92. An Karl Freiherrn von Hompesch 1790. Rüstiger, den Kränzende Jugend schmückt, Den Mannheit mit Kraft Gürtet und edlerem Trotz, Der die tönende Leier Liebet, den Säbel nur mehr! Höre den Landsmann! dich rief Freundlich Pannonia, Nannte dich Sohn, Öffnete mütterlich den Schoß Dem Fremdling, vertraute, wie wenigen dir; Und, berauschet vom edlen Tokai Des Freiheitsgefühls, Schmiegtest du dich an die Brust Der Heldenmutter! Durch Tausende Redet sie freundlich mit dir. Aber dein Vaterland Redet durch einen, durch mich, Entfremdeter, zürnend, Noch als Mutter, mit dir. »Wer härtete dir In Fluten des Rheines, O Jüngling, den Arm? Wer härtete früh, In Sag' und in Lied, Die glühende Klinge Des edlen Gefühls? »Tausende, die mich verkennen, Acht' ich wie Spreu, Und wie falbes Weinlaub, Das im ersten Froste sich krümmt, Wann in Fülle der Beeren die Freude reist! »Du aber, verkenne mich nicht! Du verkanntest mich schon, Als du meiner am wertesten warst! Ich liebe dich zürnend, o Sohn! Doch hast mich verkannt; Drum red' ich im Bilde mit dir. Deine Väter verkannten die Sprache Des Vaterlandes, und nun Verkennen auch Deutsche Den deutschen Geist. »Eine dunkle Wolke, hing sie da, Schwanger mit Red' und Gesang; Es wetterleuchteten Wölkchen umher; Sie sandte nur Schauer, verbarg Den mildaufdämmernden Tag. »Aber sie donnerte nun; Die sieben Hügel erbebten! Kühner, als Franklin, Leitete Luther aus ihr Zückenden Blitz, Und labenden Tau! »Jahrhunderte ruhte sie dann; Sie schwoll in nächtlicher Stille, Verbarg in der Wölbung des Schoßes Wetter des Gesanges, und des Liedes Tau! Ha, wie sie donnert! wie sie blitzt! Wie sie schmettert mit der Empfindung gediegnem Strahl! Vor ihr siedet, im erschütterten Gebein, Das innerste, lebenernährende Mark! »Und der Weisheit gedankenvoller Baum Grünet, getränket von ihr; Es reifet an ihm der Unsterblichkeit Frucht! Die Blume der zarten Empfindung Glänzet in träufelndem Tau, Getränket von ihr! »Mit dem Gürtel des himmlischen Bogens Kleidet sie der Liebe Gesang! Auf Altare des Ewigen Stürzet mit donnerndem Preise Die opferverzehrende himmlische Glut! »Denn mein flammender Geist Beseelet die Sprache, Mein niemals wetterleuchtender Geist! Kleine Dämonen Spielen, wie Fürsten, Mit Gunst und mit Zorn; Aber mein Genius Harret und sinnt! »Jahrhunderte sammeln Auf ragenden Alpen Starrenden Schnee; Je länger er starrte, Je höher er türmte, Desto – lösen nur Hauche Des einsamen Hirten Mit lockendem Horne Die kleine hangende Flocke – Eilender, mächtiger, Felsenwälzender, städtezertrümmernder, Strömewendender, stürzt er hinab! »Sohn, mein Genius Harret und sinnt! »So die Rache Gottes! Seine Liebe so! »Gereiften Frevel Schlingt die geöffnete Erd' hinab! Leise Seufzer Der frommen Bitte Steigen heimlich, wie Nebel der Flur, Am schweigenden Abend. Gefilde werden glänzen Mit himmelabträufelndem segnendem Tau!«