Rundgesang Der Jahreswechsel von 1814 und 1815. Die ernste Feierstunde nah't, Schon zieht die Mitternacht Einher auf sternbesätem Pfad'; Und bald ist nun vollbracht, Vollbracht – doch Großes hat's gethan – Des Jahres Bahn, Das nun verschlingt der Ocean, So schön wir's sah'n Verschlingt der Vorzeit Ocean! Du gabst uns Sieg und Siegsgesang, Bekränztest uns mit Ruhm; Dereinst dein hoher Name prang' An Freiheits Heiligthum! Das Götterkind verhieß Gedeihn: Wohl über'n Rhein Zog siegend unsrer Helden Reihn, Zum Feind hinein, Am Ersten Jahrstag über'n Rhein! Er kommt! Er kommt! Er schwebt heran, Des Fittigs Schwünge schon Den Himmelsjüngling künden an, Des alten Jahres Sohn. Aus Sternenreigen glänzt hervor, Vom Stunden Chor Umtanzt, das junge Jahr hervor! Es athm' empor Ach, unsrer Segenwünsche Chor! Des Wechsels Stunde schallt! – Auf's Knie! Auf's Knie! und betet an Ihn droben, der uns mehr verlieh Als Dank Ihm danken kann. Auf unsers Heiligthums Altar Ein Flämmchen klar Bring Dank- und Sühnungs-Opfer dar. Das Zwilingspaar Flamm' auf für's alt' und neue Jahr! Er that's! Er hauchte Lebensgluth In Jüngling und in Mann, Daß neubeseeltes Deutsches Blut In Aller Adern rann; Und Glaub' und fromme Siegeslust Auf Stirn' und Brust, Des Himmelsschutzes wohlbewußt, Auf Stirn' und Brust, Das Kreuz sich prägt auf Stirn und Brust. In Ruhm und Segen, junges Jahr, Dem alten eif're nach: Sei strahlend wie's dein Vater war Der unser Joch zerbrach. Web' uns der Deutschen Eintracht Band, Der Freiheit Pfand Besiegle du dem Vaterland. Schling du das Band Um Eintracht, Freiheit, Vaterland! Doch unsre liebe Stadt 1 erlag, Versank in Tigerklau'n; Kein Auge thränenlos vermag Die Gräu'l noch anzuschaun. – Den Frevlern, sich der Wüthrichslust Und Schmach bewußt, Glüht nun ein Maal an Stirn' und Brust, Sich's wohlbewußt, Ihr Brandmaal glüht an Stirn' und Brust! Der Herr ist Gott! Er giebt, Er nimmt. Er Vatersegen giebt, Ob unser Wunsch sein Ziel erklimmt, Ob unser Blick sich trübt. – Aus Trübsalsnächten wunderbar Hub sonnenklar Sich unser Stern, der immerdar Strahlt sonnenklar, Knien Glaub' und Inbrunst am Altar. Mit hohem Wirbelschwung vollführt Bei Sphären-Sang und Glanz Treu seine Kreisbahn, wie's gebührt, Das Jahr im Horentanz; Auch uns – wem nicht das Ziel verschwand – Prägt jene Hand Das Gleis in unsers Pfades Sand, Wohl jene Hand Die Sonnen lenkt am Gängelband. In weitem Rund, in engem Ring, Sei's Kaiser und sei's Knecht, Ein jeder wirke frisch und flink Was gut ist, brav und recht! Zart Weibchen, fern von Saus und Braus, Bewach' ihr Haus, Sä' manches Saamenkörnlein aus, Bei'm Kinderschmaus, Des Guten und des Schönen aus! Ist's so durch's ganze Vaterland Bestellt in Hütt' und Schloß, Dann ist uns Kurzweil, Spiel und Tand Der Feinde Schwarm und Troß. – Gewähr's uns, Jahr das aufwärts zieht, Schon östlich blüht, Der schönern Zukunft Erstlingsglied! Dich grüßt, erglüht, Des alten Stolbergs Schwanenlied. Fußnoten 1 Hamburg, des Dichters Geburtsstadt.