Chorgesang aus einem unvollendeten Singspiele: Eros und Psyche 1787. Erste Strophe Mit Rabenfittig deckte die Urnacht noch Die Ungestalten; starrender Schlummer lag Noch ausgegossen über rohe Felsengerippe des öden Weltalls; Noch ungesondert lagen die Trümmer der Gestirne, lagen Trümmer des Mondes und Der Sonn' und Erde, lagen graunvoll Noch in dem Schooße des alten Chaos. Erbarmend schaute Gott, in dem Vaterblick Der Liebe Fülle, nieder vom strahlenden Olympos – schnell verwandelt war in That der Gedank', in der Thaten schönste. Erste Gegenstrophe In sanftem Säuseln schwebte die Liebe, Wärm' Und Leben athmend, unter der Schwebenden Erwachtest du, Natur, und schloß sich Auf dein gebärender Schooß, Allmutter! So dehnt sich brütend über die Werdenden Des Schwanes Fittig, ehe die Schwänlinge Sich hoch im Glanz der Schöne, hoch im Silbergelispel des Flügels heben. So hoben Sterne, so in der Schöne Strahl Sich Mond und Sonne, so sich im Jubelklang; Geläutert floß der Strom des Aethers Hell um die schwimmenden goldnen Inseln. Zwote Strophe Mählich ründete da sich um den marmelnen Kern die Erde; das Meer, wie es auch brausete, Schwieg, und Wellchen an Wellchen Netzte leise den Ufersand; Wälder kränzten ihr Haupt, Wälder begürteten Sie, und über dem Gurt wölbten, der Nährerinn Brüste, wölbten, von Milch und Fülle triefend, sich Berg' empor. Ströme stürzten herab, tränkten die Fluren des Mutterschooßes, und sanft flossen in rankendem Bachgeäder die Quellen, Säugten Auen und Blumenthal. Erde, jugendlich schön lächeltest, Erde, du! Sei auch stolz, denn auf dir weilte das Auge der Liebe segnend, und schöner Ward die Schöne der Lächelnden. Zwote Gegenstrophe Purpurn hub sich empor tief aus des Oceans Schooß ein Jüngling, das Haupt strahlend mit goldenem Haar, die Sonn', und sein erster Blick war flammender Liebesgruß. Ueber Wangen und Stirn streuten der Erde da Rosen, Unschuld und Schaam, daß durch den bräutlichen Nebelschleier der Schimmer Ihrer Blüthe noch röthelte. Iris prangt nicht so schön, wie in dem Glanze des Duftgewandes die Braut, doch vor dem Flammenden Thaute nieder der Schleier, Schwollen Wolken zum Liebesbett. Ausgegossen um sie lagen zum Brautgeschenk Schöne Gaben, die ihr freundlich im Tanze die Horen brachten, des Lenzes Kranz und Fülle des Traubenmonds. Dritte Strophe O Liebe! Liebe! wehend umsäuselten Da deines Odems Hauche mit Wonneduft Der Neuvermählten gürtellosen Schooß, und beseelten die Lebenskeime. Und schnell entfaltet blühte die Knospe mit Des Himmels Blüthe, prangte mit Himmelsfrucht, Da schwirrt' es zahllos, sonnte junges Lebengewimmel im Freudenstrahl sich. Dritte Gegenstrophe O Liebe! Liebe! Quelle des Lebens, dir Entströmt des Segens lauterste Fülle, da, Wo deines Blickes Weihe ruhet, Wandeln sich Wüsten in Paradiese! Dir scholl der Hymnus, dir in der wonnigen Entzückung, scholl in süßen Gefühlen dir Des Daseyns! Zahllos, wie des Meeres Tropfen, erschollen die Preisgesänge – Der ganze Chor Des Einen Hymnus! Sonne, du hallst in ihm Des Chores Leyer, Cymbel und Harfe tönt Von Stern zu Stern, und sanfter athmet, Sanft wie ihr Schimmer, Selena's 1 Laute! Ein Hymnus! liebend neigt ihm das Vaterohr Der Allbeleber, neigt es dem Abendgesang Der Mücke, wie den Harmonien Tanzender Sphären im Feier-Chore. Fußnoten 1 Selena, Luna.