89. Die Bitte 1789. Liebt' ich sie mehr, als dich? Ich liebte mehr sie, Darum nahmst du sie mir! Den Wonnebecher Trank ich, dankte, lobte den Geber; liebte Heißer die Gabe! Dennoch erbarmtest mein dich, als sich schlossen, Meine Himmel auf Erden! ihre Augen! Als die kalte Lippe des Jammervollen Küsse nicht fühlte. Wilder Verzweiflung wehrtest du! Du schmeidigst Meinen starrenden Gram! Du gürtest, kräftigst Mich zum schweren Wandel des öden Lebens, Zeigest das Ziel mir! Ach, an dem Ziele harret mein im Kranze Ewigduftender Wonne meine Agnes! Und die Liebevollste der Liebevollen Liebt mich im Himmel! Schwebet herab vielleicht zu mir, und lächelt, Wenn dem Einsamen hold ihr Traumbild lächelt, Bildet süße Täuschungen, lockt aus welkem Auge mir Thränen! Aber ich seh' sie nicht! – ich soll aufs Ziel schaun! Darum seh' ich sie nicht! sie war mein Abgott! Wollt's nicht! will's im Himmel nicht sein! und hüllet Liebend in Nacht sich. »Liebst du mich mehr als Ihn?« so fragte warnend, Als sie lebte, die Holde! Denn sie liebte Mehr als mich, Allliebender, dich! Der Weiber Zärtlichste, mehr dich! Siehe, sie fühlte nicht des Engels Hippe! Schnellgereifet am Strahle deiner Liebe Fiel in deine lösende Hand sie, schien mir, Tot schon, zu schlummern! Lehre mich lieben, wie sie liebte! Laß mich, Wie nachreifende Frucht, im Sand des Trübsals Mürbe werden, zeitigen für die schöne Stunde des Festes! Sei mir gesegnet, Stunde, jüngstgeborne Schwester freudiger und durchweinter Stunden! Schöner einst, als jene, da sprachlos Agnes Herzte den Erstling. Dann ist sie wieder mein! und wonnetrunken Seh' ich wieder mein Weib, und rufe: Du bist Geist von meinem Geiste! Bist Herz von meinem Herzen, o Agnes!