An die deutsche Rathsversammlung in Wien 1814. In Habsburgs Kaiserhallen Versammelte, Gott grüß' Euch, deutsche Männer! Geheftet starrt Des Vaterlandes Aug' auf Euch, ihr Waltenden Hüter des Seyns und Werdens. Wann dröhnten jemal so auf des Rathes Tisch Verhängnißschwanger, furchtbar umsäuselt – ach Vernehmt der Warnungsschauer Flüstern! – Rollend Entscheidung, die Schicksalswürfel? Der Väter Ahnherrn, wenn sie bei'm Festgelag' Im Eichenschatten ruhten, des Uhres Horn Umherging; wie sich schimmernd heben Stern und Gestirn an der blauen Wölbung, Empor so strahlten ihnen aus Heldensinn Gedanken auf Gedanken, es rastete Jedoch der Arm, bis erst bei kaltem Ernste sich senkte die Prüfungswage. Uns unsre Sieg' entflammten zu Nektarrausch, Und Babels Einzug! huben die Fittige Des trunknen Geistes – Ha! und stürzten Nicht, nun gelös't von der schnöden Fessel, In unsre Feierbecher beim Lebehoch Des deutschen Rheines, Vater Johannesberg Mit seinem Rebenwald, und ihr in Goldenen Strömungen, Hochheims Hügel? – Fein nüchtern, Muse! Nahe mit frommen Sinn Dem ernsten Kreise, deines Berufes, o Des hohen kundig! Heil'ge Zauber Weih'n dir die Lippe zu Göttersprüchen. Geleitest du nicht Bitten und Sühnungen, Gelübd' und Dankesopfer und Tempelsang Gen Himmel? Flammt nur deiner Schwester, Dir, Uranide, nicht auch der Sternkranz? Heut' athme Segenswünsche die sanfte Brust, In Wünschen lisple leise das Saitenspiel, Und Segen fleh', in ihm der Inbrunst Perle, der Blick, den nicht hemmt die Wolke: Ach, daß herab Sie schwebe, die Spenderinn Des wahren Rathes, daß sie zum Heiligthum Die Halle widme, zu Asträa's Priestern Teutonia's Häupter weihe, Allvaters Erstgeborne, die Wächterinn Des Urgesetzes, Sie die Erleuchterinn, Die hohe Weisheit, daß sie zünd' in Ihnen des Lichts und des Rechtes Flamme! Dann waltet Eintracht, schirmt in der Bundeshand Die festumschlungnen, ewigverbrüderten Geschosse, nur dem Feind verletzbar, Wenn sich gesondert die Pfeile lösen. O dann erstehet, blühend in Lenzeskraft, Verjüngt das alte, heilige deutsche Reich, Und unterm Adler-Schild erstarrt das Frevelgezüchte Gewalt und Willkür!