Johann Gottlieb (der Jüngere) Stephanie Die Liebe im Narrenhause Eine komische Oper in zwey Aufzügen Personen Personen Bast, Aufseher im Narrenspital Trübe, dessen Freund, und Vater der Constanze Clärchen, ihr Dienstmädchen Albert, Liebhaber der Constanze Kranke im Spital unter folgenden Namen: Orpheus, ein Musikus Erster Poet Zweyter Poet , Narren Lucrezia Virginia , Närrinnen Nicolo, Narrenwächter 1. Akt 1. Auftritt Erster Auftritt. Constanze und Clärchen kommen aus einer Seitenthüre Erschrecklich! entsetzlich! ich kann es kaum denken! Ich sollte noch heute mein Herz ihm verschenken, An einen so häßlichen steinalten Mann! Nur stille! ich bitte! noch ists nicht geschehen, Es kann sich noch alles so wunderlich drehen, Daß jedes von Ihnen zufrieden seyn kann. Die Liebe hat öfters schon Wunder verrichtet, Und manche bestimmte Verbindung zernichtet, Sie nimmt sich vielleicht wohl auch meiner / Ihrer noch an. kömmt dazu. Geschwinde mein Püppchen! komm sieh nur die Sachen, Die unsre zwey tollen Poeten itzt machen, Sie streiten und stehn da wie Hahn gegen Hahn. Anfangs allein, dann zusammen. ganz ernsthaft. Ich kann über solche Geschöpfe nicht lachen, Denn so was steht keinem Vernünftigen an. heimlich zu Constanzen. Sie werden ihn sicher noch mißtrauisch machen, Dann scheitert mein schöner und herrlicher Plan. Komm, folge, sie treiben die närrischsten Sachen, Und packen einander ganz sicher noch an. Nach einer Pause, in der Bast Constanzen aufmerksam betrachtet, Constanze sich aber mit Clärchen heimlich bespricht. Was seh' ich! sie zögert? das macht mir Bedenken, Sie trägt sich vermuthlich mit heimlichen Ränken! Da muß ich behutsam und aufmerksam seyn. zu Clärchen. Es ist mir nicht möglich mit Liebe zu heucheln, Den, so ich verachte, dem kann ich nicht schmeicheln Ich laß' mich auf Trug und Verstellung nicht ein. heimlich zu Constanzen. Ein wenig Verstellung ist eher zu wählen, Als lange vergebens mit Hoffnung sich quälen; Und endlich ein Opfer des Eigensinns seyn. heimlich zu Constanzen. Ich bitte, seyn Sie klug, Sie wissen nicht, was ich für Sie unternommen habe. ebenfalls heimlich. Ach! was wird es nützen! Mein Puppchen was ist Dir? Du bist ja so niedergeschlagen. Wundert Sie das Herr? So eingesperrt, trotz einer Gefangenen! Keinen Menschen zum Umgang – muß man nicht endlich traurig werden? Ich selbst fühle, daß ich anfange meine Munterkeit zu verlieren. Eben deswegen schlag' ich ja vor, die zwey Poeten zu sehen, die werden Sie gewiß aufmuntern. Und glauben Sie, daß dies etwas beytragen wird, meinen Humor umzustimmen? Es wäre nur vorübergehend, und würde mich dann um so trauriger machen, weil ich mir das Elend der armen Leute dabey vorstelle. Glaubst Du, daß diese Leute elend sind? Im Gegentheil, sie sind glücklicher als wir, sie fühlen nur ihre eingebildete Größe, ihre Gelehrsamkeit und nicht ihr Elend. Richtig, ein Narr ist immer glücklicher, als ein Kluger, das sieht man täglich in der Welt, und braucht deshalb nicht erst ins Narrenhaus zu gehen. Das ist vernünftig gesprochen. Aber hier sieht man sie in ihrem ganzen Glanze, und kann sie nach der Wahl haben. Sieh mein Püppchen, wenn ich mürrisch bin, so laß ich mir die lustigen Narren kommen, die heitern mich gleich auf. Und – ich wünschte, daß Du das auch thun möchtest, denn da wir nun bald ein Paar werden, so mußt Du auch meine Lebensart gewöhnen, Das sag ich auch Mamsel; da Sie einmal bestimmt sind, mit Narren zu leben, müssen Sie sich auch an ihnen zu belustigen suchen. Heimlich. Geben Sie ihm Hoffnung. Ich will sehen. O sieh, sieh, da kommen sie. 2. Auftritt Zweiter Auftritt. Die Vorigen, zwey Poeten. Nein, nein, ich will nicht weiter ringen, Du möchtest mir gern meinen Mayenkranz entreißen, um Deine verdorrten Lorbern damit aufzufrischen. Mein wartet Minnesold, den sollst Du mir nicht rauben. Zu Constanzen. Ach Holde! harrest Du schon? O wie beklag ich Dich! schon lang wollte ich Dir dies Roßmarinsträuchgen und dies Blümchen Vergißmeinnicht bringen, aber dieser Eber trat mir in den Weg. Ha, ha, ha! Nun? Zu Constanzen. Was sagst Du Püppchen? zwingt sich zu lachen Er ist nicht übel. Du! der Du so tief bist unter mir, als der Welten taufende Raum fassen, und als, berechnet nach der Länge, dieser tausendfache Weltenumfang in gerader Linie beträgt; Raupe des Parnassus! Du willst es wagen, Deinen Staubkopf zu messen mit mir dem Adler im Dichterhayn! Ich wäre lüstern nach Deinem Kranze, der geflochten ist von stinkenden Blumen, die da dienen zum Futter den Wächtern des Kapitols? und die die Magd der Käse und Buttergeberinnen nennt Gänseblumen? Wiß' es Krähe und verstumme: mein Ruhm ist gleich der hochwipplichten Eiche am hohen Berge, welche da steht fest und unerschüttert im Sturmwind, der Deine hingegen ist wie ein Binsenhalm im schlammigten Mooßgrunde. Bast und Clärchen lachen überlaut. Nun? gefällt Dir das Ding nicht? lächelnd. Ich muß freylich lachen, aber sie auch beklagen. Mir traust Du dich das zu sagen, Du Eichelkönig? Mir, der ich die Liebesleyer so gut zu stimmen weiß, und Minnelieder ertönen lasse? Mir? der ich auf Lilien und Rosen schlafe, da Du wie ein Schwein im Eichenlaub herumwühlst? Mir, der ich die Sprache der Götter so vollkommen verstehe? der ich mich so leicht auf den Pegasus schwinge, als eine Lerche im Frühlingsmorgen empor steigt? Aber warte, ich will Dir eine Wunde versetzen, die Dir unheilbar werden soll. Ich will einmal für das Theater schreiben, und der Ruhm, der Reichthum, den ich dadurch erwerben werde, wird Dich lehren, welch ein Unterschied zwischen mir und Dir sey. Recht so, dahin gehörst Du auch mit Deinem Flötenspielergesang, den Du abgelernt hast den Hütern der Wollenträgerheerde. Das Theater ist eine Gemeinweide, wo das edle Streit roß, der Esel, der Ochse und die Kuh neben einander weiden; wo neben den herrlichsten Kräutern die schlechtesten Disteln stehen. Dort nimmt man oft das Falsche für das Wahre, das Schlechte für das Gute; oft sieht dort der Vernünftige, der Künstler sich von einem Dummkopf, einem Charlatan verdrängt, da wirst Du also auch Aufnahme finden. Denn nichts kann so abgeschmackt und albern dort erscheinen, daß es nicht Anhanger finden sollte. Das spricht der Neid aus Dir, weil Du mit Deinem hochtrabenden gelehrten Unsinn, den kein Sterblicher versteht, dort keine Aufnahme finden wirst. Flieh' eh' mein gerechter Eifer entbrennt, und mein Donner Dich zermalmt. Du Geschmeiß unter den Insekten des Parnaßus! Wisse, ich bin der Allvater der Barden, aus meinen Lenden entsprang vor tausend Jahren Oßian, ich streute seine Asche in die Luft, und siehe jedes Stäubchen wurde der Grundkeim zu tausend Barden Söhnen. Zu Constanzen. Ja Tochter Teuts ich walle Hoch in der Sternen Halle; Ein Kleid von Mondenglanz Schwebt um die Schöpferlende, Von Lichtstrahl ist mein Lorbeerkranz. ebenfalls zu Constanzen. O Holde! scheu die Töne Der rauhen Bardensöhne; Liebflötend sing ich Dir Ein Lied von Minnefreuden; Gieb hold mir einen Kuß dafür. Man muß wahrhaftig lachen. Gelt, das kann munter machen? Doch fühlt mein gutes Herz Bedauern bey dem Scherz. Wer wird nun wohl entstehn So was mit anzusehn? Dem Donner gleicht mein Gang, Der Harfe mein Gesang. Mein Lied, so rein wie Gold Heischt reinen Minnesold. Weg von hier, Du Schmeichelkatze! In dein Loch Du Bärenpratze! Nun wird's erst recht lustig gehn. Schlägerey wird noch entstehn. Das Ungeziefer will nicht weichen. Wohlan, mein Blitz soll es verscheuchen. So stirb! Er faßt den ersten Poeten bey der Brust. Halt ein! der ihn losmachen will. Zurück! O Weh! Geduld Allvater! er muß sterben. O Minna, rett' mich vom Verderben! Den Spaß zu sehn ist mehr ein Jammer. er nimmt eine Ruthe unter dem Rocke hervor, und schlägt den zweyten Poeten auf die Hand, welcher sogleich losläßt. Ein jeder gleich in seine Kammer, Und heute kommt ihr nicht mehr frey. Ich ehre Deine Feuerstimme, O Jupiter! und meinem Grimme Entreißt den Frevler dein Gebot. zu Constanz vor der er niederknieet. Dir Holde danke ich mein Leben, Ich bleibe ewig Dir ergeben, Und sterbe Dir den Minnetod. die Ruthe in die Höbe haltend. Nur hurtig, schert Euch eurer Wege, Und daß sich keiner heut mehr rege, Sonst kommt ihr mir so bald nicht frey. Die Armen fühlen nicht ihr Leiden, Sie finden gar darinn noch Freuden Vergessen selbst den Schmerz dabey. Ich eile nun zum Sternensitze Und spare meines Donners Blitze, Bis mich ein Unding wieder höhnt. Ich eile nun auf Rosenschwingen, Und will süßflötend Lieder singen, Bis Minna meine Liebe krönt. Die beyden Poeten werden von Bast fortgetrieben. 3. Auftritt Dritter Auftritt. Constanze und Clärchen Nun Clärchen? kannst Du mir noch zumuthen, mich an solchen unglücklichen Geschöpfen zu belustigen? Es ist ein barbarisches Vergnügen, das muß ich gestehen, und nur so ein Steinkohlenherz, wie Herr Bast hat, kann daran Freude finden. Unterdessen müssen Sie sich stellen, als wenn es Sie unterhielte, sonst verlieren Sie sogar den Schein der Möglichkeit Ihren geliebten Albert zu erhalten. Wie kann das dazu etwas beytragen? Viel. Hören Sie nur. Ich habe ihm eben jetzt durch Nikolo geschrieben: wenn Sie nicht schleunig Hülfe fänden, müßten Sie, wo nicht heute doch morgen gewiß den alten Narrenvater heirathen. Sie setzten also alle Hoffnung auf ihn. Da aber gar kein Mittel vorhanden wäre mit ihm zu sprechen, so sollte er sich närrisch stellen und hieher bringen lassen, wo Sie also mit einander sich besprechen könnten, was allenfalls zu thun wäre. Wenn Sie nun dem Alten glauben machen, Sie fänden Vergnügen die Narren zu sehen, können Sie alsdenn mit Ihrem Albert reden, und wer weiß was alsdenn die Liebe noch ausbrütet. Ein entsetzlicher Gedanke! ich sollte meinen Albert als Narren hier sehen! O über die Delikatesse! Er muß einen verliebten Narren vorstellen, und da werden Sie hoffentlich keinen so großen Unterschied an ihm wahrnehmen. Das war beißend, Clärchen. Nichts als Wahrheit. Denn wenn es der Raum zuließe, verdienten die meisten Verlieb, ten wohl eben so gut einen Platz hier, als die beyden Porten, wo der eine immer mit lauter Blitz und Donner, der andere aber mit Rosen und Lilien handelt. Wenn Du nur einmal verliebt seyn wirst, was gilt's, Du wirst anders reden! – Aber, wie hat er den Vorschlag aufgenommen? Noch hab' ich keine Antwort. Sie können aber wohl denken, daß er keine Gelegenheit versäumen wird Sie zu retten. Das hoff' ich wenigstens. O Liebe, wenn Dein Anschlag gelänge und ich meinen Albert erhielte! O wie wollt' ich Dich belohnen, Nicht für Schätze, nicht für Kronen Gäbe ich dann meinen Stand: Glebt's ein größer Glück auf Erden? Meines Alberts froh zu werden! Mit ihm wallen Hand in Hand! In feurigen Küssen Der Liebe genießen, Bey zärtlichen Freuden Vergessen der Leiden, Die uns oft die Liebe gemacht! Wer hätte das Glück sich gedacht! O wie wollt ich Dich belohnen! Nicht für Schätze nicht für Kronen Gäbe ich dann meinen Stand. Ab. 4. Auftritt Vierter Auftritt. Welche Glückseligkeit! sollte man nicht meynen, eines Frauenzimmers ganzes Wohl auf Erden bestünde in einem Manne? Gott bewahre! Wenn das wahr wäre, ich spränge gleich ins Wasser! Aber so machens die Verliebten. Habe ich also Unrecht, wenn ich behaupte, die meisten verdienten einen Platz hier im Narrenhause? Sie gäbe Ihren Albert nicht für Kro nen bin? Ha! ha! Wenn ich einen Liebhaber hätte, ich gäb' ihn um einen Jahrslohn her. Denn was ist denn an ihnen? erst knieen, seufzen, die Hände und Füße küssen, und wenn wir armen Narren nun schwach genug sind und uns ergeben, dann wird uns jeder Blick vorgeschrieben, befohlen, ausgeschweift und wir können nun seufzen, aber nicht aus Liebe, sondern aus Herzenleid. Und so sind sie fast alle, unter Tausenden kaum einer, der die Probe hielte. Den suche man nun heraus. Kann man wohl in unsern Tagen Einem Mann zu glauben wagen? Findet man wohl Redlichkeit, Aechte Treu und Zärtlichkeit? Tücken, Ränke, Lügen, Schwänke; Und leider trist es richtig ein, Daß man die muß am meisten scheun, Die unsrer Ruh gefährlich seyn. O schwere Zeit! Will fort. 5. Auftritt Fünfter Auftritt. Clärchen, Nikolaus. Sakkerlot Jungfer, mit so einem Briese schick' Sie mich nicht mehr, das bitt' ich mir aus. Nun? wie so? Entweder Sie kann hexen oder der Brief war behext. Sag' Er mir nur was Er damit will? Sakkerlot was ich will? Ich will nichts auf der Welt, aber der Brief hat etwas wollen. Aber so red' Er nur gescheid! Sakkerlot gescheid! bin ich etwan ein Narr? Nein Jungfer, das bin ich nicht, denn ich habe die Narren unter mir, und wer die Narren unter sich hat, kann selbst keiner seyn, versteht Sie mich? Also bin ich gescheid, und Sie muß mich zu keinem Narren machen wollen, versteht Sie mich? Ums Himmelswillen, das will ich ja nicht. Er ist der klügste Mensch auf Gottes Erdboden meinthalben, aber sag' Er mir nur was es mit dem Briefe für eine Bewandniß hat? hat Er ihn abgegeben? Das glaub' ich, aber was es für eine Bewandniß damit hat, das muß Sie besser wissen, als ich. Genug, richtig ist's damit nicht, das sag' ich Ihr im Vertrauen, wenn Sie ja nichts davon weiß. Denn ich traf den Herrn klug und vernünftig an, wie es ein guter Christenmensch seyn muß; und da ich ihm sagte, daß ich von Ihr einen Brief zu überbringen hätte, war er voll Freuden, und nahm mir ihn selbst aus der Hand; kaum hat er aber ein paar Worte drinn gelesen, so schrie er: Unglücklicher! was bringst Du mir da? Ich wollt' ihm sagen, daß ich's nicht wüßte, er aber riß sich die Haare übern Kopf herunter, schlug sich mit der Faust auf die Stirne, lief wild herum und schrie: Verloren! verloren! Ums Himmelswillen Seine schönen Haare – – – Ja die hängen itzt wie Wixelzöpfe über's Gesicht herunter. Ich lief davon; er lief mir aber nach, und hier beym Hause wurde er wieder ein wenig vernünftig, und bat mich, ich sollt' ihn mit hereinnehmen, weil er nur ein paar Worte mit Ihr sprechen wolle. Das that ich, weil ich mir dachte, wenn er auch hier wieder ein Prarismuß kriegt, so sperrt man ihn gleich ein. Wie? er ist hier? Ja draußen steht er. O so laß Er ihn doch daher kommen. Bleib' Er aber in der Nähe, und geb' Er acht, daß uns niemand trist. Sakkerlot ich werde ja. Aber geb' Sie auch acht, denn wenn er ansängt die Augen zu rollen, so ist's Zeit; da geb' Sie mir nur ein Zeichen, ich werde gleich bey der Hand seyn, und wir packen ihn gerade da ein. Geht ab, und läßt Albert herein, unter der Thüre sägt er zu ihm. Nun, herein, aber gescheid! sonst – – – 6. Auftritt Sechster Auftritt. Clärchen und Albert mit unordentlichen Haaren. Ha! wo ist die Ungetrene? Herr Albert seyn Sie vernünftig. Wir haben nicht lange Zeit, nutzen Sie also die wenigen Augenblicke, wo nicht, so ist Ihnen alsdenn nicht mehr zu helfen. Haben Sie meinen Brief ganz gelesen? Nein, ich habe schon an der ersten Zeile genug. Die Ungetreue verbindet sich heute oder morgen – – – was soll ich weiter lesen? Haben Sie den Brief bey sich? Hier hab' ich das unglückselige Papier. Er will es zerreißen. nimmt es ihm weg. Geben Sie her. Liest. »Ich mache Ihnen zu wissen, daß Mamsell Constanze heut oder morgen unserm alten Narrenvater ihre Hand geben muß – Muß! ha! Still! »Wir sind untröstlich! Das einzige Mittel uns zu retten, ist: stellen Sie sich närrisch und lassen sich zu uns bringen. Wir können dann mit Ihnen sprechen und versuchen, ob uns vielleicht die Liebe ein Mittel an die Hand giebt, diese verhaßte Verbindung zu hintertreiben, und eine andre zu schließen, die Sie und Constanze wünschen.« reißt ihr das Billet aus der Hand. Was! Was! Was liest Du da? Er überliest still das Billet. O Du herrliches Mädchen! Fällt ihr um den Hals und küßt sie. Ich bin schon ein Narr. Das seh' ich. Und bleibe gleich hier. Beyleibe! Das gäbe Verdacht. Fort, fort, und längstens in einer halben Stunde lassen Sie sich herbringen. Und, hören Sie, da Sie gut sin en können, so muß Ihre Narrheit im Singen bestehen. Gut, ich will also gar nichts reden, nur immer singen. Ab. 7. Auftritt Siebenter Auftritt. Clärchen, Nikolo. Was das für Zeit braucht, eh' man so einen Menschen zur Vernunft bringt. Mein Satz bleibt richtig, die Verliebten sind Narren. Nun Jungfer? Gelt, mit dem ist's nicht richtig? Er hat recht lieber Nikolo; Er sah mich für eine Prinzeßinn an. Der wird gewiß bald hergebracht werden. Ja das Hab' ich wohl gesagt. Nun schon recht, ich habe da eben ein Kämmerchen leer. Aber lieber Nikolo, geb' Er ihm ein gutes Kämmerchen, denn er ist noch nicht so ganz Narr. Ach! das macht nichts. Hier wird er's schon vollends werden. Ueberdies sind die halben Narren oft ärger als die ganzen. Und wenn er herkommt, so sag' Er ja Niemanden was davon, daß ich ihn kenne. Ach! versteht sich. Denn wer hat gern mit einem Narren Bekanntschaft. Der arme Mensch! Wo aber das auf einmal so herkommen mag! Da ist nichts als Ihr Brief Schuld, glaub Sie mir's. Ach! Er ist nicht klug. Ich habe ihm ja nichts geschrieben, als daß – meine Großmutter sterbenskrank sey. Du armer Narr! Der muß ein butterweiches Herz haben, wenn er über eine Großmutter ein Narr wird. Der Herr kommt. 8. Auftritt Achter Auftritt. Die Vorigen, Bast und Trübe Traurigkeit affektirend. Ach bester Freund! Was für Dornen unter den Rosen! Man muß alles zum Besten deuten. Ihr Bruder, lieber Herr Bast, hat seine Jahre, er kann also schon abfahren. zu Clärchen. Ist Constanze nicht mehr hier? Nein, sie ist gleich nach Ihnen auf ihr Zimmer gegangen. Wir sind also umsonst hergekommen. Wollen wir zu ihr hin? Ey, sie soll zu uns kommen. Sag's ihr Clärchen. Clärchen ab. zu Nikolo. Und Du sieh nach den Narren. Das hab' ich schon gethan. Die Königinn Cleopatra wird wohl heute müssen gestrichen werden, sie giebt keine Ruh, und die Jungfer Lukrezia ist auch völlig ausgelassen. Ab. Ha! ha! ha! Mir Eurer Cleopatra und Lukrezia! Ich freue mich ordentlich darauf, bey Ihnen zu wohnen Herr Bast. Das wird mein größtes Vergnügen seyn, die Narren alle Tage zu sehen – – – Es ist auch ein wahrer Spaß. Aber Ihre Tochter will noch keine rechte Freude daran finden. Sie wird's schon lernen. Aber wieder auf unsre Angelegenheiten zu kommen – da Sie zu Ihrem Bruder müssen, so muß, denk' ich, die Verbindung doch schon verschoben werden. Ey warum denn? Ich reise dann mit so ruhigerm Gemüthe. Da Sie aber gleich fort müssen, ist nicht einmal Zeit genug dazu. Ach Herr Trübe, Sie erinnern mich wieder an meine traurige Lage. Noch nie haben sich zwey Brüder so geliebt als wir beyde. Wenn er stirbt, bin ich untröstlich. Aber wenn Sie ihn erben, so dächt' ich, könnten Sie sich ja doch trösten? Ach! sein Vermögen ersetzt mir seinen Verlust nicht. Er hat's zu erwerben gewußt, er soll es also auch genießen. TRÜBE Er wird es wohl seinem andern vermachen? Das befürcht' ich nicht; wir haben uns zu sehr geliebt. Aber was hilft mir sein Vermögen, wenn ich ihn verliere. Hierinn sind wir ganz verschiedner Meynung. Geld denk' ich ist ein Mittel für jedes Uebel. Wenn ich Geld und Guth kann erben, Laß ich Weib und Eltern sterben, Geld ersetzt mir den Verlust. Einen Bruder zu verlieren, Sollte das mein Herz nicht rühren! Wie beklemmt ist meine Brust. Menschen denken nun verschieden, Einer ist mit dem zufrieden, Was dem andern Sorgen macht. Reichthum, Freund, giebt Stoff zu Freuden. Dieser Reichthum macht mir Leiden. Einmal müssen wir doch sterben, Das ist schon so hergebracht. Meinen Bruder soll ich erben! Hätt' ich mir das wohl gedacht! Kann Sie das denn so betrüben, Daß man Sie itzt mehr wird lieben? Meine Tochter jung und schön Wird Sie nun weit lieber sehn. lächelnd. Wär' das möglich? Mehr als möglich. Geld bedecket alle Mängel. O der allerliebste Engel! Ihrentwegen nur allein Soll mich diese Erbschaft freun. Muß Sie diese Erbschaft freun. Dann will ich nur denken Dann müssen Sie denken Mit schönen Geschenken Ihr Herze zu stehlen; Es wird auch nicht fehlen, Denn Geld giebt nur Werth. Doch mein Bruder soll mir sterben, Kann ich da wohl fröhlich seyn? Denken Sie, daß Sie ihn erben, Und daß Sie mein Eydam seyn. 9. Auftritt Neunter Auftritt. Die Vorigen, Constanze. zu Trübe. Willkommen lieber Vater. Guten Morgen meine Tochter. Nun? Wie geht's Dir? Gut – Nur – – – Was Nur? Daß ich eben heute mich verbinden soll? – – – Du hast doch gegen die Heirath nichts einzuwenden? ich hab' Dir schon gesagt, ein armes Mädchen wie Du, muß trachten gut versorgt zu werden. Herr Bast hat einen guten dauerhaften Dienst, denn er lebt von Narren, und die gehn nie aus; er hat ein kleines Vermögens und erbt itzt seinen Bruder, der durch seine Handlung einen ansehnlichen Reichthum erworben hat. weinend. Ach! der arme Bruder! wenn ich ihn mit all dem meinigen retten könnte, wie gern würd' ich es thun! Ist er rode? Noch nicht. Gottlob! er ist aber alle Minuten zum Abscheiden. Und wer weiß ob ich ihn noch lebendig treffe. Ich muß noch heute hin, und werde erst morgen zurückkommen. Ich will mich also gleich mit Dir verbinden lassen. Das ist ein hartes Begehren. In dem Augenblick, da Sie mein werden, soll ich mich von Ihnen getrennt sehen! das hieße mit Trauern in Ehstand treten. Denn neue Ehleute sind doch wenigstens den ersten Tag gern beysammen. Warum wollen Sie mich also der Unannehmlichkeit aussetzen, mich aus der Stelle zur Strohwitwer gemacht zu sehn! Ach! das allerliebste Kind! wie Sie mich liebt! Aber sieh' nur liebes Püppchen! Ich bin gern Deines Besitzes gewiß. Das sind Sie ohnedies. Ich bin ja ganz in Ihrer Gewalt. Sehn Sie nur, es ist doch immer besser mit freyem Herzen, mit Munterkeit in Ehestand zu treten. Wir wollen Ihre Zurückkunft erst abwarten; vielleicht bessert es sich auch mit Ihrem Bruder, stellen Sie sich alsdenn die Freude vor, wenn er unsrer Hochzeit beywohnen könnte. Ach das hoff' ich nicht! Man kann nicht wissen. So lange der Mensch noch athmet, ist immer noch Hoffnung vorhanden. Und dann nehmen Sie nur, wie es die Weit auslegen würde, wenn Sie gerade sich verheirathen, da Ihr Bruder am gefährlichsten darnieder liegt. Er selbst, wenn er's erführe, könnte es so übel nehmen, daß er sein Vermögen andern vermachte. Ach das besorg' ich nicht. Er ist leider schon zu schlecht der gute Bruder, als daß er im Stande wäre etwas zu erfahren, und sein Vermögen kann er seinem andern als mir vermachen. Man kann doch nicht wissen, lieber Herr Bast – meine Tochter hat darinn nicht Unrecht – – – Sie denkt auf Ihr Bestes. Ja, das allein hab' ich nur vor Augen. Glauben Sie denn es kränke mich nicht, daß ich Sie auf eine Zeit verlieren soll, und daß sich unsre Hochzeit verzögern muß? aber was ist zu thun – – Ich will mich gern zum warten verstehen, da es Ihr Glück erfordert. O Du kleiner lieber Engel! Laß es gut seyn, ich bleibe längstens nur einen Tag aus. Das ist mir eben nicht recht! Nun so will ich sehen, daß ich heute noch zurück kommen kann. Ums Himmelswillen! Nein! Meinetwegen kommen Sie um keine Minute früher zurück, als es Ihre Geschäfte erlauben. Ich würde mir einen ewigen Vorwurf machen, wenn ich Schuld daran wäre, daß etwas versäumt würde! O Du Zuckermund! Zu Trübe. Hätten Sie wohl geglaubt, daß sie mich so lieben würde? Nein, wahrhaftig, ich hätte mir's nicht träumen lassen. zärtlich und mit Entzücken. Dem, den meine Seele liebt, Ist mein ganzes Wesen eigen; Ihm allein wünsch ich zu zeigen, Daß nur das mein Herz betrübt, Was ihm Gram und Leiden macht, Und daß nur bey seinen Freuden Meine ganze Seele lacht. O Du Goldkind! Nun ich will alles thun was Du verlangst. Und damit Dir die Zeit nicht lang wird, will ich Deinen Vater bitten, daß er indessen hier bleibt Das ist wirklich unnöthig. Das Andenken an Sie wird mich beschäftigen genug. Ma chen Sie nur, daß Sie bald fortkommen, so hab' ich alsdenn nur auf Ihre Zurückkunst zu denken. Recht meine Tochter. Aber ich bleibe doch da; ich kann auf die Art einen ganzen Tag die Freude haben alle Narren zu sehen. Meine Anstalten sind schon gemacht. Längstens in einer halben Stunde reise ich ab. 10. Auftritt Zehnter Auftritt. Die Vorigen, Orpheus. Orpheus kommt mit entzückenden Gesichtsverzerrungen, tritt zwischen die Anwesenden, spielt einige Takte auf der Violine. zu Orpheus. Recht gut; und Sie? Wie haben Sie geschlafen? Orph. spielt wieder einige Takte und geht dann ab lachend. Was ist denn das? Das ist ein guter Geiger, der sich aber in sein Geigen so verliebt hat, daß er darüber verrückt worden ist; er bildet sich ein, er könne durchs Geigen seine Gedanken ausdrücken, und spricht daher sehr wenig. Itzt kam er, wünschte mir einen guten Morgen, und fragte mich wie ich geschlafen habe, und auf meine Frage an ihn wollte er mir sagen, daß er vor Kopfweh nicht viel geschlafen habe. Das hab' ich in meinem Leben noch nicht gehört. Er glaubt deswegen auch, daß er der berühmte Musikus Orpheus sey, der mit seiner Musik die Teufel gebändiget hat. Sonst ist er aber ganz gut, legt Niemand was in Weg, und darf auch frey herumgehn. Ha! ha! ha! 11. Auftritt Eilfter Auftritt. Die Vorigin, Nikolo, alsdenn Lukrezia. zu Bast. Herr, die drey römischen Menscher geben mir heute gat keine Ruhe, ich habe sie also ein wenig in die Luft gelassen. Schon recht. Die Lukrezia kommt schon her. Was? die Lukrezia? Ha! ha! ha! ha! Sie hatte einen großen Hern zum Liebhaber, von dem sie sich große Glückseligket versprach; er verließ sie aber, das schmerzte sie so, daß sie darüber zur Närrin wurde, und sich nun einbildet, sie sey die Lukrezia. Ich will ihr aus dem Wege gehn. Nicht doch mein Kind, Du darfst Dich nicht fürchten. Frauenzimmern thut sie nichts, aber auf die Männer geht sie los. Rezitativ. zu Bast. Ha! Bist Du hier mein Collatin? Lang harr' ich Dein vergebens, Vernimm mein Unglück, meine Schande, Und räche meinen Tod! Hier steht der Räuber meiner Ehre! Auf Trübe deutend. Nun widersprich Tarquin. Faßt ihn an. Hast Du nicht, theils durch Drohn, Und theils durch Schmeicheln Mein größtes Guth, die Tugend mir entwandt? Vernimm nun mein Geschick. Stößt ihn von sich. Arie. Ein Dolch befrey' mich von der Schande, Die Du Tarquin mir zugefügt! Du glaubst, ich wär es nicht im Stande? O ja! ich bin zu mißvergnügt! Man wird mich eine Närrinn schelen, Weil ich vielleicht in tausend Welten Das eine Weib nur werde seyn, Die eine süße Schäferstunde So schrecklich kann bereun. Es sey! Nur einen Dolch! Puf! Macht die Bewegung, als ob aie sich mit einem Dolch erstäche, sinkt zusammen, steht wieder auf, und geht schwermüthig herum. nachdem dies alles geschehen. Ha! ha! ha! Das geht so in einem weg bey hr. Alles ist ihr ein Dolch! ein Strohhalm sogar. Sie ist bey alledem zu beklagen. Das seh' ich nicht ein meine Tochter. Sie war die Buhlschwester eines vornehmen Herren. Stolz auf ihre Schande, bildere sie sich ein durch ihn eine große Dame zu werden, und da dies fehl schlug, wurde sie aus Schaam zur Närrinn, ich sehe also nur ihren Stolz bestraft. Ha! da kömmt die Virginia. Was ist's mit der? Das ist eine reiche Bürgerstochter. Sie hatte einen Liebhader, der sie hätte heirathen sollen. Ein vornehmer Herr verliebte sich aber in sie; das gefiel ihr und sie wollte ihren Liebhaber deshalb fahren lassen. Allein ihr Vater entfernte sie, und benahm ihr alle Mittel mit dem Kavalier zu sprechen; das schmerzte sie so, daß sie vor lauter Boßheit darüber zur Närrinn ward. Sie hatte einigemal ein berühmtes Trauerspiel gesehn, wo der Vater, seine Töchter von der Schande zu retten, ersticht, und gehört, daß dies die Geschichte der Virginia sey; es schien ihr immer unnatürlich daß sich ein Frauenzimmer deshalb erstechen läßt, weil sie ein großer Herr liebt, sie spielt also in ihrer Narrheit itzt die Virginia. 12. Auftritt Zwölfter Auftritt. Die Vorigen, Virginia. Virginia auf Bast zuhüpfend. Rezitativ. Ha! Sieh mein Appius Der Vater will mich morden, Weil Du mich liebst. Errette mich! Gern bin ich Deine Sklavinn. Mit einer tiefen verliebten Verbeugung. Und schätze mich beglückt, wenn Du mich liebst. Arie. Mein Vater trockne Deine Thränen, Sieh nur, wie Tausende sich sehnen An meinem Platz zu seyn; Ich bin nur zur Größe geboren, Denn Appius hat mich erkohren; Er liebt mich von allen allein. Sie tanzt am Schluße der Arie herum, alsdenn bleibt sie tiefsinnig stehn. Ha! ha! ha! Wieder eine andre Art. Wie in der Welt Freund. Der eine lacht über sein Schicksal, der andre weint. NIKOLO, welcher einigemal ab- und zugegangen, kommt von der Hauptthüre, zu Bast. Eben bringen Sie einen neuen Gast, Herr. Da ist ein Zettel wegen ihm. nachdem er gelesen. Ha! ha! ha! Das ist ein ganz neuer Narr. Hört nur Er liest. »Gegenwärtiger Mensch hat sich durch die Opernmusik so hinreißen lassen, daß er seit drey Wochen kein Wort mehr spricht, sondern immer singt. Uebrigens ist er keiner Raserey unterworfen, man bittet also ihn nicht hart zu halten.« für sich. Das ist Albert. Vortreflich, so werden wir also Opernarien hören. O lassen Sie ihn doch hieher bringen. zu Nikolo. Führ ihn herein. Nikolo geht ab. für sich. Wie schlägt mein Herz! zu Constanzen. Du bist eine Liebha, berinn vom Singen, der wird Dir also nicht unleidlich seyn? Gewiß nicht, wenn er anders gut singt. 13. Auftritt Dreyzehnter Auftritt. Die Vorigen, Nikolo welcher den Albert einführt Rezitativ. ALBERT bleibt ein wenig stehen, und sieht sich forschend um Wo bin ich? Welch fürchterlichen Ort betritt mein Fuß? Zu Constanzen, auf die er schnell zuläuft. Wie! Dich sind ich hier, Dich reines Mädchen, Reiner als der Schnee! BAST, TRÜBE UND NIKOLO aus vollem Halse lachend Ha! ha! ha! Dich keuscheste von allen! Wogegen selbst Lukrezia Nur eine feile Dirne ist. hierüber gleichsam aus einem Traüme gerissen, läuf zu ihm. Hier sieht Lukrezia, Verwegner! Sprich! Kehrt ihn mit Ungestüm gegen sich. Wie Kollatin! So grausam kannst Du mich verkennen? Ach! spotte meines Unglücks nicht Ha! ha! ha! Zurück Du Auswurf aller Weiber! Ich bin nicht Kollatin. die hüpfend zu ihm kommt. O Wonne! sind ich Dich mein Appius! Komm', führe mich wohin Du willst, Ich bin entflohn, ihm, der mich morden wollte. Schlingt ihre Arme um seinen Hals. stößt sie von sich. Hinweg Du Natterbrut! Ich bin nicht Appius, noch Kollatin! Erkennt in mir den Sieger Mark-Anton! lachend. Ha! ha! ha! Ich kenne Deine Stimme. Entzieht Euch meinem Grimme! Du bist mein Kollatin, Dich meinem Blick entziehn. Ich les' auf Euren Stirnen Ihr seyd gemeine Dirnen, Drum fort, schont meinen Blick. Er stößt sie von sich. Ich weiche nicht zurück. BAST, TRÜBE UND NIKOLO. Ha! ha! ha! welch' tolle Sachen! Wer wird wohl dieben nicht lachen? So was sieht man nicht so leicht. Ich bin voller Angst und Schrecken, Wenn sie unsre List entdecken, Reifet unser Plan nicht leicht. Er verachtet meine Triebe? Und entzieht mir seine Liebe? Das ertrag ich nicht so leicht. zu Constanzia. Dir allein mein Leben Ist mein Herz ergeben! sich ironisch stellend. Mein Herz ist schon vergeben, Ich kann nur einem leben. Ha! ha! ha! O wunderschön! Ich muß vor Wuth vergehn. kniet vor Constanzen und hält die Hände, als ob er ihr ein Kissen, auß welchem Kronen liegen, überreichte. Können diese Siegeskronen Holde! Deine Liebe lohnen? Nimm sie, glaub' ich liebe treu! wie oben. Edler Ritter, nein, vergebens! Bis zum letzten Hauch des Lebens Bleibt mein Herz vom Meyneid frey. Fern von mir sey der Gedanke Daß ich einen Tritt nur wonke; Oder unbeständig sey. Die indessen hierüber einander ihr Wollgefallen bezeigen. UND NIKOL lachend. O vortreflich! Wunderschön! So was hab' ich nicht gesehn. Ha Verräther! kannst Du's wagen Meiner Liebe zu entsagen? Kollatin / Appius ist dieß mein Lohn! der sich von ihnen loszumachen sucht. Was hilft Euch Euer Betteln, Ihr seyd ja bloße Vetteln, Ich kenn Euch lange schon. Lukrezia und Virginia werden immer heftiger und umschlingen ihn zuletzt. Man muß die Leute trennen, Wenn sie noch mehr entbrennen, Läuft man Gefahr dabey. einer nimmt Lukrezien, der andere Virginien und führen sie ab. Gleich laßt den Herren frey. indem sie abgeführt werden. Schafft einen Dolch herbey. Trübe geht lachend mit ihnen ab. 14. Auftritt Vierzehnter Auftritt. Albert und Constanze. sobald die andern fort sind; umarmt er Constanzen. Ha! meine Constanze! Ach mein Albert! Ich soll' Sie verlieren! Ja und hätte heute schon geschehen sollen. Ums Himmels willen – – – Nur stille! Mein alter Bräutigam verreißt den Augenblick und kommt vermuthlich erst morgen zurück; wir haben also Zeit zu rathschlagen. 15. Auftritt Funfzehnter Auftritt. Die Vorigen, Clärchen. Nun? hab' ich nicht einen vortreflichen Einfall gehabt? O Clärchen! was bin ich Dir schuldig? Nur stille davon. Itzt müssen wir denken, wie wir von meiner List den Nutzen ziehen, daß Sie Ihre Geliebte den Klauen des alten Drachen entreissen können. Ja! Aber wie das? Wie das? Ein Liebhaber kann das fragen? Wir müssen in Kompagnie durchgehn. O weh! da kommt mein Anbeter, zur ungelegensten Zeit. 16. Auftritt Sechszehnter Auftritt. Die Vorigen, Orpheus. Orph. nähert sich mit verliebten und Entzükken ausdrückenden Grimassen Clärchen und spielt dabey auf der Violine. Ganz vortreflich Monsieur Orpheus. Sie kennen also meinen Bogen? Verstehn was ich auszudrücken Willens bin? Albert und Const: reden heimlich mit einander. Jede Sylbe! Man darf ja nur empfinden können. Das ist's Mamsell! Fühlen muß man; mit dem Gefühl sympathisiren; so versteht man mich gewiß. Denn indem ich einen Gedanken ausdrücken will, so fährt er wie ein Blitz aus dem Kopf ins Herz, und aus dem Herzen in die Fingerspitzen. Wie ich nun mit den Fingern den Bogen und die Saiten, berühre, so theilt er sich durch die Reibung des Bo gens auf den Saiten in seiner ganzen Stärke dem Tone mit, den ich hervorbringe. Wer nun wahres Gefühl hat, der wird von diesem Tone gleichsam elektrisirt und empfindet in seinem Herzen den Ausdruck meiner Gedanken. Richtig Monsieur Orpheus. So geht mir's auf ein Haar. Wenn ich Sie spielen bore, so ist's als wenn mir jemand Ihre Gedanken ins Herz schriebe. Aber man muß ein feines Gefühl haben. Denn wie wär es sonst möglich, daß ich mich, ohne Beschwörung, in die Hölle hätte wagen können, wie ich meine Euridice gesucht habe. Was Sie sagen Monsieur Orpheus! Und haben Ihnen die höllischen Geister nichts gethan? Gethan? Ha! ha! ha! Mit einem einzigen Bogenstrich, hab' ich sie gefesselt, sie haben ans Herz geschlagen, sind vor Thränen über meine Empfindung zerschmolzen, und Pluto hat sich zu meinen Füßen geschmiegt, wie ein bologneser Hündchen. Aber ein feines Gefühl muß man haben. Das ist doch entsetzlich! Wenn Sie so gar die Teufel rühren können – – Glauben Sie mir, die Teufel sind manchmal eher zu rühren, als mancher Mensch; es giebt so viel dickohrichte Geschöpfe – besonders unter den Männern, daß der heulende Ton einer Posaune keinen Eindruck auf sie macht. Ich glaubs wohl. Weil Sie ein feines Gefühl haben. Ich versichre, ich habe noch keinen Menschen getroffen, bey dem ich so viel Eindruck gemacht hätte, als bey Ihnen. Darum bin ich Dir gewogen, Weil der Strich von meinem Bogen Solch Gefühl bey Dir erregt. Vor jedem dieser drey Verse spielt er erst immer mit zärtlichen Grimassen auf der Violine, als wenn er durch den Gesang alsdenn erst erklären wollte, was er durch die Violine habe sagen wollen. Hingegen giebts Herzen gleich Steinen, Die weder durch Lachen noch Weinen Zur Theilnahme werden bewegt. Ab. 17. Auftritt Siebzehnte Auftritt. Albert, Constanzia und Clärchen. Gut daß er geht. Bey alle dem ist's Schade um den Menschen! Nun? haben Sie sich mir einander verabredet? Ach! Clärchen, es giebt Hindernisse – – – Welche denn? ist Ihnen für's Entkommen bange? Das wird schon gehn. Das nicht. Aber sieh' nur Clärchen, ich kann den Gedanken nicht ertragen, Constanzen vielleicht elend zu machen. Ich weiß nicht wer ich bin; werde von einem mir unbekannten Gönner unterstützt, ohne daß ich nur weiß, wohin ich mich sei netwegen zu wenden habe. So oft ich Geld erhalte, muß ich immer denken es ist das letzte – in einem halben Jahre kann ich erst graduirt werden, wie soll ich nun, bis ich im Stand bin mich zu ernähren, für Constanzen sorgen? Sie sind wahrhaftig der erste Liebhaber, der so weit hinaussieht. Verliebte denken sonst weder an Essen noch an Trinken, und sie bringen da solche Bedenklichkeiten hervor, die sich für einen funfzigjährigen Bräutigam schickten. Lassen Sie das gut seyn – Wir können Putz machen – wollen uns also schon, bis Sie Doktor sind, durchbringen. Hoffnung giebt der Liebe Leben Wer mit ängstlichem Bestreben Sorgt daß Unterhalt gebricht, Kennt die Macht der Liebe nicht. Nun wohlan, ich will es wagen, Nicht erst lange forschen, fragen, Wer nicht wagt gewinnt auch nicht. CLÄRCHEN, CONSTANZE UND ALBERT. Die sich Amors Fahnen weihen, Haben keinen Feind zu scheuen, Er verläßt die Seinen nicht. 18. Auftritt Achtzehnter Auftritt. Die Vorigen, Bast und Nikolo zu Constanzen. Nun Herzchen gefällt Dir der Sänger? Wahrhaftig je lieber je länger. Er ist ein recht artiger Narr. als ob er für sich sänge. Ihr müßt diesen Helden besingen, Die prächtigsten Feste ihm bringen, Ihm töne ein Jubelgesang. lachend. Sieh' Liebchen, der will nichts als singen, Der wird Dir die Zeit hübsch verbringen. munter. Der wird ihr / mir die Zeit hübsch verbringen, So ist Dir nach mir nicht so bang. CLÄRCHEN So ist Ihr nach Ihnen nicht bang. So ist mir nach Ihnen nicht bang. etwas heimlich zu Bast. Sie müssen ihn aber gut halten, Nicht sperren, wie andre, ihn ein. Ja freylich, man muß ihn gut halten, Nicht sperren, wie andre, ihn ein. ebenfalls heimlich, doch für sich. Ich lasse die Liebe nun walten, Sie mag meine Führerinn seyn. Ich werde nicht anders ihn halten, Als wie es Ihr Wille wird seyn. zu Nikolo. Du kannst ihn zum Orpheus führen, Sie mögen zusammen logieren; Denn beyde sind ruhig und still. Ey freylich. eine zur andern freudig. Vortreflich! für sich. O herrlich! zu Nikolo. Wir wollen es anfangs probiren; Du kannst ihn, wie jenen regieren, Ihn thun lassen was er nur will. jedes wie oben. Ganz gut. Wir werden in Kurzem schon sehen Wie's etwan mit ihm möchte gehen Itzt / Ich führe ihn also nur / izt fort. für sich. CONSTANZE UND CLÄRCHEN eine zur andern. Vortreflich! wir wollen schon sehen Daß alles nach Wunsche soll gehen; Es muß nur der Alte erst fort. zu Albert. So komm' Er denn mein Freund. der ihn enthusiastisch umarmt. Ja mein Orest mit Freuden! Mich schrecken keine Leiden. Auf ewig theurer Freund! Bin ich mit Dir vereint. Erst allein dann mit folgenden. Ha! ha! wir werden sehen Was weiter wird geschehen, Itzt komm' Er nur mein Freund. lachend. Zwey drolliche Gesellen! zu einander. Er kann sich gut verstellen! Bast. Clärch. Const. eines zu dem andern, lachend. Der arme Mensch macht mir Wahrhaftig viel Plaisir. Nikolo und Albert ab. 19. Auftritt Neunzehnter Auftritt. Bast, Constanzia, Clärchen und Trübe. von der Hauptthüre. Nun Freund der Wagen wartet. traurig. So muß ich also scheiden. Zu Constanzen. Nun Kind so lebe wohl. sich traurig stellend. Ich muß Sie also meiden? Wer tröstet mich nun wohl! Ich werde bey Dir bleiben Und Dir die Zeit vertreiben; Er kommt ja bald zurück. Nein einsam will ich bleiben Und mir die Zeit vertreiben Mit meinem künftgen Glück. Freund wer wird das wohl glauben Nichts kann Ihr Herz mir rauben Nichts kann Ihr Herz Dir rauben Sie liebt zu Engelrein. zu einander, indem die erste sich stellt, als ob sie weinte und die andre sie tröstete; aber heimlich lachen. O wär' Er nur schon ferne Ich möchte gar zu / Sie möchten doch wohl gerne Bey meinem / Ihrem Albert seyn. traurig ihr die Hand küssend. Nun Kind! auf Wiedersehn! Ich will mit Ihnen gehn. Wenn Sie nicht eilends gehn So laß' ich's nicht geschehn. Wenn Sie nicht eilends gehn, Stößt ihn fort. So läßt sie's nicht geschehn. So geh, mein Sohn, geh, geh. der sich nach Constanzen umsieht, und ihr Küsse zuwirst. Adjeu, mein Schatz, adjeu. die ihn fortstößt. Adjeu! Adjeu! O Weh! o Weh! Bast und Trübe ab. nach einer Pause, in der sie gehorcht, ob sie weg sind, fangen sie aus vollen Halse zu lachen an. Ha! ha! ha! ha! der alte Affe! Er bildet sich im Ernste ein, Man könne um ihn traurig seyn. Ich will zu meinem Albert gehen. Ganz recht, und ist der Geiger dort, So schicken Sie ihn dreiste fort Meinetwegen her zu mir, Sagen Sie ich warte hier. Die Liebe schafft die Hindernisse Beherzt zur Seite wie sie kann, Und endigt muthig ihren Plan. Constanze ab. allein. Immer heißt es ohne Liebe Ist das Leben öde, trübe, Dieser Meynung bin ich nicht. Ja ich sage: Nur die Liebe Macht das Leben meistens trübe, Dieß beweißt mein muntrer Sinn Wenn ich nicht verliebet bin. 20. Auftritt Zwanzigster Auftritt. Clärchen, Erster Poet, dann Zweyter Poet, Lukrezia, Virginia und Orpheus eilends. O Königinn der Musen Laß mich an Deinem Busen Doch nur ein wenig ruhn! stößt ihn von sich. Ich kenne keine Musen! Und hier an meinem Busen Hat niemand auszuruhn. ebenfalls eilends. Hier suchst Du Dich zu schützen Vor meines Donners Blitzen? Du armer Erdensohn! Kind laß Dich nicht bethören Ihn etwa anzuhören, Du hast nur Schimpf davon. die sich loszumachen sucht. Ich mag Euch keinen hören, Ihr könnt Euch beyde scheren Ich jag' Euch sonst davon! jede läuft zu einem Poeten und nimmt ihn bey der Hand. Du fliehst vor mir vergebens Geliebter meines Lebens! Ich folg' Dir überall. Fort Nomphe laß mich gehen Ich sags zum letztenmal. die die Poeten fest halten. Ich lasse Dich nicht gehen, Ich folg' Dir überall. die sich von den Poeten loszumachen sucht. Ihr Narren laßt mich gehen, Ich sags zum letztenmal. rufend. He! Hülfe! Hört Niemand? herbeyeilend. Die Stimm' ist mir bekannt. Herr Orpheus, kommen Sie, Und helfen Sie mir schreien. Ich will Sie gleich befreyen. Er spielt auf seiner Violine. Das ist verlorne Müh. VIRGINIA UND LUKREZIA zu den Poeten, durch einander und theils zugleich. Du magst Dich noch so sträuben Doch werd ich treu verbleiben, Ich lasse nicht von Dir. die sich noch immer loszumachen sucht. Was hilft mich all mein Sträuben Ich muß gefangen bleiben, Kömmt keins zu Hülfe mir. der indessen immer auf der Violin gespielt, schlägt endlich die Poeten mit der Violine auf die Köpfe, daß solche entzwey springt. Die Poeten lassen sodann Clärchen los, und machen sich von Virginia und Lukrezia los. Kann Euch mein Ton nicht rühren, So werdet Ihr doch spüren, Wenn man Euch Schläge giebt. Nun balgt Euch meinetwegen. So lang es Euch gefällt. Ab. indem sie sich von den Närrinnen befreyn. Insekt! Du drohst mit Schlägen? Nun schützt Dich keine Welt. Die Poeten packen einander an, der erste reißt dem zweyten den langen Bart aus, und der zweyte reißt dem ersten den Kranz vom Kopfe. Während diesem betrachtet ORPHEUS betrübt seine Violine und singt Ist's möglich, was ich sehe Mein Instrument ist hin? ebenfalls betrübt, jede für sich. Ist's möglich, was ich sehe, Daß ich verstoßen bin? sobald der eine den Bart, der andere den Kranz verloren hat, stehen sie betrübt da. O wär' ich nicht geboren! Mein Dichterschmuck ist hin! jedes für sich in äußerster Betrübniß. O weh! – ich bin verloren! Mein Instrument ist hin! Mein Dichterschmuck ist hin! Da ich verstoßen bin! Alle stehen ganz betäubt da. 21. Auftritt Ein und zwanzigster Auftritt. Die Vorigen, Bast und Trübe Was seh' ich! hier ist was geschehen! Denn alle stehn traurig, betrübt. O Jupiter, hast du's gesehen? Was man erst an mir hat verübt? lachend. So sagt doch, was ist Euch geschehen? Ha, ha, ha, ha, ha, ha, ha, ha! Mein Dichterschmuck ist hin! ebenfalls laut weinend, zeigt seine zerbrochene Violine. Mein Instrument ist hin! ebenfalls weinend, auf die Poeten, aber jede auf einen andern zeigend. Daß ich verstoßen bin! aus vollem Halse lachend. Ha, ha, ha, ha, ha, ha, ha! Ha! diese verhöhnende Lache Erweckt mich zur feurigsten Rache! Ich scheue nun selbst nicht den Tod. ängstlich. Nun ist es nicht Zeit mehr zum Lachen He! Holla! man muß sie bewachen, Sonst schlagen sie sich auf den Tod. 22. Auftritt Zwey und zwanzigster Auftritt. Die Vorigen, Nikolo, Clärchen, dann Albert und Constanze. Zum Henker! was ist das für Lärmen? Da er Bast erblickt. Was seh' ich! Sie sind wieder da? ebenfalls, da sie Bast erblickt. Was seh' ich! der Alte ist da? einander im Arm führend. Das ist ja ein schrecklicher Lärmen. Bestürzt, da sie Bast sehen. Was seh' ich! der Alte ist da? da sie Constanzen erblicken. Was seh' ich! Constanze kömmt da? Alle stehen betroffen da; die Narren, sobald sie Nikolo erblicken, bleiben starr, betrachten die in Händen habende Requisiten. Nach einer Pause jedes für sich. BAST, TRÜBE, NIKOLO, ALBERT, CONSTANZE UND CLÄRCHEN. Das hat was zu bedeuten, Da muß man hübsch bey Zeiten Auf seiner Obhut seyn. Wie furchtbar strafen Götter! Da ist kein Schutz, kein Retter; Sie treffen bis aufs Bein. ganz munter zu Bast. Schon wieder da mein Schätzchen? ironisch. Ich fürchtete, Dein Herzchen Zerspränge Dir vor Gram. Ich wollte mir durch Singen Die Zeit indeß verbringen, Und da verschwand der Schmerz. ironisch bitter. Ich glaub' es Dir mein Herz. Zu Nikolo böse. Was ist das für Manier Die Narren alle hier? Ich wollt' sie eben holen. Hab ich Dir nicht befohlen Du solltest wachsam seyn? Fort, sperr sie alle ein. Jedoch nicht meinen Sänger! Ja wohl, er möchte länger Dir zu gefährlich seyn. Wie fällt das Ihnen ein? bis auf Bast und Constanze lachen. Ha, ha, ha, ha, ha, ha! TRÜBE, CONSTANZE, CLÄRCHEN UND NIKOLO. Kann man so was nur denken! Wen soll das wohl nicht kränken? So ein Verdacht thut weh! Wer wird so was nicht denken Statt Dich um mich zu kränken Bist munterer als je. für sich. Wie würde mich das kränken, Wenn unser Dichten, Denken Vergebens sollte seyn. Ha, ha, ha, ha, ha, ha! zu den Narren. Fort, fort in Eure Kammern. Ich will dann nichts als jammern, Weil das Ihr Wille ist. zu Bast. Mein Freund / Mein Herr das muß sie kränken, Mit Narren sie verdenken! Das ist zu viel gewagt. Zu Trübe. Der Gusto ist verschieden. Zu Constanze. Doch wohl, ich bins zufrieden. Zu Nikolo. Der bleibt, wie ich gesagt. Auf Albert deutend. Gut denn. Doch fort ihr andern, Ihr könnt nur immer wandern, Heut kommt ihr nicht mehr frey. Er treibt mit der Ruthe die Narren fort. BAST, CONSTANZE, ALBERT, TRÜBE UND CLÄRCHEN. Nach Regen scheint die Sonne, Bald macht uns / sie Hymens Wonne Auf immerdar vergnügt. die kehren wieder um, und stimmen mit ein. Nach Regen scheint die Sonne; Ich schmecke Siegers Wonne, Mein Feind ist nun besiegt. Die Poeten halten den Kranz und Bart, Orpheus seine zerbrochene Violine als Siegeszeichen empor. Nach Regen scheint die Sonne, Fort Narren, eure Wonne Ist, wenn ihr schlafen liegt. Er treibt die Narren fort, Bast führt Constanzen, und Albert Clärchen ab; Trübe folgt ihnen. Ende des ersten Aufzugs. 2. Akt 1. Auftritt Erster Auftritt. Albert, Constanzia und Clärchen. Ohne weitre Furcht und Sorgen Hoffen wir / Sie nun, daß wir / Sie morgen Fröhlich legen Hand in Hand. Hätt' ich doch nur Reich und Kronen, Deine Liebe zu belohnen! Würde mir wohl Reich und Kronen Deine Gegenliebe lohnen? Lieb' um Liebe knüpft das Band. Wenn Verliebte sich bestreben Sich zu loben, zu erheben, Kennen Sie nicht Maaß noch Ziel. Lassen wir / Sie die Zeit entscheiden. Göttlich sind der Liebe Freuden Schwankend sind der Liebe Freuden Niemals liebt man sich zu viel. Alle Versicherungen von Treue und außerordentlicher Liebe, sind itzt überflüßig. Die Zeit wird's zeigen. Trachten wir lieber, daß wir unser Projekt zu Ende bringen. Der Alte Herr könnte uns noch einmal über den Hals kommen – Dann wär's vorbey. Das denk' ich auch. Und er hat eine ziemliche Portion Verdacht mit fortgenommen – es könnte also leicht seyn, daß er seinen geliebten Bruder hinscheiden ließe, der ihm ohnehin mit der Erbschaft nicht entlaufen kann, und sich lieber Ihrer Hand versicherte. Das fürcht' ich nicht Clärchen. Sein Geiz ist stärker als seine Liebe. Und mein Vater hat ihm die Besorgniß in Kopf gesetzt, sein Bruder könnte leicht sein Vermögen andern vermachen, wenn er ihm nicht in den letzten Augenblicken an der Seite säße. Besser ist aber besser. Ein verliebter Alter ist furchtsam, mithin geht er behutsam zu Werke. Und die Liebe überwindet alles, also auch den Geiz. Clärchen hat vollkommen Recht. Aber wie wollen wir unsern Plan ausführen? Wir müssen so bald als möglich fort. So lange aber Nikolo im Hause ist, geht's nicht. Den will ich also mit einem Auftrag an meine Schwester schicken – – – Ums Himmelswillen, ich höre ihn kommen. zu Albert. Ums Himmelswillen singen Sie. verlegen. Was denn nur gleich? Was es ist. Vom Tod, vom Himmel, von Sternen, oder – – – fangen Sie an. macht eine Cadenz, während welcher er sich zu besinnen scheint, was er singen will, alsdenn singt er. Mächtiger ist nichts als Liebe, Liebe trotzet aller Macht; Keine Aussicht ist so trübe, Die die Liebe nicht verlacht. Glück ist der Liebe nächster Freund Drum schlägt die Liebe jeden Feind. Nikolo kömmt gleich zu Anfang der Arie herein, bleibt jedoch aufmerksam seitwärts stehn. 2. Auftritt Zweyter Auftritt. Die Vorigen, Nikolo. Vortreflich, nicht wahr Nikolo? Ja singen kann er wohl, das ist wahr. Aber, Sackerlot, der Herr hat mir aufs schärfeste befohlen, ich soll ihn nicht bey der Mamsell lassen, soll ihn einsperren – – – erschrocken, doch aber bald wieder gefaßt. Einsperren? Was fällt Ihm ein? das ist der einzige Mensch mit dem sich die Mamsell die Zeit vertreiben kann. Aber Sackerlot! der Herr will nicht, daß er ihr die Zeit vertreiben soll. Er hat mir's ausdrücklich aufgeboten, ich soll ihn zum Orpheus sperren. Da kann ich also nicht helfen. heimlich und ängstlich zu Albert. Ums Himmelswillen, was ist das? eben so zu Constanzen. Wir sind entdeckt! Mach' Er doch keine Possen. Der Herr hat der Mamsell besonders anempfohlen, sich an den Narren zu belustigen; und das ist der einzige an dem sie etwas findet so sie aufheitert. Sackerlot mach' Sie lieber keine Possen. Ich bin doch Gottlob bey Verstande und weiß was er mir gesagt hat – Zu Albert. Mein Freund, komm' Er mit mir. Nun meinetwegen. Aber Er wird sehen wer von uns Recht hat. Heimlich zu Albert. Nur Kourage! Verstellen Sie sich auf's äußerste. zu Nikolo. Rezitativ. Verwegner! weißt Du wer ich bin? Ein König war mein Vater. Geschaffen zum Befehlen, Gehorch ich nicht auf Dein Geheiß. Sackerlot! mach Er mir nicht viel Umstände, oder ich werd' Ihm sein Königreich austreiben. Jo wurde stark bewacht, Hundert Augen hatten Acht, Doch Merkur spielt seine Flöte, Und wiegt, um sie zu befreyn, Sanft den Tölpel Argus ein. Ab, Nikolo folgt ihm. 3. Auftritt Dritter Auftritt. Constanze und Clärchen. Ach Clärchen! was fangen wir nun an? ganz bestürzt, und nachdenkend. Das ist ein verdammter Streich! Nun ist wohl alles vergebens! Ey warum nicht gar. Lassen Sie mir nur ein wenig Zeit. Nachdenkend. Aber wie können wir nun entkommen? Darauf denk' ich eben. Du wirst nichts erdenken! – – – Ich armes Mädchen! Nun, nun, lamentiren Sie nur nicht, Es ist ja noch nicht aus. Ich wenigstens sehe keine Möglichkeit. Hören Sie nur, entweder Sie sind noch nicht recht verliebt, (denn die Liebe öfnet den Verstand, heist's,) oder die Liebe macht bey Ihnen eine Ausnahme, und macht Sie, statt verschlagen, nur dumm, Sie wissen sich ja weder zu rathen noch zu helfen. Ach! ich bin so ein armes furchtsames Geschöpf, daß ich ohne Dich gewiß verloren bin. Ha! – – – Nun glaub' ich's zu haben. Ich schicke den Nikolo weg – – Und will sehn, daß er mir die Schlüssel giebt. Wir setzen also Albert auf freyen Fuß und sogleich fort mit ihm. Nur lustig, es wird schon gehn – – Ich will gleich hin. läuft springend ab. Ja wenn ich sie nicht hätte, wär' ich verloren. Einer Freundinn dankt die Liebe Oft ihr ganzes Glück allein; Da sie öfters muthlos bliebe Spräch' nicht jene Trost ihr ein. Nun wohlan die Zeit wird lehren, Ob ich nicht zu viel gewagt, Nichts soll meine Ruh' mehr stören, Aller Furcht wird nun entsagt. Ab. 4. Auftritt Vierter Auftritt. Das Theater des ersten Aufzugs. Nikolo welcher eben eine Thüre zuschließt, Clärchen kommt erst dazu. Nun? Hat Er den armen Sänger eingesperrt? Das glaub' ich. Und, Sackerlot hab' Sie nur nicht so viel Mitleiden mit ihm; es könnte Ihr einmal übel bekommen. Weiß Sie wohl was ich Ihr heute von ihm erzählt habe? Wie er gegen mich geraßt hat? Kann's ihm nicht einmal kommen, wenn er bey Euch allein ist? Wer hilft Euch hernach? Ihr seyd ihm beyde gewiß nicht stark genug. Denn Sackerlot, ein Narr ist stärker als ein Gescheiter. Nu, nu, er mag ja recht haben. Aber itzt höre Er lieber Nikolo, Er muß mir einen Gefallen erzeigen. Recht gern, wenn's seyn kann. Ihr zu lieb' alles in der Welt. Kneipt sie in die Backen. Sie ist so ein liebes Mauserl. kneipt ihn wieder in die Backen. Und Er ist so ein süßes Krautstängerl, daß ich mein ganzes Vertrauen in Ihn setze. Sackerlot! itzt hör' Sie auf – mir wird über und über warm. Ihre Fingerln sind so allerliebst kitzlich, daß ich auf dem ganzen Leib eine Gänsehaut kriege. Nun was will Sie? alles Mauserl. Er soll mir geschwind zu meiner Schwester mit diesem Brieschen gehn, es ist mir außerordentlich viel dran gelegen. Itzt? Was fällt Ihr ein? Sackerlot, ich komme ja unter einer Stunde nicht zurück. Deswegen schick' ich Ihn ja eben, weil ich mich sonst auf niemanden verlassen kann. Verdammt's Mädel! sie kann einem den letzten Tropfen Blut herausstreichein. Nun so geb' Sie nur her. Aber Sackerlot, wenn unter der Zeit was vorfällt? Geb Er mir die Schlüssel. Ich weiß ja schon ohngefähr was zu thun ist. Es ist ja der Mamsell Vater hier und – und die übrigen Leute – was kann denn also geschehn. Nun meinethalben, da hat Sie die Schlüssel – aber sey Sie gescheid, und laß' Sie nicht etwan den Sänger heraus, das sag' ich Ihr. Beyleibe. Komm Er nur so geschwind als möglich zurück. Das versteht sich. im Begriff abzugehn. 5. Auftritt Fünfter Auftritt. Die Vorigen, Trübe. Ach! eben recht, mein Freund. Laß Er mich doch ein wenig die Narren sehen – – ich habe so eine Freude an ihnen. bey Seite. Verdammter Streich! Ja, herauslassen darf ich sie nicht, denn ich muß ausgehn – und so ist ihnen nicht zu trauen, denn der Mond fängt heute an zu wachsen. Ey was! Mein Schwiegersohn hat mir's ausdrücklich erlaubt – – schick Er jemand andern statt seiner, oder geh' Er später aus. Gnug, die Zeit wird mir lang, und hier kann ich keinen andern Zeitvertreib haben Sackerlot, was ist itzt zu thun? Heimlich zu Clärchen. ebenfalls heimlich. Laß Er mich nur machen – – Zu Trübe. Nikolo kann niemand anders schicken – und Er muß eben itzt gehn. Ich will Sie aber doch befriedigen. Wir wollen Ihnen die Fenster aufmachen – so können Sie sich mit ihnen unterhalten und es ist keine Gefahr dabey. Gescheid, Sackerlot! Nun so bin ich's auch zufrieden. Also nur aufgemacht. Gleich, gleich. Geh' Er nur Nikolo, und komm' Er bald wieder. So bald als möglich. Heimlich zu Clärchen. Nur keinen herausgelassen. Ab. 6. Auftritt Sechster Auftritt. Trübe und Clärchen. Nach und nach erscheinen an den Fenstern Erster Poet, Zweyter Poet, Lukrezia, Virginia, Albert und Orpheus indem sie die Schlüssel durchsucht. Haben Sie denn gar so ein großes Vergnügen Narren zu sehen? Ein außerordentliches! das ist eben ein Hauptbewegungsgrund, warum ich meine Tochter Herrn Bast verheirathe, damit ich täglich Gelegenheit habe, die Narren zu sehen. Ein sonderbares Vergnügen! Aber ich dächte, das könnten Sie haben, ohne hieher zu kommen. Sie schließt ein Fenster auf, es erscheint am Fenster der erste Poet. Ha holde Nymphe! bringst Du mir meinen verlornen Kranz? Ha! ha! ha! Wo hat Er denn seinen Kranz gelassen? O Apollo! verzeih, daß ich Dich nicht gleich erkannte. Du kommst mein Unheil zu strafen? Wisse, ein wilder hungriger Eber, der ihn für Eichenlaub ansah, hat mir ihn vom Kopfe gefressen. Indeß hat Clärchen ein ander Fenster geöfnet und es erscheint der zweyte Poet. aus vollem Halse schreyend, so daß Clärchen zurückspringt. Puh! Nach einer kleinen Pause etwas leise zu Clärchen. Dirne von Tusko, führe mir jenen Ziegenbock her Auf Trübe zeigend. er hat sich geschmückt mit meinem Barte, und man will mich nun nicht dulden in den Hallen der Barden. Ha! ha! ha! Was bin ich? ein Ziegenbock? Ja, läugne es nicht, Du Zunftmeister der Schneider. Wenn Du nicht stehlen kannst Flecke, so erholst Du Dich am Kameelhaar. Aber wisse, mein Bart war weder von Wolle noch Bockshaaren, sondern zusammengesetzt von Weisheitskeimen; und in die Länge gezogen von tausend Jahren. Apollo! Winkt Trüben. Bst! Bst! Geheimnißvoll. Das ist einer der Barden, die durch Plumpheit und Rauhheit den angenehmen Ton Deiner Leyer untönend machen wollen. Er hat vor Wuth meinen Kranz gefressen, um mich schweigen zu machen. Ha! ha! ha! Clärchen hat indessen ein ander Fenster geöfnet und es erscheint Virginia. sobald sie den Kopf heraussteckt. Guckguck! ha! ha! ha! ha! ha! Zu Trübe. Siehst Du Vater! ich lache nur Deines Gefängnisses, und liebe immer noch meinen Appius, er wird mich gewiß desrey'n, sobald er nur weiß wo ich bin. Ja Mädchen, harre dessen. Sobald mir der Bart wieder wachsen wird. Ha! ha! ha! Clärch. hat indessen ein ander Fenster geöfnet, an welchem Lukrezia erscheint, dann geht sie schnell zu dem Fenster, wo Nikolo den Albert eingesperrt hat, sie spricht heimlich mit ihm. Uf! einen Dolch Sklavinn! ich will meine Schande tilgen, Collatin wird meinen Tod schon rächen. Bst! Bst! Apollo Zu Trübe. Das ist eine Mezgers Tochter, sie versteht sich vortreflich auf's Schweinschlachten, drum hat sie der Barde einsperren lassen, weil er vor ihr seines Lebens nicht sicher ist. Du lügst, neidischer Zwerg. Es ist Tusnelda belastet mit Römersesseln. Ha! ha! ha! Potz Narren! heimlich zu Albert, den sie heraus läßt. Ich werd' ihn schon wegbringen. Singen Sie nur, ich komme bald wieder. Will fort. der in dem nämlichen Behältniß ist. Lassen Sie mich auch heraus, liebstes Clärchen, sonst verrath' ich alles. Ums Himmels willen! Clärchen, Orpheus und Albert reden heimlich, man sieht aus ihrer Pantomime, daß Orpheus versichert ruhig zu seyn. Wie viel Lösegeld verlangst Du Vater? Appius wird es Dir bezahlen. Glaub ihr nichts. Es ist die Zauberinn Thoka, die Balders Tod mit trocknen Augen beweint. Bst! Bst! Apollo! Glaubs nicht. Es ist Philomela von ihrem Schwager dem Wiedehopf Tereus eingesperrt. Clärch. läßt Orpheus heraus und läuft schnell ab. 7. Auftritt Siebenter Auftritt. Trübe, Albert, Orpheus die übrigen eingesperrt. Sie singen nach und nach alle zusammen, so, daß sie zuletzt in eine Art Zank gerathen. Was ist wohl edler noch als Gold? Dem jeder weit mehr Wünsche zollt? Die Freyheit ist weit mehr als Gold; Sie ist es, der man Wünsche zollt, Weit mehr als allem Gold. Orpheus singt einige Takte später das nämliche. Was höher wird geschätzt als Gold? Dem jeder weit mehr Achtung zollt? Poeten schätzt man mehr als Gold; Sie finds, den'n jeder Achtung zollt, Weit mehr als allem Gold. Was höher wird geschätzt als Gold; Dem jeder noch mehr Achtung zollt? Die Keuschheit schätzt man mehr als Gold, Sie ist es, der man Achtung zollt, Weit mehr als allem Gold. Was höher wird geschätzt als Gold? Dem jeder noch mehr Achtung zollt? Die Schönheit ist wohl mehr als Gold; Sie ist es, der so mancher zollt, Sein Leben und sein Gold. singt bey der Repetition folgendes mit. Ihr Narren zanket wie ihr wollt. Vernunft ist mehr als Freyheit, Gold, Und Schönheit, was ihr sonst noch wollt. Denn seyd ihr Narren, hilft nicht Gold, Und was ihr sonst noch wollt. Diese Reden werden durcheinander mit größter Heftigkeit geschrien. Freyheit! Freyheit! Freyheit ist mehr als Gold. Der Dichterruhm ist mehr als Gold. Poeten, Poeten! sind nicht zu schätzen! Unschuld geht über alles, lieber sterben, als zuchtlos leben – O Collatin! – – Einen Dolch! einen Dolch! – Puf! Larifari, trillitrari! Schönheit! Schönheit! Ha! ha! ha! Ein jeder Lappe, hat seine Kappe. 8. Auftritt Achter Auftritt. Die Vorigen, Clärchen. Herr Trübe, Mamsell Constanze läße schön bitten auf einen Augenblick zu ihr zu kommen. Gleich. Ha! ha! das ist ein wahrer Spaß! ich habe mich vortreflich unterhalten. Geht ab. nimmt Albert an die Seite. Geschwind Herr Albert, gehen Sie hier linker Hand in das kleine Stübchen und warten Sie dort, die Mamsell wird gleich zu Ihnen kommen. Albert springt fort. Bestes Clärchen, sagen Sie mir doch, warum man mich eingesperrt hat? Das weiß ich nicht, lieber Herr Orpheus. Warum sind Sie denn gegen mich nicht auch so gütig als gegen den Herrn? Bin ich denn gegen ihn anders als gegen Sie? Gewaltig viel! Und ich schätze Sie doch gewiß weit höher als er. Dafür bin ich Ihnen verbunden. Aber Sie irren sich lieber Herr Orpheus – – wenn ich wüßte Ihnen einen Gefallen zu erzeigen, ich würd' es mit dem größten Vergnügen thun. Wirklich? Küßt ihr die Hand. Göttliches Kind! ich nehme Sie beym Worte. Collatin! Wie? so lohnst Du meine Treue? – – ha! einen Dolch! einen Dolch! Hurtig und stark schreyend untereinander. Hier bin ich Appius! – komm' löse meine Bande! Holde Minna! so lohnst Du meine Dienste! Schweig Leyermann! – die Dirne von Tusko wirft die Fackel ihres Antlitzes nicht auf solche Zwergenbruth. Wart, wart, ich will Euch gleich das Maul stopfen. Macht die Fenster wieder zu. Diese Reden werden gesagt, wenn Clärchen die Fenster zumacht. Einen Dolch! Einen Dolch! Puf. Meerkatze! Prr! Ach! Minna! – Minna! Drallallerallalerla! So! – – Nun lieber Herr Orpheus, was kann ich denn für Sie thun? Mich befreyen! – – Aber vor allem sagen Sie mir doch, warum Sie mich Orpheus nennen? das ist ja mein Name nicht. Unter diesem Namen sind Sie hier bekannt. Und Sie haben sich selbst viel hundertmal so genannt. etwas niedergeschlagen sich den Kopf reibend. Ach! – – – Ich glaube also, ich bin krank gewesen. – – Ich weiß überhaupt nicht recht wo ich bin? Sieht sich forschend um. und warum man mich hieher gebracht hat? ihn mitleidend ansehend. Wenn Sie immer so wären wie itzt, so weiß ich auch nicht was Sie hier zu thun hätten. wehmüthig. Wo bin ich denn eigentlich? bey Seite. Der arme Mensch dauert mich! – – – ob ich's ihm sage? Sagen Sie liebstes Clärchen! wo bin ich? die Achseln zuckend. Im Narrenhause. Entsetzlich! – – – Und weswegen? Sie setzen mich in Erstaunen. Wissen Sie denn nicht, daß Sie beständig auf der Violine gespielt, fast nichts gesprochen, und statt zu reden gegeigt haben? Ist's möglich! – – – Ich muß also die Geige an Nagel hängen. Das wird wahrhaftig die beste Arzney seyn. zärtlich. Ich wüßte noch eine beßre! Wirklich? Ihr Herz und Ihre Hand. beschämt mit einer tiefen Verbeugung. Sie erzeigen mir zu viel Ehre. Engel sind von jenem Wesen Uns zum Schutz, zum Dienst erlesen, Ihre Stelle nimmt beym Mann Jedes holde Weidchen an. Wenn wir Weiber Engeln gleichen, Ist's fürwahr kein gutes Zeichen, Daß manch Weib aus ihrem Mann Keinen Engel ziehen kann. Wie kein Weib / Mann ist ohne Mängel Ist kein Mann / Weib auch nicht ganz Engel; Darum kommt es bloß drauf an. Wie das Weib regiert den Mann. Wie dem Weib gehorcht der Mann. Ich werde mich gewiß bestreben Nur ganz nach Ihrem Wink zu leben. So wird man jeden sprechen hören Doch Kinder nur kann man bethören. Ich kann es schwören – – – Ich mag nichts hören. Mein Herz ist ganz von Falschheit rein. Männer sind nicht zu ergründen, Selten wird man einen finden, Der die ganze Probe hält. Sind gleich Männer schwer zu gründen, Wird man doch auch manchen finden, Der die ganze Probe hält. 9. Auftritt Neunter Auftritt. Orpheus, Clärchen, Albert, Constanze. mit Albert ganz eilfertig. Nun Clärchen geschwind. Mein Vater unterhält sich bey der Cleopatra. – – Itzt können wir also fort. betroffen, leise zu Constanzen. Ums Himmels willen – warum denn so laut? Auf Orpheus deutend. Sehen Sie denn nicht! – – Nach einer kleinen Pause, in welcher sie ihre Verlegenheit äußert, laut. Jetzt können wir ohnmöglich ausgehen. Wir müssen warten bis Nikolo zurückkommt. ängstlich und heimlich zu Albert. Unterdessen kommt mein Vater her. zu Orpheus liebkosend. Bester! wollen Sie nicht die Güte haben mir von meinem Zimmer meine Stickerey zu holen? Liebstes Clärchen, fodern Sie alles von mir – – nur das nicht. Mir träumt so was von Ihrem Vorhaben – – erlauben Sie mir also, daß ich Ihnen zur Seite bleibe. Denn ich möchte Sie um keinen Preiß verlieren. ärgerlich für sich. Könnte man sich so was auch wohl träumen lassen? Muß der Mensch mit seiner Liebe angestochen kommen! heimlich zu Clärchen. Ums Himmels willen! was ist denn itzt zu thun? nachdem sie einen Augenblick nachgedacht. Hier nehmen Sie die Schlüssel, ich werde ihn fortführen, und dann gehn Sie indeß voraus, lassen Sie die Schlüssel stecken – ich komme gleich nach. O bestes Clärchen. Du weißt doch überall Rath. zu Orpheus. Sie sind also gern in meiner Gesellschaft? So gern, daß ich mir gar keine andre mehr wünsche. hängt sich liebkosend an feinen Arm. Nun so kommen Sie mit mir, ich will mir selbst meine Arbeit holen. O! So geh' ich bis ans Ende der Welt. Sie sind im Begriff fortzugehen. auswärts klopfend. He! Nikolo! – Clärchen! Ums Himmelswillen! der Alte! zugl. O! weh! der Alte! Entsetzlich! Was ist nun zu thun? Nun ist guter Rath theuer! Denkt nach. Nikolo! – – Wo Teufel steckst Du? zu Orpheus. Geschwind, gehen Sie mit diesem Herren auf Ihr altes Zimmer und bleiben Sie dort. – Stößt Albert und Orpheus fort. Gehn Sie! gehn Sie hurtig! läuft ängstlich herum. Nun ist alles verloren! Nicht wahr Clärchen? CLÄRCHEN, die aufzuschließen im Begriff ist. Was weiß denn ich! Mein Gott! ich weiß selbst nicht wo mir der Kopf steht. 10. Auftritt Zehnter Auftritt. Constanze, Trübe, Clärchen, Bast. Was ist das? ich höre, ja meinen Schwiegersohn rufen? Ja leider! Eben schließ' ich ihm auf. Bast tritt ganz verstört ein. Was seh' ich! Sie sind schon zurück? Sie können ja kaum dort gewesen seyn? läuft in der heftigsten Bewegung hin und wieder. Das bin ich auch nicht. O! Ich bin außer mir – ich glaube der Schlag muß mich treffen. Ums Himmelswillen! Warum? Ihr lieber Bruder – – – Ist tod! Und was das ärgste dabey ist, ich glaube er ist verdammt; denn er hat ein Testament gemacht, und mir keinen Pfennig darinn vermacht. Was? keinen Pfennig? Nichts! Nichts! – Was man nichts heißt. Der Teufel hat ihn ganz gewiß in Klauen! – Ach! wenn er nur wenigstens am Galgen gestorben wäre! Der Betrüger! – – Was das für eine Kohlbrandtschwarze Seele ist! Mir nichts zu vermachen! Dreyßig Jahre war der Schurke so arm wie eine Maus – und es geht nimmermehr richtig zu – ich hab's oft gedacht, er hat ganz gewiß falsches Geld gemacht, denn er hat erstaunend viel hinterlassen. Ach! wenn nur das Gericht so klug wäre, seine ganze Verlassenschaft in Beschlag zu nehmen und seinen Rumpf an Galgen zu hängen! Wie? so einen lieben Bruder? den Sie so außerordentlich liebten? Konnt' ich mir vorstellen, daß er so eine abscheuliche Seele hätte! – – Mir nichts zu vermachen! – – – Der Advokat, der ihm das Testament gemacht hat, begegnete mir eine Stunde von hier und erzählte mir, daß er ihn ausdrücklich erinnert habe, er solle nicht auf mich vergessen; der Teufelsbraten hat ihm aber geantwortet: »Mein Bruder ist ohnehin reich und bedarf meiner Erbschaft nicht; ich habe nothdürftigere Anverwandte, auf die ich zu denken habe.« Und wer sind diese nothdürftigern Anverwandten? Das weiß der Teufel, der ihn itzt ohne Zweifel dafür zausen wird. Ich habe vor Aergerniß nicht gefragt, und bin nur gleich wieder umgekehrt und wieder nach Hause gefahren. – – Aber itzt will ich zum Advokaten, und hernach doch hin, und alles in Beschlag nehmen. Das thun Sie. Nehmen Sie alles weg was Sie fortbringen können – Was man hat, hat man, – her nach führen Sie erst Prozeß. die auf einmal Muth bekommt. Das thun Sie lieber Herr. – – Ich bin hier wie auf Kohlen gestanden. Das ist ein abschculicher Mensch, Ihr Bruder – – Wir waren so froh, daß Sie so geschwind wieder kommen – – denn wir glaubten es wäre alles in guter Ordnung, und hofften heute noch Hochzeit zu haben – – und itzt – sehen Sie nur wie sich die arme Mamsell betrübt. – – Denn nun ist nicht dran zu denken – – Sie müssen wieder fort – – da ist keine Zeit zu verlieren. Kein Augenblick, wer vorkömmt, mählt vor! zu Constanze, die sich stellt, als ob sie weinte. Bestes, liebstes Kind! tröste Dich mein Engel. Ach! was kann ich mich trösten! kaum seh' ich Sie, muß ich Sie wieder verlieren, und wer weiß noch wie lange. Ich geb' Dir mein Wort, ich komme morgen Abends oder spästens übermorgen Mittags zurück. Zu Trübe. Das Engelskind! Wie sie mich liebt! Es ist unglaublich! Machen Sie nur daß Sie fortkommen. Sie kommen desto geschwinder wieder! der abscheuliche Leise. liebe Bruder! Was er uns für einen Streich spielt. O! so ein Hund ist nicht mehr werth, Als daß er in die Hölle fährt! Das wird ihm auch gewiß nicht fehlen, Die Teufel werden ihn schon quälen; Er ist gewiß schon dort, An dem verdienten Ort. Siedendes Pech, glühendes Eisen Sind nun sein Trank und seine Speisen, Starrender Frost, schmelzende Hitze, Sind nun sein Bett, und seine Sitze; Und immer dabey Ein Zeter – Geschrey. Hu! wie mir's übern Rücken fährt! Jedoch er ist nichts bessers werth. Bast geht ab, Trübe folgt ihm. 11. Auftritt Eilfter Auftritt. Constanze, Clärchen. Das ist ein abscheulicher Mensch! Ja! Es ist eine saubre Composition! Unterdessen seyn wir froh, daß wir ihn sobald wieder los geworden sind. Wahrhaftig, wenn das Ding noch lange so fortgeht, daß bald dieß bald jenes Hinderniß dazwischen kömmt, so werd' ich über lauter Dichten noch selbst zur Närrinn. Ich glaub' Dir's liebes Clärchen. Ich bin so erschrocken, wie ich seine Stimme hörte, daß ich glaubte, ich würde auf der Stelle sterben. Ja, hätt' er den Kopf nicht so voll von seiner verlornen Erbschaft gehabt, er hätte alles entdeckt; ich war auch völlig weg. Nun, was fangen wir denn itzt an. schwer Athem holend. Ja! was fangen wir an? wenn nur der gute Orpheus nicht seine Geige zerschlagen hätte, denn weil er itzt nicht mehr geigen kann, so wird er gescheit, verliebt, und will mir nicht mehr von der Seite gehn. Das ist entsetzlich! Und wir müssen je eher je lieber trachten, sonst kommt Nikolo zurück. Was fangen wir hernach an? Ich verliere allen Muth! Nur nicht verzweifeln, sonst kommen wir gar nicht vom Flecke! Sinnt nach. Ich darf mich nicht bey ihm sehen lassen – – – Gehen Sie also hin. Sehen Sie daß Sie mit Herrn Albert entwischen können, und schließen Sie den Orpheus ein, ich will hier auf Sie warten. Aber so bald als möglich. Wie werd' ich das aber anstellen? Sagen Sie es nur dem Herrn Albert heimlich, der wird schon Mittel finden. Nur geschwind. Drückt sie fort. allein. Ich will alles gern thun, aber ihr zu Liebe will ich doch wahrhaftig keinen Narren heirathen. Es ist freylich ein ganz artiger Mensch – – und wenn er so bliebe – – – aber wer steht mir davor, wenn er wieder eine Geige zu packen bekommt, daß er mir nicht wieder seine Empfindungen vorgeigt; da wär' ich schön erwischt! 12. Auftritt Zwölfter Auftritt. Clärchen, Trübe. für sich. Itzt kommt mir der wieder über den Hals. ganz nachdenkend. Ich hätte doch nimmermehr gedacht Clärchen, daß mein Schwiegersohn so ein böses Herz hätte! für sich. A! ha! Seinen leiblichen Bruder nach dem Tode so zu verfluchen und zu verwünschen! – Pfui! das ist häßlich! Unerhört! Abscheulich! – – – Denken Sie nur was Ihre Tochter einmal von ihm zu erwarten hat! Seine ganze Glückseligkeit ist Geld, und Ihre Tochter ist arm! Sie wäre aber doch gut versorgt. Denn er hat, ohne seines Bruders Erbschaft, ein schönes Vermögen. Was nützt das? Sind Sie sicher, daß sie je Besitzerinn davon werden wird? Sie sehen seinen Charakter. Wird er sie nicht zu tode quälen? Ein Geizhals ist eine immerwährende Folterbank für die Seinigen. Ich möchte ihm meine Hand nicht geben, wenn er noch einmal so reich wäre. schüttelt den Kopf. Hm! hm! Es macht mir wirklich Gedanken! Geht ab. allein. Vortreflich! der bekommt Grillen! Eine Hoffnung von einer andern Seite! Vielleicht gelingts uns hier, wenn die Flucht nicht gerathen sollte. Besser wär's freylich, wenn der alte Herr seine Einwilligung gäbe, als daß ich etwan aus Diensteifer den Orpheus heirathen müßte! Ha! ha! ha! Närrischer könnte man sich nichts träumen lassen. Es ist mit Klugen nichts zu richten Was fängt man erst mit Narren an? Wer kann auf alle Fälle dichten Worauf ein Narr verfallen kann. Doch halt! Hat nicht ein jeder seinen Sparren? Und find't nicht wohl die Frage Statt: Ob man bey Klugen oder Narren, Mehr Unheil zu erwarten hat? Der Kluge ist zu schlau, Herrscht und befiehlt der Frau; Den Narren kann man trügen, Auf seinen Conto lügen; – – Traun! es ist nicht so sehr gefehlt, Wenn man sich einen Gimpel wählt. 13. Auftritt Dreyzehnter Auftritt. Clärchen, Orpheus, Constanze, Albert. Es ist nicht möglich, liebstes Clärchen, den Menschen von der Seite zu bringen. Auf Orpheus deutend. stampft mit dem Fuße. Ey so wollt' ich! Werden Sie nicht böse, liebstes Clärchen. Die Liebe macht viele zu Narren, mich macht sie vernünftig. Erlauben Sie also, daß ich mein Glück verfolge – – – Albert hat mir Ihr ganzes Vorhaben entdeckt – lassen Sie mich Theil dran nehmen – ich kann Ihnen sogar nützlich dabey seyn. – Ich besitze Vermögen und will sie unterstutzen. – – Vielleicht gelingt es mir auch Ihre Liebe zu gewinnen, dann wär' ich vollkommen glücklich. Ich will keine Violine mehr anrühren, Sie sollen der einzige Gegenstand seyn, dem ich meine ganze Aufmerksamkeit widmen will. Liebstes Clärchen! mir zu Gefallen! Soll ich mich verlieben? soll ich mich verheirathen? da ich keinen Trieb dazu in mir spüre? Das hieße die Gefälligkeit wahrhaftig zu weit treiben. Daß der Mann ein Weib sich nimmt – Daß das Weib ein Männchen nimmt – ALBERT, CONSTANZE UND ORPHEUS. Dazu sind wir ja bestimmt! Aber, wenn nun nichts von Liebe Sich in meinem Herzen regt? ALBERT, CONSTANZE UND ORPHEUS. Schnell entstehn oft in uns Triebe, Wo das Herz vor Liebe schlägt. Freylich kann es keiner wagen, ALBERT, CONSTANZE UND ORPHEUS. Niemand kann so leicht es wagen, CLÄRCHEN, ALBERT, CONSTANZE UND ORPHEUS. Stolz der Liebe zu entsagen, Weil er, eh' er sich's versieht, Ihren Siegeswagen zieht. Könnten Sie wohl je im Leben Edler Herz und Hand vergeben, Als an mich? dem schon Ihr Blick Gab Vernunft und Ruh zurück? Erst allein, dann zusammen. ALBERT, CONSTANZE UND ORPHEUS. Dankbar wird er all sein / werd ich all mein Leben Ihrer holden Liebe seyn. Soll ich nun mein Herz vergeben? Und ich will ja gar nicht frey'n. bittend. Aber Beste! mir zu Liebe! ebenfalls bittend und die Achsel zuckend. Alles! alles unterbliebe. nach einer Pause, in der sie Orpheus schalkhaft angesehen. Nun, wohlan! Er kann's probiren, Glückt es Ihm mein Herz zu rühren, Gut, so geb' ich Ihm mein Wort, Doch, itzt ist es Zeit, fort, fort. ALBERT, CONSTANZE, CLÄRCHEN UND ORPHEUS. Ja, itzt müssen wir uns eilen, Keinen Augenblick mehr weilen; Sonst kommt wieder was, drum fort. Clärchen hängt sich an Orpheus, Constanze an Albert und sind im Begriff abzugehen. 14. Auftritt Vierzehnter Auftritt. Die Vorigen, Nikolo. Sackerlot! das heiß ich rennen. Stutzt. Was ist das? So folgt man mir? Die zwey Herren find' ich hier? erschrocken für sich. Ey so wollt' ich! ALBERT, CONSTANZIA UND ORPHEUS ebenfalls für sich erschrocken. Wieder was! NIKOLO, ALBERT, CONSTANZIA UND ORPHEUS unter sich. Nun ist's alle! zu Clärchen böse. Was ist das? Alle stehen bestürzt und nachdenkend. nach einer Pause zu Orpheus. Nur stille! lassen Sie mich machen. Zu Nikolo. Ach Nikolo! da giebt es Sachen, Schmeichelnd. Er bildet sichs gewiß nicht ein. Ey, Sackerlot! Was kanns denn seyn? zieht Nikolo an die Seite. Die Herren sind bey meiner Ehre So klug, gescheit, als wir, Das wäre! auf Albert zeigend. Der liebt Constanzen, und zum Schein Kam er als Narr allhier herein; Weil er sie dachte zu entführen. Ey Sackerlot! Nur still! Nur still! Wir wollen dabey profitiren, Er giebt uns was ich immer will – Ihm die Backen kneipend. Du liebst mich Nikolo, nicht wahr? Getroffen, Sackerlot! auf's Haar! Wenn wir dazu behülflich seyn, So stattet er uns aus, schlag ein! fällt ihr um den Hals. O liebstes Clärchen! Sackerlot! Wenn s so ist, steh ich zu Gebot. ORPHEUS, ALBERT UND CONSTANZE. Wie sie ihn weiß so gut zu lenken! Was bessers kann man nicht erdenken. Sie fördert unser Glück allein. Wir wollen uns schon gut bedenken, Er soll uns sicher so viel schenken, Damit wir können glücklich seyn. 15. Auftritt Funfzehnter Auftritt. Die Vorigen und Trübe. Ha! der Geiger und der Sänger! Darum geht's so lustig her. Ey verdammt! das wird je länger Je verworrner und zu schwer. Sackerlot itzt zieht der Sänger Den Papa zur Unzeit her. zu Clärchen, doch so sich stellend, als ob sie etwas unbedeutendes sängen. Freundinn! es wird schwer gelingen! eben so. Nur Geduld! es muß gelingen. Muß der Henker den itzt bringen! für sich. O wie gern hör' ich sie singen, Ach! mir wird dabey so leicht! Die andern. Glücklich wird man nicht so leicht. erst allein, dann stimmen die andern alle mit ein. Wer schon oft dem Surm entflogen, Lacht der wilden Meereswogen; Weil er öfters schon den Hafen In Gefahren hat erreicht. zu Nikolo heimlich. Geh lieber Nikolo, sieh' Dich nach einem Wagen um, damit wir ohne Aufsehen fortkommen; wir wollen sehen, daß wir ihn unterdessen wegbringen. Sackerlot! Gescheit! Geht ab. 16. Auftritt Sechszehnter Auftritt. Albert, Constanze, Orpheus, Clärchen und Trübe. Nun meine Tochter! Du unterhältst Dich doch ganz artig mit Deinem Sänger. etwas betroffen. Mit meinem Sänger? Was wollen Sie damit sagen, lieber Vater? Nichts, eigentlich. Es fuhr mir so heraus. Wenigstens siehst Du ihn doch lieber als die andern Narren? Aus einer ganz natürlichen Ursache. Sein Verstand ist nicht so ganz zerrüttet als bey andern; daher ist das Mitleid, so ich für ihn fühle, auch nicht so schmerzhaft, als bey den andern. Und hast doch auch ein wenig Zerstreuung bey ihm? Das kann ich nicht läugnen; und Seufzend. die hab' ich wahrhaftig nöthig! Sie hat eben die nämliche Bemerkung wegen Herrn Bast gemacht, wie Sie. Und da war ihr eine Zerstreuung wahrhaftig sehr nothwendig. verlegen. Laß das. O mein Vater! denken Sie denn wohl im Ernst, daß Sie mich glücklich machen? Du bist doch gut versorgt .. und – warst es ja bisher zufrieden. Soll ich aufrichtig seyn? Ich hatte immer die größte Abneigung – aber – um Ihnen zu gehorchen, unterdrückte ich meine Empfindungen. Deine Empfindungen? Du wärst also anderwärts verliebt? Wenn ich's auch nicht wäre; könnte mir ein Mann von diesem Charakter wohl gefallen! Rezitativ. Ein grämlich Alter ist schon gräßlich, Kömmt Geiz und Boßheit noch dazu, Was ist dann schaudernder? Was häßlicher zu sehen? Nicht die grau gefärbten Haare, Nicht die mehr verlebten Jahre, Scheut ein junges Mädchen so; Nein, sie ist oft dabey froh. Aber Geiz und Tücke, Die dem Ehstandsglücke Selbst bey Jungen lästig seyn Sind bey Alten Höllenpein. 17. Auftritt Siebzehnter Auftritt. Die Vorigen, Nikolo. Trübe geht nachdenkend herum. Albert und Const geben durch Zeichen zu erkennen, daß sie hoffen, er werde anders Sinnes werden. heimlich zu Clärchen. Nun, ich habe einen Wagen da. Ja, wie entkommen wir aber itzt? der Alte sitzt uns auf dem Halse. Ja Sackerlot, man muß nicht weilen. Der Herr könnte wohl gar kommen – denn – er ist wieder in der Stadt – – Das weiß ich. Und nicht weit von hier beym Advokaten. Ich hab' ihn eben am Fenster gesehn. Was ist da zu thun? Kein ander Mittel, Nikolo muß die Narren herauslassen, daß er sich mit Ihnen abgeben kann; so können wir entwischen. Du hast Recht, Sackerlot! das will ich gleich thun. Geht ab. zu Trübe. Nun liebster Vater, warum so nachdenkend? Ach! bestes Kind! Du hast mir durch Dein Geständniß viel Kummer gemacht! Ich dachte Dich zu versorgen – – – O dürft' ich ganz offenherzig seyn! Lassen Sie den Gedanken fahren – – ich werde dem ohngeachtet nicht Noth leiden. Genügsamkeit ist eine Tugend Die uns allein ganz glücklich macht; Was nützen Schätze, Schönheit. Jugend, Wenn unser Herze sie nicht acht't? außer Trübe. Lebt man nur seinem Stande gleich, So ist man auch als Bettler reich. 18. Auftritt Achtzehnter Auftritt. Die Vorigen, Bast. Nun ist es klar, mein Bruder brennt, Hier ist das Teufels-Testament. Ein böser Mann! ich muß es sagen: Mein Mädchen wäre zu beklagen. ALBERT, CONSTANZE, ORPHEUS UND CLÄRCHEN alle erschrocken und verwirrt für sich. So will es uns denn nicht gelingen? Muß ihn der Henker itzt herbringen! für sich, bitter. Kann man sich so was auch nur denken! Solch' eine Erbschaft zu verschenken! Zu Trübe. Da! hören Sie das Testament. Er liest. »Ich erklär' bey meinem Sterben, Ganz allein zu meinem Erben: Einen sichern Albert Kron, Meinen ächt gebornen Sohn.« heimlich zu Constanze, erstaunend. Das bin ich! liest fort. »Meine Frau, die ihn geboren Hab' ich leider bald verloren, So daß unser Ehestand Bis anitzt blieb unbekannt.« wie vor, aber zugleich zu Clärchen und Orpheus. Ja! ich bin es! ALBERT, ORPHEUS, CONSTANZE UND CLÄRCHEN. O! welch Glück! CONSTANZE, ALBERT, ORPHEUS UND CLÄRCHEN umringen Trübe. O mein Vater / O mein Herr! hier Ihren Segen! Wenn Sie Liebe für mich / sie hegen! Hier ist dieser Albert Kron Lange lieben wir uns / sie sich schon. erstaunt. Welch' Gewebe! wär' es möglich! ebenfalls erstaunt. Welch' ein Räthsel! wär' es möglich! Ja! nichts kann gewisser seyn! An Beweisen soll's nicht fehlen! Wie? das ist des Todten Sohn? Ja! das ist / ich bin der Albert Kron! zu Constanze. Aber einen Narren wählen! ALBERT, CONSTANZE, CLÄRCHEN UND ORPHEUS. O Ich / er war nur Narr zum Schein. Gut, so willige ich ein. Durch einander und zugleich. Auch die Braut soll ich verlieren? Schurke? wart ich will Dich führen! Nikolo gleich sperr' ihn ein! ALBERT, CONSTANZE, ORPHEUS UND CLÄRCHEN. Niemals werden Sie's bereuen. Unser / Denn ihr Glück wird Sie erfreuen, Das wird Ihnen Wonne seyn. Daß es Dich nur nicht möcht' reuen, Dann erst würde ich mich freuen, Wonne würd' es für mich seyn! 19. Auftritt Letzter Auftritt. stutzt da er Bast erblickt. Sackerlot! Ist der zurücke? zu Nikolo. Schurk'! ich brech' Dir das Genicke! Sprich, warum sind diese hier? Auf Orpheus und Albert deutend. Jupiter wir danken dir! zu Orpheus. Ha! mein Collatin ist hier! zu Albert. Ha! mein Appius ist hier! zu Albert. Ha! mein Appius packt den Albert an. Fort mit Euch in Eure Kammer. Halt! nimmt Albert weg. der geht Sie nichts mehr an. boßhaft lachend. Ha! ha! ha! das wird sich zeigen. Ha! ha! ha! Ihr werd't schon schweigen. Wenn Euch Jupiter gebeut. All Ihr Drohen ist vergebens, Nicht um alles Glück des Lebens Werden Sie mein Tochtermann. Auf Albert deutend. Diesen nehm ich dafür an. läuft wüthend umher. Verflucht! ich berste noch vor Galle. Ha! ha! der Fuchs ist in dor Falle! Ha, ha! Herr Bräutgam ohne Braut! Wenn werben Sie denn wohl getraut? für sich. Vortreflich! das ist wunderschön. zu Clärchen. Nun Clärchen, wie wird mir's ergehn? schalkhaft. Je nun, wenn Sie nicht blos durch Geigen Mir Ihr' Empfindung wollen zeigen, Und hübsch vernünftig wollen seyn, So schlag' ich herzlich gerne ein. küßt Clärchen die Hand. O ja, das geh' ich gerne ein. Wie! was! – Auch Du spielst solche Streiche! schalkhaft die Achseln zuckend. Das sind nun so der Liebe Sachen, Sie kann bald klug, bald närrisch machen, Das sehn wir klar und deutlich heut; Der stellte sich als einen Narren, Der hatte wirklich einen Sparren, Und wird durch Liebe nun gescheut. Wär's nicht unmenschlich, wenn ich wollte, Daß er fort närrisch bleiben sollte? Ich geb' Ihm also meine Hand, Damit Er bleibe bey Verstand. Du hast mich also nur betrogen? Dir Gimpel war ich nie gewogen! außer Bast und Nikolo. Ha, ha! Herr Bräutgam ohne Braut! Wann werden Sie denn wohl getraut? Erst allein, dann zusammen. in äußerstem Affekt zusammen. Verdammt sind Eure Ränke! Das soll, so lang' ich denke, Mir eine Warnung seyn. Komm Collatin und denke, Komm Appius und denke, LUKREZIA, VIRGINIA. Daß ich mein Herz Dir schenke; Und sey nun wieder mein. zu Bast und Nikolo. O Jupiter! gedenke Daß Deiner Liebes Ränke So viel, so zahlreich seyn. TRÜBE, ALBERT, CONSTANZE, ORPHEUS UND CLÄRCHEN. Schlägt wem die Liebe Ränke, So sey Er klug, und denke: Er tauge nicht zum Frey'n. Amor treibt mit grauen Haaren Manchmal freylich wohl sein Spiel; Aber soll sie Hymen paaren, Fehlt der Alte meist das Ziel. Ende.