Percy Bysshe Shelley Der entfesselte Prometheus (Prometheus Unbound) Vorrede des Dichters Vorrede des Dichters Audisne haec Amphiarae, sub terram abdite? Die griechischen Tragiker, die ihren Vorwurf der nationalen Geschichte oder Mythologie entlehnten, pflegten denselben mit einer gewissen Freiheit zu behandeln. Sie erachteten sich weder an die gewöhnliche Auffassungsweise gebunden, noch glaubten sie ihren Mitbewerbern und Vorgängern in Titel und Handlung ihrer Dramen folgen zu müssen. Solch' ein Verfahren wäre in der That einem Verzichte auf das Streben, die Mitbewerber zu überflügeln gleichgekommen – ein Streben, welches ja die Production hervorrief. So wurde denn die Geschichte des Agamemnon auf der atheniensischen Bühne in ebenso viel Variationen als Dramen dargestellt. Ich habe mich einer ähnlichen Freiheit bedienen zu dürfen geglaubt. In Aeschylos' »Entfesseltem Prometheus« kommt die Versöhnung des Zeus mit seinem Opfer um den Preis der Entdeckung zu Stande, welche dem olympischen Thron aus der Vermälung mit Thetis zu erwachsen droht. Dieser Auffassung gemäß wird Thetis mit Peleus vermält und Zeus läßt den Titanen durch Herakles entfesseln. Hätte ich mein Drama diesem Vorbilde nachgebildet, so würde ich damit nur einen Versuch gemacht haben, das verloren gegangene Drama des Aeschylos wieder herzustellen – ein Ehrgeiz, welchen – wenn ihn auch meine Vorliebe für diese Behandlungsweise des Stoffes erregt hätte – wohl der Gedanke an den hohen Vergleich herabgestimmt haben würde, den ein solcher Versuch nothwendig herausfordern mußte. – In Wahrheit aber war ich einer Katastrophe abgeneigt, die schwächlich genug ist, den Vorkämpfer der Menschheit mit ihrem Unterdrücker zu versöhnen. Das sittliche Interesse an der Handlung, welches durch die Leiden und die Standhaftigkeit des Titanen so mächtig erregt wird, müßte vernichtet werden, wenn wir uns ihn denken könnten, wie er seine hohen Worte zurücknimmt und sich vor seinem siegreichen und meineidigen Gegner beugt. Das einzige Geschöpf der Phantasie, welches bis zu einem gewissen Grade dem Prometheus gleicht, ist Satan , und Prometheus ist meines Erachtens ein weit poetischerer Charakter als Satan; denn abgesehen davon, daß Muth und Majestät, standhafter und ausdauernder Widerstand gegen eine allmächtige Gewalt nothwendige Seiten seines Charakters sind, zeigt er sich auch frei von den Flecken der Ehrsucht, des Neides, der Rache und des Herrschgelüstes, welche das Interesse an dem Helden des »Verlorenen Paradieses« beeinträchtigen. Der Charakter des Satan erzeugt in unserem Geiste eine gefährliche Casuistik, die uns verleitet, seine Fehler gegen seine Leiden abzuwägen und die ersteren zu entschuldigen, weil die letzteren alles Maß überstiegen hatten. In den Gemüthern Jener, die dieses herrliche Phantasiegebilde mit religiösen Gefühlen betrachten, erzeugt es noch etwas viel Schlimmeres. Aber Prometheus ist gleichsam der Typus der höchsten Vollkommenheit des Gemüthes und des Geistes, von den wahrsten und reinsten Motiven nach den besten und edelsten Zielen getrieben. Dieses Gedicht wurde größtentheils auf den Ruinenhügeln der Bäder des Caracalla geschrieben, inmitten der Blumenwildnisse und Dickichte blühender und duftender Bäume, welche sich in weitgewundenen Labyrinthen über ihre ungeheueren Plattformen und schwindelhoch in die Luft ragenden Bogen verbreiten. Der klar blaue Himmel Roms, der Eindruck des kräftigen Erwachens des Frühlings in jenem himmlischen Klima und das neue Leben, mit dem es die Seele fast bis zur Berauschung erfüllt, haben mich zu diesem Drama begeistert. Man wird häufig finden, daß die Bilder, die ich angewandt, den Operationen des menschlichen Geistes, oder den äußeren Handlungen, durch welche jene zum Ausdruck gelangen, entlehnt sind. Dies ist ungewöhnlich in der modernen Poesie, wiewohl Dante und Shakespeare uns eine Fülle von Bildern derselben Art bieten: Dante in der That mehr und mit größerem Er folge als irgend ein anderer Poet. Aber die griechischen Dichter, denen kein Hilfsmittel, die Sympathie ihrer Zeitgenossen zu erwecken unbekannt war, waren gewohnt, von dieser Macht Gebrauch zu machen und dem Studium ihrer Werke (da mir ein höheres Verdienst wahrscheinlich abgesprochen werden würde) diese Eigenthümlichkeit zuzuschreiben, möchte ich meine Leser hiemit gebeten haben. Ein aufrichtiges Wort über den Grad, bis zu welchem das Studium zeitgenössischer Werke mein Dichtung beeinflußt haben möchte, halte ich noch für nöthig; denn dies war ein Gegenstand des Tadels für so manche Dichtungen, die eine weit größere Popularität besitzen und verdienen als die meinen. – Es ist für Jemanden, der in einem Zeitalter mit solchen Schriftstellern lebt, wie sie jetzt in den vordersten Reihen des unseren stehen, geradezu unmöglich, gewissenhaft zu versichern, daß sich seine Sprech- und Denkweise nicht durch das Studium der Werke dieser außerordentlichen Geister modificirt habe. Es ist wahr: Nicht der Kern ihres Genies, wohl aber die Formen, in welchen es sich manifestirt, rühren weniger von der Originalität ihres eigenen Geistes her, als von den Eigenthümlichkeiten der moralischen und intellectuellen Zustände der Geister, inmitten welcher sie hervorgebracht wurden. So besitzt denn eine Menge von Schriftstellern die Form, aber nicht den Geist Desjenigen, welchem nachgeahmt zu haben sie beschuldigt werden; denn die erstere ist eine Gabe des Zeitalters, in welchem sie leben, während der letztere der ursprüngliche Blitz ihres eigenen Geistes sein muß. Der eigenthümliche Styl kräftiger und umfassender Bilder, der die moderne Literatur Englands auszeichnet, war nicht, als eine allgemeine Kraft, das Product der Nachahmung irgend eines besonderen Schriftstellers. Die Masse der Capacitäten bleibt zu jeder Zeit wesentlich dieselbe, beständig aber wechseln die Umstände, welche sie zum Handeln anregen. Wäre England in vierzig Republiken getheilt, jede an Bevölkerung und Ausdehnung gleich Athen – jede von ihnen würde – wir haben keinen Grund, es anders zu vermuthen – alsdann unter Institutionen, die nicht vollkommner waren als jene von Athen, Philosophen und Dichter gleich jenen hervorbringen, welche, wenn wir Shakespeare ausnehmen, niemals übertroffen worden sind. Wir verdanken die großen Geister des goldenen Zeitalters unserer Literatur dem energischen Erwachen des Volksgeistes, der die älteste und bedrückendste Form der christlichen Religion zu Staub zertrümmerte. Wir verdanken Milton dem Fortschritte und der Entwicklung desselben Geistes; der große Milton war – laßt uns dessen für immer gedenken – ein Republikaner und ein kühner Forscher auf dem Gebiete der Moral und Religion. Die großen Schriftsteller unseres eigenen Zeitalters sind, wie wir annehmen dürfen, die Begleiter und Vorläufer noch ungedachter Veränderungen in unseren socialen Verhältnissen oder in den Meinungen, welche diese zusammenhalten. Die Wolke des Geistes entlädt sich ihrer angesammelten Blitze, und das Gleichgewicht zwischen Institutionen und Meinungen ist nun hergestellt oder im Begriffe, wieder hergestellt zu werden. Was die Nachahmung betrifft, so ist die Poesie eine darstellende Kunst. Sie schafft, aber sie schafft durch Combinationen und durch Versinnlichung. Poetische Abstractionen sind schön und neu, nicht etwa, weil die Theile, aus denen sie zusammengesetzt sind, nicht schon vorher in der Seele des Menschen oder in der Natur existirten, sondern weil das durch ihre Combination Entstandene eine verständliche und schöne Analogie mit jenen Quellen der Leidenschaften und Gedanken und mit ihrem gleichzeitigen Zustande hat: Ein großer Dichter ist ein Meisterstück der Natur, welches ein Anderer nicht nur studiren sollte, sondern studiren muß . Er könnte ebenso weise und ebenso leicht beschließen, sein Geist solle nicht länger ein Spiegel alles Schönen in der sichtbaren Welt sein, als aus dem Kreise seiner Betrachtung das Schöne bannen, das in den Werken seiner Zeitgenossen enthalten ist. Nur in dem Größten würde der Vorwand, dies zu thun, keine Anmaßung sein – die Wirkung aber wäre selbst bei ihm gezwungen, unnatürlich und wirkungslos. Ein Dichte ist das combinirte Product jener inneren Kräfte, welche das Wesen Anderer verändern, und jener äußeren Einflüsse, welche diese Kräfte erregen und erhalten; er ist nicht eines, sondern beide. Jedes Menschen Seele wird in dieser Hinsicht durch alle Gegenstände der Natur und Kunst modificirt, durch jedes Wort und jeden Gedanken beeinflußt, die er jemals auf sein Bewußtsein einwirken ließ; – sie ist der Spiegel, welcher alle Formen reflectirt und in welchem all nur eine Form bilden. Poeten nicht anders als Philosophen, Maler, Bildhauer und Musiker sind in einem Sinne die Schöpfer und in einem andern die Geschöpfe ihrer Zeit. Diesem Joche können auch die Höchsten nicht entgehen. Es besteht eine Aehnlichkeit zwischen Homer und Hesiod, zwischen Aeschylosund Euripides, zwischen Virgil und Horaz, zwischen Dante und Petrarca, zwischen Shakespeare und Fletcher, zwischen Dryden und Pope. Jeder hat mit dem Andern eine generische Ähnlichkeit, unter welcher ihre spezifischen Unterschiede begriffen sind.Ist diese Ähnlichkeit das Resultat der Nachahmung, so will ich gestehen, dass ich nachgeahmt habe. Es sei mir gestattet, bei dieser Gelegenheit zu bekennen, dass ich, wie dies ein schottischer Philosoph so charakteristisch bezeichnet, »eine Leidenschaft, die Welt zu reformieren« besitze; welche Leidenschaft ihn dazu getrieben hat, sein Buch zu schreiben und zu veröffentlichen, vergisst er uns zu sagen. Ich, für meinen Teil, wollte lieber mit Plato und Lord Bacon verdammt sein, als mit Paley und Malthus in den Himmel kommen. Aber es ist eine irrige Voraussetzung, dass ich meine Dichtungen lediglich der direkten Förderung der Reform widme oder dass ich sie irgendwie als ein geschlossenes System oder eine Theorie des menschlichen Lebens betrachte. Didaktische Poesie ist ein Gegenstand meines Abscheues. Was in Prosa ebenso gut ausgedrückt werden könnte, ist in Versen langweilig und überflüssig. Mein Plan ist bis jetzt einfach der gewesen, die hoch verfeinerte Phantasie der ausgewählteren Leserklassen mit schönen Idealen sittlicher Trefflichkeit vertraut zu machen, im Bewusstsein, dass, ehe die Seele lieben, bewundern, vertrauen, hoffen und dulden kann, systematische Prinzipien moralischer Lebensführung gleich Samenkörnern sind, auf der Landstraße des Lebens verstreut, die der unwissende Wanderer in den Straub tritt, obwohl ihnen die Ernte seiner Glückseligkeit entsprießen würde. Sollte ich lange genug leben, um meinen Vorsatz auszuführen – nämlich eine systematische Geschichte von jenen Dingen zu schreiben, die mir als die wahren Elemente der menschlichen Gesellschaft erscheinen, so mögen die Anwälte der Ungerechtigkeit und des Aberglaubens sich ja nicht schmeicheln, dass ich Äschylos eher als Plato zu meinem Vorbilde nehmen würde. Dass ich mit unumwundener Offenheit von mir selbst gesprochen habe, wird bei den Freunden der Wahrheit kaum der Entschuldigung bedürfen; die Unwahren aber mögen bedenken, dass sie durch absichtliche Entstellung der Wahrheit mir weniger schaden, als ihrem eigenen Geiste und Herzen. Welche Talente immer Jemand besitzen mag, um Andere zu unterhalten und zu belehren – mögen sie auch noch so unbedeutend sein, er ist verpflichtet, sie auszuüben. Ist sein Versuch unzureichend, so lasst es an der Strafe genügen, die in der Nichterfüllung eines Vorsatzes liegt; möge sich Niemand bemühen, den Staub der Vergessenheit auf das Werk des Unglücklichen zu häufen; der Hügel, den man auftürmen wollte, würde sein Grab verraten, das sonst wohl unbekannt geblieben wäre. Personen Personen. Prometheus. Demogorgon. Jupiter. Die Erde. Okeanos. Apollo. Mercur. Hercules. Asia, Panthea, Jone, Okenaniden. Das Panthom des Jupiter. Der Geist der Erde. Der Geist des Mondes. Geister der Stunden. Geister, Echos, Faune, Furien. 1. Akt Erster Akt. Scene: Eine Schlucht zwischen eisbedeckten Felsen im indischen Kaukasus. – Prometheus, an einen Felsen geschmiedet über dem Abgrund. Panthea und Jone sitzen zu seinen Füßen. – Nacht. – Während der Scene bricht allmälig der Morgen an. Beherrscher du der Götter und Dämonen Und – bis auf einen – jener Geister all, Die sich auf glanzerfüllten Welten drängen, Die du und ich, von allen Lebenden Allein, mit schlaflos off'nen Augen sehn! Die Erde sieh von deinen Sklaven wimmeln, Die für Gebet und preisende Verehrung, Für Noth und Drangsal du mit Furcht belohnst, Mit Selbstverachtung und mit eitlem Hoffen, Dieweil du mich, der ich ein Feind dir bin, In augenlosem Hasse ließest herrschen Und, deiner spottend, triumphiren über Mein Elend und die Ohnmacht deiner Rache! Dreitausend Jahre schlafgefloh'ner Stunden Und jeder Augenblick von scharfer Pein Gezerrt zum Jahr – Tortur und Einsamkeit, Spott und Verzweiflung – diese sind mein Reich! Glorreicher ist's, als jenes, über welchem Du unbeneidet thronst, o mächt'ger Gott! Allmächtig – hätt' ich's nicht verschmäht zu theilen Die Schande deiner Tyrannei und hienge Ich hier nicht festgenagelt an den Wall Des stolzen Berges, der den Adler höhnt, Schwarz, wintrig, todt und unermessen, ohne Gras, noch Insekt, noch and'res Thier, noch was Ans Leben mahnte in Gestalt und Klang. O weh' mir! wehe! – Pein für ewig! ewig! Kein Wechsel, keine Ruhe, keine Hoffnung! Doch ich ertrag's! – Die Erde frag' ich, ob Die Berge meine Qualen nicht gefühlt? Den Himmel frag' ich, ob die gold'ne Sonne, Die Alles schauende, sie nicht gesehn? Ich frag' die See, in Sturm und Ruh' hier unten Des Himmels ewig wechselnd Schattenbild, Ob ihre tauben Wellen sie nicht hörten? O weh' mir, wehe! – Pein für ewig, ewig! Die Gletscher hier durchbohren mich mit ihren Krystall'nen Nadeln, die im Mondlicht frieren, Die blanken Ketten hier mit ihrer Kälte, Sie fressen brennend sich in mein Gebein; Des Himmels schwarzbeschwingter Hund, deß Schnabel An deinen Lippen sich mit Gift getränkt, Das nicht sein Eigen, nagt an meinem Herzen Und formlos narrt, in wandelnden Gesichten, Gespenstisch Volk mich aus dem Reich des Traums. – Den Geistern, die die Erde rütteln, ist Befohlen, aufzureißen meine Wunden, Die kaum verharschten, wenn die starren Felsen Sich jählings spalten und dann wieder schließen, Dieweil sich heulend ihrem Schlund entringen Die Genien des Sturmes, die zur Wuth Den Wirbelwind entfachen und den Hagel In scharfen Schlossen schleudern wider mich. Und dennoch sind mir Tag und Nacht willkommen, Ob nun der eine bricht das Nebelgrau Des frost'gen Morgens, ob die and're leise Im Sternenmantel steigt am Horizont. Denn beide führen vorwärts sie die Stunden, Die flügellosen, kriechenden, und eine Wird d'runter sein, grausamer König du, Die, – wie der finst're Götzenpriester zerrt Sein widerstrebend Opfer zum Altar, – Herbei dich schleppen wird, zu küssen hier Das Blut von diesen bleichen Füßen, die Dich treten mögen, wenn sie's nicht verachten, Den Sklaven, der im Staube liegt, zu treten! – Verachten? nein! du dauerst mich! – Wie wird Dein Sturz dich wehrlos durch den Himmel jagen, Und deine Seele schreckgespalten gähnen, Gleich einer Hölle d'rin! – Bekümmert sag' ich's Und nicht in Leidenschaft! – Ich hasse nimmer, Wie damals, eh' mich Elend weise machte. Den Fluch, den einst ich gegen dich geschleudert, Ich widerrief' ihn gern! – Ihr Berge, deren Vielzüngig Echo donnernd jenen Spruch Einst durch der Katarakte Nebel trug! Ihr eis'gen Quellen, starrend hier im Frost, Die ihr mich bebend hörtet und dann schaudernd Durch Indien krocht! – Du reinster Aether, den Die glüh'nde Sonne strahlenlos durchwandelt! Ihr Wirbelwinde, die mit lahmen Schwingen Ihr stumm und reglos über'm Abgrund hiengt, Als Donner, lauter wie der eu're noch, Den Erdball schütterte mit seinem Schlag! O hatten damals meine Worte Kraft – Obgleich ich also nun verwandelt bin, Daß jeder böse Wunsch in mir erstarb Und an den Haß selbst das Erinnern schwand – Laßt ihre Macht nun nicht verloren sein! Wie war der Fluch? – Ihr Alle hörtet ihn! die der Berge. Dreimal dreimalhunderttausend Jahr' auf diesem Feuerball, Oft wie Menschen, furchtergrausend, Zitterten wir Berge all. – die der Quellen. Donner machten uns versiegen, Bitt'res Blut sollt' uns beflecken, Dennoch rannen wir verschwiegen Durch des Schlachtfeld's wilde Schrecken, Städte durch und öde Strecken. – die der Luft. Seit der Erdball einst erstanden, Lieh' ich Farben seinen Landen! Meine heit're Ruhe störte Mancher Seufzer, den ich hörte. – die der Wirbelwinde. Hoch um dieser Berge Kronen Weh'n wir rastlos seit Aeonen! Nicht des Donners wilder Zorn, Des Vulkanes Flammenborn, Keine Macht hier ringsherum, Macht' uns je vor Staunen stumm. – Aber unser Haupt voll Schnee, Beugt' sich erst vor deinem Weh'! Nie zu Indiens Meer bislang Trugen wir noch solchen Klang! Ein Pilot, der schlief zur See, Sprang vom Deck in Todeskrampf, Hört's und sterbend rief er: »Weh!« – Toll wie's Meer in Sturmeskampf. Nie zum Himmel noch zuvor Stieg solch Schreckenswort empor, Das mein stilles Reich zerriß! Als die Wunde sich geschlossen, Hatte sich wie Blut ergossen Ueber'n Tag die Finsterniß! Und wir flüchteten uns bang In die frost'gen Höhlenräume, Uns verfolgten schwere Träume Von Ruin und Untergang, – Hießen schweigen uns zumal, Ob auch Schweigen Höllenqual. Der Klippenhügel zungenlose Höhlen Schrie'n Wehe! dann, der hohle Himmel gab Zur Antwort: Weh! – Die purpurschäum'ge Welle Des Oceans, das Land erklimmend, heult' Es zu den Winden, die die See gepeitscht, Und bleiche Völker hörten's bebend: Weh'! Ich hör' den Klang von Stimmen, – nicht die Stimme, Die ich erhob! – O Mutter, deine Söhne Und du – ihr zürnt ihm, ohne dessen Willen, Der Alles trägt, ihr unter Jovis Allmacht Vergangen wär't gleich dünnen Nebelwolken, Vom Morgenwind entrollt! – Kennt ihr mich nicht? Mich, den Titanen nicht, der seine Pein Zum stolzen Wall gemacht gen euren Feind, Der sonst das ganze All eroberte? – Ihr grünen Matten an der Felsenbrust! Ihr Ströme, von der Milch des Schnee's genährt, Durch frost'ge Nebel unten tief zu schau'n, Von Wäldern überschattet, die ich einst Mit Asia durchwandert, Leben trinkend Ihr vom geliebten Aug': Was zürnt der Geist, Der euch gebeut mit mir jetzt zu verkehren? Mit mir, der ich allein gewagt zu hemmen, – Gleich Einem, der da hemmen wollte ein Von Furien gezogenes Gefährt' – Die Falschheit und die Macht deß, der allein Regiert und mit den Seufzern seiner Sklaven Euch eure Schluchten füllt und Wasserwüsten? – Warum gebt ihr mir noch nicht Antwort, Brüder? Sie dürfen nicht! Wer darf's? O sprich! wer darf's? Denn wieder hören möcht' ich jenen Fluch! Ha! welch unheimliches Geflüster dort? Kaum ist's ein Laut: Es prickelt nur im Ohr, Dem Blitze gleich, der knistert, eh' er schlägt. Sprich, Geist! denn deine körperlose Stimme Verräth allein mir, daß du webst um mich. So sprich! wie flucht' ich ihm? Wie kannst du hören, Da du die Sprache nicht der Todten kennst? Du bist ein Geist, der lebt – als solcher sprich! Ich darf nicht sprechen, wie das Leben spricht, Denn wenn's des Himmels grauser König hört, So bindet er mich an ein Marterrad, Noch folternder, als das auf dem ich rolle! – Ja, du bist klug und gut und ob die Götter Nicht hören diese Stimme, – du bist mehr Als Gott, da du so weise bist, als gut! So höre denn! Entsetzliche Gedanken, Gleich düster'n Schatten jagen durch mein Hirn! Die Sinne schwinden mir, gleich einem, den Die Liebe hält umstrickt mit ihrem Taumel Und dennoch ist's nicht Lust! Du kannst nicht hören! Du bist unsterblich! – Diese Sprache kennen Nur die, die sterben! Was bist du, o Stimme, So trauervoll? Die Erde! deine Mutter, Durch deren Steingeäder bis hinauf Zur letzten Fiber noch des höchsten Baums, Deß dünne Blätter zittern in der Luft, Die Freude rann, wie Blut durch einen Leib, Als du gleich einer Ruhmeswolke dich Von ihrem Busen hobst – ein Geist des Heil's! Bei deiner Stimme hoben ihre Söhne Die qualgebeugten Stirnen aus dem Staub, Und unser allgewaltiger Tyrann Ward bleich, – bis dich sein Donner hier gekettet! Dann – sieh hier die Millionen Welten brennen Und rollen rings um uns! – dann sahen die, Die sie bewohnen wohl, mein Sphärenlicht Im weiten Aether flackernd fast vergehn; Die See heult' auf, vom Sturm gepeitscht, und Feuer Vom Scheitel schneeiger Vulkane sträubte Sein Furienhaar bis an des Himmels Stirn. Die Fluren trafen Blitz und Ueberschwemmung Und blaue Disteln sproßten auf in Städten, Wo Kröten, die nach Futter suchten, krochen Durch Zimmer, d'rin die Ueppigkeit gehaust. Denn Seuche war und Hungersnoth gefallen Auf Mensch und Thier, bis auf den Wurm herab, Und schwarzer Mehlthau lag auf Gras und Baum. Im Korn, im Weinland, unter'm Wiesengras Wuchs giftig Unkraut, das nicht auszurotten, Ihr Wachsthum hemmend, auf – denn meine Brust War ausgedorrt von Kummer und mein Athem, Die dünne Luft, vom Pesthauch angesteckt, Den einer Mutter Haß auf ihres Kindes Vernichter einst gehaucht. – Und deinen Fluch? Ja wohl! ich hört' ihn! – wenn du selber auch Dich seiner Worte nicht entsinnen kannst, Nun, meine ungezählten See'n und Ströme, Die Berge, Höhlen, Winde und die Luft Und auch der Todten unvernehmbar Volk Bewahren ihn als einen Zauberspruch. Wir brüten in geheimer Freud' und Hoffnung Ob jenen Schreckensworten, doch wir wagen Sie auszusprechen nicht! Ehrwürd'ge Mutter! Sieh! Alle, die da leben hier und leiden, Sie nehmen irgend ein Geschenk von dir! Sei's Blum' und Frucht, sei's holder Töne Klang, Sei's Liebe, ob sie flüchtig auch – auf all' Dies laß' mich hier verzichten. – Eins nur bitt' ich: Die eig'nen Worte weigere mir nicht! Du hörst sie noch! – Eh' Babylon ward Staub, Begegnete mein schon verstorb'ner Sohn, Der große Magus Zoroaster einst, Im Garten wandelnd seinem eig'nen Bild! Und die Erscheinung sah nur er allein. Denn wisse, daß es zwei der Welten gibt, Des Lebens und des Tod's: Die eine siehst du, Die and're aber, die liegt unterm Grab. Es hausen d'rin die Schatten all' der Körper, Die leben hier und denken, bis der Tod Sie all' vereinigt hat auf Nimmerscheiden; Die Träume all', der Menschen Lichtgedanken, Und was der Glaube schafft, die Liebe wünscht, Entsetzliche und seltsam fremde, – doch Erhab'ne auch und herrliche Gebilde! Dort bist auch du, ein schmerzgekrümmter Schatten, Der zwischen eis'gen Bergen hängt, umbraust Von Stürmen. – All' die Götter wohnen dort Und all' die Mächte namenloser Welten, Phantome, riesig, mit dem Herrscherstab, Heroen, Menschen, wilde Bestien Und Demogorgon, der so finster blickt Und endlich er, der oberste Tyrann, Auf seinem Thron von Flammengold. – Mein Sohn, Von diesen Einer wiederholt den Fluch, Der Allen noch erinnerlich! – So ruf' Denn deinen eig'nen Geist, – ruf' Jupitern, Ruf Hades oder Typhon, oder wer Von mächt'gern Göttern, die das Uebel zeugte, Seit deinem Untergange meine Söhne Getreten und gequält. – So mag die Rache Des Allgewalt'gen weh'n durch hohle Schatten, Wie Regenwind durch die verlass'nen Thore Verfallener Paläste. Mutter laß Nicht wieder Böses über meine Lippen, Noch über jene meines Gleichen kommen. – Phantom des Jupiter, ersteh'! erscheine! Die Ohren decken meine Flügel, Die Flügel auch die Augen mir, Doch steigt durch ihre Federhügel, Durch ihre Silberschatten hier Ein Bild und Töne klingen. Du voll Wunden – festgebunden – Mög's dir nicht Uebles bringen, Den uns'rer süßen Schwester willen Wir treu behüten hier im Stillen. Es klingt, wie Wirbelwinde wild, Wenn Feu'r und Erdstoß Berge spalten! Der Ton ist schrecklich, wie das Bild In sterndurchwob'nen Purpurfalten. Sein Scepter blassen Gold's, Im Wolkenflor dort hoch empor Hebt seine Hand es stolz Und grausam blickt er, unbewegt, Wie wer da Leiden schafft , nicht trägt ! Geheime Mächte dieser fremden Welt! Was habt ihr mich, ein wesenloses Schemen, Auf grausen Stürmen denn hieher getrieben? Welch' ungewohnte Töne sind's, die beben Auf meinen Lippen, ungleich jener Stimme, Mit der da unser bleich Geschlecht im Finstern Die geisterhafte Unterredung hält? Und du, o stolzer Dulder, wer bist du? Entsetzlich Bild! – Wie du bist, muß er sein, Deß Schatten du uns zeigst! – Ich bin sein Feind, Bin der Titan! – Die Worte sag', die ich Vernehmen will – ist deine hohle Stimme Auch nur gedankenloser Wiederhall! Horcht auf! und muß auch euer Echo schweigen, Ihr grauen Berge, alten Wälder dort, Ihr Zauberquellen, ihr prophet'schen Höhlen Und inselreichen Ströme, freuet euch Zu hören nun, was ihr nicht sprechen dürft! Ein Geist erfaßt mich und er spricht in mir: Wie Feuer durch die Donnerwolke zuckt, So zuckt es nun durch mich! Seht nur, wie er Die mächt'gen Blicke hebt! – Der Himmel oben Verfinstert sich! Er spricht – o schützet mich! Es ist der Fluch! – ich seh's an den Geberden, So stolz und kalt – an Blicken voll von Trotz Und stillem Haß, – an der Verzweiflung seh' ich's, Die da mit Lächeln spottet ihrer selbst, Das so zum Grinsen wird. – Doch sprich! o sprich! »Du böser Feind, ich trotze dir in Ruh'! Was du vermagst, heiß' ich dich bieten mir! Tyrann der Götter und der Menschheit du, Ein einzig Wesen beugt sich nicht vor dir! Laß deine Qualen auf mich regnen, Laß Krankheit, Furcht und Raserei, Laß Frost und Feuer sich begegnen Zu meiner Pein, – dein Zürnen sei Der Blitz, der Hagel, sei'n die Furienschaaren, Die durch die Welt einher auf wilden Stürmen fahren! Dein Schlimmstes thu'! – die Allmacht ist ja dein! Bis auf dich selbst und meine Willenskraft, Ob allen Dingen räumt' ich sie dir ein, So sende denn, was Menschen Leiden schafft: Dein böser Geist mit Qual umstricke Sie alle, die mir theuer sind, Auf mich und auf die Meinen schicke Das Aergste, was dein Haß nur spinnt. Und also weih' ich dieses Haupt, erhoben, Schlafloser Pein, dieweil du herrschen mußt dort oben!« »Du aber, der ein Gott und Herr du bist, Mit deinem Geist erfüllst die Welt voll Weh, – Vor dem, was Himmels und der Erden ist, In Furcht und Ehrfurcht ich sich beugen seh'! Fluch dir! – des Dulders Fluch mit Beben, Hör', Folt'rer, gleich Gewissensleid, Vergiftet Sterben sei dein Leben, Die Ewigkeit dein Sterbekleid! Und deine Allmacht sei die Marterkrone, Die, brennend Gold, dein schmelzend Hirn umringt zum, Hohne!« Kraft dieses Fluch's häuf' Uebelthaten auf Und Gutes sei zu schau'n verdammt zumal, Da beides ewig, wie der Welten Lauf, Wie du und deine Einsamkeit voll Qual! Und scheinst du auch das Bild der reinen, Erhaben ruh'gen Macht zur Frist, Die Stunde kommt, da du mußt scheinen , Was innerlich von je du bist. »Verbrechen häuf' denn, die nicht Früchte tragen, Und ew'ger Spott soll dich durch Raum und Zeit einst jagen!« Sind's meine Worte, Mutter? Es sind deine! Mich reu'ts! – Ein eitel Wort ist schnell entschwebt, Und Kummer oftmals blind – so war der meine! Zu leiden wünsch' ich keinem Ding, das lebt! O, weh' mir! weh' mir! weh'! Daß Zeus dich doch besiegt zuletzt! Laut heulet, Land und See! Ihr Wirbelwinde heult entsetzt! Zerrissen wird der Erde Herz, Die Antwort tönen euerm Schmerz! Heult, Geister Lebender und Todter dort, Gefallen und besiegt ist euer Hort! Besiegt ist euer Hort! Nein, nein! ein leichter Krampf ist's nur, Noch unbesiegt ist der Titan! Doch seht! was kommt durch den Azur? Ob jenes Hügels schnee'gem Plan, Den gold'nen Flügelschuh am Fuß, Dem jeder Wind sich beugen muß, Von rother Federn Wiederschein Zart angehaucht, wie Elfenbein, Das ros'ge Glut durchdringt, Schwebt die Gestalt herab! Mit ihrer Rechten schwingt Sie einen Stab Um den sich eine Schlange ringt. Der schnelle Bote Jovis ist's – Mercur! Und Jene da mit Hydrahaaren Und eh'rnen Schwingen auf dem Wind? Die dort im Zaum gehalten sind Vom Gott, den zürnen sie gewahren Und die gleich Dämpfen steigen auf, Laut schwirrend, ein endloser Hauf? 's ist Jovis wilder Hunde Heer, Das er mit Blut und Seufzern nährt, Wenn auf der Schwefelwolke er Aus seines Reiches Grenzen fährt. Führt er hinweg sie von der magern Weide Des Tod's, zu füttern sie mit neuem Leide? Wie immer, fest, nicht stolz blickt der Titan! Ich witt're Leben, ha! O laßt mich nur In seine Augen sehn! Die Hoffnung, ihn Zu quälen riecht, wie für den Aesergeyer Ein Haufe Leichen riecht nach einer Schlacht! Du zögerst, Herold? – Auf, ihr Höllenhunde! Wie wär's, wenn uns der Sohn der Maia bald Zum Futter diente und zur Jagd? Wer kann Da lange dem Allmächtigen gefallen? Packt euch zurück in eure Eisenzwinger Und knirscht mit euren futterlosen Zähnen, Am Strom des Feuers und der Weheklagen! Geryon auf! und Gorgo und Chimära Und du auch, Sphinx, du schlaueste der Bösen, Die du zu Theben einst des Himmels Wein Kredenztest, den vergifteten: die Liebe, Zur Unnatur verkehrt und Haß, der noch Viel unnatürlicher. – Seht! Jene werden Vollziehen euer Werk! O Gnade! Gnade! Wir sterben vor Begier: Vertreib' uns nicht! So duckt euch denn und schweigt! Erhab'ner Dulder! Unwillig, höchst unwillig komm' ich her, Getrieben von des großen Vaters Willen, Um neuen Rachespruch hier zu vollziehn! – Ach! ich beklage dich und hasse mich, Daß ich nicht mehr vermag! – Ja, kehr' ich heim Von deinem Anblick, wird für Jahreszeit Der Himmel mir zur Hölle, so verfolgt Mit vorwurfsvollem Lächeln Tag und Nacht Mich die zermarterte Gestalt! – Ja, du Bist weise, stark und gut und dennoch ständest Vergebens fürder du allein im Kampf Gen den Allmächtigen – wie's jene Leuchten, Die klaren, die die müden Jahre messen Und theilen sie, von denen keine Zuflucht Es lang gelehrt und lange lehren werden. Und sieh! dein Peiniger, er rüstet eben Mit sond'rer Macht von unerhörter Pein Die Mächte aus, die in der Hölle unten Die Todesqual, die langgedehnte sinnen. Mein Auftrag aber ist, hieher zu führen Sie, oder was an schlauern oder bösern Und wildern Geistern noch den Höllenschlund Bevölkert und ihr grauses Werk sie hier Vollziehn zu lassen! – Mög' es so nicht sein: Es ist dir ein Geheimniß ja bekannt, – Von allen Lebenden nur dir allein – Das da vermag des weiten Himmels Scepter Zu übertragen und die Furcht vor ihm Erfüllt den Allgewaltigen mit Schrecken. In Worte kleid's und heiß es seinen Thron Umklammern dann in brünst'gem Fleh'n! – die Seele: Beug' im Gebet und, einem Bittenden In stolzem Tempel gleich, laß deinen Willen Im Herzen knieen, das voll Hochmuth ist. Denn gute That und Unterwerfung sänft'gen Den Stolzesten und auch den Mächtigsten. Wer bös geartet ist, verwandelt selbst Das Gute zu der eigenen Natur! Ich gab ihm Alles, was er hat und er Zum Danke kettet hier mich fest auf Jahre, Auf Menschenalter, Nacht und Tag. – Ob nun Die Sonne mir die ausgedorrte Haut Zerreißt, ob in der kalten Mondnacht sich Krystallbeschwingter Schnee ums Haupt mir klebt, Indeß mein heißgeliebt Geschlecht zu Boden Getreten wird von jenen Schergen seiner Gedanken – das ist des Tyrannen Lohn! 's ist recht, denn Gutes mag der Böse nicht Empfangen und für eine Welt, die ihm Geschenkt ward, für den Freund, den er verlor, Vermag er Haß zu fühlen, Furcht und Scham, Nicht Dankbarkeit! – Bestrafen will er mich Für Missethaten, die er selbst beging! Für Solche ist die Güte bitt'rer Vorwurf, Der durch den leisen Schlummer des Gewissens Mit scharfen Stacheln fährt. – Und Unterwerfung? Du weißt es wohl, ich kann sie nicht versuchen, Denn welches Pfand der Demuth nähm' er an Und welches and're hätt' ich ihm zu bieten, Wär's jenes Wort nicht, das verhängnißvolle, Das Todessiegel aller Sklaverei Der Menschheit, das ob seiner Krone zittert, Gleich jenem Schwerte, das am Haare schwebend Einst über'm Haupt des Sicilianers hing? Auch will ich's jetzt ihm noch nicht offenbaren! Laßt And're dem Verbrechen schmeicheln, wo's In kurzer Allmacht thront; – gesichert sind sie; Denn triumphirt einst die Gerechtigkeit, Wird Mitleidszähren sie herniederweinen, Nicht Strafe ob des Unrechts, das sie litt, Das nur zu schwer gebüßt durch Jene wird, Die irre gehn! – So wart' ich, Alles duldend, Die Stunde der Vergeltung ab, die, seit Wir sprechen selbst, schon wieder näher ist! – Doch horch! Die Höllenhunde kläffen dort: Zu zögern wage nicht, denn sieh', der Himmel Verfinstert sich, weil schon dein Vater oben Die Stirne runzelt! O wär's uns erspart: Mir , dich zu peinigen und dir , zu leiden! Noch einmal antwort' mir: du kennst doch wohl Den Zeitraum nicht von Jupiters Gewalt? Ich weiß nur, daß ihr Ende kommen muß! Ach! leider kannst du nicht die Jahre zählen, Die voll der Qualen kommen über dich! So lange dauern sie, als Zeus regiert: Nicht mehr, noch wen'ger wünsch' ich oder fürcht' ich! Halt' ein und tauch' in jene Ewigkeit, Wo das Gedächtniß aller Zeiten schwindet Und was in Menschenaltern ihr ersinnt, Zu einem Punkt, – in deren ew'ger Flucht Die Seele, die im Kampf ermattet, erst Die müden Flügel senkt und endlich taumelnd, Verloren, blind und schutzlos untersinkt: Vielleicht hat sie die trägen Jahre nicht Gezählt, die du in Qual verbringen sollst! Vielleicht kann kein Gedanke sie ermessen – Sie werden doch vorübergehn. Und könntest Du mittlerweile wohnen unter Göttern, In wollustvolle Freude sanft gewiegt? Ich würde doch dies graue Thal nicht lassen, Die Pein nicht fliehen, die mich hier erwartet! Bewundern muß ich dich – doch auch beklagen! Des Himmels Sklaven, die sich selbst verachten, Beklage du, – nicht mich, in dessen Seele Die reinste Freude herrscht, dem Lichte gleich, Das in der Sonne thront! – Wie eitel doch Ist das Gespräch! – die bösen Feinde dort Ruf' auf! O Schwester, sieh nur: Weißes Feuer Hat jene mächt'ge, schneebelad'ne Ceder Gespalten tief bis in der Wurzeln Schooß! Wie fürchterlich rollt Gottes Donner nach! Gehorchen muß ich seinem Wort und deinem, Wie schwere Sorge auch das Herz mir drückt. Ab. Sieh, wie das Kind des Himmels läuft von dannen, Der Morgensonne gold'ne Strahlen dort Zur Seite beugend mit beschwingtem Fuß. O theure Schwester – vor den Augen schließ' Dein Flügelpaar, daß du nicht siehst und stirbst! Sie kommen, kommen, die Geburt des Tags Verfinsternd mit den ungemess'nen Schwingen Und hohl darunter, wie der Tod. Prometheus! Unsterblicher Titan! Der du ein Kämpe Für alles Sklavenvolk des Himmels bist! Er, dem dies wüste Rufen gilt, ist hier, Prometheus, der gefesselte Titan! Ihr Schreckgestalten, was und wer seid ihr? Nie kamen solch' entsetzliche Phantome Noch durch der Hölle scheusalträcht'gen Schooß Aus Jovis Hirn, d'rin alles Böse keimt. Mich dünkt, seh' ich solch' gräuliche Gestalt, Ich werde Jenem gleich, das ich betrachte Und lach' und stier' in ekler Sympathie! Wir sind die Schergen aller Pein und Furcht, Des Mißgeschicks, des Mißtrau'ns und des Hasses Und lastender Verbrechen! – Hunden gleich, Die ein getroff'nes, athemloses Reh Durch Wald und See verfolgen, – also sind Wir hinter jedem Dinge her, das lebt Und weint und blutet, – wenn der große König Es unserm Willen schutzlos überläßt. O Mannigfalt der schrecklichsten Naturen In einem Namen hier! – Ich kenne euch Und jene Seeen dort und Echo's kennen Das Schwirren eurer schwarzen Flügel wohl! Allein warum, noch scheußlicher fürwahr, Als euer grauenhaftes Wesen sonst, Entsteigt in Schwärmen ihr der Tiefe heut'? Das wußten wir nicht! – Schwestern, freut euch! Kann Ein's ob seiner Häßlichkeit frohlocken? Die Schönheit der Glückseligkeit verklärt Die Liebenden, sehn sie einander an: Und so sind wir! – Wie von der Rose wohl, Die knieend eine bleiche Priesterin Für ihren Blumenkranz zum Feste pflückt, Ein flüchtig Roth auf ihre Wangen fällt, Umkleidet uns der Schatten jener Qual, Die uns'res Opfers harrt und gibt uns Form – Sonst sind gestaltlos wir, wie Mutter Nacht. Verächtlich lach' ich eurer Macht und Jenes, Der euch gesandt! – Kredenzt den Leidensbecher! Du denkst, wir reißen Dir nun Bein von Bein Und Nerv von Nerv – wie Feuer dich durchwühlend? Pein ist mein Element, wie Haß das deine! Zerreißt mich nun – ich frage nicht darnach! Du stellst dir vor, daß wir dir blicken werden Mit Hohngelächter in dein lidlos Aug'? Nicht wägen will ich, was ihr Böses thut, Nur was ihr leidet, da ihr böse seid! Wie grausam doch war jene Macht, die euch Ans Licht rief oder Elende gleich euch! Du denkst, wir werden Ein's um's And're leben In dir, gleich thier'schem Leben, und obwohl Wir auch die Seele nicht verfinstern können, Die in dir brennt, – doch wohnen neben ihr, Der eitlen, lauten Menge gleich, die da Den Weisesten im Selbstgenügen stört? – Daß wir als Schreckgedanke dein Gehirn, Als fauler Wunsch dein Herz erfüllen werden, Als Blut durch deiner Adern Labyrinth Gleich Todesqualen kriechen? Also seid ihr! Doch bin ich König über mich und weiß Der Qualen Aufruhr in mir selbst zu bänd'gen, Wie Jupiter die Hölle, wenn sie meutert. Von den Enden der Erde, – in Nebel geborgen, Wo die Nacht hat ihr Grab, – seine Wiege der Morgen, Herbei! herbei! herbei! Die ihr Berge erschüttert mit Jubelgeschrei, Wenn die Städte versinken und heulen vor Weh, Die ihr schwunglosen Fußes stampfet die See, Die ihr dicht hinter Schiffbruch und Hungersnoth Schnatternd euch setzt auf's zertrümmerte Boot, Herbei! herbei! herbei! Laßt das Bett, das kalt und roth, Unter einem Volk, das todt; Laßt den Haß! im Aschenhauf' Glimmend noch das Feuer währt, Steigt in blut'gern Flammen auf, Wenn ihr's schür't, zurückgekehrt! Eingepflanzt laßt Selbstverachtung In der Jugend Sinnumnachtung, Elend laßt, nur kaum entsproßen! Was geheim in ihren Räumen Birgt die Hölle – halb erschlossen Laßt's dem Narr'n in seinen Träumen: Grausamer als euch das Hassen Wird die Furcht ihn werden lassen! Schwarmweis aus der Hölle weitem Thor Steigen wir wie böser Dampf empor, Pestgleich schwängern wir der Lüfte Hauch, Doch vergeblich ist's, kommt ihr nicht auch! Ich hör' den Donner neuer Schwingen, Schwester! Die mächt'gen Berge dröhnen von dem Klang Und zittern, wie die Luft. – Ihr Schatten hüllt Den Raum, der zwischen meinen Flügeln liegt, In Finsterniß, noch schwärzer wie die Nacht! Euer Ruf, ein Flügelwagen, Hat uns wirbelnd fortgetragen, Wo sie blut'ge Schlachten schlagen! Fort von Städten, voll der Plagen! Halbgehörten Seufzern nur, Blut, dem wir erst auf der Spur! Aus der Kön'ge Rath, wo kalt Man das Blut mit Gold bezahlt. Von der Schmelze, weiß und heiß, Wo man – – – Sprecht nicht laut, noch leis! Sagt doch nur, was ich schon weiß! Sprechen bräch' den Zauberbann, Der da beugen muß den Mann, Der, von Hochmuth ganz umnachtet, Selbst der Hölle Macht verachtet! Den Schleier zieh! Ich that es schon – o sieh: Des Morgens bleiches Sternenlicht, es starrt Auf schrecklich Elend, das geboren ward! – Wirst du nun schwach, du mächtiger Titan? Wir sehn dich lachend, voll Verachtung an! Du prahlest mit jenem klaren Erkennen, Das dein erleuchteter Geist dem Menschen gewann? Du ließest in ihm den Durst nur entbrennen, Der jenen versiegenden Quellen entrann! Den fiebernden Durst der Hoffnung und Liebe, Des Zweifels, des Wunsches – unseliger Triebe! – Der den, der begehrt Für immer verzehrt! Einer kam mit sanftem Muth, Lächelnd in die Welt voll Blut, Doch sein überlebend Wort Bringt wie süßes Gift Verderben! Was gedeihen soll, verdorrt: Wahrheit, Friede, Mitleid sterben! Sieh, wie in der Runde weit Manche Stadt, d'rin Millionen Menschen bei einander wohnen, Rauch in blaue Lüfte speit! Hör' den Schmerzensschrei, so wild: 's ist sein Geist, der sanft und mild Neuen Glauben einst verkündet – Nun beweint, was er entzündet! Sieh' auf's Neu': Die Flammen schwinden Mälig zu des Glühwurms Schein, – Die sich noch am Leben finden, Sammeln furchtsam Asche ein! Freude! Freude! Freude! Sieh' der Vergangenheit Zeitengewühl: Jede, versinkend, läßt ihre Spur Und die Zukunft ist dunkel, – die Gegenwart nur Für dein schlummerlos Haupt ein dornichter Pfühl! I. HALBCHOR. Tropfen blut'ger Todesqual Rinnen von der Stirne fahl: Laßt ihn nun ein wenig ruhn! Sieh': – Ein Volk, vom Banne los, Springt aus der Verzweiflung Schooß Und das Licht der Wahrheit nun Bricht mit einemmal herein! Freiheit soll die Losung sein Und ein Band der Brüder mild, Liebe – – – HALBCHOR. 's ist ein and'res Bild: Brüder morden Brüder hin, Ernte halten Tod und Sünde Und das Blut schäumt auf darin, Jungem Wein gleich im Gebünde, Bis Verzweiflung übermannt Jene, die im Kampf entbrannt Und anheim die alte Welt Sklaven und Tyrannen fällt! Alle Furien verschwinden bis auf eine. Horch, Schwester! welch' ein Seufzer, leis, doch schreckvoll, Wühlt des Titanen Herz im Grunde auf, Wie Sturm der Tiefe, daß der See Gestöhn Die Thiere hören in des Festlands Höhlen. Wagst du zu schau'n, wie ihn die Geister martern? Ach! zweimal schaut' ich, doch ich will's nicht mehr! Was sahst du denn? O schmerzliches Gesicht! Ein Jüngling ist's mit sanft geduld'gen Blicken, Genagelt an ein Crucifix. Was dann? Des Himmels Runde und die Erde unten Mit Schatten todter Menschen dicht bevölkert, Entsetzlich all', von Menschenhand gemordet: Denn Menschen wurden langsam oft getödtet Durch Stirngerunzel und durch Lächeln blos. Und andere Gesichte ziehn vorbei Zu leben und zu sprechen allzuscheußlich! Laß' unsern Blick nicht Schlimmeres versuchen, An solchen Seufzern ist's des Gram's genug! Merk' ein Symbol: Die für den Menschen Unrecht Erdulden, Spott und Kettenlast, sie häufen Vertausendfachtes Weh auf sich und ihn. O bann' die Angst aus jenem stieren Blick! Die bleichen Lippen schließ' und laß die Stirn, Die dornverwundete nicht überströmen Vom Blut, – es mengt mit deinen Thränen sich! Die Augen, die in Schmerzen rollen, laß In Frieden und im Tode stille stehn; – So soll dein Krampf den Kreuzesstamm nicht schüttern, Die blassen Finger sollen so nicht spielen! O Schrecklicher, ich sprech' nicht deinen Namen, – Er ward zum Fluch! – Ich seh' den Weisen, Milden, Seh' den Erhab'nen, den Gerechten, die Gehaßt von deinen Sklaven, weil dir gleich – Durch faule Lügen seh' die Einen ich, Verjagt von ihres Herzens Heim, – dem früh Gewählten, spätbeklagten Heim – Wie Hinden fliehn, das Parderthier im Nacken! Und And're seh' ich, die – lebend'ge Leichen – In ungesunden Kerkern angeschmiedet; – Noch And're – hör' ich nicht die Menge lachen? – Auf Stößen Holzes, d'ran die Flamme leckt! Und! Inseln gleich, entwurzelt aus der See, Zu meinen Füßen fluthen mächt'ge Reiche, Die ihre Söhne sehn, im Blut zerstampft, Beim rothen Licht, d'rin ihre Wohnstatt flammt! Blut kannst du sehn und Feuer, – kannst Auch Seufzer hören, aber schlimm're Dinge Noch bleiben ungesehn und ungehört. Noch schlimmere? Es überlebt die Furcht In jedes Menschen Brust den Feind, der ihm Zur Beute ward. Die Höchsten fürchten stets Die Wahrheit deß, was sie verschmähn zu denken, Die Heuchelei und die Gewohnheit machen Aus ihrem Innern Tempel für so manchen Nun überlebten Götzendienst. Sie wagen Auf Gutes für die Menschheit nicht zu sinnen Und wissen selber nicht, daß sie's nicht wagen. Den Guten fehlt die Macht – sie können nichts Als Thränen weinen, die höchst unfruchtbar, – Den Mächt'gen fehlt's an Güte – was noch schlimmer – Den Weisen fehlt die Liebe, Jenen aber, Die lieben, fehlt die Weisheit: So wird stets Das Beste selbst zum Uebel noch verkehrt. Und Viele gibt's, die mächtig sind und reich Und wären gern gerecht, doch leben sie Inmitten ihrer leiderfüllten Brüder, Als fühlte Keiner was: So wissen sie Nicht was sie thun! Gleich einer Wolke von Beschwingten Schlangen sind die Worte dein Und doch beklag' ich die, die sie nicht quälen. Beklagst du sie? So hab' ich nichts zu sagen! Verschwindet. O weh! o weh! – Ach Pein für ewig, ewig! Ich schließe hier die thränenlosen Augen Und sehe nur so klarer noch dein Werk In meinem schmerzerleuchteten Gemüth, Du schlauester Tyrann! – Im Grab ist Frieden! Das Grab deckt all, was schön ist und was gut! Ich bin ein Gott und kann's nicht finden dort, Noch will ich's suchen: denn wie schreckensvoll Auch deine Rache ist, du stolzer König, Sie wird zur Niederlage, nicht zum Sieg! Und die Gesichte all, mit denen du Mich quälst, umpanzern mir die Seele nur Mit neuer Kraft, bis jene Stunde kommt, Wo sie nicht Schatten mehr der Dinge, die da sind. Ach! was hast du gesehn? Zwei Qualen gibt's: Zu sprechen und zu schau'n – erspar' mir eine! Und Namen gibt es, die geheiligt sind Als Losungsworte der Natur: Hoch oben In Glanz und Wappenschmuck sind sie geboren, Die Völker schaarten sich um sie und schrieen Laut, wie mit einer Stimme: Wahrheit! Freiheit Und Liebe! – Aber plötzlich fiel vom Himmel Verwirrung unter sie und Kämpfe gab's, Enttäuschung, Furcht, – Tyrannen brachen ein Und theilten lachend unter sich die Beute: Dies war der Wahrheit Schatten, den ich sah. Ich fühlte deine Qualen, Sohn, mit solch' Gemischter Freud' als Pein und Tugend geben. Dich zu erquicken hab' ich her entboten Die Geister, klug und schön, die da bewohnen Die dunklen Höhlen menschlicher Gedanken, In deren Aether, der die Welt umfluthet, Sie gleich den Vögeln hausen, die den Wind Durchflügeln. – In dem Zwielicht jenes Reiches Schau'n sie die Zukunft, wie im Spiegelglas: So mögen Trost sie bringen! Schwester sieh' Wie eine ganze Schaar von Geistern dort, Gleich Wolkenflocken in des Frühlings Wetter Sich in den blauen Lüften drängt! Und sieh' Es kommen ihrer mehr, gleich Wasserstaub, Wie ihn der Springquell' sprüht bei stillem Wind. In aufgelösten Reih'n dort klimmen sie Die Schlucht herauf und horch! – Ist's die Musik Der Fichten? Ists der See? Der Wasserfall? 's ist trauervoller, süßer als sie all! Seit unvordenklich grauer Zeit Sind wir ein sanft und treu Geleit Der gottbedrückten Sterblichkeit. Wir athmen, ohne zu erkranken, Im Luftkreis menschlicher Gedanken, Ob er trüb sich decken mag, Wie ein sturmverlöschter Tag, Nur durchzuckt von flücht'ger Helle, Ob er heiter ganz und gar, Wie der Himmel, wolkenbaar, Wie der Strom mit glatter Welle, Still und flüssig, rein und klar. – Wie im Wind der Vogel fliegt, Fischlein sich in Wellen wiegt, Wie sie selber, die Gedanken, All, was über'm Grab, umranken, Unser flüchtig Lager schlagen Dort wir auf, die wir durchjagen, Wolken gleich am Firmament, Grenzenloses Element. Und von dorther heute tragen Auch die Prophezeiung wir, Die beginnt und schließt in dir. Noch mehr nun kommen, Einer nach dem Andern, Und rings um sie erstrahlt die weite Luft, Dem Aether gleich, der einen Stern umgibt. Schall der Schlachttrompete gell Trug hieher mich schnell, schnell, schnell, Mitten durch die Finsterniß! Von verblich'nen Glaubens Staub, Der schon längst der Zeiten Raub, Von Tyrannenbanners Fetzen, Das der Zeitensturm zerriß Den Tyrannen zum Entsetzen, Flog um mich ein bunt Gewimmel, Dem so mancher Schrei entstieg: »Freiheit! Hoffnung! Tod! und Sieg!« Bis sie schwanden durch den Himmel. Und ein Ton d'rauf leis entschwebte, Wie aus unsichtbarer Kehle, Oben, unten, rings erbebte: Hoffnung war's, der Liebe Seele, 's war die Prophezeiung hier, Die beginnt und schließt in dir! Ein Regenbogen, unbewegt, Stand auf der See, die wild erregt. Und triumphirend durch den Bogen Kam der Erob'rer Sturm gezogen. Die Wolken jagt' er vor sich auf Zu formlos dunklem, raschem Hauf Und jede riß ein Blitz entzwei. Den Donner hört' ich heiser lachen Und Flotten, wirbelnd, gleich wie Spreu, Zerstoben in dem Höllenrachen Des weißen Wasserschaum's. Ich stellt' Mich auf ein Schiff, vom Blitz zerspellt Und eilig über's weite Meer Trug mich ein Seufzer dann hieher, Den in Verzweiflung Einer hauchte, Der seinem Feind die Planke gab, Daran er hing, und dann ins Grab Der Wellen sterbend untertauchte. Ich saß in eines Weisen Zimmer, Darin er schlief. Mit rothem Schimmer Der Lampe Licht den Docht verzehrt, Den Büchern nah, die ihn genährt. Da schwebt' mit flammendem Gefieder, Auf seinen Pfühl ein Traum hernieder Und er, den ich dort schweben sah, Derselbe war's, ich wußt es ja, Der schon vor langer, langer Zeit Das Mitleid, die Beredsamkeit Entzündete und auch das Leid. Den Schatten trug einst diese Welt, Der da von seinem Glanze fällt. Er war's, der mich gebracht zur Stell' Auf Wunsches Flügeln blitzesschnell, Doch reit' ich ihn zurück vor morgen, Der Weise sonst erwacht in Sorgen. Auf eines Dichters Lippen schlief Ich jüngst in süßen Träumen tief, – Wie träumend ein Verliebter liegt, – Von seines Athems Hauch gewiegt. Er sucht nicht irdische Genüsse, Ihn nähren nur äther'sche Küsse Der Geister, die durch der Gedanken Geheimnisvolle Wildniß schwanken. Er wird vom Tagen bis zum Nachten Der Sonne Bild im See betrachten, Von ihrem Strahlengold beschienen Im Blüthenkelch die gelben Bienen Und wird's nicht wissen, noch beachten. Doch wird er d'raus Gestalten weben, Die wirklicher als Menschenleben, Die überdauern Raum und Zeit, Die Kinder der Unsterblichkeit! Von diesen eines weckte mich Und dir zu Hilfe eilte ich. Siehst du zwei Geister nah'n von Ost und West, Zwei Tauben, suchend ein geliebtes Nest? Ein Zwillingspaar der Luft, die Alles trägt; Wie schnell und doch geräuschlos, sanft bewegt, Auf ihrer Schwingen glänzendem Gefieder Sie gleiten durch den reinen Aether nieder Und horch! wie süß die trauervollen Stimmen! Verzweiflung sehn mit Liebe wir verschwimmen, Und endlich beide aufgelöst in Ton. Kannst du sprechen, Schwester? Schon Sind die Worte mir entfloh'n! O, ihre Schönheit gibt mir Stimme: Sieh' nur, Wie sie auf ihren Schwingen niederschweben, Die tiefgelb und azur auf gold'nem Grund: Ihr holdes Lächeln leuchtet durch die Luft, Wie eines Sternes Feuer hell und klar. Hast du der Liebe Lichtgestalt gesehn? Als über weitem Landgebiet dahin ich zog, hoch oben, Wie durch der Lüfte Wildniß fliegt die graue Wolke schnell, Schwebt' sie vorbei, planetbehelmt, auf Schwingen, blitzgewoben, Und streute reine Lebenslust aus ihren Locken hell. Sie sä'te Licht, wohin sie trat, doch als ich kam, war's aus, Verderben gähnte hinterdrein: die Weisen wurden toll, Geköpfte Patrioten und manch' Jüngling unschuldsvoll, Der sterben mußt', durchschimmerten die dunkle Nacht voll Graus. Ich eilte, bis dein Lächeln schuf, o König, du der Trauer, Zu fröhlichem Erinnern um, was ich gesehn voll Schauer. Der Dämon der Vernichtung ist ein unfaßbares Ding, Das weder auf der Erde wallt, noch in den Lüften schwebt, Doch tödtet er mit seinem Fuß und facht mit seiner Schwing' Die zarte Hoffnung an, die in der Besten Herzen lebt. Er wiegt zu trügerischer Ruh' sie ein mit seinem Fächeln, Mit der Bewegung Harmonie in seinen ems'gen Füßen. Die Traumentzückten sehn das Ungeheuer Liebe lächeln, Und finden wach den Schatten Pein, wie er, den wir begrüßen. Mag die Liebe nach sich ziehn, Nun als Schatten den Ruin Auf des Todes Flügelpferde, Dem die Schnellsten nicht entfliehn, Das zerstampft die blüh'nde Erde, Mensch und Thier im Weiterziehn, All' was häßlich, all' was schön, Wie der Sturmwind mit Gestöhn Durch die weiten Lüfte braust: – Zwingen wird einst deine Faust, Jenen grimmen Reitersmann, Ob ihn nichts verwunden kann. Wie wißt ihr, Geister, daß es so geschieht? In dem Luftkreis, d'rin wir leben: Wie die Knospen schwellend beben, Wenn der rauhe Schneesturm flieht Vor dem Lenz, dem sieggewissen, Dessen Wind bewegt den Flieder Und die Wanderhirten wissen, Balde blüht der Weißdorn wieder: Weisheit und Gerechtigkeit, Lieb' und Frieden, wenn hienieden Um ihr Wachsthum brennt der Streit, Sind für uns, was Lenz und Wind Für die Hirtenknaben sind, – Sind die Prophezeiung hier, Die beginnt und schließt in dir! Die Geister verschwinden. Wo floh'n die Geister hin? Nur ein Gefühl Von ihnen bleibt, – der Macht gleich der Musik, Wenn Stimmen schon und Lautenklang ersterben, Eh' noch der leise Wiederhall verstummt, Der durch der Seele labyrinth'sche Tiefe, Wie Echo durch die Felsenhöhle rollt. Wie schön die luftgeborenen Gestalten! Und doch, ich fühl's, daß alles Hoffen eitel, – Nur Liebe nicht! – Und, Asia! du bist fern, Die du, wenn oft mein Wesen überströmte, Ein gold'ner Kelch warst für den klaren Wein, Der sonst zu Boden floß in durst'gen Staub! – Rings Alles stille! – Ach! wie schwer doch lastet Solch' tiefe Morgenruh' auf meinem Herzen! Obgleich ich träumen würde, könnt' ich schlafen Mit Kummer selbst, wär' Schlaf mir nicht versagt. Gern wollt' ich sein, was mir bestimmt zu sein: Der leiderfüllten Menschheit ein Erlöser – Wo nicht – versinken in der Dinge Urschlund: Dort gibt's nicht Qualen, noch Equickung mehr, Nicht Erdentrost und nicht des Himmels Martern. Vergaßest du der Einen, die bei dir Die kalten Nächte wacht und dann nur schläft, Wenn deines Geistes Schatten auf sie fällt? Ich sagte, alles Hoffen wäre eitel – Nur Liebe nicht: – du liebst! In Wahrheit tief! Doch sieh' den Stern des Ostens schon erbleichen Und Asia harrt in Indiens fernem Thal, Dem Schauplatz ihres traurigen Exils, Einst rauh und trostlos kalt wie diese Schlucht, Doch nun mit Gras und Blumen schön bekleidet, Von süßer Luft und holdem Klang durchhaucht, Die durch die Wälder, durch die Wasser fluthen, Vom Aether ihrer Gegenwart verklärt, Der doch entschwinden müßte, würd' er nicht Mit deinem bald vermengt. – Leb' wohl! 2. Akt 1. Szene Erste Scene. Morgens. Ein einsames Thal im indischen Kaukasus. – Asia allein. Vom Reich der Himmelsklänge stiegst du nieder, Gleich einem Geiste, dem Gedanken gleich, Der einen Strom von längst entwöhnten Thränen In horn'ge Augen schießen läßt und Herzen, Die schon verzweifelnd, starre Ruh gelernt, Mit Eins nun wieder freudig pochen heißt. Gewiegt von Stürmen schwebtest du herab, Dein Weckruf klingt, o Frühling, Kind der Winde! So plötzlich kommst du, wie Erinnerung An einen Traum, die nun so trauervoll, Weil er so süß gewesen; – gleich dem Genius, Der lichten Freude gleich, die steigt empor, Wie aus der Erde Schooß, mit gold'nen Wolken Die Wüste uns'res Lebens überkleidend! – Dies ist die Jahreszeit, ja Tag und Stunde! Bei Sonnenaufgang solltest kommen du O süße Schwester mein, – zu lang ersehnt Und allzulange zögernd schon – o komm! – Wie kriechen schwingenlos die Augenblicke Gleich Todtenwürmern hin! – Dort flimmert noch Das kleine Pünktchen eines bleichen Sterns Durch's tief're Gelb des Morgens, der nun wächst, Hoch ob dem purpurfarbenen Gebirg: Durch einen Spalt des windzertheilten Nebels Nun spiegelt sich's im dunkler'n See; nun schwindet's! – Da glitzt es wieder, weil die Wellen sich Geglättet und das brennende Gewebe Der Wolken sich in bleiche Luft gelöst. Nun ist's vorbei! – und zwischen jenen Gipfeln Von wolkengleichem Schnee bedeckt, erglänzt Das ros'ge Sonnenlicht! – O hör' ich nicht Aeol'schen Klang dort ihrer grünen Flügel Das Morgenroth durchfächeln? Panthea tritt auf. Ich sehe Augen, die durch Lächeln glühen, Das doch in Thränen schwindet, – Sternen gleich, Von Nebeln Silberthaues halb verlöscht. Geliebte, o und Herrliche, die du Der Seele Schatten trägst, durch die ich lebe, Wie spät du kommst! – Die Sonnenscheibe schon Erklomm die See. – Mein Herz war sehnsuchtskrank, Bevor die Luft dein Flügelschlag bewegte. Verzeihung, Schwester! meine Schwingen waren Gelähmt von Wollust der Erinnerung An einen Traum, – sowie zur Mittagszeit Die Flügel sommerlicher Winde sind Vom Dufte süßer Blumen übersättigt. Ich war gewohnt so friedlich still zu schlafen Und zu erwachen ruhig und erquickt, Eh' des geheiligten Titanen Fall Und deine unglückselige Liebe hatten Durch Mitleid und Gewohnheit meinem Herzen Die Liebe und das Leid vertraut gemacht, Wie sie dem deinen es geworden sind. Sonst schlief ich wohl in blaulich grauen Höhlen Des alten Oceans, in dämmernden Gewölben grün- und purpurfarb'ner Moose Und unsere Jone schloß, wie jetzt, Die weichen und milchweißen Arme um Mein dunkles, feuchtes Haar, indeß ich meine Geschloss'nen Augen und die Wangen tief Ins wohl'ge Kissen ihres Busens preßte, Der Leben athmete. – Doch anders ist's, Seit ich zum Winde da geworden bin, Der hinstirbt unter Klängen der Musik, Mit der, selbst wortlos, deine Sprach' ihn füllt; Seit aufgelöst in das Gefühl, mit dem Die Liebe spricht, die Ruh getrübt mir ward Und dennoch süß; – doch meines Wachens Stunden Zu voll von Sorg' und Qual. Heb' deine Augen Empor und laß mich lesen deinen Traum. Wie ich gesagt: Mit uns'rer Meeresschwester Zu seinen Füßen schlief ich ein. – Bergnebel, Indeß wir sprachen, sich verdichtend, hatten Die schnee'gen Flocken unter'n Mond gebreitet, Vor scharfer Eisluft unsern Schlaf beschirmend. Zwei Träume kamen da: des einen kann ich Mich nicht entsinnen, doch im andern fielen Die bleichen, wunden Glieder von Prometheus Und die azur'ne Nacht erstrahlte rings Vom Glorienschein der Form, die unverändert Noch in ihm lebt – und seine Stimme war Musik, die schwindeln macht das dunkle Hirn, Von süßem Freudentaumel wie berauscht: »O Schwester Jener, deren Schritt die Welt Mit Lieblichkeit bedeckt; – die du ihr Schatten Und schöner bist als Alles außer ihr, Heb' deine Augen nun zu mir empor!« Ich that's: das überwältigende Licht Unsterblicher Gestalt war überschattet Von Liebe, die von seinen weich und sanft Geschmiegten Gliedern, lustgeschwellten Lippen, Von seinen schmachtend glüh'nden Augen strömte Wie Feuerdampf. – Ein Dunstkeis war's, der mich Mit allzerschmelzender Gewalt umfieng, Sowie der Morgensonne warmer Aether Wohl eine Wolke flücht'gen Thau's umhüllt, Eh' er sie trinkt. – Ich sah nicht, hörte nicht, Nein, reglos stand ich da und fühlte nur Wie seine Gegenwart mein Blut durchfluthet' Und sich mit ihm vermengte, bis es endlich Zu seinem Leben ward und sein's zu meinem. Und also ward ich völlig aufgesogen, Bis es vorüber war und gleich den Dämpfen, Die, wenn die Sonne sinkt, in Tropfen wieder Sich sammeln auf den Fichten – und wie sie Erzitternd – in der tiefen Nacht mein Wesen Allmälig sich verdichtete. – Und als Die Strahlen der Gedanken langsam sich Gesammelt, konnt' ich seine Stimme hören: Die Töne zögerten, eh' sie erstarben, Gleich Takten einer leisen Melodie. Dein Name war's, was aus der Fluth der Klänge Allein ich deutlich nur vernehmen konnte, Wiewohl ich noch die Nacht hindurch gelauscht, Als jeder holde Klang schon längst verstummt. – Dann wacht' Jone auf und sprach zu mir: »Kannst du errathen, was heut' Nacht mich ängstigt? Ich wußte immer, was ich wünschte sonst Und fand Vergnügen nie an eitlem Wunsch. Doch heute kann ich dir nicht sagen, was Ich such' – ich weiß nicht – etwas Süßes wohl, Da ja das Wünschen selbst schon süß sein soll; 's ist dein Vergnügen, falsche Schwester du! Sieh! Du entdecktest einen alten Zauber, Deß Kräfte meinen Geist entwendet, als Ich schlief und ihn mit deinem dann vermengt, Denn als wir eben jetzt uns küßten, fühlt' ich Durch deine Lippen weh'n die süße Luft, Die mich getragen, ach und jene Wärme Des Lebensblut's, die mir abhanden kam, Quoll zwischen unseren verschlung'nen Armen!« – Ich gab nicht Antwort, denn des Ostens Stern War bleich geworden, doch ich flog zu dir! Du sprichst, doch deine Worte sind wie Luft, Ich fühl' sie nicht! – O heb' die Augen auf, Damit ich seine Seele darin lese. Ich hebe sie, wiewohl die Last deß, was Sie sagen sollen, sie mir niederdrückt. Was könntest du d'rin abgebildet sehn Als deinen eig'nen schönen Schatten nur? O deine Augen sind wie jener Himmel, Der tiefe, blaue, grenzenlose dort, Der unter ihren langen, feinen Wimpern Sich in ein Zirkelpaar zusammenzog: So dunkel, unergründlich, Kreis in Kreis Und Linie durch Linie gewoben! Was blickst du so, als zög' ein Geist vorbei? Es ändert sich das Bild: Im Innersten Dort ihrer Tiefe seh' ich einen Schatten, Eine Gestalt: 's ist Er, vom sanften Licht Umkleidet seines eig'nen Lächelns, das Wie Glanz vom wolk'gen Morgenhimmel leuchtet. Prometheus, ja, du bist's – o bleibe noch! Sagt nicht dies Lächeln, daß wir einst uns finden Noch unter jenem herrlichen Gezelt, Das seine Strahlen wölben werden über Die weite Welt? – Das Traumbild ist erklärt! – Doch welch' ein Schatten trat hier zwischen uns? Sein struppig Haar macht rauh den Wind, der's sträubt, Sein Blick ist wild und scharf, doch ist's ein Ding Aus Luft, denn sieh', sein grau Gewand durchschimmern Des Thaues golden Sterne, die der Mittag Noch nicht verlöscht! O folge, folge mir! Es ist mein and'rer Traum! Er schwindet schon! Er tritt vor meine Seele nun: Mich dünkte, Wir saßen hier; – die blüthenschwangern Knospen An jenem blitzgespalt'nen Mandelbaum, Sie brachen auf. – Da kam ein Windstoß plötzlich Herüber von der weißen scyth'schen Wildniß, Daß sich die Erde runzelte vor Frost: Ich sah die Blüthen all herabgeweht, Doch stand geprägt auf jedem Blatt zu lesen, – Wie in der Hyacinthen blauen Glocken Geschrieben steht der Kummer des Apoll: – O folge, folge mir! O Schwester, sieh'! So wie du sprichst nun, füllen deine Worte Auch meinen eigenen, vergess'nen Schlaf Mir nach und nach mit Traumgestalten aus. Mich dünkte, daß auf jenen Wiesen dort Wir wandelten beim Grau'n des jungen Tags Und Schaaren weißer, flaum'ger Wolken zogen In dichten Flocken rings um das Gebirg, Vom trägen Winde heerdengleich getrieben. Und weißer Thau hing schweigend an den Halmen Des Grases, das die Erde kaum durchsproßte Und mehr gab's, dessen ich mich nicht entsinne. Doch auf den Schatten all der Morgenwolken Am purpurübergoss'nen Bergeshang, Da stand geschrieben: Folg', o folge mir! Und als sie schwanden und auf jedem Gras, Von welchem Himmelsthau gefallen war, Das Gleiche stand, wie feurig eingeprägt, Da hob ein Wind sich zwischen jenen Fichten, Und ließ Musik aus ihren Zweigen klingen, Und dann in süßen, schmachtend leisen Tönen, Dem Lebewohl verborg'ner Geister gleich, Hört' man: O folge, folge, folge mir! Dann sagt' ich: »Panthea! o sieh' mich an!« Doch in der Tiefe ihrer Augen sah ich Noch immer: Folg', o folge! Folg', o folge! Die Klippen, dieser klare Frühlingsmorgen, Sie spotten unser, wie mit Geisterzungen! Es schwebt ein Wesen heimlich um die Klippen! Welch' feine, klare Töne! – horch, o horch! ECHO'S ungesehen. Horch! Echo's Stimmen! Wir müssen verweh'n, Wie Thausternchen flimmen, Und wieder vergehn – Kind des Oceans! Horch! Geister sprechen und der Wiederhall Der luft'gen Stimmen klingt noch nach! Ich höre! ECHO'S. Folg' dem Klang, der rief, Wie er weitergleitet Durch die Höhlen tief, Wo der Wald sich breitet! Entfernter. Folg' dem Klang, der rief, Durch die Höhlen tief, Folg' dem Gang, der dorthin zog, Wo noch nie die Biene flog, – In des Mittags Dunkel tauch', Wo im Schlaf mit duft'gem Hauch Nächt'ge Blumen stehn; – durch Wellen Schreit' in Höhlen voll der Quellen, Uns're Musik, die wilde, süße, Ahmt den Schritt nach deiner Füße, Kind des Oceans! So folgen wir dem Klang? – er wird schon schwächer Und klingt entfernter. Horch! er fluthet näher! ECHO'S. Fremde Welt birgt ein Wort, noch ungesprochen, Nur durch dich allein Wird sein Bann gebrochen. O wie die Töne sinken mit dem Wind, Der ebbt! ECHO'S. Folgt dem Klang, der rief, Durch die Höhlen tief, Folget des Gesanges Spur Durch den Morgenthau der Flur, Durch den See, den Quell, den Wald, Durch Gebirge mannigfalt, Zu der Felsen Kluft und Schlucht, D'rin die Erde Ruh' gesucht, An dem Tag, da beide ihr Schiedet, euch zu finden hier; Kind des Oceans! Komm' theure Panthea und Arm in Arm Laß folgen uns – eh' jene Stimmen schwinden! 2. Szene Zweite Scene. Wald mit Felsblöcken und Höhlen. – Asia und Panthea treten auf. Zwei junge Faune sitzen horchend auf einem Felsblock. I. HALBCHOR VON GEISTERN. Der Pfad, auf dem die holden Zwei Durch Cedern, Fichten, Eiben zogen, Den Bäume jeder Art umwogen, Ihm ist verhängt des Himmels Bogen Und nichts durchbricht, was es auch sei, Nicht Sonne, Mond, noch Wind, noch Regen, Die Zweige, die sich dort verschränkt, Ein grün Gewölbe, d'rüberlegen. Nur daß ein Wölkchen Thaues sprüht Den Hauch entlang, der unten schleicht Durch Stämme, die das Alter bleicht Und Perlen an die Blüthen hängt, Am grünen Lorbeer blaß erblüht – Und daß ihr Haupt, vom Thau getränkt, Die zarte Anemone senkt. Zuweilen auch ein Sternchen klein, Das klimmt und wandert durch die Nacht, Fand wohl den Spalt, durch den allein Ins Dunkel fällt die Strahlenpracht, Eh' es die Sphären weitertreiben, Die schnellen, die nicht stehen bleiben, Versprüht es Tropfen Lichts umher Durch's Dickicht jener Pinien, Gleich feinen Regenlinien, Die sich vereinen nimmermehr. Und heil'ger Dämmer herrscht im Rund Und unten liegt der moos'ge Grund. HALBCHOR. Dort sind die brünst'gen Nachtigallen Noch wach zur hellen Mittagszeit: Die eine läßt ihr Lied erschallen, Vor Wonne schmelzend oder Leid, Hin durch des Eppichs grün Gerank, Verschmachtend dann, von Liebe krank An ihres Pärchens Sängerbrust. Die and're lauscht im blüh'nden Strauch Und haschet dort in trunk'ner Lust Des letzten Tones sanften Hauch Und läßt dann in die Luft die Schwingen Der sanften Melodie erklingen, Bis neuer Ton schallt aus den Zweigen Und schweigend alle Wälder lauschen. Und durch die Luft schwirrt Flügelrauschen, Die flötengleichen Klänge steigen Und fluthen auf den Horcher ein So süß, daß Freude wird zur Pein. I. HALBCHOR. Die Zauberwirbel spielen dort Von Echo's, die auf's mächt'ge Wort Des Demogorgon ziehen fort Mit wilder Lust, mit süßem Ahnen Die Geister auf geheimen Bahnen, Gleich Booten, die zu Oceanen Auf Strömen treiben, deren Wellen Die schmelzenden Lawinen schwellen. Zuerst nur trifft ein holder Klang Die Schlummernden, die Plaudernden, Und weckt die leis' Erschaudernden Und zieht sie an mit sanftem Zwang. Es sagen Jene, die's erlebt: Vom Hauch der Erde streich' heran Ein Wind, der ihre Flügel hebt Und der sie treibt auf ihrer Bahn, Indeß sie wiegen sich im Wahn, Es trag' die Kraft der eig'nen Schwingen, Es trage sie der flinke Fuß, Der ihrem Wunsch gehorchen muß. Und also fluthen sie dahin, Bis süß und doch mit mächt'gem Klingen Tonstürme durch die Lüfte dringen Im Wirbelbraus und wie sie fliehn Vereinen, die sie erst durchzogen, Schnell hinter ihnen sich die Wogen, Sie nach dem Zauberberg zu tragen, Gleich Wolken, die die Lüfte jagen. Was denkst du wohl, wo jene Geister leben, Die mit Musik die Wälder so durchzaubern? Wir dringen doch in die geheimsten Höhlen, Ins tiefste Dickicht dieser Wildniß ein Und nimmer noch begegneten sie uns, So oft wir sie gehört. – Wo mögen sie Sich so verstecken stets? 's ist schwer zu sagen! Von Solchen, die auf Geister sich verstehn, Hört' ich: die Bläschen, die der Sonne Glut Aus jenen bleichen Wasserblumen zieht, Die da der See'n und Tümpel schlamm'gen Grund Bedecken, sei'n die luftige Behausung, D'rin Jene wohnen und durchfluthen hier Die goldig grüne Atmosphäre, die Zur Mittagszeit herrscht unterm Laubgewölb. Wenn diese platzen und die dünne Luft, Die feurig sie durch jenen Dämmer hauchten, Emporsteigt, um gleich Meteoren durch Die Nacht zu fliegen, reiten sie auf ihnen Und zügeln ihren hast'gen Lauf und beugen Den glüh'nden Federbusch und gleiten Im Feuer wieder unter das Gewässer Der Erde hier zurück. Ist dies ihr Leben? Nun, And're leben unter Blüthenknospen, In Glocken holder Wiesenblumen, oder In zarter Veilchen falt'gem Schooße, oder In jenen Düften, die sie sterbend hauchen, Auch wohl im Sonnenblink der Perlen Thau's? Ein, mehr noch gäb's, darauf wir rathen könnten, Doch blieben wir, um noch zu plaudern, würde Es Mittag werden, und Silenus fände, Der Querkopf, seine Ziegen ungemolken Und brummte wohl und sträubte sich zu singen Uns jene weisen, lieblichen Gesänge Von Schicksal, Zufall, Gott und altem Chaos, Von Lieb' und des gefesselten Titanen Entsetzlichem Geschick und wie er einst Erlöst wird sein und aus der Erde machen Nur eine Bruderschaft: Herrliche Klänge, Die uns're Einsamkeit in Zwielichtstunden Verklären und die selbst die Nachtigallen Bezaubern, daß sie lauschend stille schweigen. 3. Szene Dritte Scene. Eine Felsenzinne zwischen Bergen. – Asia und Panthea. Hieher zog uns der Zauberklang, zum Reich Des Demogorgon: Hier die mächt'ge Pforte Und wie den Kratern rauchender Vulkane Entwirbelt ihr orakelhafter Dampf! Ihn trinken Jünglinge, die einsam wandern, Und Wahrheit, Tugend, Liebe, Genius, Freude Benennen sie den Wein des Lebens, der Die Tollheit zeugt und dessen Hefe bis Zum Taumel sie berauscht. – Dann heben sie, – Mänaden gleich, die schrei'n ihr Evoë! – Die Stimme, die Verderben bringt der Welt! Ein rechter Thron für solche Macht! – O herrlich! – Wie glorreich bist du Erd' und wärest du Der Schatten eines noch viel holdern Geist's, Befleckte Uebel auch sein Werk und glich' Er seiner Schöpfung selber, – schwach, doch schön! – Ich könnte niederfallen und verehren So ihn wie dich! – Mein Herz ist eben jetzt In Anbetung versunken: Wundervoll! Sieh, Schwester, eh' der Dampf dein Auge trübt; Dort unten wogt ein weites Nebelmeer, Das unter'm Morgenhimmel silberglänzig Mit blauen Wellen deckt ein indisch Thal. Sieh, wie es rollt, von Winden leicht gekräuselt, – Zur Insel macht's den Gipfel, d'rauf wir stehn, Der bis zur halben Höhe rings umkränzt Von dunkeln, blüthenreichen Wäldern ist, Von grünen Wiesen, die im Zwielicht liegen, Von Höhlen, d'raus sich Ströme schimmernd stürzen, Und von Gestalten, die der Zaub'rer Wind Aus Nebeln formt, die auf- und niederwallen. Und oben hoch die stolzen Berge schleudern, Mit scharfen Zacken in den Himmel bohrend, Von eis'gen Gipfeln ab den Strahlenkranz Des jungen Tags, wie blendend weißer Schaum, Um Inseln der Atlantis aufgewirbelt, Die Luft durchsprüht mit flimmernd hellen Tropfen. Von ihrem Walle ist das Thal umgürtet Und ein Geheul von Katarakten dröhnt Aus ihrem wild zerklüfteten Gestein Und schwängert rings die lauschend leisen Winde Mit einem Ton, der weit im Rund erschallt Und feierlich, wie hehre Stille ist. – O horch! Es rauscht der Schnee! – Der Sonnenstrahl Erweckte die Lawine, deren Masse, Dreimal gesiebt vom Sturm, sich Flock' auf Flocke Gesammelt, wie Gedanke auf Gedanke Sich thürmt in Geistern, die dem Himmel trotzen, Bis eine große Wahrheit, losgelöst, Im Kreise der Nationen wiederhallt, Die bis zur Tiefe ihrer Wurzeln dann Erschüttert sind, wie jetzt die Berge hier. Sieh' wie zu unsern Füßen sich das Meer Des Nebels wandelte zu rothem Schaum! Es steigt, sowie beim Zauberlicht des Mondes Der Ocean um Menschen, die gestrandet Auf einer schlamm'gen Insel hilflos stehn. Die Wolkenfetzen sind emporgewirbelt, Der Wind, der sie zertheilt, verwirrt mein Haar – Die Wogen schwellen über's Auge mir, Es schwindelt mir das Hirn – ich seh' Gestalten Im Nebel schwanken! Ein Gesicht, das uns Mit Lächeln winkt. – Ein bläulich Feuer flammt Durch seine gold'nen Locken. – Sieh'! ein and'res Und noch ein and'res! Horch! – sie sprechen! – still! Zu der Tiefe Schacht Hinab! hinab! Durch des Schlafes Nacht, Durch das Ringen und Streben Zwischen Tod und Leben, Durch den Flor und das Thor, Zwischen Schein und Sein! In tiefster Tiefe winkt ein Herrscherstab Hinab! hinab! Wo Klänge dem Grund entwirbeln rund Hinab! hinab! Wie das Reh lockt den Hund, Wie den Blitzstrahl die Fluth, Wie den Falter die Glut, Tod die Verzweiflung, Liebe die Sorgen, Wie dem Heute folgt das Morgen, Sowie den Stein der Stahl, lockt dich dies Grab Hinab! hinab! Durch die gähnende Kluft Hinab! hinab! Wo kein Strahl färbt die Luft, Wo Mond und Gestirne nicht – Wo der Fels, wie die Firne nicht Im Glanz erstrahlt, Der die Erde malt, Wo Einer nur von je Gebote gab, Hinab! hinab! In den Schlund ohne Wahl Hinab! hinab! Wie in Wolken der Strahl, Wie die Lieb' im Erinnern, In der Berge Innern Der helle Demant, Wie in Asche der Brand, Wird dort für dich bewahrt ein Zauberstab – Hinab! hinab! Folg' unserm Geleite Hinab, hinab, Das Lichtbild zur Seite! Gen zagende Schwäche kämpfe nicht an, Kraft menschlicher Milde lösen vom Bann Muß der Unsterbliche Das ihm verderbliche Schicksal, das lauert An seinem Throne schlangengleich gekauert! Hinab! hinab! 4. Szene Vierte Scene. Die Höhle des Demogorgon. – Asia und Panthea. O, welch' verschleierte Gestalt sitzt dort Auf jenem schwarzen Thron? Der Schleier fiel! Ich seh' ein mächtig Dunkel nun den Sitz Der Macht erfüllen; – Strahlen schießen blendend Ringsum empor, wie Licht der Mittagssonne! Gestaltlos ist es, weder Glied, noch Form, Noch Umriß – und doch fühlen wir, 's ist ein Lebend'ger Geist! Frag' was du wissen willst?! Was kannst du sagen? Was du fragen darfst! Wer machte die lebend'ge Welt hier? Gott! Wer machte Alles das, was sie enthält? – Gedanken, Leidenschaft, Vernunft und Willen, Und Einbildung? Gott, der allmächt'ge Gott! Wer ließ das Hochgefühl entstehn, das uns Beim Weh'n der Frühlingswinde, bei der Stimme Der Liebe, die die Jugend hört allein, Die Augen füllt mit einem Thränenstrom, Der selbst den Strahlenblick der Blumen trübt Und das die Erde, die bevölkerte, Verödet läßt, wenn's nicht mehr wiederkehrt? Gott, der barmherzige! Wer aber schuf Den Schrecken und den Wahnsinn, das Verbrechen Und die Gewissenspein, die von den Gliedern Der großen Kette aller Dinge sich Zu jeglichem Gedanken in der Seele Des Menschen schwingen und ihn niederziehn, Daß Jeder keuchend unter ihrer Last Nach seinem Grabe schwankt? – Wer schuf die Hoffnung, Die schnell vereitelte und Liebe, die In Haß sich wandelt? Wer die Selbstverachtung, Die bitt'rer noch zu trinken ist als Blut? Wer schuf die Qualen, deren unverhohl'ne, Vertraute Sprache klägliches Geheul Und geller Jammerschrei sind Tag für Tag? Wer schuf die Hölle und die Höllenfurcht? Er herrscht! Sprich seinen Namen! – eine Welt, Die sich in Qualen windet, fragt allein Nach seinem Namen: Flüche werden ihn Herniederziehn! Er herrscht! Ich fühle es, Ich weiß es, aber wer? Er herrscht! Wer herrscht? Im Anfang war der Himmel und die Erde Und Licht und Liebe, dann erst kam Saturn, Von dessen Thron ein neid'scher Schatten fiel, Die Zeit. – Und unter seinem Scepter lebten Die früh'sten Geister dieser Erde hier In wonn'gem Frieden, Blumen gleich und Blättern, Eh' Wind und Sonnenglut sie ausgedorrt Und halblebendiges Gewürm. – Doch er Versagte das Geburtsrecht ihres Wesens: Die Macht, das Wissen, die Geschicklichkeit, Die Elemente bändigt, den Gedanken, Der gleich dem Licht durch's dunkle Weltall dringt, Selbstherrschaft und die Majestät der Liebe, Vor Durst, nach welcher sie verschmachteten. Dann gab Prometheus Weisheit, welche Kraft ist Dem Jupiter und nur mit dem Geheiß Allein: »Der Mensch sei frei!« bekleidet' er Ihn mit der Herrschaft über'n weiten Himmel. – Nicht Treu', noch Liebe kennen, noch Gesetz, Allmächtig, aber freundlos sein, heißt herrschen, Und Zeus, er herrschte nun: Denn auf des Menschen Geschlecht fiel Hunger, Mühsal ein und Seuche, Und Kampf und Wunden und der grause Tod, Zuvor noch ungekannt. – Die Jahreszeiten, Verkehrt zu ihrem Widerspiele, trieben, Mit Frost und Feuer wechselnd, dann die bleichen Schutzlosen Völker nach den Bergeshöhlen Und in die öden Herzen pflanzt' er ihnen Die stachelnde Begier, die tolle Unruh' Und eitle Schatten von erträumten Gütern, Die gegenseitig sich bekämpften, so Die Wohnstatt nun verwüstend, d'rin sie ras'ten. Prometheus sah's und weckte die Legionen Der Hoffnungen, die tief verborgen schlummern In holden Blumen des Elysiums, In unverwelkbar schönen Blüthen, wie Nepenthes, Moly, Amaranth, auf daß Mit zarten, regenbogenfarb'nen Schwingen Des Todes Schatten sie bedecken mögen. Und Liebe sandt' er dann, auf daß sie binde Die losgelösten Ranken jener Rebe, Die da den reinen Wein des Lebens trägt, – Der edlen Rebe, Menschenherz genannt. Das Feuer zähmt' er nun, das wie ein Raubthier, Gar schrecklich und doch lieblich anzusehn, Sich spielend duckte unter'm Blick des Menschen. Und Gold und Eisen beugt er seinem Willen, Die Sklaven und die Zeichen aller Macht; Die Edelsteine und die Gifte all', Die feinsten Formen, die versteckt im Schooß Der Berge ruhen und der Meereswellen. – Dem menschlichen Geschlecht gab er die Sprache Und aus der Sprache rang sich der Gedanke, Er, der das Maß des Universums ist! Die Wissenschaft griff rüttelnd an die Throne Der Erde und des Himmels, die erbebten, Allein nicht stürzten und die Harmonie Der Menschenseel' ergoß sich in die Ströme Des allprophetischen Gesangs. – Musik Erhob des Lauschers Geist, bis göttergleich Und frei von sterblich eitlen Sorgen er Ob klaren Wogen süßen Klangs geschwebt. Und Menschenhände ahmten nach zuerst Und übertrafen dann mit holdern Gliedern Als ihre eigenen, die menschliche Gestalt, bis Göttern gleich der Marmor ward. Er wies auf die verborg'ne Kraft in Kräutern Und Quellen, und der Kranke trank und schlief Und gleich dem stillen Schlafe ward der Tod. Er lehrte die verschlung'nen Bahnen uns Der weithin kreisenden Gestirne kennen Und wie die Sonne wechselt ihren Stand, Durch welch' geheimen Zauber wird verwandelt Der bleiche Mond, wenn um die Neumondzeit Sein Aug' nicht leuchtet auf die dunkle See. Regieren lehrt' er uns, sowie der Geist Des Lebens lenket uns're eig'nen Glieder, Des Oceanes sturmbeschwingt Gefährt' Und Celt' und Inder lernten so sich kennen. Die stolzen Städte wurden dann gebaut, – Durch schnee'ger Säulen Reihen flutheten Die warmen Winde und azurner Aether Und blaue Wogen schimmerten hindurch Und schatt'ge Hügel zeigten sich dem Blick. – Der Menschheit also bot Prometheus dar Die Lind'rungsmittel ihres Erdenseins Und hängt dafür am starren Felsen nun In Qual sich windend, die sein bitt'res Los! Wer aber ist's, der niederregnen läßt Das Uebel und die unheilbare Plage, Die, wo der Mensch auf seine Schöpfung blickt Gleich einem Gotte und sie glorreich findet, Ihn selber treibt, das Wrack des eig'nen Willens, Den Spott der Erde, den Verstoßenen, Der da verlassen steht und ganz allein? Nicht Jupiter! denn während jüngst sein Runzeln Den Himmel selber wohl erbeben machte, Als dann sein Gegner in demant'nen Ketten Ihm fluchte, zittert' er gleich einem Sklaven! Wer ist sein Meister? – ist auch er ein Sklav? In Sklaverei sind alle Geister, die Dem Uebel dienen und du selber weißt, Ob Jupiter ein solcher ist, ob nicht! Wen nennst du Gott? Ich sprach blos, wie ihr sprecht – Von allen Lebenden ist Jupiter Der höchste! Und wer ist des Sklaven Meister? Ja, wenn der Abgrund sein Geheimniß nur Ausspeien könnte! – Doch die Stimme fehlt ihm Und ewig bildlos bleibt die tiefe Wahrheit. Was würdest du erfahren auch, hieß' ich Dich starren auf die Welt hier, die sich dreht? Was hälf' es dir, wollt' ich nun sprechen heißen Die Zeit, das Schicksal, die Gelegenheit, Den Zufall und den Wechsel aller Dinge? Denn jenen sind sie alle unterworfen, Und nur allein die ew'ge Liebe nicht! So viel hab' ich zuvor gefragt und stets Gab mir mein Herz die Antwort, die du gibst! Und jede muß von solchen Wahrheiten Sich selber das Orakel sein. – Doch nun Nur eine Frage noch: Antworte mir, Wie's meine eig'ne Seele würde thun, Wär' ihr bekannt, was ich erfragen will. Prometheus wird einst auferstehn als Sonne Ob dieser Welt, die jubelnd ihn begrüßt. Wann wird die Schicksalsstunde nah'n? Sieh' hin! Die Felsen sind gespalten! – durch den Purpur Der Nacht seh' ich Gefährte, die gezogen Von Pferden sind mit Regenbogenschwingen, Die mit dem Huf die trägen Winde stampfen. In jedem steht mit wildem Blick ein Lenker, Zu rascher Flucht antreibend sein Gespann. Nach rückwärts schauen Einige, als wären Verfolgt von bösen Feinden sie, und doch, Ich seh' dort nichts als funkelnde Gestirne. – Mit glüh'nden Augen blicken Andere Nach vorn und trinken mit den gier'gen Lippen Den Wind, den ihre Eile selbst erregt, Als flög' ein heißgeliebtes Ding vor ihnen Und jetzt und jetzt nur müßten sie's erhaschen! Ihr glänzendes Gelock, es strömt herab, Dem Strahlenhaare des Kometen gleich, Und eilig jagen alle sie dahin. Die Stunden sind sie, die unsterblichen, Nach denen du gefragt und eine wartet Auf dich! Ein Geist, der schrecklich anzusehn, Hält seinen Wagen an den Klippen hier! – Der du so ungleich deinen Brüdern bist, O geisterhafter Wagenlenker du, Wer bist du? Ach, wohin willst du mich führen? O sprich! Ich bin der Schatten eines Schicksals, Das schrecklicher noch als mein Anblick ist. Eh' der Planet dort sinkt, hüllt Finsterniß In ew'ge Nacht den königlosen Thron Des Himmels! O was meinst du? Jener Schatten, Der schreckliche, schwebt auf von seinem Thron, Sowie von Städten, die der Erdstoß stürzte, Ein schwarzer Qualm mag streichen ob der See. Sieh'! er besteigt den Wagen nun, die Renner, Sie fliehn entsetzt! – Verfolge seinen Pfad, Der zwischen den Gestirnen dort sich windet, Die Nacht verfinsternd. Dies die Antwort? – Seltsam! Sieh nur! dort hält ein anderes Gefährt: Ein Muschelwagen ist's, aus Elfenbein, Und rothes Feuer züngelt auf und ab An seinen seltsam reich verzierten Wänden. Der jugendliche Genius, der ihn lenkt, Er hat der Hoffnung taubengleiche Augen, Sein sanftes Lächeln zieht die Seele an, Sowie das Licht geflügelte Insekten Lockt durch die sternenlose Nacht! – Mit Blitzen nähr' ich die Pferde mein, Sie trinken im Fluge den strömenden Wind, Um bei des Morgenroth's flammendem Schein In Strahlen zu baden, erquickend und lind. Dann stürmen sie weiter, gekräftigt, geschwind, Steig' auf mit mir, des Oceans Kind! Ich wünsch': Mein Gespann durchfunkelt die Nacht! Sieh', wie's vor'm Typhon den Vorsprung gewinnt! Um Erde und Mond ist die Runde vollbracht, Noch ehe die Wolke am Atlas zerrinnt. Der Mittag dann ruhend und rastend uns find' – Steig' auf mit mir, des Oceans Kind! 5. Szene Fünfte Scene. Der Wagen hält in einer Wolke auf dem beschneiten Gipfel eines Berges. – Asia, Panthea und der Geist der Stunde. Wo die Nacht und der Morgen verrinnen, Laß ich die Renner gerne verschnaufen, Aber die Erde flüstert tief innen: Schneller als Feuer müßten sie laufen. Fort denn, mit Eile des Wunsches von hinnen! Du schwellst mit deinem Athem ihre Nüstern, Doch würde sie der Hauch des meinen noch Viel schneller treiben. Ach, er könnt' es nicht! O Geist halt' an und sag', welch' Licht die Wolke Erfüllt? – Die Sonn' ist noch nicht aufgegangen! Sie wird nicht aufgehn vor der Mittagszeit. Apollo wird im Himmel festgebannt Durch einen Zauber, und das Licht, das hier Den Nebel füllt, sowie äther'scher Hauch Der Rosen, die am Brunnenkranze blüh'n, Das Wasser füllt – o sieh', es strömet aus Von deiner mächt'gen Schwester! Ja, ich fühl's – Was ist es mit dir, Schwester? Du siehst bleich! Verwandelt bist du und ich wag' es nicht Dich anzusehn! – Ich fühle deine Nähe, Doch deiner Schönheit Glanz läßt mich erblinden! Ein glücklich wendend Schicksal muß es sein, Das also deine Herrlichkeit entschleiert. Die Nereïden sagen, daß am Tag, Da sich des Meer's krystall'ner Schooß gespalten, Dich zu gebären, und du standest hold In einer Muschel blank, die auf dem Spiegel Der friedenvollen See vorüberschwamm An den ägä'schen Inseln und dem Strand, Der deinen Namen trägt, da strömte Liebe Von deinem Wesen aus wie von der Sonne Das Feuer, das die weite Welt erfüllt – Und Erd' und Himmel ward durch sie erleuchtet, Des Meeres Tiefe und des Abgrunds Nacht Mit allen Wesen, die sich d'rin verbergen, Bis da des Schmerzes Schatten traf die Seele, Von der das Licht kam. – Nicht allein nur ich, Die Schwester, die Gefährtin, die Erwählte, – Die ganze Welt sucht deine Sympathie! Hörst du den holden Klang aus luft'gen Höh'n? Die Liebe aller lebenden Geschöpfe Zu dir verkündet er! Und fühlst du nicht, Wie selbst die stille Luft entbrennt in Liebe? O horch! Musik. Kein Wort klingt süßer als das deine, Nur sein's, deß Echo deine Stimme ist! Die Lieb' ist süß, – gespendet wie empfangen – Und ihrer Stimme wird das Ohr nicht müde. Wie Luft und Himmel Alles rings umspannen, Macht sie den Wurm dem Gotte selber gleich! Sie, die vermögen Liebe einzuflößen, Sind glücklich, sowie ich jetzt glücklich bin; Doch die am tiefsten sie empfinden, sind Noch glücklicher, wie ich nach langen Leiden In kurzer Zeit nun hoffen darf zu sein. Horch! Geister sprechen! in der Luft singend. Lebensquell! Die Lieb' entzündet Deines Athems holdes Weh'n Und dein Lächeln läßt, eh's schwindet, Kalte Luft in Flammen stehn, Birgt sich dann in jenen Blicken Die mit Sehnsuchtsqual umstricken. Kind des Licht's! Dein Leib durchschimmert Das Gewand, das ihn umflicht, Wie der Morgenstrahl durchflimmert Das Gewölk, eh' er's durchbricht. Und wohin du mögest schweben, Wird dich Himmelsglanz umgeben. Schön sind And're! Keiner sieht dich, Doch dein Wort klingt süß und lind Wie der Schönsten! – Glanz entzieht dich Unserm Blick, du holdes Kind, Wer dich fühlt und sieht dich nimmer, Muß wie ich, vergehn für immer. Licht der Erde! gleich Juwelen Leuchtet Alles hell um dich! Die von dir geliebten Seelen Schwingen nach dem Himmel sich, Bis sie taumeln, niedersinkend, Sterbend, aber Wonne trinkend. Mein Geist, er ist ein Zauberkahn, Durchziehend, wie im Traum ein Schwan, Die Silberwellen deiner holden Sänge; – Der deine , einem Engel gleich, Das Steuer lenkt durch's Fluthenreich, Indeß die Lüfte füllen süße Klänge. Für ewig scheint er so zu ziehn Den Strom, den vielverschlung'nen hin, Durch Kluft und Schlucht und Waldesnacht, Ein Paradies voll wilder Pracht. Gleich einem Schlummernden, allmälig Zur See getragen, zieht's unwiderstehlich Mich in ein tiefes Meer von Klängen, süß und selig. Indessen hebt dein Geist die Schwingen Ins Reich des reinsten Klangs zu dringen, Im Flug der Winde, die da droben ziehn. Und sieh'! wir wallen weiter, weiter Der Segel baar – uns blinkt als Leiter Kein Stern, uns lenkt die Kraft der Melodien, Bis Himmelsgärten naht das Boot Mit dir, du herrlicher Pilot! Den Strand, den Menschen niemals sah'n, Berührt nun meiner Wünsche Kahn, Wo Lieb' die Luft, die hold in Tönen, In Sturm und Fluth sich reget, um in schönen Harmon'schen Klängen Erd' und Himmel zu versöhnen. Durch's Eisgeklüft des Alters zogen Wir, durch der Mannheit starke Wogen, Durch's Meer der Jugend mit dem Wellenschlag, So täuschend lind und durch die Bucht Der Kindheit, bis nach rascher Flucht Durch Tod und Leben winkt ein hell'rer Tag. Ein paradiesisch Blätterzelt, Von Blumen leuchtend rings erhellt, Ersteht und Silberbäche thauen Durch diese blühend wilden Auen – Wir rasten an der holden Stelle Und Geister, sowie du dem Aug' zu helle, Sie wallen mit Gesang von Welle leis' zu Welle. 3. Akt 1. Szene Erste Scene. Himmel. – Jupiter auf seinem Throne. Thetis und die andern Gottheiten um ihn versammelt. Ihr Mächte all' des Himmels, hier versammelt, Die ihr den Ruhm theilt und die Macht des Herrn, Freut euch! hinfort werd ich allmächtig sein! Längst hat sich alles And're mir gebeugt Und nur allein der Geist des Menschen loht Gleich unverlöschtem Feuer noch gen Himmel Mit scharfem Vorwurf, Zweifelsmacht und Klagen Und widerwilligem Gebet. – Und also Entfesselt er die wilde Rebellion, Die unser uralt Reich gefährden könnte, Wiewohl' s gebaut ist auf den ält'sten Glauben Und auf der Hölle Helferin, die Furcht. – Und ob auch meiner Flüche Flockenwirbel, Wie Schnee auf kahle Gipfel auf ihn fällt Und kleben bleibt an ihm, ob in der Nacht, In die mein Zorn ihn hüllt, er Schritt für Schritt Des Lebens Klippen auch erklimmen muß, Die ihn verwunden, wie das Eis verwundet Sandalenlose Füße, dennoch bleibt Erhaben er ob seinem Elend noch Und strebt empor in ungezähmtem Stolz, Doch wird er fallen bald! – Nur eben jetzt Ein seltsam Wunder hab' ich da gezeugt: Den Sohn dort, den verhängnißvollen, der Der Schrecken soll der Erde sein und hier Nur wartet bis die Schicksalsstunde kommt, Die vom verwaisten Thron des Demogorgon Die Schreckensmacht der Glieder bringt herauf, Der ewig lebenden, die da bekleidet Den fürchterlichen, unsichtbaren Geist, – Dann steigt er nieder, tritt den Funken aus. – Kredenz' den Wein des Himmels, Ganymed, Wie Feuer füll' er die dädal'schen Becher, Und ihr, ihr siegesstolzen Harmonie'n, Steigt auf vom blumenreichen heil'gen Boden, Wie Thau im Zwielicht von der Erde steigt! Trinkt! laßt den Nektar, durch die Adern kreisend, Der Freude Seele sein, ihr ew'gen Götter, Bis euer Jubel schallt in einer Stimme Gleich der Musik der elysä'schen Winde! Und du, an meine Seite steig' herauf, Vom Lichte jenes Wunsches glanzumflossen, Der dich zu Einem macht mit mir, o Thetis, Du glänzend Bild der Ewigkeit! – Sieh'! als Du schriest: »O unerträgliche Gewalt! Gott! schone mein, denn ich ertrag' sie nicht Die wilden Flammen! – deine Gegenwart, Sie dringt durch Mark und Bein und all mein Wesen, Es schmilzt in jenes Feuers Glut dahin, Gleich ihm, den die numid'sche Schlangeneidechs In Thau zerfließen machte durch ihr Gift!« – Im selben Augenblick geschah es, daß Zwei mächt'ge Geister zeugten einen dritten, Noch mächtiger als sie, der körperlos Schwebt zwischen uns, gefühlt, doch ungesehn Und harrend seiner leiblichen Gestalt, Die nun heraufsteigt – (hört ihr nicht den Donner, Der Feuerräder, die den Wind durchschneiden?) – Vom Thron des Demogorgon: – Sieg! o Sieg! Fühlst du, o Welt, das Erdebeben nicht? Sein Wagen donnert den Olymp herauf! Der Wagen des »Geistes des Stunde« kommt an. Demogorgon steigt aus und schreitet auf den Thron des Jupiter zu. Entsetzliche Gestalt! – wer bist du? – Sprich! Die Ewigkeit! – Verlang' nicht grauser'n Namen! Nun steig' herab und folg' mir in den Abgrund! Ich bin dein Kind, wie du's warst des Saturn, Noch mächtiger, als du: Wir müssen fürder Zusammen wohnen in der Finsterniß. Lös' deine Blitze nicht! – Die Tyrannei Des Himmels wird nun Keiner aufrecht halten Und Keiner mehr erneuern, der dir folgt. Doch wenn du willst, da 's dem zertret'nen Wurm Bestimmt ist, sich zu bäumen, bis er stirbt: Entfess'le deine Macht! Verhaßtes Wunder! Ich trete dich tief unter der Titanen Gefängniß noch! – Du zögerst? Gnade! Gnade! Kein Mitleid? nicht Befreiung mehr, noch Aufschub? Mach' meinen Feind zum Richter über mich! Selbst wo er hängt im öden Kaukasus, Gedörrt von meiner langen Rache Glut, Wird er mich also nimmermehr verdammen. Mild und gerecht und furchtlos, – ist er nicht Der Herrscher jener Welt? – Wer bist denn du? O gibt's nicht Zuflucht, noch Berufung mehr? Sink' denn mit mir! – Wir beide werden sinken Tief in den Wellenschooß des Untergangs, Sowie ein Geyer sich und eine Schlange In wildem Kampf zu wirrem Knäu'l verflochten Und stürzen in die uferlose See. Wohlan! So mag die Hölle denn entfesseln Des Feuermeeres eingedämmte Fluth, Auf daß sie in das bodenlose Nichts Die wüste Welt versenk' und dich und mich Den Sieger und Besiegten und das Wrack Deß, dem ihr Kampf gegolten. Wehe! weh'! Die Elemente, sie gehorchen nicht! Ich sinke schwindelnd hin für ewig, ewig! Und einer Wolke gleich verdunkelt oben Mein Feind durch seinen Sieg noch meinen Fall! O Wehe! wehe! 2. Szene Zweite Scene. Die Mündung eines großen Flusses an der Insel Atlantis. – Okeanos lehnt am Ufer. Apollo steht neben ihm. Er fiel, so sagst du, schon vom Blick des Siegers Getroffen hin? Ja, als der Kampf zu Ende, Der selbst das Glanzgestirn, das ich regiere, Getrübt und schütterte die festen Sterne, Durchbrach der Schreckblick seines Auges noch, Den weiten Himmel blutigroth erhellend, Den Saum der Finsterniß, die ihn verschlang. So schießt der letzte rothe Strahl des Tags, Der stirbt, aus feueriger Wolken Riß Und loht empor aus sturmdurchwühlter Tiefe. Der Schlund verschlang ihn? – Leere Finsterniß? So sieht ein Aar sich plötzlich in der Wolke, Die berstend losbricht über'n Kaukasus: Im Wirbelwind das Flügelpaar verfangen, Das donnernde vom Donner übertäubt, Das Aug', das kühn dem Sonnenblink getrotzt, Geblendet von des Blitzes weißem Licht, Dieweil des Hagels Wucht schlägt an den Leib Des Riesenvogels, der vergeblich kämpft Und endlich stürzt, vom Schlossenhauf bedeckt! So wird mein himmelspiegelnd Fluthenreich Nun fortan wogen, unbefleckt von Blut, Vom Wind geschwellt, gleich grünen Saatgefilden, Vom linden Hauch der Sommerluft bewegt. Und fluthen werden meine Ströme nun Um manchen völkerreichen Continent Und rund um Inseln der Glückseligen. Hoch ober den krystall'nen Thronen werden Der blaue Proteus und die feuchten Nymphen Den Schatten schöner Schiffe gleiten sehn, Wie Sterbliche die lichtbelad'ne Barke Des Mondes sehn mit jenem Silberstern Zu Häupten seines unsichtbaren Lootsen, Getragen von der ebbend raschen See Des Sonnenuntergangs. Und ihre Spur Wird nicht bezeichnet mehr von Blut und Seufzern, Nicht von Verzweiflung und verworr'nen Stimmen Der Sklavendemuth und des Herrschbefehls – Nein! Nur vom Farbenglanz der Blumen mehr, Die, Düfte spendend, sich in Wellen spiegeln, Von sanften Melodie'n, von milden, freien Und holden Stimmen, jener süßesten Musik, wie sie die ew'gen Geister lieben. Und ich soll fortan nicht mehr Thaten schauen, Die das Gemüth mit Sorge mir verdüstern, Sowie die Sonnenfinsterniß verdunkelt Die lichte Sphäre, die ich lenke hier! Doch horch! die kleine, klare Silberlaute Des jungen Geistes hör' ich klingen, der Im Morgensterne wohnt. Du mußt hinweg! Am Abend werden deine Renner ruh'n Und bis dahin leb' wohl! – Die laute Tiefe Sie ruft mich eben heim, daß ich sie stille Mit der erhab'nen Ruhe des Azurs Aus den smaragd'nen Urnen, die gefüllt Für immer stehn zu Seiten meines Throns. Sieh' in der grünen See die Nereïden: Die schlanken Glieder schwankend in der Strömung, Die weißen Arme über's Haar gebogen, Das niederströmt, geschmückt mit grünen Ranken Und stern'gen Kronen aus des Meeres Blumen! Die mächt'ge Schwester eilen sie zu grüßen, Den heißen Glückwunsch ihrer Freude bringend. Man hört die Wogen brausen. Es ist die See, die unbehütete, Die nun gestillt sein will. – Still, Ungeheuer! Ich komme nun! – So leb' denn wohl! Leb' wohl! 3. Szene Dritte Scene. Kaukasus. – Prometheus. Herkules. Jone. Die Erde. Geister. Asia und Panthea im Wagen mit dem Geist der Stunde schwebend. Herkules entfesselt den Prometheus, welcher herabsteigt. Glorreichster unter allen Geistern du! So leistet Kraft der Weisheit und dem Muth, Der Liebe, die das Leiden überdauert Und dir, der Form, in der sie lebend sind, Gleich einem Sklaven Dienst! O deine Worte Sind süßer selbst, als Freiheit, langersehnt Und lang verzögert. Asia! du Licht Des Lebens, Schatten niegeseh'ner Schönheit! Und ihr, – ihr holden Schwesternymphen dort, Die ihr an lange Jahre mir der Qual Durch Lieb' und Sorgfalt die Erinnerung Versüßt – uns soll in Zukunft nichts mehr trennen! Seht! eine Grotte weiß ich, überwachsen Von Pflanzen, die mit üppigem Gerank Von Blum' und Blatt das Tageslicht verhängen Und ausgelegt mit Adern von Smaragd. In ihrer Mitte murmelnd springt ein Quell, Von hoher Wölbung niederhangen dort Des Berg's gefror'ne Thränen, die wie Schnee, Wie Silber oder diamant'ne Säulen Verbreiten rings ein trautes Dämmerlicht. Von Außen hört ihr dort die rege Luft, Wie flüsternd sie von Baum zu Baume streicht Und Vögel hört ihr und der Bienen Summen. Und rund herum sind grüne, moos'ge Sitze, Die rauhen Wände sind ringsum bekleidet Mit langem, weichem Gras. – Ein schlichter Wohnsitz, Doch wird er ewig unser Eigen sein! Wir werden sitzen dort, von Zeiten plaudern Und ihrem Wechsel – Ebb' und Fluth der Welt, – Dieweil wir selber doch dieselbe bleiben. Was kann den Menschen schützen vor Verwandlung? Und wenn ihr seufzet, seht, dann werd' ich lächeln Und du, Jone, singst uns Melodien Der Seemusik, bis daß ich weinen werde, Ihr aber lächelt wieder dann hinweg Die Thränen, die sie mir ins Auge brachte Und die so süß doch waren zu vergießen. Mit Blumen laßt uns und mit Knospen spielen Und mit den Strahlen, die vom Brunnen sprüh'n Und seltsame Gebilde formen aus Gemeinen Dingen, wie's die Kinder thun In ihrer Unschuld schnellverrauschten Zeit. Mit Blicken und mit Liebesworten locken Gedanken wir aus dem Versteck hervor Und lieblicher sei jeder als der letzte Aus uns'res Geistes unerschöpftem Born. Und Lauten gleich, gerührt von jedem Wind, Der buhlerisch durch ihre Saiten streicht, Verweben wir die heil'gen Harmonien, Stets neu und süß noch durch Verschiedenheit, Wo's einen Mißklang nimmer geben kann. Und hieher kommen auf der Winde Flügeln, – Von allen Himmelspunkten hier sich sammelnd, Wie, blumensatt, von Enna's luft'gem Gipfel Die Bienen heimziehn nach Himeras Inseln – Die Echo's alle jener Menschenwelt! Aus ihnen spricht der Liebe leise Stimme, Fast ungehört, in ihnen flüstert sanft Das taubenäug'ge Mitleid seine Pein, In ihnen klingt Musik, die selbst das Echo Des Herzens ist und Alles, Alles spricht Aus ihnen, was an Freuden oder Leid Berührt des Menschen Leben, der nun frei! Und liebliche Erscheinungen, erst dunkel, Dann strahlend, wie die Seele wenn sie leuchtend Aus der Umarmung sich der Schönheit hebt, Besuchen uns, unsterbliche Gestalten Der Malerei und hoher Bilderkunst, Verzückter Poesie und and'rer Künste, Noch unbekannt, die einst doch werden sein. Die Stimmen sind sie und die Schatten ja Von Allem, was aus Menschen werden kann, Vermittler jenes besten Gottesdienstes, Der ew'gen Liebe, die von ihm und uns Gegeben und zurückgegeben wird. Vorüberzieh'nde Bilder sind's und Klänge, Die immer schöner, anmuthvoller werden, Je mehr der Mensch an Güte wächst und Weisheit Und wie ein Schleier nach dem andern werden Das Uebel schwinden und der Irrthum fallen, So groß ist jener Grotte Zauberkraft. Zu dem Geist der Stunde. Dir, holder Geist, bleibt noch ein Werk zu thun! Jone, reich' ihm die gebog'ne Muschel! Der alte Proteus gab der Asia Sie einst zum Brautgeschenk und eine Stimme Haucht' er hinein, der Keiner widersteht. Du bargst im Gras sie unter'm Felsen dort. Du heißersehnte Stunde, mehr geliebt Und lieblicher als deine Schwestern all, Nimm die geheimnißvolle Muschel hier! Sieh', wie der silbern bleichende Azur Mit sanftem und doch glüh'ndem Licht sie streift! Sieht es nicht aus, als schlief' Musik darin? Sie scheint in Wahrheit mir die schönste Muschel Des Oceans zu sein! – Ihr Klang muß süß Und seltsam sein zugleich! Geh denn! von Rennern, Schnellfüßig, wie der Wirbelwind, getragen, Zieh' ob den Städten du der Menschheit hin! Noch einmal thu's der Sonne selbst zuvor Im schnellen Kreislauf um die runde Welt, Und während durch die funkensprüh'nde Luft Dein Wagen schneidet, blas' ins Muschelhorn Und löse seine mächtige Musik! Es wird wie Donner sein, der mit dem Klang Des Echo's sich vermischt. – Dann kehr' zurück Und neben uns'rer Grotte sollst du wohnen. Und Mutter Erde, du! Ich hör' – ich fühle! Ich fühl's, wie deine Lippen mich durchglüh'n Und wie du mich berührst, durchrieselt mich, Die Marmornerven hier entlang, ein Schauer Bis in des Markes diamant'nen Kern! 's ist Leben, o 's ist Freude und in meinen Verwelkten, alten, eis'gen Körper schießt Die Wärme ew'ger Jugend kreisend ein! So werden denn hinfort die schönen Kinder, Die liebend ich auf meinen Armen trage, Die Pflanzen all und was am Boden kriecht Und der Insekten farbenschillernd Volk, Die Thiere all des Wassers und der Luft Und was da lebt in menschlicher Gestalt, – Sie, die bisher nur Pein und Krankheit sogen Und der Verzweiflung Gift aus meiner Brust, Sie werden d'raus nur süße Nahrung ziehn Und süße Nahrung geben Eins dem Andern! Sie werden künftig alle für mich sein Wie holde, zarte Schwesterantilopen, Von einer schönen Mutter, schneeig weiß, Schnellfüßig wie der Wind, genährt Am klaren Strome zwischen Lilien. Die thau'gen Nebel meiner Nächte werden Wie Balsam fluthen unter den Gestirnen, Und Nachts geschloss'ne Blumen werden schlafend In unwelkbaren Farbenschmelz getaucht. Und Mensch und Thier in sel'gen Träumen werden Sich Kräfte sammeln für den nächsten Tag Mit allen seinen Freuden, und der Tod Soll nur die letzte der Umarmungen Von ihr sein, die zurücknimmt, was sie gab, Wie eine Mutter wohl ihr Kind umarmt Und sagt: Verlaß mich nimmermehr! O Mutter! Was sprichst du nur des Todes Namen aus? Sag! Hören sie zu lieben, sich zu regen, Zu athmen und zu sprechen auf, die sterben? Was frommt' es, wollt' ich dir d'rauf Antwort geben? Du bist unsterblich, ach und jene Sprache Ist den verschwieg'nen Todten nur bekannt. Tod ist der Schleier, den die Lebenden Das Leben nennen: Sieh'! sie schlafen ein Und er ist weggehoben. – Mittlerweile Mild wechselnd werden milde Jahreszeiten Mit sanften Schauern unter'm Regenbogen, Mit würz'gen Winden, blauen Meteoren, Die flammend schießen durch die dunkle Nacht, Mit lebensprüh'nden Pfeilen, die die Sonne Vom immer sichern Bogen schnellt und mit Des klaren Mondlichts thaugemischtem Rieseln Die Wälder und Gefilde hier bekleiden Mit ew'gem Laub, mit Blumen und mit Früchten. Und du! – 's gibt eine Höhle, d'rin mein Geist In Angst gequält ward, während deine Pein Das Herz mir toll gemacht. Und die sie in sich saugten, Sie wurden alle toll und sie erbauten Dort einen Tempel, kündeten Orakel Und schürten die Nationen rings zum Krieg Und treuelosem Treuebund, ganz so Wie Zeus an dir gehandelt! Dieser Athem Steigt nun empor, wie zwischen hohen Gräsern Des zarten Veilchens Duft und hüllt ringsum In reines Licht und purpurfarb'nen Aether, Dicht, aber mild, die Felsen und die Wälder. Er nährt den schnellen Wachsthum schlanker Reben, Sowie des wilden Epheus dunkle Ranken Und Blumen, knospend oder duftig blühend, Die da den Wind mit Punkten farb'gen Lichts Durchsternen, regnen sie durch ihn herab, Und glänzend gold'ne Kugeln süßer Früchte, An ihrem eig'nen grünen Himmel hangend. Er dringt durch Blätter und durch gold'ne Stengel In Blumen, deren purpurfarb'ne Kelche Für immer voll sind mit äther'schem Thau, Dem Trank der Geister – und er kreiset rund, Sanft fächelnd, wie der Mittagsträume Schwingen, Und flößet Ruh' und selige Gedanken Gleich meinen ein, nun du der Uns're wieder, Und jene Höhle soll dein Eigen sein. – Ersteh'! – Erschein'! Ein Geist erscheint in Gestalt eines geflügelten Kindes. Dies ist mein Fackelträger! Er ließ vor Alters einst sein Licht verlöschen, Dieweil er starrte in ein Augenpaar, An dem er dann von Neuem es entzündet Mit Liebe, die wie helles Feuer ist, Denn solches ist, was aus den deinen sprüht, Du, meine süße Tochter! – Laufe, Junge, Und führe diese hier jenseits des Gipfels Des Nysa-Berg's, wo die Mänaden hausen Und jenseits dann des Indus-Strom's und seiner Vasallenflüsse hin. – Auf Strömen schreitet, Auf klaren See'n mit unbenetzten Füßen, Die nicht ermüden und kein Zögern kennen, Die grüne Schlucht hinan und quer durch's Thal, Am Ufer jenes stillen, klaren See's, Auf dessen ewig glattem Spiegel ruht Das Bild des Tempels, der den Hügel krönt. Mit Säulen, Bogen und mit Architraven, Und palmengleichen Capitälern ragt er, Bedeckt mit lebensvoller Bildnerei, Gestalten, würdig des Praxiteles. Ein Lächeln spielt um ihre Marmorzüge, Das rings die Luft mit ew'ger Liebe füllt. Der schöne Tempel ist verödet nun, Doch deinen Namen trug er einst, Prometheus! Wetteifernd trugen dort die Jünglinge Zu deiner Ehre durch das heil'ge Dunkel Die Lampe hin, die dein Symbol gewesen, Ganz so wie Jene, die der Hoffnung Fackel Ins Grab noch tragen durch des Lebens Nacht, Wie du sie selber im Triumph getragen Bis an die fernen Grenzen dieser Zeit. Nun geht! Lebt wohl! An jenes Tempels Seite, Dort ist die Höhle, die ich euch bestimmt. 4. Szene Vierte Scene. Wald. Im Hintergrund eine Höhle. – Prometheus. Asia. Panthea, Jone und der Geist der Erde. Er ist nicht irdisch, Schwester! – Sieh' nur, wie Er unter'm Laub hingleitet, wie zu Häupten Ihm flammt ein Licht, gleich einem grünen Stern, Deß funkelnder, smaragd'ner Strahlenkranz Verflochten scheint mit seinem schönen Haar, Wie, wenn er sich bewegt das helle Feuer In Flocken niederfällt hier auf das Gras! O kennst du ihn? Es ist der zarte Geist, Der da die Erde durch den Himmel lenkt. Von ferne nennen der Gestirne Völker Dies Licht den allerlieblichsten Planeten. Zuweilen schwebt er über'm Wellenschaum Des salz'gen Meeres, oder wählt zum Wagen Sich eine Nebelwolke, oder wandelt hin Durch Felder und durch Städte, wenn die Menschen Im Schlafe liegen, oder schwebt auf Gipfel Der Berge, oder Flüsse niederwärts, Oft auch durch grüne Wildniß, sowie jetzt Und Alles, was er sieht, bewundert er. Eh' Zeus regierte, liebte jener Geist Einst uns're Schwester Asia und kam In jeder Mußestunde zu ihr hin, Das klare Licht aus ihrem Aug' zu trinken, Nach dem ihn, wie er sagte, dürstete, Gleich Einem, der vom Natternbiß verwundet; Und ihr bewies er kindliches Vertrauen Und theilt' ihr Alles mit, was er gesehn, Denn er sah viel, – doch schwatzt' er kindisch drüber – Und nannte sie – woher er stammt, er wußte Es nicht, noch weiß es ich – allein er nannte Sie Mutter, theure Mutter! auf Asia zustürzend. Mutter! theure Mutter! So darf ich denn mit dir nun wieder plaudern, Wie ich's gewohnt war? Darf ich meine Augen In deinen weichen Armen wieder bergen, Wenn sie dein Blick vor Freuden müd' gemacht? Darf ich denn spielen wieder dir zur Seite Die lange Mittagszeit, wenn's nichts zu thun Gibt in der klaren, stillverschwieg'nen Luft? Ich liebe dich, du holdestes der Wesen Und darf hinfort dich unbeirrt liebkosen. Sprich immerhin! dein kindliches Geplauder, Das einst mein Trost war, soll mich nun erquicken. O Mutter, ich bin weiser worden, sieh', An diesem einen Tag – (kann auch ein Kind Nicht weise sein gleich dir) – und glücklicher Zugleich, ja beides: Glücklicher und weiser! Du weißt, daß Kröten, Schlangen, ekle Würmer, Boshaftes, giftiges Gethier und Sträucher, Die gift'ge Beeren trugen in den Wäldern, Mein Wandeln auf der grünen Welt gestört Und daß es mir das Herz zusammenschnürte, Begegnet' ich im tollen Menschentreiben Den Männern oft mit harten Zügen, oder Mit zorn'gen Augen, die voll Hochmuth blicken, Mit steifem Gang, mit falschem hohlen Lächeln, Mit stumpfem Grinsen stolzer Ignoranz Und jenen faulen Masken all', mit welchen Die tückischen Gedanken birgt das Wesen, Das schöne, von uns Geistern Mensch genannt. Und Frauen auch, das Häßlichste von Allem – (Obgleich sie schön sind, selbst in einer Welt In der du glänzest, wenn sie hold und gut Und treu und wahr sind, wie du selbst) – Das Häßlichste, wenn falsch sie oder zornig, Sie machten mir das Herz im Leibe krank, Zog ich an ihnen nur vorbei, wiewohl Im Schlaf sie lagen und mich selbst nicht sah'n. So höre denn: Mich führte jüngst mein Pfad Durch eine große Stadt zu jenen Hügeln, Die sie mit einem Wälderkranz umgeben. Am Thor war eine Wache eingeschlafen. Da plötzlich hört' man einen lauten Ton, Die Thürme rüttelnd, die ins Mondlicht ragten Und süßer doch, als irgend eine Stimme, Nur deine nicht, die süßer ist als alle, – Ein langer Ton, als wollt' er nimmer enden! Und alle die Bewohner sprangen plötzlich Von ihrem Lager, stürzten auf die Straßen Und sah'n verwundert nach dem Himmel auf, Dieweil noch immer die Musik erscholl. Ich aber schlüpft' in einen Brunnen schnell Auf öffentlichem Markt, in dem ich lag, Dem Widerschein des Mondes gleich, der sich In Wellen spiegelt unter grünem Laub. Und bald nun zogen jene häßlichen Gestalten und Gesichte mir vorbei, Die, wie gesagt, mir so viel Pein gemacht. Sie schwebten durch die Lüfte und verwehten In allen Winden, die sie rings zerstreut. Und die, von denen sie genommen worden, Erschienen nun als liebliche Gestalten, – Die häßliche Verlarvung war gefallen, Und Alle waren irgendwie verwandelt. Nach kurzer Ueberraschung dann und froh Erstauntem Grüßen kehrten Alle wieder Zum Schlafe heim und als der Tag erwachte, – O dächtest du, daß Kröte, Schlang' und Eidechs' Je schön sein könnten? Und doch waren sie's, Und zwar mit nur geringer Aenderung An Farbe und Gestalt. Sie hatten Alle Nur abgestreift die schlechtere Natur! Wie freut' ich mich, als über einem Teich, Auf einem Zweig, von Gaisblatt überrankt, Ich zwei azurene Eisvögel sah, Wie mit den flinken, langen Schnäbeln sie Herniederlangten um ein glänzend Büschel Von Vogelbeeren, während in der Tiefe Sich ihre holden Formen spiegelten, Als wie in einem Himmel. – Also voll Noch die Gedanken von solch' glücklichen Veränderungen – find' ich dich nun hier, Von allen Aenderungen dies die beste! Und nimmer wollen wir uns trennen mehr, Eh' deine keusche Schwester, die den Mond, Den frost'gen unbeständigen, geleitet, So lange in dein wärm'res Licht geblickt, Bis wie die Flocken Schneees im April Ihr Herz aufthaut und sie dich liebt! Ei wie? Sowie die Asia den Prometheus liebt? Still, Herzensjunge! Bist nicht alt genug! Du glaubst, wenn ihr euch in die Augen blickt, Vervielfacht sich schon euer holdes Selbst Und wird die dunkle Nacht zur Neumondszeit Mit rothen Feuerkugeln ganz erfüllt? Nein, Mutter! Doch es wäre allzu hart, Müßt' ich im Finstern wandeln, während dort Ihr Licht entzündet meine Schwester. Sieh'! Der Geist der Stunde erscheint. Wir fühlen wohl, was du gehört, gesehn, Doch sprich! Bald als der Ton verklungen war, Deß Donner alle Tiefen rings erfüllt Des Himmels und der weiten Erde, seht, Da trat urplötzlich eine Wandlung ein: Der dünne Aether und das Sonnenlicht, Das allumstrahlende, sie wurden da Verwandelt, als ob das Gefühl der Liebe, In ihnen aufgelöst, sich mälig um Die runde Welt geschmiegt. Und mein Gesicht Ward klarer, und ich durfte blicken tief In die Geheimnisse des Universums. Im Freudentaumel schwebt' ich da hernieder, Die klare Luft mit wollustmatten Flügeln Durchfächelnd, während meine Renner nun Die Sonne suchten – ihre Heimat – auf. Sie werden dort, nun aller Arbeit ledig, Nur weiden unter feurighellen Blumen, Dieweil mein mondengleicher Wagen steht In einem Tempel unter Marmorbildern, Wie von der Hand des Phidias geformt, Von dir und Asia und der Erd' und mir Und auch von euch, ihr schönen Nymphen dort, Die Lieb' im Aug', die uns're Herzen füllt. So soll er stehn zum ewigen Gedächtniß Der frohen Botschaft, die er einst gebracht, Von einer hohen Kuppel überwölbt, Die, mit erhab'nen Blumen reich geziert, Getragen von zwölf schlanken Säulen wird Aus glänzendem Gestein, durch die hindurch Des Himmels ewig heit're Decke schimmert. Und vor dem Wagen, in das Joch gespannt, Das eine Ringelnatter formt, seht ihr Das Abbild meiner Flügelrosse auch, Als wären sie im schnellen Lauf begriffen, Von dem sie rasten jetzt. – Doch ach, wo schwärmt Da meine eitle Zunge hin und läßt Doch unerzählt, was ihr ja hören wollt!? Nun, wie gesagt: Zur Erde schwebt' ich nieder! Es war, wie jetzt noch, eine wonn'ge Qual Zu regen sich, zu athmen und zu sein. – Als zwischen menschlichen Behausungen Ich also strich, war ich zuerst enttäuscht, Denn solchen mächt'gen Wechsel sah ich nicht In Außendingen ausgedrückt, wie ich Tief innen ihn gefühlt. Doch balde sah Ich näher zu, und königlose Throne Ward ich alsbald gewahr und daß die Menschen Nun friedlich Einer mit dem Andern gingen Sowie 's die Geister thun. Und Keiner kroch Und Keiner trat den Andern; weder Haß, Noch Furcht, noch Stolz, noch eitel Eigensucht, Noch Selbstverachtung standen mehr geschrieben Auf Menschenstirnen, sowie über'm Thor Der Hölle steht in Flammenschrift zu lesen: »Der du hier eintrittst, laß die Hoffnung fahren!« Und Keiner zürnte, Keiner bebte, Keiner In banger Furcht erhob nach eines Andern Gebieterischem Aug' den scheuen Blick, Um erst der Sklave der Despotenlaune Und dann, was schlimmer noch, des eig'nen Willens Zu sein, der ihn, ein müdgehetztes Roß, Zu Tode spornt. Kein Einziger verzog Zu heuchlerischer Miene seine Lippen Die Lüge lächelnd, welche seine Zunge Verschmäht zu sprechen. Keiner, frechen Hohns Zertrat die Funken in dem eig'nen Herzen Von Lieb' und Hoffnung, bis nur bitt're Asche Zurückgeblieben als der Seele Rest, Die selber sich verzehrt und elend dann Als ein Vampyr sich unter Menschen schlich, Bis daß der Pesthauch ihres eig'nen Uebels Die Andern angesteckt. Ach! Keiner sprach Die hohle, kalte und gemeine Sprache, Die unser Herz verleugnen läßt das »Ja«, Das uns're heuchlerische Lippe spricht Mit jener Falschheit, welche, And're täuschend, Uns endlich zwingt, uns selber mißzutrau'n. Auch schöne Frauen wallten, rein und gut, Sowie der freie Himmel, der herab Auf uns're Erde streuet Licht und Thau, Gestalten, hold und glänzend, die noch nicht Berührt der Mode widerliche Schminke – Und Weisheit sprach ihr Mund, die sie zuvor Zu denken nicht vermocht und es verriethen Gefühle ihre Blicke, die vorher Sie zu empfinden bangten. Ja, verwandelt Erschienen sie zu Allem, was sie nimmer Vorher gewagt zu sein und machten also Die Erde gleich dem Himmel. Eifersucht Und blasser Neid und Stolz und falsche Scham, Die schlimmsten Tropfen langgenährter Galle Vergifteten nicht mehr den süßen Hauch Der blühenden Nepenthe nun – der Liebe. Altäre, Throne, Tribunale, Kerker, Von unglücksel'gen Menschen einst besetzt, Die Scepter trugen, Tiara's, Schwerter, Ketten Und Folianten voll verdrehten Rechts, Bewundert stets von blödem Unverstand, Sie glichen nun den ungeschlachten Bildern, Gespenstern eines längst verscholl'nen Ruhms, Die im Triumph von ihren Obelisken Auf Gräber und Paläste Jener schauen, Die da vor Zeiten ihre Sieger waren. Und so wie Jene, die da einst der Hochmuth Der Priester und der Könige geschaffen, Ein finst'rer, mächt'ger Glaube, eine Macht, So groß, wie jene Welt, die sie verheert, Und jetzt doch nichts sind, als ein Gegenstand Befremdeten Erstaunens – ebenso Stehn die Geräthe und Symbole noch Der letzten Sklaverei der Menschheit da, Zwar nicht vernichtet, aber unbeachtet. Und all die Schreckgestalten, die gehaßt Von Gott und Menschen unter vielen Namen Und Formen, fremd und wild und graus – sie waren Nur Einer: Jupiter, der Welttyrann, Er, dem die Völker furchtgelähmt nur dienten Mit ihrem Blut und mit gebroch'nen Herzen, Am kahlen Altar selbst die Liebe opfernd, Mit heißer Thränen ohnmächtiger Fluth Sie schmeichelten dem Ding, vor dem sie bebten Und ihre Furcht war Haß, verbiss'ner Zorn. Nun modern auf verlassenen Altären Die Bilder all und der bemalte Schleier, Den »Leben« nannten Jene, die da waren, Und der mit schillernd buntem Farbenspiel Der Menschen Lieben und ihr Hoffen äffte, Er ist für immer nun hinweggezogen. Die ekelhafte Larve ist gefallen! Befreit nun bleibt der Mensch und scepterlos, Beengt durch keine Schranke, Jeder gleich Dem Andern, ohne Rang und Stamm, gebunden An keine Scholle – Bürger nur der Welt, Befreit von Furcht und huldigender Demuth, Sein eig'ner König, mild, gerecht und weise; Nicht ohne Leidenschaft, doch ohne Schuld Und Schmerz, die einstmals seine Seele drückten, Weil er sie selbst geschaffen und geduldet. Und kann der Mensch sich auch dem Tode nicht, Dem Zufall, der Veränd'rung nicht entziehn, Er weiß sie doch wie Sklaven zu beherrschen, Sie, die sich wie Gewichte an ihn hängen, Der sonst sich schwänge auf den höchsten Stern, Der oben glänzt am unerstieg'nen Himmel Im Aetherraume der Unendlichkeit. 4. Akt Vierter Akt. Ein Theil des Waldes nächst der Höhle des Prometheus. Panthea und Jone schlafend. Sie erwachen allmälig während des ersten Gesanges. Die bleichen Sterne sanken hinab, Schon trieb die Sonne, ihr flinker Schäfer Zur Hürde mit goldenem Hirtenstab In Tiefen der Dämm'rung die holden Schläfer Wie Meteore schnell und sie flogen Rasch hinter des Himmels blauen Bogen, Gleichwie das Reh vor dem Panterthier, Doch wo seid ihr? Ein Schwarm dunkler Gestalten und Schatten schwebt singend vorüber. Hier, o hier Tragen wir Auf der Bahr' Die Mutter von manchem vernichteten Jahr! Die Geister der Stunden Sind wir, die entschwunden Und tragen die Zeit Nach ihrem Grab in der Ewigkeit. Nur Locken heut', Nicht Eiben streut! Gießt Thränen, nicht Thau Auf das Bahrtuch, vom Staube grau, Mit Blüthen bleich Aus des Todes Reich Sei bedeckt und umwunden Die Bahre der todten Kön'gin der Stunden! Eilt ohn' Ermatten, Gejagt, wie Schatten Vor'm Tag mit Beben Vom blauen Morgenhimmel entschweben. Hinschmelzend im Raum, Versprühend wie Schaum Entfliehen wir eilig Vor den Kindern des Tag's, der endlos und heilig, Wie der Schlummergesang Des Wind's, der verklang Und starb dahin An dem Busen der eig'nen Harmonie'n! Was waren das für Spukgestalten? Die Stunden, die vorüberwallten, Ergraut und schwach, mit bleichen Schwingen, Die Beute tragend, die ihre Kraft Nach jenem Siege zusammengerafft, Den nur ein Einz'ger konnt' erringen. Sind sie vorbei? Vorüber sind Sie schneller, als der Wind! Noch eh' du's sagst, sind sie entflogen! Wohin, wohin sind sie gezogen? Ins Vergang'ne, ins Grab, Zu den Todten hinab! Lichtwolken am Himmel, Thausternchen auf Erden, Die Meerfluth bewegt Von Wogengewimmel. Ein Sturm des Entzückens im Wellenrevier, Sie tanzen erregt Mit Jubelgeberden, Doch wo seid ihr? Die Fichten singen Mit neuer Lust, Die Wellen tönen, Die Quellen klingen Wie Melodien eines Geistes allhier. Die Stürme dröhnen, Wie der Berge Brust, Doch wo seid ihr? Wer sind die Wagenlenker? Wo die Wagen? Die Stimmen der Geister der Luft und der Erden, Sie machten den Vorhang des Schlafes los, Der unser Dasein bedeckt, wie einst unser Werden In der Tiefe Schooß! In der Tiefe Schooß? O unter der Tiefe Schooß! Wir waren gewiegt in Träume tief, Von Sorg' und Haß seit Aeonen, Und Jede, die wacht', wo die Schwester schlief, Fand Schlimm'res noch – Als ihre Visionen! Wir hörten die Leyer der Hoffnung im Schlaf, Wir kannten die Stimme der Liebe im Traum, Wir springen, da weckender Zauber uns traf, Wie am Morgen die Wellen mit rosigem Schaum. Den Reigen schlingt, getragen von Winden, Den Himmel durchdringt mit der Lieder Macht, Bezaubert den Tag, der so rasch im Entschwinden Und hemmt seinen Lauf nach den Höhlen der Nacht. Einst waren die hung'rigen Stunden wie Hunde, Sie jagten den Tag wie ein blutendes Wild, Und strauchelnd enteilt er mit klaffender Wunde Durch öder Jahre nächtlich Gefild'. Doch nun sei der mystische Reigen gewunden Von Lichtgestalten, Gesang und Tanz, Mit den Geistern der Freude und Macht laßt die Stunden Wie Wolken und Sonne sich einen im Glanz. Eint euch im Glanz. Sieh dort die Genien nah'n der Menschenseele, Gehüllt in Wohlklang wie in lichte Schleier! Wir folgen dem Schwall, Dem Tanz und dem Schall In stürmischer Freude wirbelndem Drängen, Gleich fliegenden Fischen, Die aus Wogen zischen, Halbschlafenden Vögeln der See sich zu mengen. Von wannen kommt ihr? – Die Blitzesstrahlen, Ihr stürmischen Geister, sind eure Sandalen! Wie Gedanken schnell ist das Flügelpaar, Der Blick, wie die Liebe, des Schleiers baar! Vom Menschengeist sind Genaht wir, der blind Und stumpf und verworfen erst jüngst noch war, Nun ist er ein Meer, Ein Himmel, der sonnig und friedlich und klar. Aus den Tiefen zurück Von Wunder und Glück, Darin die Höhlen krystall'ne Paläste, Von der Thürme Pracht, Wo Gedankens Macht, Ihr glücklichen Stunden, bewacht eure Feste. Aus dem Heim der Liebe, Wo zärtlich Getriebe Euch fassen will an den flatternden Flechten. Von den Inseln blau, Wo die Weisheit schlau Die Schiffe euch hemmt mit Syrenenmächten. Aus den Tempeln hervor, Von Aug' und Ohr Ob allen Künsten der Musen erbaut; Aus murmelnden Wellen Entsiegelter Quellen, D'rin Weisheit dädalische Schwingen bethaut. In der Jahre Fluth, Durch Thränen und Blut, Eine Hölle von Haß und Hoffen und Bangen Durchwallten wir und Gewahrten den Grund Nur selten, dem Knospen des Glückes entsprangen. Uns'rer Füße Schritt Bringt Ruhe nur mit, Balsamischer Regen den Flügeln entthaut, Und unsere Augen Nur Liebe nun saugen, Die wandelt zum Eden, all was sie schaut. So sei nun des Reigens Gewebe gesponnen, Aus Tiefen des Himmels, von Enden der Erde, Kommt, flinke Geister der Macht und der Wonnen, Zu Tanz und Gesang mit Jubelgeberde, Sowie von tausend Strömen die Wellen Zum Meere von Glanz und Wohlklang schwellen. Der Sieg ist errungen, Das Werk ist gelungen, Wir tauchen und fliegen, durch nichts mehr beengt, Im wirbelnden Lauf, Bald hinab, bald hinauf, Bald im Kreise, der dunkel das Weltall umfängt. An den Augen der Welt, Am Sternenzelt Vorbei in die grauen Tiefen wir ziehn, Nacht, Chaos und Tod Vor unserm Gebot Wie vor dem Sturme die Nebel entfliehn. Luft, Erde und Glanz Und der Geist, der zum Tanz Die Sterne treibt in feurigem Flug, Leben, Lieb' und Gedanken, Die den Tod umschranken, Sie folgen begleitend stets unserem Zug. Unser Sang soll erbauen Im Aether, im blauen, Dem Geiste der Weisheit ein himmlisches Land, Dem neuen Reich Des Menschengeist's gleich Sei dies Werk das Werk des Prometheus genannt. Unterbrecht nun, ihr Geister, den Tanz, den Gesang! Laßt jene dort ziehn, haltet diese zurück! Es treibt unser Flug den Himmel entlang! Uns fesselt der Erde Entzücken und Glück! Ohn' Unterlaß, rasch und stolz mit der Schaar Der Geister, die Erde und See erneuen, Einen Himmel schaffen, wo keiner noch war. Laßt feierlich leise, verklärten Gesichts Den Tag uns geleiten, die Nacht zerstreuen Mit der Macht einer Welt vollkommenen Licht's. Wir umwirbeln den Aether, der langsam sich ballt, Bis Bäume und Thiere und Wolkengestalt Dem liebebeschwichtigten Chaos entsteigen. Wir umkreisen der Erde Berge und See'n Und selige Formen von Tod und Entstehn, Sie wandeln und wechseln nach unserem Reigen. Unterbrecht nun, ihr Geister, den Tanz, den Gesang, Laßt diese verbleiben und jene zur Ferne Sich weiter schwingen, – wir leiten durch's Meer Des Aethers, an Zügeln entlang, So leicht und so stark, wie die Strahlen der Sterne, Die Wolken, vom Regen der Liebe so schwer. Ha! sie entfloh'n! Doch fühlst du das Entzücken Nachzittern nicht, genoss'ner Seligkeit? Dem grünen Hügel gleich, auf den herab Der Regen einer leichten Wolke thaute Und der mit tausend sonn'gen Tropfen dann Empor zum unbedeckten Himmel lacht. Dieweil wir sprechen klingen neue Töne! Was ist das für ein feierlicher Klang? 's ist die erhabene Musik der Welt, Die, wie sie rollt, dem Saitenspiel der Luft Aeol'sche Melodien entlockt. Horch nur, Wie and're Klänge füllen jede Pause, Die silberklar und eisig scharf das Ohr Durchdringen und dann in der Seele leben, Sowie der Sterne scharfe Strahlen brechen Durch die krystall'ne Winterluft und schauen Dann auf sich selber in des Meeres Spiegel. Doch sieh', wo in zwei Schattengänge dort, Von hangendem Gezweige überdeckt, Der Wald sich theilt und wo zwei Silberadern Sich eines Bächleins in dem dichten Moos, Von Veilchen ganz durchwoben, ihren Weg Gebahnt, den melodienreichen, wie Zwei Schwestern, die mit Seufzern sich getrennt, Um freudig lächelnd wieder sich zu finden! Zu einer Insel holden Kummers ward Die Trennung, d'rauf von trauernden Gedanken Ein Wald sich hebt. – Sieh dort zwei Lichtgestalten Von selt'nem Glanz mit dem gewalt'gen Klang Hingleiten, der wie Meeresbrausen schwillt Und immer stärker jetzt und voller strömt, Tief unter'm Grund und in der stillen Luft. Sieh dort den Wagen, gleich dem dünnen Boot, Das da der Monde Mutter durch die Ebbe Der Nacht nach ihrer Höhl' im Westen trägt, Wenn sie aus Neumondsträumen springt empor. In Kreisform wölbt sich d'rob ein Baldachin Von holdem Dunkel und die Hügel all Und Wälder sehn durch jenes Schleiers Düster Gleich Schatten aus in eines Zaub'rers Spiegel. Des Wagens Räder bilden dichte Wolken, Azur'n und golden, wie die Genien Des Sturm's sie thürmen auf der glüh'nden See, Wenn sich die Sonne in die Wellen stürzt. Sie rollen und bewegen sich und wachsen, Vom Windeshauch getrieben und geschwellt. Und d'rin sitzt ein geflügelt Kind – so weiß, Wie glänzend Weiß des frischgefall'nen Schnee's, Die Federn gleichen zarten Frostgebilden, Darauf die Sonne scheint, – die Glieder schimmern Weiß durch den windgeschwellten Faltenwurf Des schneeigen Gewandes, das ein zart Gewebe aus äther'schen Perlen ist. Sein Haar ist weiß, wie schimmernd weißes Licht, Das Strahlen wirft, doch seine beiden Augen Sind Himmel von durchsicht'gem Dunkel, das Die Gottheit, die d'rin wohnt, scheint auszuströmen, Sowie ein Sturm aus zack'gen Wolken strömt Und mildert rings die strahlend kalte Luft Mit Feuer ohne Glanz. – In seiner Hand Schwingt's einen zitternd bleichen Mondenstrahl, Von dessen Spitze aus geheime Macht Den Wagen lenkt auf seinen Wolkenrädern, Die, wie sie rollen über Gras und Blumen Und Wellen hin, so süße Töne wecken, Gesang des Regens gleich von Silberthau. Und jener andern Lichtung dort im Wald Entrauscht im Wirbelsturm der Harmonie'n Ein Ball, gefügt aus tausenden von Bällen, Fest wie Krystall und doch durchfließt ihn ganz, Als wär's durch leeren Raum, Musik und Licht: Umfassend und umfaßt, zehntausend Kreise, Sie blitzen purpurroth und blau und weiß Und grün und golden, Ring in Ring verschlungen, Und alle Zwischenräume sind bevölkert Mit wunderbaren, seltsamen Gestalten, Wie sie Gespensterträumen in der Nacht, Der unerleuchteten entsteigen, doch Durchsichtig, daß die andern keine deckt. Und sieh'! die Sphären durcheinanderwirbelnd, Sie drehen sich in tausendfachem Flug Um tausende von unsichtbaren Achsen. Mit der Gewalt der selbstzerstörenden Geschwindigkeit, erhaben doch und leise, Im Feiergange rollen sie dahin Und mannigfalt'ge Töne ringen sich Von ihnen los und klingen ineinander Mit deutlich klarem Wort und wilden Sängen. Und von dem Wirbel dieses Sphärenknäuels Wird da der klare Fluß, durch den er streicht, In blaue Nebel aufgelöst, so dünn Und leicht, wie Licht und Luft. – Und das Arom Der Waldesblumen, die Musik der Winde, Des Grases Flüstern, das smaragd'ne Licht Der Strahlen, die im Blätterdach gefangen, Von der gewalt'gen Eile dieser Sphären, Die doch zugleich sich selbst zu hemmen scheint, Sie einen sich zu einer luft'gen Masse, Die unsern Sinn berauscht. – Inmitten aber Des Ball's, auf Alabasterarmen ruht, Gleich einem Kind, von holdem Spiel ermüdet, Auf dem geschloss'nen Schwingenpaare schlafend Und zartgewelltem Haar, der Geist der Erde. Und du kannst sehn, wie seine zarten Lippen Im lichten Schimmer ihres eig'nen Lächelns Sich regen leis', als ob in Träumen er Von süßen Dingen spräche, die er liebt. Er ahmt nur nach des Balles Harmonie. Und sieh' aus einem Stern ob seiner Stirne, Gleich Feuerschwertern oder gold'nen Speeren, Mit Myrthen überwunden, zum Symbol, Daß Erd' und Himmel Eins nun, schießen Strahlen, Wie Speichen eines unsichtbaren Rades. Sie wirbeln, wie der Erdkreis, schneller als Gedanken, füllend so den Abgrund aus Mit sonnengleichen Blitzen und bald senkrecht, Bald quer durchdringen sie den dunklen Boden Und legen, weiterdringend das Geheimniß Dann von der Erde tiefem Herzen bloß: Endlose Minen von Demant und Gold, Werthlos Gestein und wiederum Juwelen Von ungeträumtem Werth und Höhlen, die Auf mächt'gen Säulen ruhen von Krystall Und rings bedeckt sind mit lebend'gem Silber. Und unergründlich tiefe Feuerschlünde Und Quellen auch, von denen, wie ein Kind, Die große See sich nährt und deren Dämpfe Der Erde königliche Berge hüllen In königlichen Hermelin aus Schnee. Die Strahlen schießen weiter und beleuchten Die trauernden Ruinen längstverwich'ner Epochen: Anker, Schiffesschnäbel, Planken, Die schon zu Marmor wurden, Köcher, Helme Und Speere und gorgonenhäupt'ge Schilde, Der Sichelwagen Räder und den Zierrath von Trophäen, Bannern und von Wappenthieren, Um welche einst der grause Tod gegrinst, Begrabene Symbole der Zerstörung, Ruinen jetzt inmitten von Ruinen. Zur Seite hier die Trümmer stolzer Städte, Bewohnt von Völkern, die die Erde deckt, Die sterblich waren, aber menschlich nicht. Seht ihre ungeheuren Werke liegen, Ihr widriges Gebein und Marmorbilder Von ihrer Hand und Häuser dort und Tempel, Gestalten wunderbar, die in das Grau Gehüllt nun der Vernichtung und zersplittert, Versenkt nun in die dunkle Tiefe sind. Und über diesen liegen die Skelette Beschwingter Thiere, die uns fremd und Fische, Die einst lebend'ge Schuppeninseln waren, Und Schlangen, Knochenketten, rings gewunden Um Eisenklippen, oder tief vergraben In Haufen Staub's, zu dem ihr Todeskrampf Die Klippen einst, die eisernen zermalmt. Und d'rüber der geschuppte Alligator, Das mächt'ge Nilpferd, das die Erd' aufwühlte, Sie, die Monarchen einst der Thiere waren, Die an den schlamm'gen Küsten und auf weitem, Unkrautbewachs'nem Festland sich vermehrten Und wuchsen, wie die Würmer wohl im Sommer Auf dem verlass'nen Leichnam, bis herab Von blauer Wölbung Fluthen stürzten, die, Gleich einem Mantel eingehüllt den Erdball Und sie lautklagend heulten und verröchelnd Anheim nun fielen der Vernichtung, oder Ein Gott auf schwebendem Kometenthrone Vorüberfliegend ihnen rief: Seid nicht! Und sie, gleich meinem Worte, – nicht mehr waren. Triumph und Freude, die den Sinn berücken! O überströmend grenzenlos Entzücken! O der Begeist'rung Taumel, ungezügelt! O wonniges Gefühl, das mich umwebt Mit einem Lichtkreis und das mich erhebt Gleich einer Wolke, die der eig'ne Hauch beflügelt! Mein Bruder, der so stille wandernd geht, Aus Land und Luft, du glücklicher Planet! Dir entringt ein Geist wie ein Lichtstrahl sich, Durchzitternd meine frostige Gestalt, Und sieh'! Es dringt der Wärme Allgewalt Mit Lieb' und Duft und Klängen wonniglich In mich, in mich! Ha! ha! Die Höhlen meiner Berge dröhnen, Die Feuerschlünde und die Quellen tönen, Sie schlagen unauslöschliches Gelächter auf! Die Oceane, Wüsten und die Klüfte, Die ungemess'nen Wildnisse der Lüfte Aus Wolken und aus Wellen geben Antwort d'rauf! »Gekrönter Fluch!« – so schrei'n sie laut mit mir – »Der unser ganzes Universum hier Zerstören wolltest und aus einer Wolke dampfend Herniederregnen lassen heiße Steine, Zerschmetternd meinen Kindern die Gebeine, All, was mein Schooß gebar, zu einem Chaos stampfend – Bis alle Thürm' und Säulen rings hienieden, Paläste, stolze Tempel, Pyramiden, Umwölktes Schneegebirge mit dem Feuerkamm, Mein Wäldermeer, die Früchte all und Blüthen, Die ich als Grab und Wiege soll behüten, Von deinem Haß zertreten war zu todtem Schlamm – Wie wardst vom durst'gen Nichts du aufgesogen, Dem Wasser gleich, mit dem ein Trupp gezogen – Durch's Wüstenmeer, ein winz'ger Tropfen nur für Alle! Und Liebe schießt nun allwärts in den Raum, Den du erfüllt, seit du vernichtet kaum, Sowie ein Blitz fährt in die Kluft mit Donnerschalle.« Auf meiner todten Berge Zinnen Löst sich der Schnee und Quellen rinnen, All meine Meere fluthen, singen, scheinen, Aus meinem Herzen strömt ein Geist, Der warm und fruchtbar werden heißt, Den kalten Busen mein: Ich fühl' den deinen Am meinen, am meinen! Ich seh' dich an und fühl' und weiß, Bald blühen Blumen, treibt das Reis, Es regt sich bald lebendiges Getriebe, Musik erklingt in Luft und Meer Und Wolken fliegen hin und her, Vom Regen schwer, geträumt vom Knospentriebe, 's ist Liebe, 's ist Liebe! Ich fühle sie mir den granit'nen Leib durchdringen Von Staub und Wurzeln hier, die wirre sich verschlingen, Bis zu dem höchsten Laub und zarten Blumendüften, In Windes Flügeln lebt sie, in der Wolken Lauf, Sie weckt vom Schlaf die lang vergess'nen Todten auf, Und Geist und Leben steigt aus ihren finstern Grüften. Und wie ein Sturm durchbricht der dunklen Wolken Haft Mit lautem Donner und des Wirbelwindes Kraft, Steigt Liebe aus des Seins verborg'nen, finstern Schlünden! Mit der Gewalt des Erderbebens macht sie schwanken Das dumpfe Chaos hier der stockenden Gedanken, Bis Haß und Furcht und Pein wie hohle Schatten schwinden, Dem Menschen weichend, der, ein Spiegel mannigfalt, Durch Zerrgebilde einst von trüglicher Gestalt Die Welt entstellt, nun ward ein liebespiegelnd Meer, Das alles Sein umfängt, dem sonn'gen Himmel gleich, Der mild und heiter schwebt ob klarem Fluthenreich, Und Leben strahlt und Licht aus stern'gen Tiefen hehr, Ihn fliehend, wie man flieht vor'm aussatzkranken Kinde, Das in des Waldes Schooß folgt einer siechen Hinde Zum Felsen, d'raus hervor heilkräftig quillt ein Brunnen. Wenn rosig lächelnd es dann heim zur Mutter wallt, Meint Jene ein Gespenst zu sehn, doch deckt sie bald Mit Freudenthränen heiß das Kind, das neu gewonnen. Mensch! – o nicht Menschen mehr! – in einer Kette Bann Von Lieb' und Macht vereint, die Keiner trennen kann, Die Elemente all mit eh'rner Kraft bekämpfend, Sowie die Sonne lenkt mit des Tyrannen Blick Der ruhelosen Sterne große Republik, Des Himmels Freiheit so, die allzu wilde dämpfend! Mensch! eine Seele jetzt von vielen Seelen nur, Deß göttlich Tribunal die eigene Natur, D'rin Alles fließt ins All, wie Flüsse nach der See! Alltägliches verklärt der Liebe holder Strahl, Mühsal und Schmerz, sie ruh'n im grünen Lebensthal, Raubthiere, die gezähmt, wie's Keiner ahnte je. Sein Wille, sonst von all den Leidenschaften blind Und eitlen Sorgen, die ihm Satelliten sind, Ein Geist, zum Herrschen schlecht, – nur fähig sich zu schmiegen, Ist nun ein sturmbeschwingt Gefährt' – die Liebe lenkt Es durch den Wogenbraus, der's nimmermehr versenkt Die wild'ste Küste muß sich seiner Herrschaft fügen. Erkannt ist seine Macht! Den kalten Marmorstein, Die todte Farbe selbst durchziehn die Träume sein, Goldfäden, die dem Kind zum Kleid webt Mutterliebe Und seine Rede tönt gleich orphischem Gesang, Der mit dädal'schen Harmonie'n der Formen Drang Und der Gedanken lenkt, der sonst gestaltlos bliebe. Sein Sklave ist der Blitz, – in Himmelstiefen klar Kennt er die Sterne, die vor ihm gleich einer Schaar Gezählter Lämmer ziehn und ihm entgeht nicht eins! Sein Renner ist der Sturm – frei schwebt er durch die Luft, Birgst ein Geheimniß du, o Himmel? also ruft Der Abgrund – mich enthüllt der Mensch – ich habe kein's! Von meinem Pfad durch's Himmelreich, Sah ich des Todes Schatten bleich, Das Leichentuch von Schlaf und Frost entfliehn. Und meine Büsche, neu erblüht, Durchwandeln Paare, lieberglüht, So mächtig nicht, doch mild, wie sie, die ziehn Durch deine Thäler hin. Wie schmelzend milder Dämm'rung Wärme sinkt Auf frost'gen Thau, der grün und golden blinkt, Bis er beflügelt sich als leichter Nebel hebt Zur blauen Himmelswölbung aus dem Thal Und Abends noch im letzten Sonnenstrahl, Ein amethyst'nes Vließ, hoch ob dem Meere schwebt. Dich hüllet und umglüht Ein Licht, das nie versprüht, Der eig'nen Lust, ein Licht der Himmelsruh', Aus allen Sonnen strömt mit Macht Dir Leben, Kraft und Licht und Pracht, Die dich durchglüh'n – dein Licht dann sendest du Mir zu, mir zu! Gedeckt von meines Schattens Pyramide, Zum Himmel ragend, wiegt mich sel'ger Friede, Indeß mein Mund entzückte Siegesfreude haucht, Ein Jüngling, der, in Liebestraum gewiegt, Im Schatten seiner eig'nen Schönheit liegt, Der seine Ruh' bewacht, in Glut und Licht getaucht. In sanftem Dunkel wonniglich Trifft Seel' und Seel' im Kusse sich, Wird matt das Aug' und still das Herz, das schwoll: So, wenn dein Schatten fällt auf mich, Dann werd' ich stumm, – bedeckt durch dich – Von dir, o Stern, aus dem mein Leben quoll, Voll, o zu voll! Um die Sonne geht dein Kreis, Erdball, aller Welten Preis, Der du leuchtest blau und grün Durch ein Licht, vor dessen Glüh'n All die Himmelsleuchten schwinden, Denen Leben ward und Glanz! Deine Buhle, fühl' ich ganz Eine Kraft mich an dich binden, Sowie die magnet'sche Macht, Die in Liebchen's Auge wacht. Ich, ein Mädchen, lieberregt, Deren schwaches Hirn nicht trägt Ihrer Liebe freudig Beben, Muß dich sinnberückt umschweben, Eine nimmersatte Braut, Die ringsum dein Bild beschaut, Wie Mänaden einst die Schale, Welche Agaue zum Mahle Bot in Cadmos' Zauberwald. Bruder, wo dein Flug auch wallt, Eilend folgen muß ich dir Durch des Himmels Glanzrevier! Dein Umarmen weiß zu wehren, Daß ich da versink' im Leeren, Dir entströmt und mich durchweht Schönheit, Glanz und Majestät! Den Verliebten gleich' ich dann Oder dem Chamäleon, Das in des Geschauten Bann Annimmt dessen Farbenton. So das Veilchen in der Au Blicket in des Himmels Blau, Bis daß es ward, wie er, nach dem es sieht, So der Nebel, grau und bleich, Glühet, Amethysten gleich, Im West auf Bergen, die sein Flor umzieht, Wenn Sonnenuntergang Sein schneeig' Kleid durchdrang. Und ach! es weint der matte Tag, Der noch nicht scheiden mag. O sanfter Mond, die Lust, die dir entquillt, Sie trifft mich, wie dein Licht, das klar und mild In lauer Sommernacht den Seemann leitet, Der zwischen ewig stillen Inseln gleitet. O holder Mond! dein Laut, hell wie Krystall, Dringt in die Höhlen meinem stolzen All Und dämpft der Tigerfreude wilden Flug, Die ungeberdig mir im Jubelschall Balsambedürft'ge Wunden schlug. Dem Strom der Klänge hier entsteig' ich nun, Wie einem Bade funkelnder Gewässer, Wie einem Bade von azur'nem Licht Inmitten dunkler Felsen. Süße Schwester! Der Strom der Klänge ebbte weg von uns, Aus seinen Wellen glaubst du nur zu steigen, Weil deine Worte fallen gleich dem Thau, Dem klaren, milden, den die badende Waldnymphe sich von Haar und Gliedern schüttelt. Still! eine Macht, graus, wie die Finsterniß, Steigt aus der Erde auf und schauert nieder Vom Himmel, wie die Nacht; und aus der Luft Bricht wie Verfinst'rung sie, die eingesogen Ward von den Poren rings des Sonnenlicht's. Die herrlichen Visionen, d'rin die Geister, Die singenden, geschwebt dort und geglänzt, Sie schimmern nur, wie bleiche Meteore Durch nebelfeuchte Nacht. 's ist ein Gefühl, Als ob da Worte klängen an mein Ohr. Ein Klang des All's, gleich Worten ist's – o horch! Du Erde! – einer sel'gen Seele Reich, Voll von Gestalten, hehr und göttergleich! Du schöner Stern, voll süßer Harmonie'n, Einsaugend Liebe nur im Weiterziehn, Die deinen Pfad besä't durch's Himmelsblau! Ich hör' – ich sterb' vor dir – ein Tröpfchen Thau! O Mond, der du die Erd' anstaun'st, wie sie Bewundernd ihren Blick zu dir erhebt, Indessen Mensch und Thier und All was lebt, In euch bewundert Glanz und Harmonie! Ich hör': ein schwankes Blatt, das vor dir bebt. Ihr Könige der Sonnen und der Sterne Aether'sche Herrscher, Götter und Dämonen, Die in elysisch sel'gen Räumen wohnen, Weit hinter dieses Himmels stern'ger Ferne. Es hört die große Republik! herauf Tönt Segen uns und wir – wir segnen wieder! Ihr sel'gen Todten, denen Strahlengarben Nur Wolkenschleier sind – nicht bunte Farben, Ob die Natur euch noch dieselbe sei, Die ihr gesehn einst und erduldet – Ob vorbei Wir zogen und ob auch verwandelt wir, All denen gleich, die wir verlassen hier – Ihr Elementengeister, die ihr wohnt Allüberall – im Geist der Menschen thront Und lebt im dumpfen Blei – im Sternenzelt Und in dem Unkraut, d'raus der Wurm erhält, Der niedrige, die Nahrung sein – Wir hören! Du kannst vom Schlafe das Vergessen stören! Ihr Geister all, die ihr im Fleische lebt! Ihr Thiere alle, – Vogel, Fisch und Wurm, Ihr Knospen und ihr Blätter – Blitz und Sturm, Ihr ungezähmten Heerden, die ihr schwebt Als Meteore in des Himmels Feldern! Dein Wort ist Windhauch uns in stillen Wäldern! Mensch! Der ein Sklave war und ein Despot, Der selbst betrogen ward und Täuschung bot! Sprich! Möge nimmermehr dein Wort vergehn! Dies ist der Tag, da durch des Menschen Macht Des Himmels Tyrannei der Abgrund schlang! In Ketten seufzt der Unterdrücker bang, Vom Throne, wo geduldig sie gewacht, In weisen Herzen, nach der letzten Stunde Schmerzvollen Duldens, hart am Schlunde, Steigt Liebe auf, heilkräftig zu umschlingen Die ganze Welt mit ihren sanften Schwingen. Geduld und Tugend, Weisheit und Verstand, Die Siegel sind's, die ewig festgebannt Des Abgrund's Macht, die uns zerstören sollte. Und wenn mit greiser Hand die Ewigkeit, Die Mutter mancher That und Stund' befreit Die Schlange, die uns fest umschlingen wollte, – Die Zauberkräfte sind's, die das Verhängniß Auf's neue stürzen sollen ins Gefängniß. Zu tragen Leid, das ihr unendlich meint, Der Macht zu trotzen, die allmächtig scheint, Unrecht verzeih'n, das schwarz wie todt und Nacht, Und lieben, hoffen, bis der Hoffnung Kraft Aus ihren Trümmern das Ersehnte schafft, Nicht straucheln, schwanken, nicht der Reue Macht In müß'ger Thränenfluth den Nacken biegen, – Gleich deinem Ruhm, Titan, heißt dies allein Gut, groß und frei und schön und freudig sein, Ja dies allein heißt leben, herrschen, siegen!