Elise Sommer Gedichte [Widmung] Ihro Königlichen Majestät, der Königin Friederike Wilhelmine Karoline v. Baiern, gebornen Prinzessin von Baden, ehrfurchtsvoll geweiht von der Verfasserin. Du blicktest hold auf meine schwachen Lieder Von Deines Thrones Majestät herab, Und auf mich sank ein hehrer Lichttag nieder, Der meinem Leben neuen Zauber gab; O schöner Tag, umwallt von Rosendüften! O lichter Stral in meinem Lebenslauf! So steiget hinter dunklem Nachtgewölke Des Tages Herold heilverkündend auf! Und die verklärten Wonneblicke heben Sich freudiger empor zum schönern Leben! Als um der Wesen fabelhafte Träume Die kalte Hülle finstrer Meinung lag, Ertönten Melodieen durch die Räume, Und sangen leis' verwandte Seelen wach, Im hehren Lichtglanz ihrer Regionen Bewegte sich geweihter Sänger Lied, Wie von des Schönen klaren Silberwogen Die Harmonie der Wirklichkeit entflieht, Und durch das Götterland von Idealen Erschimmerten der Wahrheit lichte Stralen. Wie selig, wem im unentweihten Busen Die zarte Blüthe der Empfindung lebt, Wer, hochbegeistert, in dem Schooss der Musen Das Göttliche nur zu besingen strebt! Ich stehe bebend an des Pindus Schwelle, Und höre der Geweihten Feierlied, Seh', dass vergebens sich von ihrem Kranze Der Einfalt Sinn, ein Reis zu haschen, müht; Doch, wo sich Hohes will zum Schwachen neigen, Wird gütig auch des Kenners Blick sich zeigen! Was die Empfindung sang in stillen Stunden, Entfloss ihr leicht auf regellosser Spur, So sang ich kunstloss, was ich rein empfunden, Allein gepflegt am Busen der Natur! Dir weih' ich schüchtern diese leisen Töne, Obgleich mein Lied nie Deinen Namen nennt, Wer kennt, wie Du , das Heilige, das Schöne? Die Güte, die sich nie vom Hochsinn trennt? Mag auch nur schwach die Muse aufwärts schweben, Unsterblichkeit wird ihr Dein Name geben!