2. Die Missethäterin an ihren Säugling O weh mir armen Mutter! O unglückselig Kind, Daß in der Wehenstunde Wir nicht verschmachtet sind! O schlage nicht dein Auge So froh zum Morgenrot! Das Weib, das dich geboren War ihres Gatten Tod! O blicke nicht so suchend Aus deiner Wieg' umher: Den du so gierig suchest, Dein Vater ist nicht mehr! Er liebte fremde Dirnen Samt der verhaßten Brut, Mehr als die Angetraute, Mehr als sein eigen Blut; Ach Gott! da übermannte Mich Eifersucht und Schmerz; Dies blanke Messer stieß ich Dem Schlafenden ins Herz! Mit deines Vaters Blute Färbt' ich dies Messer rot! Mit meinem Blute färb' ich Das Henkereisen rot! Neun lange Jammermonde Wardst du für Schmach und Not In diesem Kerker reifer, Ich aber für den Tod! Noch eh' ich meinen Namen Dich stammeln hören kann, Schleppt mich zum Blutgerichte Die Rache schon hinan. Bei Menschen, armes Würmchen! Lass' ich dich nun allein! Sie werden taub wie Steine Bei deinem Jammer sein! Dir Herz und Pforte schließen Und, statt des Trostes, gar Dich foltern mit der Frage, Wer deine Mutter war? Und weh dir, wenn du Rache Gleich deiner Mutter übst, Dir selbst, des großen Rächers Uneingedenk, sie giebst! Drum Thränen und Gebete Und Segen über dich! Ihn, den ich selbst mir raubte, Den Segen über dich! An diesen Mutterbusen Komm' dann zum letztenmal Und schlürfe du dir Labung Aus dieser Brust voll Qual! Vergebens streckst du wieder Die Händchen aus nach mir Und nimmermehr wird Labung An diesem Busen dir! Ach! wer wird künftig Vater, Wer wird die Mutter sein? Ihn deckt ein Kirchhofhügel, Und mich der Rabenstein.