Selma an Selmar Tragt mich, ihr Abendwinde! Zurück zu jener Linde, Zum Sitz von seidnem Gras, Wo zwischen den Lianen, Umsäuselt von Platanen, Einst Selmar mit mir sass! Noch ist sie mir, die Stelle, An jener Schattenquelle, Ein heiliger Altar, Wo ich im Abendthale, Mit ihm zum letztenmale So froh und selig war! Da trugen sanfte Lüfte Der Nachtviolen Düfte Durch den bewegten Hain; Die Abendwolken glühten, Es küssten sich die Blüthen In dem Verklärungs – Schein. Besäumte Wölckchen flogen, Gefärbt von Iris Bogen, Hinauf aus feuchter Flur; Die Abendluft umwehte Still, wie die heil'ge Lethe, Die feiernde Natur. Es glühte in der Ferne Das Heer der goldnen Sterne, Wie froher Hoffnungs – Schein; Sie schuf uns süsse Träume, Und lichtete die Räume In diesem Feenhain. Du brachst der Blumen viele Am Bach, zum süssen Spiele, Und riefst: »Vergiss mein nicht!« Und schlangst sie um Zypressen, Und solltest du vergessen, Hör', was dies Kränzchen spricht; Noch denk' ich jener Tage, Ach, nie verstummt die Klage, Und nie versiegt der Schmerz; Uns trennte das Gebieten Des Schicksals; ew'gen Frieden Wünscht dir gerührt mein Herz! Da, unter jenem Himmel, Erschien das Weltgetümmel Uns wie ein Schattenspiel, Wo Menschen Menschen drängen, Um auf verschiednen Gängen Zu nahen einem Ziel. Bewegt von Sympathieen, Umtönt von Harmonieen, Sang ich der Liebe Glück; Doch alle jene Wonnen Sind längst wie Duft zerronnen, Und nichts blieb mir zurück, Als jener stille Friede, Der sanft im Abendliede Und süss im Herzen spricht; Von ihm empor gehoben, Lass ich die Wetter toben; Was bleibet, wandelt nicht!