog von Norfolk mit dem Marschallsstabe, eine kleine Krone auf dem Haupt. Beide mit ritterlichen Ketten um den Hals. 8. Der Thronhimmel, von vieren der Barone von den fünf Häfen getragen: unter demselben die Königin im Krönungsgewande. Sie ist in bloßen Haaren, reich mit Perlen geschmückt und gekrönt. Zu ihren beiden Seiten die Bischöfe von London und Winchester. 9. Die alte Herzogin von Norfolk, mit einer kleinen, goldnen, mit Blumen durchflochtnen Krone; sie trägt die Schleppe der Königin. 10. Verschiedne Edelfrauen und Gräfinnen, mit schlichten goldnen Reifen um den Kopf, ohne Blumen. Sie ziehn in feierlicher Ordnung über die Bühne. Ein stolzer Zug, fürwahr! Sieh! Diese kenn' ich: Wer aber trägt den Szepter? Marquis Dorset, Und dort der Graf von Surrey mit dem Stab. Ein edler, wackrer Herr! Dort, mein' ich, folgt Der Herzog Suffolk? Ja, der Oberhofmeister. Dann Mylord Norfolk. Ja. indem, er die Königin erblickt. Gott sei mit dir! Solch süß Gesicht als deins erblickt' ich nie! Bei meinem Leben, Herr, sie ist ein Engel. Der König hält ganz Indien in den Armen Und viel, viel mehr, wenn er die Frau umfängt: Ich tadle sein Gewissen nicht. Die Träger Des Ehrenbaldachins sind vier Barone Von den fünf Häfen. Glücklich sind die Herrn, Und so sind alle, die ihr nahen dürfen. Dann war wohl jene, so die Schleppe trug, Die alte, hohe Herzogin von Norfolk? Ja, und die andern alle Gräfinnen. Das deuten ihre Krönchen. Sterne sind's, Und die mitunter fallen. Still davon! – Die Prozession geht vorüber unter Trompetenschall. Ein dritter Edelmann kommt hinzu. Gott grüß' Euch, Freund! Aus welchem Feuer kommt Ihr? Vom dicksten Drängen der Abtei, wo kaum Ein Finger einzuzwängen ist. Fast bin ich Erstickt vor lauter Freud' und Lust. Ihr saht Die Zeremonie? Ja, Wie war's damit? – Wohl wert, gesehn zu werden. Oh, erzählt uns! Soviel ich kann. Nachdem der reiche Strom Der Lords und Edelfrau'n die Königin Zu ihrem Sitz geleitet auf das Chor, Trat er zurück: indessen Ihre Hoheit Sich niederließ, ein Weilchen auszuruhn, Auf einem prächt'gen Sessel, frei dem Volk Entgegenstellend ihrer Schönheit Glanz. Glaubt mir, sie ist das herrlichste Geschöpf, Die je an Mannes Seite lag. Als nun dem Volk Ihr Anblick ward gegönnt, entstand ein Rauschen, Wie man's zur See im Sturm vom Tauwerk hört, So laut und mannigfalt. Die Hüt' und Mäntel, Ja selbst die Wämser flogen in die Höh', Und wären die Gesichter los gewesen, Heut gingen sie verloren. Solchen Jubel Erblickt' ich nie zuvor. Hochschwangre Weiber, Acht Tage kaum vom Ziele, drängten vorwärts, Gleich Widdern aus der alten Kriegeszeit, Und machten Breschen vor sich: keiner konnte Wohl sagen: »Dies ist meine Frau«; so seltsam War alles hier verwebt in eins. Nun, weiter? Dann trat sie vor und ging, bescheidnen Schritts, Zum Altar, kniet' und hub gleich einer Heil'gen Den schönen Blick empor, andächtig betend; Erhob sich dann und neigte sich dem Volk, Weil ihr der Erzbischof von Canterbury Die königlichen Zeichen all erteilte, Das heil'ge Öl, die Krone König Eduards, Den Stab, die Friedenstaub' und allen Krönungs- Ornat: worauf in Einklang, hoch vom Chor, Von den gewählt'sten Stimmen unsers Landes Der Lobgesang erscholl. Drauf wandte sich Der Zug im vollen, ernsten Prunk zurück Nach York-Palast, wo Tafel wird gehalten. Sagt York-Palast nicht mehr, das ist vorbei, Denn seit des Wolsey Sturz erlosch der Name: Dem König fiel er heim und heißt Whitehall. Ich weiß; doch ist's so neu, daß mir geläuf'ger Der alte Name blieb. Wer waren, sagt, Die zween Bischöfe zu der Fürstin Seiten? Stocksley und Gardiner; der von Winchester, Und kurz vorher noch Schreiber unsers Königs, Jener von London. Der von Winchester Ist wohl kein Herzensfreund des Erzbischofs, Des frommen Cranmer. Das ist weltbekannt. Doch ist die Spaltung noch nicht groß, und wird sie's, So hat der Cranmer einen wackren Freund. Wen meint Ihr, sagt, ich bitt' Euch? Thomas Cromwell, Ein Mann, höchst wert dem König und in Wahrheit Getreuer Freund. Der König hat ihn schon Zum Reichswardein ernannt und einen Platz Im Staatsrat ihm verliehn. So steigt er wohl Noch höher. Ohne Zweifel tut er das. Jetzt, liebe Herrn, geht meinen Weg; ich führ' euch An Hof, dort sollt ihr meine Gäste sein; Etwas vermag ich schon. Auf unserm Gang Erzähl' ich mehr. Wir sind zu Eurem Dienst. Alle ab. Zweite Szene Zweite Szene Kimbolton. Die verwitwete Königin Katharina, krank, von Griffith und Patienza geführt, tritt auf. Wie geht's Eur' Hoheit? – Tödlich krank, o Griffith! Es sinken mir, beschwerten Ästen gleich, Die Knie' zur Erd' und wichen gern der Last. – Reich' einen Sessel, – so! – Jetzt wird mir's leichter. Sagt'st du mir nicht, als du mich führtest, Griffith, Das Riesenkind des Ruhms, der Kardinal, Sei tot? – Ja, Fürstin, doch Eur' Hoheit, wie ich glaubte, Vernahm mich kaum in Ihrem heft'gen Schmerz. Sag, guter Griffith, bitt' dich, wie er starb; Wenn fromm, so ging er mir vielleicht voran Als Beispiel. Fromm, erzählt man mir, verschied er. Denn als der mächt'ge Graf Northumberland Zu York ihn festgesetzt und ungesäumt Als einen Hartbeschuldigten verhört, Erkrankt' er plötzlich schwer und konnte nicht Auf seinem Maultier sitzen. Armer Mann! – Endlich, nach häuf'ger Rast, erreicht' er Leister, Wo ihn im Klosterhof der würd'ge Abt Samt dem Konvent mit aller Ehr' empfing. Dem sagt' er dieses Wort: »O Vater Abt! Ein Greis, zerknickt im wilden Sturm des Staats, Legt hier bei Euch sein müdes Haupt zur Ruh'; Gönnt aus Erbarmen ihm ein wenig Erde!« – Man bracht' ihn gleich zu Bett; die Krankheit stieg Anhaltend heft'ger, und am dritten Abend, Just um die achte Stund', in der er selbst Vorausgesagt sein Ende, – gab er reuig, Versenkt in Tränen, Sorg' und tiefer Andacht, Der ird'schen Welt den eitlen Ruhm zurück, Sein geistlich Teil dem Herrn, und starb in Frieden. So schlaf' er auch, leicht sei'n ihm seine Fehle! – Das einz'ge, Griffith, sag' ich noch von ihm, Und doch in aller Lieb' – er war ein Mann Von ungezähmtem Stolz, der Fürsten stets Sich gleich gezählt; ein Mann, des heimlich Trachten Das Reich gefesselt; geistlich Recht war feil, Gesetz sein Wille, Wahrheit widerrief er Am Hof, zweizüngig überall erscheinend In Red' und Sinn: nie zeigt' er Mitleid je, Als wenn er Untergang beschloß im Herzen. Sein Wort, gleich seinem vor'gen Selbst, gewaltig, Doch sein Erfüllen nichtig, gleich dem jetz'gen. Er sündigte im Fleisch und gab dadurch Dem Klerus schlechtes Beispiel. Edle Frau, Der Menschen Tugend schreiben wir in Wasser, Ihr böses Treiben lebt in Erz: vergönnt Ihr Mir jetzt wohl auch sein Lob? Ja, guter Griffith, Sonst wär' ich boshaft. Dieser Kardinal, Wenn schon von niederm Stand, war unbezweifelt Für großen Ruhm geschaffen. Seit der Wiege Erschien er leicht auffassend, reif und tüchtig, Unendlich klug, beredsam, überzeugend, Den Abgeneigten herb und schroff gesinnt, Allein dem Freunde liebreich, wie der Sommer. Und war er gleich im Nehmen unersättlich – (Was sündlich ist), so zeigt' er, Fürstin, sich Im Geben königlich: – Des zeugen ewig Des Wissens Zwillinge, so er Euch schuf, Ipswich und Oxford! – Jenes fiel mit ihm, Nicht wollt' es seine Wohltat überleben; Dies aber, zwar unfertig, doch so glänzend, So trefflich in der Kunst, so stät im Wachsen, Daß in Europa nie sein Ruhm vergehn wird. Sein Sturz hat Heil gesammelt über ihm, Denn nun, – und nicht bis dahin, – kannt' er sich Und sah den Segen ein, gering zu sein; Und daß erhöhern Ruhm dem Alter schüfe, Als der von Menschen kommt, starb er, Gott fürchtend. Nach meinem Tod wünsch' ich zum Herold mir, Der meines Lebens Taten aufbewahre Und meinen Leumund rette vor Verwesung, So redlichen Chronisten als mein Griffith. Den ich zumeist gehaßt, den muß ich nun Durch deine fromme Wahrheitslieb' und Demut Im Grab noch ehren. Friede sei mit ihm! – Patienza, geh nicht von mir; leg' mich tiefer, Du hast nicht lang' mehr all die Mühe – Griffith, Laß die Musik die trübe Weise spielen, Die ich mein Grabgeläute hab' genannt, Derweil ich sitz' und denk' an den Gesang Der Himmel, dem ich bald entgegengehe. Eine traurige und feierliche Musik. Sie schläft – setz' still dich nieder, liebes Mädchen, Sonst wecken wir sie. Still, gute Patienza! – Traumgesicht. Sechs Gestalten in weißen Gewändern, Lorbeerkränze auf dem Haupt, goldne Masken vor dem Gesicht und Palmenzweige in den Händen, schweben langsam auf die Bühne. Sie begrüßen Katharinen und tanzen darauf. Bei gewissen Wendungen halten die ersten zwei einen schmalen Blumenkranz über ihrem Haupt, während die vier übrigen sich ehrerbietig neigen. Dann wiederholt das nächstfolgende, und endlich das letzte Paar dieselbe Handlung. Die Fürstin gibt schlafend Zeichen der Freude, wie durch höhere Eingebung, und streckt beide Hände gen Himmel. Darauf verschwinden die Gestalten und nehmen den Kranz mit sich hinweg. Die Musik währt fort. Wo seid ihr, sel'ge Geister? All' verschwunden? Und laßt mich hier zurück in meinem Elend? Hier sind wir, gnäd'ge Frau. Euch rief ich nicht; Doch saht Ihr niemand, als ich schlief? Nein, Fürstin. Nicht? Kam nicht eben jetzt ein Chor von Engeln, Zum Festmahl mich zu laden, deren Glanz Mich gleich der Sonn' in tausend Strahlen hüllte? Die ew'ge Seligkeit verhießen sie Und reichten Kränze mir, die ich zu tragen Mich noch nicht würdig fühle; doch ich werd' es Gewißlich einst. Mich freut, daß Euren Sinn so süße Träume Erquicken. Laßt nun enden die Musik, Sie dünkt mich rauh und lästig. Die Musik hört auf. Seht Ihr wohl, Wie Ihre Hoheit plötzlich sich verändert? Wie lang ihr Antlitz, ihre Züge bleich Und kalt und erdig? Seht Ihr wohl die Augen? Sie stirbt, Kind: bete! bete! – Herr, sei mit ihr! Ein Bote tritt auf. Eu'r Gnaden wird – Geh, unverschämter Mensch! Ist das die schuld'ge Ehrfurcht? Ihr tut Unrecht, Da Ihr es wißt, sie will den Rang nicht lassen, Daß Ihr so roh Euch zeigt! So kniet denn nieder! Ich bitt' Eur' Hoheit demutsvoll um Nachsicht, Die Eile ließ mich fehlen. Draußen harrt Ein Herr, gesandt vom König, Euch zu sehen. Gewährt ihm Zutritt, Griffith; doch diesen Menschen Laßt nie mich wieder sehen. Griffith und der Bote ab. Griffith kommt zurück mit Capucius. Irr' ich nicht, Seid Ihr des Kaisers, meines edlen Neffen, Botschafter, und Capucius ist Eu'r Name. Derselbe, Fürstin, Euer Knecht. Oh, Herr, Titel und Zeiten, seit Ihr jüngst mich saht, Sind sehr verändert. Sagt mir jetzt, ich bitt' Euch, Was führt Euch her zu mir? Erhabne Frau, Vor allem eignes Pflichtgefühl; demnächst Des Königs Auftrag, Euch hier zu besuchen. Es grämt ihn Eure Krankheit sehr, er meldet Sein fürstliches Empfehlen Euch durch mich Und wünscht von Herzen Euch den besten Trost. O werter Herr, dies Trösten kommt zu spät, 's ist wie Begnad'gen nach der Hinrichtung. Zur rechten Zeit war die Arznei mir Heilung, Jetzt braucht's der Tröstung keine, als Gebet. Wie geht es meinem Herrn? – In bestem Wohlsein. Das bleib' ihm immer! Blühe stets sein Glück, Wenn ich bei Würmern wohne, wenn mein Name Verbannt wird sein aus diesem Reich! Patienza, Hast du mein Schreiben abgeschickt? Nein, Fürstin. Dann bitt' ich Euch in Demut, meinem Herrn Dies einzuhänd'gen. Fürstin, zählt darauf! Empfohlen hab' ich seiner Gnad' und Milde Sein Töchterlein, das Abbild unsrer Liebe; In Fülle träuf' auf sie des Himmels Segen! – Sie gläubig aufzuziehn ersuch' ich ihn; Sie ist noch jung, von edler, sitt'ger Art, Und übt die Tugend, hoff' ich. Dann, ein wenig Sie auch zu lieben, ihrer Mutter wegen, Die ihn geliebt, der Himmel weiß, wie teuer! – Weiter bitt' ich demütig ihn um Mitleid Für meine armen Frau'n, die mir so lang' Treulich gefolgt in gut und bösem Glück, Von denen wahrlich kein', – ich weiß es sicher Und lüge jetzt gewiß nicht, – die durch Tugend, Durch wahre Seelenschönheit, strenge Sitte Und fein Betragen nicht den besten Mann Verdient; und daß er ja von Adel sei! Denn glücklich ist gewiß, wer sie erlangt. Zuletzt nenn' ich die Diener (arm sind alle, Doch Armut wandte keinen je von mir); Man woll' auch ferner ihren Lohn nicht weigern, Noch etwas drüber, mir zum Angedenken; Dafern mir Gott gegönnt ein längres Leben Und reichern Schatz, wir schieden wohl nicht also. Das ist der ganze Inhalt, teurer Herr; Bei allem, was Euch wert ist in der Welt, Und wie Ihr christlich Ruh' den Toten wünscht, Seid dieser armen Leute Freund und mahnt Den König an dies letzte Recht! Das will ich, So wahr mir Gott ein menschlich Herz verliehn! – Ich dank' Euch, würd'ger Herr. Gedenkt auch meiner In aller Ehrfurcht gegen Seine Hoheit, Sagt, seine lange Sorge scheide jetzt Von hinnen, sagt, ich segnet' ihn im Tode, Denn also will ich's tun – mein Aug' wird dunkel – Lebt wohl! – Griffith, lebt wohl! Nein, geh noch nicht, Patienza, ruf' die andern Frau'n, ich muß Zu Bett – Wenn ich erst tot bin, gutes Mädchen, Setzt mich mit Ehren bei; bestreut mein Grab Mit jungfräulichen Blumen, daß man sehe, Ich war bis an den Tod ein keusches Weib. Ihr sollt mich balsamieren, dann zur Schau Ausstellen: zwar nicht Kön'gin, doch begrabt mich Als Königin und eines Königs Tochter! Ich kann nicht mehr! – Die Königin wird hinweggeführt. Fünfter Aufzug Erste Szene Erste Szene Eine Galerie im königlichen Palast. Gardiner, Bischof von Winchester, tritt auf; ein Page mit einer Fackel vor ihm her. Sir Thomas Lovell begegnet ihm. Die Uhr ist eins, nicht wahr? Es hat geschlagen. Dies sollten Stunden sein für den Bedarf, Nicht für Vergnügung; Zeit, Natur zu stärken Durch Schlafs Erquickung, zum Vergeuden nicht Bestimmt – Gott schenk' Euch gute Nacht, Sir Thomas; Wohin so spät? Mylord, kommt Ihr vom König? Soeben erst; ich ließ ihn beim Primero Mit Herzog Suffolk. Ich muß auch zu ihm, Eh' er sich schlafen legt. Auf Wiedersehn! Noch nicht, Sir Thomas Lovell; sagt, was gibt's? Ihr scheint in großer Eil', und wollt Ihr's nicht Auslegen als Beleidigung, – teilt dem Freund Die Ursach' mit so später Hast; Geschäfte, Die mitternächtlich umgehn wie die Geister, Sind wildrer Art in sich als solches Treiben, Das Förd'rung sucht bei Tag. Ich lieb' Euch, Mylord; Und möcht' Euch ein Geheimnis wohl vertraun, Viel wicht'ger noch als dies: Die Königin ist in Wehen, Man sagt, in äußerster Gefahr; sie fürchten, Es werd' ihr Ende sein. Für ihre Frucht Will ich von Herzen beten, wünsch' ihr auch Gedeihn im Leben; doch den Stamm, Sir Thomas, Laßt immer jetzt vertilgen. Dazu sprech' ich Das Amen mit, und dennoch sagt mein Herz, Sie sei ein gut Geschöpf und liebes Weib, Und beßrer Wünsche wert. Doch, Herr, Herr, hört Mich an, Sir Thomas; Ihr seid ein Mann, wie ich, Der echten Kirche; ich kenn' Euch weise, fromm; Und laßt Euch sagen, – besser wird's nicht eh', – Nicht eh', Sir Thomas Lovell, darauf baut, Bis Cranmer, Cromwell, ihre beiden Hände, Und sie, – im Grabe ruhn. Ei, Sir, Ihr nennt Die Mächtigsten im Reiche. Cromwell stieg Vom Kronwardein erst jüngst zum Archivar Und Rat des Königs, steht noch überdies Recht auf dem Sprung zu weitrer Förderung, Und harrt nur auf die Zeit, – der Erzbischof Ist Zung' und Hand des Königs; wer nur wagt Ein Wörtlein wider den? Doch, doch, Sir Thomas, Noch wagt' es einer wohl; ich selbst erdreistet's Mich auszusprechen, ja noch heut am Tag (Euch darf ich mich vertraun) schürt' ich die Flamme Den Herrn vom Staatsrat, hoff ich; zeigt', er sei (Das, weiß ich, ist er, sie auch wissen es,) Ein erzverruchter Ketzer, eine Pest, Die unser Land verdirbt; worauf ihr Eifer Sich laut dem König hat erklärt, und dieser, Gehör uns leihend – (aus besondrer Sorgfalt Und königlicher Ahndung alles Unheils, Das unsre Gründ' ihm dargelegt) dem Staatsrat Befehl erteilt, sich morgen zu versammeln In aller Früh'. Dies böse Unkraut, Sir, Muß ausgerottet werden. Doch zu lang' Halt' ich Euch auf; ich wünsch' Euch gute Nacht. Gut' Nacht gleichfalls, Mylord; ich bleib' Eu'r Diener. Gardiner mit dem Pagen ab. Der König mit dem Herzog von Suffolk tritt auf. Karl, länger spiel' ich diesen Abend nicht, Ich bin zerstreut, Ihr seid mir heut zu stark. Herr, ich gewann zuvor von Euch noch nie. Nur selten, Karl, Und sollt auch nie, wenn ich nur achtsam bin – Nun, Lovell, von der Königin? Wie steht's? Ich konnte nicht persönlich überbringen, Was Ihr gebotet; doch durch ihre Frau'n Sandt' ich's ihr zu. Die Fürstin sagt Euch Dank In tiefster Demut und ersucht Eu'r Hoheit, Herzlich für sie zu beten. Was sagst du? Wie? Für sie zu beten? Wie? Ist sie in Wehen? Das sagten ihre Frau'n; und daß der Schmerz Ihr Qualen fast zum Tode gibt. Die Arme! – Gott woll' ihr leichtlich ihre Bürde nehmen, Mit lindem Weh, um bald mit einem Erben Eu'r Hoheit zu erfreu'n. 's ist Mitternacht, Bitt' dich, geh schlafen und gedenk' im Beten Der armen Königin! Laß mich allein, Mir kreuzen sich Gedanken, denen wenig Gesellschaft frommt. Ich wünsch' Eu'r Majestät Gut' Nacht, und meiner teuren Herrin will ich Gedenken im Gebet. Karl, gute Nacht! Suffolk ab. Sir Anton Denny tritt auf. Nun, Sir, was gibt's? Mylord den Erzbischof bracht' ich Eu'r Hoheit, Wie Ihr befahlt. Ah, den von Canterbury? Ja, bester Herr. 's ist wahr. Wo ist er, Denny? Er harrt im Vorsaal. Führ' ihn her zu mir! Denny ab. beiseit. Das ist, wovon der Bischof zu mir sprach: Ich kam zur guten Stunde. Denny kommt zurück mit Cranmer. Verlaßt die Galerie! Lovell scheint zu zögern. Ha! Sagt' ich's nicht? Fort da! – Was! Lovell mit Denny ab. beiseit. Ich bin voll Furcht – warum der finstre Blick? Sein Anblick schreckt mich. Alles ist nicht gut. Nun, Mylord? Wissen wollt Ihr wohl, weshalb Ich Euch ließ rufen? knieend. 's ist mir Pflicht, Eu'r Hoheit Befehlen stets zu g'nügen. Steht nur auf, Mein guter, würd'ger Lord von Canterbury, Kommt, gehn wir auf und nieder miteinander. Ich habe Neuigkeiten hier für Euch, Kommt näher, kommt, und gebt mir Eure Hand. Ach, guter Lord, es kränkt mich sehr, zu sagen, Und geht recht nah, was folgt, Euch auszusprechen: Ich hab' – und zwar mit Kummer – jüngst vernommen, Von mancher schweren, – wie Ihr hört, Mylord, – Schweren Beschuld'gung wider Euch; worauf Wir uns entschieden haben, samt dem Staatsrat Euch morgen zu vernehmen; und ich weiß, Ihr könnt so frei und rein Euch schwerlich läutern, Daß bis zur fernern Untersuchung nicht Der Punkte, so Ihr widerlegen sollt, Ihr Euch gedulden müßtet und bereiten, Eu'r Haus in unserm Turm zu suchen. Also Ziemt sich's für Euch, als Pair, weil sonst kein Zeuge Aufträte gegen Euch. Eu'r Hoheit dank' ich Und freu' mich sehr zu solchem ernsten Anlaß Sorgfält'ger Sichtung, die den Weizen völlig Von meiner Spreu wird sondern; denn ich weiß, Mich Armen treffen mehr Verleumderzungen Als irgend einen. Knie nicht, Canterbury: Dein Recht, dein reiner Sinn schlug tiefe Wurzel In uns, in deinem Freund. Gebt mir die Hand, Kommt, gehn wir noch. – Nun, bei der Mutter Gott's, Was seid Ihr für ein Mann denn? Dacht' ich doch, Ihr würdet jetzt mich dringend supplizieren, Auf daß ich mich verwendete, nur schnell Die Gegner Euch zu stellen, und demnächst Euch ferner hörte sonder Haft. Mein Fürst, Der Schutz, auf den ich trau', sind Recht und Gradheit; Verließen die mich, würd' ich mit den Feinden Mich meines Sturzes freun, denn ohne sie Könnt' ich mich selbst nicht achten. Doch ich fürchte Nichts, was sie sagen mögen. Wißt Ihr nicht (Was alle Welt weiß), wie Ihr mit der Welt steht? Sehr viel sind Eurer Feind', Und kleine nicht; und deren Ränke sind Wie sie beschaffen: und nicht stets gewinnt Wahrheit und Recht, wie's sollte, Lossprechung In dem Prozeß. Wie leicht erkaufen nicht Verderbte Seelen gleich verderbte Schurken, Zu schwören gegen Euch? So was geschieht! Die Gegner sind Euch stark, und ihrer Macht Gleicht ihre Bosheit. Hofft Ihr günst'ger Glück Im Punkt meineid'ger Zeugen denn Eu'r Heiland, Dem Ihr als Diener folgt, solang' er wallte Auf dieser schnöden Erde? – Wie? Ei! Ei! Euch dünkt ein Abgrund kein gewagter Sprung, Ihr werbt Euch selbst den eignen Untergang! So mögen Gott und Eure Majestät Beschützen meine Unschuld, sonst vermeid' ich So viele Schlingen nicht! Seid gutes Muts; Sie soll'n nicht weiter gehn, als wir gestatten. Bleibt nur getrost und schickt Euch an, heut morgen Vor ihnen zu erscheinen. Kommt's, daß sie Anklagen auf Verhaftung legen dar, So laßt nicht ab, die besten Gegengründe Zu häufen, scheut auch nicht ein heft'ges Wort, Wie's Euch der Anlaß eingibt; wenn alsdann Eu'r Dringen fehlschlägt, zeigt nur diesen Ring Und wendet Euch sofort in ihrem Beisein An mein Entscheiden! – Seht, der Gute weint! Der ist getreu, auf Ehre! – Bei Christi Mutter! Ich schwör's, er ist wie Gold, das beste Herz In unserm Königreich – Nun geht, und tut, Wie ich Euch sagte. Seine Sprach' ist ganz Erstickt in Tränen. Cranmer ab. Eine alte Hofdame tritt auf. hinter der Szene. Bleibt zurück! Was wollt Ihr? Ich bleibe nicht zurück! Ich habe Zeitung, Die Dreistigkeit gesittet macht. – Dein Haupt Umschweben gute Engel, und ihr Fittich Beschatte dich! – Aus deinen Blicken les' ich Die Botschaft – Ist die Königin entbunden? Sprich ja, und von 'nem Knaben? Ja! ja! mein König, Von einem süßen Knaben. Herr im Himmel, Beschützt ihn nun und ewig! – 's ist ein Mädchen, Das künft'ge Knaben wohl verspricht. Die Königin Harrt Eures Kommens, Herr, und Eurer ersten Bekanntschaft mit dem kleinen Ankömmling. Er gleicht Euch wie ein Ei dem andern – Lovell – Herr! Gib ihr hundert Mark. Ich will zur Königin. König ab. Nur hundert Mark? Beim Himmel! Ich will mehr, Solch Zahlen schickt sich für 'nen schlechten Stallknecht. Mehr muß ich haben, sonst keif' ich's ihm ab: Sagt' ich deshalb, das Mädchen seh' ihm gleich? Ich muß mehr haben, sonst nehm' ich's ganz zurück, Und nun das Eisen, weil's noch heiß, zum Amboß! Ab. Zweite Szene Zweite Szene Vor dem Zimmer des Staatsrats. Cranmer tritt auf. Türsteher und Bediente draußen wartend. 's ist, hoff' ich, nicht zu spät, und doch empfahl mir Der Bote, den der Staatsrat mir gesandt, So große Eil' – Noch zu? Was heißt das? He! – Wer hat den Dienst? Ihr kennt mich doch? O ja, Mylord; doch kann ich Euch nicht helfen. Wie! – Ihr müßt noch stehn, Mylord, bis man Euch ruft. So? – Doktor Butts tritt auf. für sich. Nun, das ist rechte Bosheit! Ich bin froh, Daß ich zum Glück den Weg hier nahm. – Der König Soll dies sogleich erfahren. Ab. Das ist Butts, Des Königs Arzt. Als er vorüberging, Wie ernst er seinen Blick auf mich geheftet! Wenn er nur nicht mein Unglück weiß! Gewiß ist's Absichtlich angelegt durch meine Feinde (Gott beßre sie, nie reizt' ich ihre Tücke! –) Zu meinem Schimpf; sonst schämten sie sich wohl, Mich vor der Tür zu lassen, ihresgleichen Im Staatsrat, unter Troß und Knechten. Mag Ihr Wille doch geschehn, ich warte ruhig Der König und Butts, oben am Fenster. Ich zeig' Eur' Hoheit den seltsamsten Auftritt ... Was meinst du? Ich denk', Eur' Hoheit sah dies wohl nicht oft. Zum Element! Wo ist's? – Seht hier, mein Fürst, Das Standserhöhn Mylords von Canterbury, Der Fuß gefaßt am Tor, mit Häschern, Pagen Und Dienertroß. Ha, wirklich! Er ist's selbst! Auf solche Weise ehren sie einander? Gut, daß doch einer höher ist. Ich dachte, Sie alle hätten so viel Sinn für Recht (Zum mind'sten gute Sitte), nicht zu dulden, Daß solches Rangs ein Mann, und uns so nah, Hier ihrer Gnaden Wohlgefall'n erwarte, Und an der Tür, wie 'n Postknecht mit Paketen! Butts, bei der Mutter Gott's, so handeln Schufte! Doch laß sie nur, ziehn wir den Vorhang zu, Wir werden weiter sehn. – Das Zimmer des Staatsrats. Der Lord Kanzler setzt sich oben an die Tafel zur Linken; ein Sitz über ihm bleibt leer, als der dem Erzbischof von Canterbury gehört. Die Herzoge von Norfolk, Suffolk, Surrey, der Lord Kämmerer und der Bischof von Winchester setzen sich nach der Ordnung zu beiden Seiten der Tafel. Cromwell als Sekretär zu unterst. Beginnt den Vortrag jetzt, Herr Sekretär. Was führt uns heut zusammen? Gnäd'ge Herrn, Der Fall betrifft Mylord von Canterbury. Gab man ihm Nachricht? Ja. Wer wartet dort? Dort außen? Ja. Nun, der Herr Erzbischof, Der Eures Winks seit einer Stunde harrt. Laßt ihn herein! Eu'r Gnaden kann jetzt kommen. Cranmer nähert sich der Versammlung. Werter Herr Erzbischof! – Mit tiefem Kummer Sitz' ich allhier und sehe jenen Stuhl Erledigt; doch wir alle sind nur Menschen, Schwachheit ist unser Erb', und wen'ge nur, Weil noch im Fleisch, sind Engel. Welche Schwachheit Uund blöde Weisheit Euch zumal verführt, Der uns das beste Beispiel sollte geben, Euch zu versünd'gen, und fürwahr, nicht leicht! Zuerst am König; dann am Recht, indem Das Reich durch Euch und Eurer Pfarrherrn Lehre (Denn so verlautet's) neuer Irrtum füllt, Sektierung und Gefahr, kurz, Ketzerei, Die, nicht gedämpft, Verderbnis muß erzeugen. Und solche Dämpfung tut uns eilend not, Ihr edlen Herrn; wer wilde Hengste zähmt, Dem reicht die Hand nicht aus, sie fromm zu ziehn, Er zwängt ihr Haupt mit scharfem Zaum und spornt sie, Bis sie der Führung weichen. Dulden wir Nach unsrer Lässigkeit und kind'scher Sorgfalt Für eines Mannes Ruf solch schnöde Pest, Dann, Heilkunst, fahre wohl! Was wird die Folge? Aufruhr, Empörung, allgemeine Seuche Des ganzen Staats, wie kürzlich unsre Nachbarn Im niedern Deutschland teuer g'nug bezeugt, Die noch ganz neulich unsern Schmerz erregt. Ich habe treu bisher gekämpft, Mylords, In meines Amts und Lebens ganzem Fortgang, Und nicht mit kleiner Mühe, daß mein Wort Und meines Lehreransehns strenger Gang Die gleiche Bahn bewahrten, und das Gute Blieb stets mein Ziel; auch lebt auf Erden wohl – Das sag' ich treuen Herzens, edle Lords – Nicht einer , der die Störer heim'schen Friedens Mehr haßt als ich, noch ihnen mehr entgegnet. Gott geb', es diente keiner je dem König Mit mind'rer Treu' und Liebe! Wem der Neid, Die krumme Arglist Nahrung gibt, des Biß Wagt an die Besten sich. Ich bitt' euch, Herrn, Laßt meine Kläger mir in dieser Sache, Wer sie auch sei'n, hier gegenüber stehn Und ohne Rücksicht zeugen. Nein, Mylord, Das geht nicht an: Ihr seid des Staatsrats Mitglied, Und solche Würde schützt vor aller Klage. Mylord, weil uns Bedeutenders noch obliegt, Seid kürzlich abgefertigt! Seine Hoheit, Nach unserm Schluß, zu beßrer Untersuchung, Verlangt, daß Ihr Euch gleich zum Turm begebt, Wo Ihr, Privatmann wiederum geworden, Erfahren sollt, wieviel Ihr Kläger habt; Und, fürcht' ich, mehr, als Ihr gewärtig seid. Ei, werter Lord von Winchester, ich dank' Euch, Wart Ihr doch stets mein Freund; nach Eurem Wunsch Spracht Ihr zugleich die Klage wie das Urteil, So menschlich seid Ihr. Euer Trachten seh' ich, 's ist mein Verderben; Lieb' und Nachsicht, Lord, Ziemt frommen Hirten mehr, als Sucht der Ehre; – Mit Glimpf verirrte Seelen wieder werben, Und keine von sich stoßen. Mich zu rein'gen, Und beugt Ihr auch mir gänzlich die Geduld, Bleibt mir kein Zweifel, gleich wie Euch kein Skrupel Für täglich Unrecht. Mehr noch könnt' ich sagen, Doch mahnt die Achtung für Eu'r Amt zur Demut. Mylord, Mylord, Ihr seid ein Sektenstifter, Das liegt am Tag; Eu'r gleißend heller Firnis Hüllt Schwäch' und leere Worte nimmer ein. Mylord von Winchester, verzeiht in Gnaden, Ihr dünkt mich fast zu hart. So edle Männer, Wenn gleich im Irrtum, sollten Nachsicht finden Für das, was sie gewesen. Grausam ist's, Den Fallenden zu drängen. Mein Herr Schreiber, Ich bitt' Eu'r Gnaden um Verzeihung; Ihr, Der Schlimmst' am Tisch hier, darf so sprechen. Wie? Kenn' ich Euch etwa nicht als zugetan Der neuen Sekt'? Ihr seid nicht rein. Nicht rein? – Nicht rein, sag' ich. Wärt Ihr nur halb so ehrlich, Dann folgt Euch Segen nach, wie jetzt die Furcht. Des frechen Worts gedenk' ich. Immerhin, Doch Eures frechen Lebens auch. Zu viel! – Ihr Herrn, hört auf! Ich bin zu End'. Ich auch. Was Euch betrifft, Mylord, so glaub' ich, ward Einstimmig der Beschluß gefaßt, zum Turm Euch als Gefangnen schleunig abzusenden, Wo Ihr verbleibt, bis fernrer Auftrag uns Vom König kommt. Mylords, sind alle einig? Das sind wir. Ist für mich kein mildrer Weg, Muß ich durchaus zum Turm, ihr Herrn? Welch andrer Bleibt wohl für Euch? Ihr seid sehr überlästig! Ruft von der Wache wen hieher! Für mich? So stellt ihr mich Verrätern gleich? Es treten einige von der Wache in den Saal. Empfangt ihn Und führt ihn in den Turm! Halt, gute Lords! Gönnt mir zwei Worte noch! – Seht, werte Herrn, Kraft dieses Ringes nehm' ich meine Sache Aus böser Menschen Klau'n und gebe sie Einem höhern Richter, meinem Herrn und König. Das ist des Königs Ring. 's ist kein verfälschter. Der echte Ring; bei Gott, ich sagt' euch allen, Als ihr versucht, den schlimmen Fels zu rollen, Er träf' uns selbst zuletzt. Glaubt ihr, Mylords, Der König lasse diesem Mann auch nur Den kleinen Finger kränken? Nur zu wahr! Und wie viel mehr liegt ihm an diesem Leben! Ich wollt', ich wär' heraus. Mir wird es klar, Als ihr noch Kundschaft suchtet und Verdacht Wider solchen Mann, des Redlichkeit allein Der Teufel und sein Anhang sieht mit Neid, Ihr schürtet selbst das Feuer, das euch brennt: Nun mögt ihr's haben! – Der König tritt herein und sieht mit zürnenden Blicken auf die Herren vom Staatsrat. Dann setzt er sich. Erhabner Fürst, wie danken wir's dem Himmel Alltäglich, der uns solchen Herrn gegönnt, Nicht nur höchst weis' und gut, doch fromm vor allem: Ein König, der die Kirch' in seiner Demut Zum Ziel des höchsten Ruhms sich wählt und selbst, Um solche Pflicht zu kräft'gen, voller Huld Der heut'gen Sitzung naht, um ihren Rechtsfall Mit jenem Hauptverbrecher zu vernehmen. Lobreden aus dem Stegreif scheint Eu'r Fach, Bischof von Winchester; doch komm« ich nicht, Solch Schmeicheln mir ins Antlitz jetzt zu hören, Zu dünn und schal, die Bosheit zu verhüllen. Ihr reicht nicht hoch genug – dem Schoßhund ähnlich, Meint Ihr mit Zungenspiel mich zu gewinnen; Doch wie du auch mich nimmst, ich bin gewiß, Du hegst grausame, blut'ge Sinnesart. – Setz' dich, mein guter Cranmer. Nun, laßt sehn! Laßt nun den Kecksten, der am meisten wagt, Nur seinen Finger heben wider dich! Beim Himmel! besser tat' er, zu verhungern, Als dächt' er, dieser Platz sei dir zu gut. Gefall' Eu'r Hoheit, – Nein, Sir, es mißfällt mir. Ich dacht', ich hätte Männer von Verstand Und Einsicht hier im Rat, doch täuscht' ich mich. War's klug getan, ihr Herrn, hier diesen Mann, Den guten Mann – wen nennt' ich so von euch? Den Ehrenmann, gleich einem lump'gen Knecht Stehn lassen vor der Tür? Ihn, der euresgleichen? – Ei, welche Schmach! Hieß meine Vollmacht nur So gänzlich euch vergessen? Ich erlaubt' euch, Ihn zum Verhör zu ziehn als meinen Staatsrat, Nicht als 'nen Burschen. Zwar, ich seh' hier manchen, Der mehr aus Arglist denn aus reinem Eifer, Vermöcht' er's, ihm das Ärgste zuerkennte: Allein das sollt ihr nie, weil ich noch lebe. Bis hieher, höchster Herr, vergönn Eu'r Hoheit Den Hergang zu entschuld'gen. Was beliebt ward, Anlangend sein Gefängnis, traf vielmehr, Wenn Treu' und Glauben gelten, ein Verhör Und Rein'gung vor der Welt, als bösen Zweck; In mir zum mind'sten. Ehrt ihn denn, ihr Herrn; So nehmt ihn auf und liebt ihn, er verdient es. Ich sage nur so viel von ihm: kann je Ein Fürst dem Untertan verpflichtet sein, Bin ich es ihm für seine Lieb' und Dienste; Macht keine Umstand' mehr, umarmt ihn alle; Seid Freunde, schämt euch, Lords! – Lord Canterbury, Ich hab' 'ne Bitt' an Euch, versagt mir's nicht: Noch fehlt die Tauf' 'nem art'gen kleinen Fräulein, Ihr müßt Gevatter sein und sie vertreten. Der größte König würd' erfreut und stolz Durch solche Ehre; wie verdien' ich so viel! – Ich, Eu'r geringer, schwacher Untertan. Geht, geht, Mylord; ich glaub', Ihr spartet gern Die Patenlöffel – Ich besorg' Euch noch Zwei würdige Gehülfen: Lady Norfolk Und Marquis Dorsets Frau: gefällt's Euch so? Noch einmal, Mylord Winchester, ich sag's Euch, Küßt diesen Mann und liebt ihn! Brüderlich Und treues Herzens seid umarmt! Der Himmel Bezeug' es, wie mich dieses Wort erfreut! Du Redlicher! Die Freudenträne zeigt dein treues Herz. Des Volkes Stimme seh' ich hier bewährt, Die oft gesagt: Spielt Mylord Canterbury 'nen schlimmen Streich, dann habt Ihr ihn zum Freund. Kommt, Herrn, die Zeit ist edel, mich verlangt, Als Christin meine Kleine bald zu sehn. Doch ihr bleibt einig, wie ihr jetzt euch zeigt, Daß meine Macht wie eure Wohlfahrt steigt! Alle ab. Dritte Szene Dritte Szene Der Schloßhof. Geräusch und Tumult hinter der Bühne. Der Pförtner und sein Knecht treten auf. Werdet ihr bald mit Lärmen aufhören, ihr Esel Meint ihr, der Schloßhof sei ein Bärengarten? Ihr wüsten Gesellen, laßt ab mit Gaffen! Lieber Meister Pförtner, ich gehöre zur Speisekammer. Gehört zum Galgen und laßt Euch hängen, Ihr Maulaff! Ist dies der Ort, solch ein Gebrüll zu verführen? Holt mir ein Dutzend Schwarzdornknittel, von den stämmigsten! Diese hier sind alle nur wie Reitgerten. Ich werde euch die Köpfe krauen; müßt ihr auf Kindtaufen sein? Steht euch der Sinn auf Bier und Kuchen hier, ihr wüsten Esel? Seid ruhig, lieber Herr, 's ist gleich unmöglich, – Wir fegen denn sie mit Kanonen heim, – Sie zu zerstreun, als sie zum Schlaf zu bringen Am Maitag Morgen; nimmer setzt Ihr's durch: Wir brächten wohl Sankt Paul so leicht zum Weichen. Wie zum Henker kamen sie denn herein? Ich weiß nicht, Herr; wie bricht die Flut herein? Was ein gesunder Prügel von vier Fuß Austeilen konnte, – seht die winz'gen Reste! – Herr, daran spart' ich nichts. Nichts tatet ihr. Ich bin kein Simson, kein Ritter Guy, kein Riese Colbrand, daß ich sie vor mir niedermähen könnte; wenn ich aber einen verschont habe der einen Kopf zum Treffen hatte, jung oder alt, Er oder Sie, Hahnrei oder Hahnreimacher, so will ich nie wieder einen Rippenbraten vor Augen sehn, und das möcht' ich nicht für eine ganze Kuh. Gott tröste sie! Hört Ihr, Meister Pförtner? Gleich werd' ich bei Euch sein, lieber Meister Hasenfuß. Halt' die Tür fest zu, Kerl! Was wollt Ihr, daß ich tun soll? Was sollt Ihr anders tun, als sie bei Dutzenden zu Boden schlagen? Ist dies Moorfields, wo gemustert wird? Oder haben wir einen ausländ'schen Indianer mit einem großen Schweif am Hofe, daß die Weiber uns so belagern? Gott behüte, was für unzüchtiges Gesindel sich da vor der Tür herumtreibt! Bei meiner christlichen Taufe, dieser eine Täufling bringt ihrer tausend neue zuwege – hier kommen Vater, Gevatter und alle Welt zusammen. Desto dichter fallen die Löffel, Herr. Dort steht ein Kerl so ziemlich nah an der Türe, der muß ein Kupferschmied sein nach seinem Gesicht; denn, mein' Seel', zwanzig Hundstage regieren ihm in der Nase: alle, die um ihn her stehn sind unter der Linie, sie brauchen keine Strafe weiter: diesen Feuerdrachen traf ich dreimal auf den Kopf, und dreimal gab seine Nase Feuer auf mich; er steht wie ein Mörser da, um auf uns loszubrennen. Neben ihm sah ich ein abgeschmacktes Trödelweib, das auf mich schimpfte, bis ihre zackige Suppenschüssel ihr vom Kopf fiel, weil ich solch einen Brand im gemeinen Wesen anschüre. Ich verfehlte das Feuermeteor einmal, und traf dieses Weib, das gleich rief: »Knittel her!« Worauf ich alsbald an die vierzig Stabschwinger ihr zu Hülfe kommen sah, die Hoffnung des Strands, den sie bewohnt. Sie griffen an, ich hielt mich tapfer; zuletzt kam's bis zum Besenstiel, und noch immer bot ich Trotz: als plötzlich eine Reihe von Jungen hinter ihnen, loses Gesindel, solch einen Hagel von Steinen gegen mich abschickte, daß ich die Segel einzog und froh sein mußte, das Feld zu räumen. Der Teufel war unter ihnen, glaub' ich, sicher. Das sind die Schlingel, die im Theater trommeln und sich um angebißne Äpfel prügeln; solche, die kein Zuhörer aushallen kann, als einer von der Trübsalgilde zu Towerhill oder von ihrer teuern Brüderschaft, den Limehouse-Lümmeln. Ein paar von ihnen hab' ich in limbo patrum, wo sie wohl diese drei Tage durchtanzen könnten, außer dem ambulierenden Bankett zweier Büttel, das ihnen noch bevorsteht. Der Lord Kämmerer tritt auf. Gott steh' uns bei, was für ein Schwarm ist dies! Er wächst stets noch, es drängt von allen Seiten, Als gäb' es Jahrmarkt! Wo sind hier die Pförtner, Die faulen Schelme? Schöne Arbeit, he! – Ein saubrer Haufe hier im Hof! Sind dies Die werten Freunde von der Vorstadt her? Gewiß, den Damen bleibt viel Platz noch offen, Wenn sie vom Taufsaal kommen. Sicht Eu'r Gnaden, Wir sind nur Menschen: was da möglich war Untotgeschlagenerweise, das geschah; Ein ganzes Heer bezwingt sie nicht. Beim Himmel, Wenn mich der König schilt, so sollt ihr all' Ins Eisen mit den Fersen, unverzüglich, Und eure Köpfe trifft 'ne runde Buße. Ihr klappert mit dem Krug, ihr faulen Schelme, Ob auch der Dienst drum still steht. Hört! Man bläst; Sie kommen von der Taufe schon zurück. Geht, brecht mir durchs Gedräng' und macht euch Bahn, Und Raum dem Zug, sonst such' ich euch sofort Ein Kloster aus, das euch sechs Wochen herbergt! Macht Platz für die Prinzessin! – Ihr großer Kerl, geht auf die Seite, oder ich will Euch Kopfweh machen! Ihr da, in dem gesteiften Wams, packt Euch aus den Schranken, oder ich werf' Euch über die Pfeiler! Alle ab. Vierte Szene Vierte Szene Im Palast. Blasende Trompeter; darauf zwei Aldermänner; der Lord Mayor; der Herold; Cranmer; der Herzog von Norfolk mit dem Marschallsstabe; der Herzog von Suffolk; zwei Edelleute, die große, aufrechtstehende Schalen als Taufgeschenke tragen; darauf vier Edelleute, die einen Thronhimmel halten, unter welchem die Herzogin von Norfolk als Gevatterin das Kind trägt. Sie ist reich in einen Mantel gekleidet, eine Hofdame hält ihre Schleppe. Ihr folgen die Marquisin von Dorset, als zweite Gevatterin, und andre Damen. Der Zug geht einmal über die Bühne, dann spricht der Herold. Der Himmel verleihe nach seiner endlosen Güte Gedeihen, langes und immer glückliches Leben der hohen und mächtigen Prinzessin von England, Elisabeth! – Trompetenstoß. Der König und sein Gefolge treten auf. Und meiner edlen Mitgevattern Flehn Und meins für Eure Königliche Hoheit Und unsre teure Königin ist dies: Mög' alle Freud' und Tröstung, so der Himmel Je aufgespart, zwei Eltern zu beglücken, In diesem holden Kind euch stündlich wachsen! – Ich dank' Euch, wertester Lord Erzbischof. Wie ist ihr Nam'? Elisabeth. Steht auf! Indem er die Prinzessin küßt. Mein Segen mit dem Kuß! Gott sei mit dir, In seine Hand leg' ich dein Leben! – Amen! Ihr habt zu viel gespendet, edle Paten, Ich dank' euch; auch dies Fräulein tut's dereinst, Sobald ihr Englisch ausreicht. Laßt mich reden, Gott will's; und achte keiner hier mein Wort Für Schmeichelei, denn Wahrheit sollt ihr's finden. Dies Königskind, – (stets sei mit dir der Himmel!) Ob in der Wiege noch, verheißt dem Reich Tausend und aber tausend Segensfülle, Die Zeit zur Reife führt. Du wirst dereinst (Nur wen'ge, jetzt am Leben, schaun es noch) Ein Muster aller Kön'ge neben dir Und die nach dir erscheinen. Sabas Fürstin Hat Weisheit nicht und Tugend mehr geliebt, Als diese holde Unschuld. Jede Zier, Jedwede Anmut so erhabnen Haupts, Und jede Tugend, die den Frommen schmückt, Ist doppelt stark in ihr. Der Glaube nährt sie, Himmlische Andacht wird ihr ratend beistehn, Geliebt wird sie, gefürchtet sein; gesegnet Von ihren Freunden. Die Feinde zittern gleich geschlagnen Halmen, Gebeugt das Haupt in Gram. Heil wächst mit ihr, In ihren Tagen ißt in Frieden jeder Unter dem eignen Weinstock, was er pflanzte. Des Friedens heitre Klänge tönen rings, Gott wird erkannt in Wahrheit; ihre Treuen, Durch sie geführt zum wahren Pfad der Ehre, Erkämpfen hier sich Größe, nicht durch Blut. Auch schläft mit ihr der Friede nicht; nein, wie Der Wundervogel stirbt, der Jungfrau'n-Phönix, Erzeugt aus ihrer Asche sich der Erbe, So wunderwürdig auch, wie sie es war; So läßt sie einem andern allen Segen (Ruft sie der Herr aus Wolken dieses Dunkels), Der, aus der heil'gen Asche ihrer Ehre, Sich, ein Gestirn, so groß wie sie, erhebt, Glanzhell: Schreck, Friede, Fülle, Lieb' und Treu', Die Diener warfen dieses hehren Kindes, Sind seine dann, wie Reben ihn umschlingend; Wo nur des Himmelshelle Sonne scheint, Da glänzt sein Ruhm, die Größe seines Namens, Und schaffet neue Völker; er wird blühn Und weit, wie Berges Zedern, seine Zweige Auf Ebnen strecken. – Unsre Kindeskinder, Sie sehn, Gott preisend, dies. Ha, du sprichst Wunder! Sie wird zu Englands schönstem Ruhm gesegnet Mit hohen Jahren; viele Tage sieht sie, Und keinen doch ohn' eine Tat des Ruhms. O sah' ich weiter nicht! Doch sterben mußt du, Du mußt, die Heil'gen woll'n dich; doch als Jungfrau, Als fleckenlose Lilie senkt man dich Hinab zur Erd', und alle Welt wird trauern. Lord Erzbischof, Ihr habt mich jetzt zum Mann gemacht; kein Kind Erzeugt' ich noch vor diesem sel'gen Wesen. Dies Trostorakel hat mich so beglückt, Daß ich dereinst im Himmel wünschen werde, Das Tun des Kinds zu sehn und Gott zu preisen. Ich dank' euch allen. Euch, werter Lord Mayor, Und Euren Brüdern bin ich höchst verbunden, Ich ward geehrt durch Eure Gegenwart Und will mich dankbar zeigen. Kommt, ihr Herrn, Ihr müßt die Königin noch alle sehn: Euch alle muß sie ihres Danks versichern, Sonst wird sie nicht genesen. Heut soll keiner Des Hauses warten, alle bleibt als Gäste: Durch diese Kleine wird der Tag zum Feste. Alle ab. Epilog Epilog Zehn gegen eins, daß unser Spiel nicht allen Behaglich war. Der schlief mit Wohlgefallen Zwei Akte durch; da weckt ihn ungebührlich Trompetenschall und Lärm: nun heißt's natürlich: »Das Stück ist schlecht.« Der kam, um groß und klein Verhöhnt zu sehn und »echter Witz« zu schrein: Was gleichfalls ausblieb. Darum furcht' ich, heut Kein Lob zu ernten, wie's uns oft erfreut; Und unser einzig Hoffen laßt uns baun Auf güt'ge Nachsicht sanft gestimmter Frau'n. Denn eine solche sahn sie hier; und krönt Ihr Beifall uns, dann weiß ich auch versöhnt Die Männer: unser Spiel wird Gunst erlangen, Sie klatschen gern, wenn's ihre Frau'n verlangen.