Filidors Geharnschter Venus erstes Zehen In versüßter Liebes-Pein Muß es hier gefochten seyn! Dehm Vortrefflichem Hirten Strefon/ Wie auch Dem unvergleichlichem Pranserminto übergiebet Seiner geharnschten Venus Erstes Zehen absonderlich Filidor der Dorfferer/ in folgendem. Strefon/ Muster deutscher Gunst/ Bild der alten Redlichkeiten/ meiner Jugend Tugend-model/ dehm ich mich alsbald vertraut/ als der Musen grüner Gipfel erstens ward von mir geschaut. Ob ich deinen Freuden-stand iezt gleich sehen muß von weiten: Sollte drum die Ferne mir rauben meiner Pflichte Schulden? Nein. Kein Ort in Süd und Westen/ Ost noch der bestürmte Nord treibet meine Dienst-gedanken durch die Fluht der Leten fort. Ewig bleib ich dir verknüpft. Weil mich die Gestirne dulden in der schwachen Unter-welt: will ich die vergunnten Blikke der Gelegenheit ergreiffen/ daß ein iederman erfahr'/ herzer Strefon/ daß du mir/ ich mit dir verbunden war/ daß wir offtermals geteilt Unfall/ Wolstand/ Leid und Glükke. Laß den heilsamen Galen/ den Hippokrates iezt liegen/ tuh den ewigen Sennerten und den Zelsus aus der Hand! Venus/ die vor wenig Monden dich so längst-gewüntschet band Venus/ die auch nakt und bloß weiß zu streiten/ krieg- und siegen/ spricht dir iezt gewapnet zu aus dem ungeheuren Norden/ sie bedekket Schild und Degen. Doch/ mein Damon/ fürcht dich nicht/ sie beweiset/ wie zuvoren/ ein verliebtes Angesicht' und ist in der Musen Zelt fast der Pallas ähnlich worden. Sihstu/ wie sie dir sich neigt/ wie sie dich gehorsam küsset/ wie sie dir den Lorber reichet. Nim es an das erste Zehn/ als der erste von den Freunden/ nim es an/ und laß dir dehn der sie so hat außgerüst/ und durch Sie dich freundlich grüsset/ auff das neu' empfohlen sein. Freundschaft/ die auf Zederngründen des Bestandes ist bepfälet/ weiß ich/ nimmet auch für gut was ein treues Freund-gemühte mit Papier-geschenken tuht. Nu! ich hab' es schon erlangt. Iezt komm' ich auff Pranserminten. Wo ich/ Pranserminto/ dir einigs Zeichen meiner Treue nicht einmal auch spüren ließe: fühlt' ich billich jenen Brand/ der den aus der See halb-todten aller Welt gemacht bekant. Dreymal bracht Apollens Stern seine Reise zu der Neige/ dreymal spannt' er wieder an. So viel Jahre sind verflossen daß du stets üm mich gewesen: Eine Stube nahm uns ein/ eine Tafel reicht' uns Speise/ Kreuz und Glükk war uns gemein. Was für lehr-bereichte Lust hab' ich dar bey dir genossen! Mein Apollo trug sich hoch; merket' er von dir sich preisen: Meinen armen Hirten-Musen ward der Lorber fast zu schlecht/ wenn sie deinen Beyfall hörten: Selbst ich ringer Schäfer-Knecht bildte mir den Adel ein/ lobtstu meiner Flöte Weisen. Als ich nun den lezten Griff fast auf Rohr und Pfeiffe tähte; wie hastu dich dar betrübt! dein Gemüht und Freundes-Sinn gieng auff das erhaltne Leben deines Filidors nur hin. Von der Sonnen frühen Tritt biß zur andern Abend-röhte hieltstu wachend bey mir aus. Keine Wurzel war so ferne/ kein berühmtes Kraut so selzam/ daß auch mitten in der Nacht wenn die Wolken-brüche rissen/ und der Luft Geschüzz' erkracht' einig nur zu meinem Heil du nicht williglichst und gerne hättest mir herzugebracht. Da mich nu der Götter Wille meinem Leben wiederschenkte/ nacher Macht vor Recht ergieng/ und/ als wie an einem Faden/ meines Nahmens Ehre hieng: Was erwiesestu mir nicht! deiner treuen Schreiben Fülle/ dienet mir an Zeugniß statt/ daß kein stärker Band gewesen/ Als/ das/ Freund/ du hast geknüpfet. Bildt euch nichts von Damon ein/ Griechen/ laßt das Gunst-exempel Pylades verschwiegen sein/ Keiner Treue höher Preiß wird in eurer Schrifft gelesen. Nun! Ihr Seulen dieses Buchs/ laßt Euch meine Gunst gefallen bauet/ pfleget/ stüzzt und schüzzet/ (wie Ihr auch gethan zuvor/ ) Liebt/ singt/ ehret diese Venus! denn wird Euer Filidor Trozz dem Lobes-drükker Neid! über dem Gestirne wallen. Hamb. den 20. Weinmon. 1657. Eur unverfälschten Tugend und Treue beständiger Anbeter Filidor.